Die Rating Agentur Moody’s hat griechische Staatsanleihen von A3 auf Ba1 herabgestuft. Mit anderen Worten von investmentwürdig unter der Bedingung, die wirtschaftliche Gesamtlage zu beachten, zu nicht als Investment geeignet, weil die wirtschaftliche Gesamtlage bedenklich ist. Damit stuft die Rating Agentur Moody’s griechische Anleihen auf Ramschniveau ein oder wie der Fachmann sagt, junk!.
Die Begründung für diesen Schritt ist natürlich bemerkenswert:
Moody’s begründet die Herabstufung vor allem mit Risiken des drastischen Spar- und Restrukturierungsprogramms der griechischen Regierung. Zwar habe der gigantische Rettungsschirm von Europäischer Union (EU) und Internationalem Währungsfonds (IWF) jegliche Risiken in der kurzen Frist beseitigt. Allerdings seien die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen des Programms substantiell und nur mit einer geringeren Bonitätsnote zu vereinbaren. Risiken sieht die Agentur vor allem beim Wirtschaftswachstum.
Quelle: Spiegel Online
D.h., den Analysten ist vollkommen klar, dass ein Sparprogramm, das einseitig auf die Reduzierung von Schulden ausgelegt ist, nie und nimmer zu einer Gesundung der wirtschaftlichen Gesamtlage beitragen kann. So ein Sparprogramm sei substantiell, greife also die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit an und damit mindern sich auch die Aussichten auf wirtschaftliches Wachstum. Und ohne Wachstum gibt es keinen Schuldenabbau. Das hätte man bei den Spiegel Leuten noch dazu sagen müssen, sonst kapieren die das nämlich nicht.
Im Grunde zeigt sich an der Begründung dieser Rating Agentur die gesamte Dummheit der Berliner Regierung und der in Teilen gleichgeschalteten Öffentlichkeit. Man spannt einen gigantischen Rettungsschirm auf, um die heimischen Gläubiger zu schützen und gleichzeitig merken diese Deppen nicht, dass die von Amerika dominierten Rating Agenturen darüber bestimmen, wer ein verlässlicher Schuldner ist und wer nicht.
Kann es vielleicht sein, dass die jüngste Herabstufung griechischer Staatsanleihen eine Retourkutsche der Amerikaner darstellt, die von Europa und insbes. Deutschland mehr Konsum fordern, damit die gigantischen Konjunkturprogramme nicht einfach so verpuffen? Welchen Sinn hätte denn der Verweis auf die wirtschaftliche Gesamtlage sonst? Aus kurzfristiger Analystendenke ist das doch grotesk. Es scheint also, dass ein weiteres Kapitel im virtuellen Wirtschaftskrieg aufgeschlagen wurde, genau so, wie es Oberstleutnant Sanftleben prognostiziert hat.
Vor ein paar Wochen war der amerikanische Finanzminister Tim Geithner in Berlin und verlangte von Schäuble, die deutsche Konjunktur nicht kaputt zu sparen, sondern mehr Geld auszugeben, um das zarte Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Gleichzeitig kritisierten die Amerikaner Deutschland für dessen Alleingang bei der Finanzmarktregulierung und speziell bei dem Verbot ungedeckter Leerverkäufe. Die Deutschen zeigten sich aber uneinsichtig und beschlossen letzte Woche eines der größten Sparprogramme in ihrer Geschichte. Nun reagieren die Amerikaner. Sie torpedieren das europäische Rettungspaket. Und Merkels zweite Regierung bekommt wieder eine teure Quittung präsentiert.
Erinnern sie sich noch an den Spaßvogel Steinbrück, dem man auch jeden Satz aufschreiben musste, wie der ehem. Wirtschaftsminister Michel Glos nach seinem Rücktritt jammernd zu Protokoll gab? Steinbrück stellte sich im September 2008 hin und wetterte gegen die Amerikaner im deutschen Bundestag. Er sagte, dass die Finanzkrise ein rein amerikanisches Problem sei und Deutschland nicht beträfe. Eine Woche später ließen die Amerikaner dann mit Lehman Brothers genau jene Wall-Street-Großbank pleite gehen, bei der vor allem deutsche Kunden angeblich sichere Einlagen hatten.
Die anhaltende deutsche Beschränktheit in wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen führt letztlich dazu, dass auf den Finanzmärkten die ganz großen virtuellen Massenvernichtungswaffen aufgefahren werden, die am Ende nicht nur virtuellen Schaden anrichten, sondern ganz konkret ganze Volkswirtschaften zerstören. Die USA werden es nämlich nicht hinnehmen, dass der Euroraum und besonders Deutschland ihre Wirtschaft in den Abgrund zieht. Das Spiel ist mies von allen Seiten. Nur wenn ich mir die deutsche Borniertheit anschaue, die vom amerikanischen Nobelpreisträger Paul Krugman nur mit den Worten „Verrückte an der Macht“, siehe Telepolis (Madmen in Authority, NY-Times Blog) kommentiert wird, dann wird auch klar, dass die Kanzlerin darum bettelt, vom Sockel geschossen zu werden.
Wie sie sich dann aber immer noch hinstellen kann und der deutschen Öffentlichkeit erklären möchte, sie wolle doch nur das Vertrauen der Finanzmärkte zurückgewinnen, kann mit rationalen Gründen nicht mehr erfasst werden.
PS: Vielleicht kann man es doch erklären. Mit neuer deutscher Großmannsucht? Dabei wird nur die Schlagkraft des taumelnden Riesen Amerika permanent unterschätzt.
JUN
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.