Die Methode Jörges: Ein Zwischenruf

Geschrieben von: am 23. Jan 2014 um 17:34

Hans-Ulrich Jörges, wir wissen es alle, ist einer der Top-Journalisten dieses Landes. Ich würde sagen, er hat die Härte für Höheres. Ach nee, dass hat Jörges einmal über zu Guttenberg gesagt, als der noch vorgab, eine große Nummer zu sein. Damals, 2009 war das, hatte Jörges auch schon sein komisches Video-Blog und spielte darin am Schreibtisch sitzend mit Pappfigürchen auf dem Mittelfinger. Mit ihnen zusammen kam Jörges zu dem Schluss, dass der Baron aus Bayern das größte Talent seit Angela Merkel sei, der neben Wulff auch das größte Potenzial dazu hätte, die Kanzlerin 2013 zu beerben.

Von seiner Meinung ließ Jörges auch dann nicht ab, als seiner Lieblingspappfigur der Sturz über ein Plagiat drohte. Bei Anne Will wetterte der Zwischenrufer im Jahr 2011 deshalb gegen die Guttenberg-Kritiker, die ja alle nur auf Äußerlichkeiten achten würden. Jörges schimpfte über Vorurteile nach dem Motto, wenn jemand gegeltes Haar trüge, müsse er unglaubwürdig und ein Schleimer sein. Aber lassen wir Jörges selber sprechen:

„Ein Mann mit Rückgrat. Das suchen die Leute. Aufrecht und authentisch. Und es zeigt sich eben, auch unter einem gegelten Haarschopf kann ein kluges Hirn und ein klarer Charakter stecken.“

Jörges hat eigentlich schon damals bewiesen, dass auch unter einem ungegelten Schopf kein kluges Hirn stecken muss. Den Charakter, es dabei bewenden zu lassen, hat der Zwischenrufer allerdings auch nicht. Nach der schauerlichen Markus Lanz Sendung von vergangener Woche, in der Jörges Gast war und Teile der Gesprächsführung übernahm, habe sich aus seiner Sicht nun ein Shitstorm von links entwickelt. Grund genug für einen neuerlichen Zwischenruf mit Pappfigur. Und was sagt er darin über Sahra Wagenknecht?

Dass sie im Jahr 2013 skandalöse neunmal in Talkshows eingeladen war und damit die Spitzenposition übernommen hätte. Wagenknecht, so Jörges, sei damit die wirksamste propagandistische Waffe der Linken. Was Jörges in seiner Manie aber verschweigt, ist die Tatsache, dass auch Jürgen Trittin, Peter Altmaier, Thomas Oppermann und Wolfgang Bosbach im Wahljahr genauso oft bei „Günther Jauch“, „Hart aber fair“, „Menschen bei Maischberger“, „Anne Will“, „Beckmann“ oder „maybrit illner“ herumgesessen haben und für ihre Parteien warben. Doch diese propagandistischen Waffen hält Jörges offenbar nur für Platzpatronen im Vergleich zu Wagenknecht.

Die hat das Mitglied der Stern-Chefredaktion nach eigener Aussage genau beobachtet und eine Methode Wagenknecht herausgefunden.

“Da sitzt diese eigentümlich altbürgerlich aufgerüschte Dame und wartet darauf, jede Diskussion auf das ihr genehme Feld überzulenken.”

Mal abgesehen von den Äußerlichkeiten, die Jörges illustriert und im Gegensatz zur Beschreibung des bayerischen Raubadels offenbar für zulässig hält, unterscheidet sich die Methode Wagenknecht jetzt von der Methode aller anderen Politiker in genau welchem Punkt? Ach ja in der Verbreitung von Halb- und Unwahrheiten im Nachhall des Applauses, den er nicht bekommen hat. Das ist aber eigentlich auch keine Besonderheit. Das Beispiel Mindestlohn allerdings ist von Jörges schlecht gewählt, weil hier Frau Wagenknecht näher an der Wahrheit liegt als Herr Jörges, was er mit seinem umständlichen Erklärversuch auch selbst bestätigt.

Ja, Herr Jörges, auch für Sie gilt, die Wahrheit ist die Wahrheit ist die Wahrheit, auch wenn sie bitter ist und schmerzlich. Das muss auch für den unterirdischen Hans-Ulrich der Gossenjournaille gelten.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Careca  Januar 23, 2014

    Herr Jörges hat recht. Wenn der Euro zerstört wird, steigt die Kinderarmut und was gibt es wichtigeres als der Kampf gegen Kinderarmut in Deutschland. Richtig: Euro stärken.
    So ein Stuss.
    Jörges leidet womöglich unter einer subjektiven Realitätsverschiebungswahrnehmung. Diese deutlichen Symptome hatte er bereits in seinen ersten Statements in jener Diskussionsrunde gezeigt. Er war in der Runde nicht in der Rolle eines sachlichen Gesprächspartners, sondern wurde von Lanz als emotionaler Dampfplauderer beschrieben (Lanz verwendete euphemistischere Worte). Und in dieser Rolle sorgte er in Gemeinschaft mit Lanz dafür, dass das Niveau der Runde nie gesteigert werden konnten, indem unsinnige Fragen und unsinnige Statements einem pseudokritischen Gehabe sich ein Stelldichein gaben.
    Interessant war auch seine Gesten und Körperkontakte zu dem Autor nach dem Gespräch mit den Filmschauspielern. Diese dienten dazu dem Autor bereits vor einer tieferen Erörterung seines Buches und dessen Hintergrund klar zu machen, bei wem die Lufthoheit der Meinung liegen würde, käme es zu einer Jörges ungenehmen Stellungnahme (evtl. hinsichtlich Kinderarmut in Deutschland oder so) …

  2. Anti-FROGS  Januar 23, 2014

    Dieses Getatsche von Jörges an seinem Nachbarn ist mir auch noch unangenehm aufgefallen, bevor ich diese unsägliche Show abgeschaltet habe.

    Was wollte er damit bezwecken?

    Wollte er beschwichtigen: „Ich habe das doch Alles nicht so böse gemeint?“

    Wollte er etwa gar dem Hobby-Lehrer bestätigen in seiner Meinung, daß die Kinderarmut in Teutschland ein Problem werden könnte?

    Fragen, Fragen zu einem Fatzken, der viel zu sehr überschätzt worden ist!!!!

    MfG

  3. Ahab  Januar 24, 2014

    Diese peinliche Nachtreten ohne möglichen Diskurs passt ja wunderbar zu dem feinen Herr Jörges der Live in der Sendung so lächerlich schlecht weggekommen ist. Ich möchte hier gar nicht viel dazu sagen, aber HIER kann man den Dreck wenigstens kommentieren, was der Stern auf der eigenen Website (logischerweise) zu verhindern versucht:

    • Anti-FROGS  Januar 24, 2014

      Der Link ist ein schöner Hinweis! Vielen Dank dafür.

      Und am Ende spricht Jörges von der heiligen Sahra (Johanna) der Schlachthöfe. Er spricht also ein Brecht-Stück an, das sich kritisch mit dem Kapitalismus beschäftigt. Eine solche Kritik ist gerade zur Zeit wichtiger denn je. Aber der gute Mann meint das natürlich nur ironisch und kommt sich dabei noch richtig geistreich vor!

      Aber steckt in diesem Schlusssatz nicht auch ein demaskierender Freud`scher Versprecher? Wollte er also in Absprache und Kooperation mit dem depperten Lanz an diesem Abend die ihm unangenehme Dame schlachten?

      MfG

  4. ein Mensch  Januar 24, 2014

    Was hat den Charakter mit Hirn, welches ein Gewissen haben sollte, und vor allem wenn man die unantastbare Würde des Menschen gem. Art. 1 GG ff. hinzuzieht,gemein?

    Man stelle sich mal vor so ein „Dr.“ – Kriegsminister und hätte einen hippokratischen Eid abgelegt und lässt wider besseren Wissen und Gewissen Menschen ermorden oder gar unter der Würde des Menschen sanktionieren, welches psychische und seelische Folter ist.

    Das ist das Spiegelbild der Gesellschaft um das A-Team von A. Merkel, christlich erzogen und wider besseren Wissens und jeglichem Eid verfassungsbrechend und der Todsünde der Gier hörig.
    Und wo kein Gewissen im Hirn ist, muss wohl ein Schwarzes Loch der Gier sein, ein Vakuum. Das könnte auch die Staatsschulden unserer Eliten und einigen der Presse erklären.

    Auf welchem dot vom Milki Way leben die eigentlich?
    Das ist wohl ein Stern wo Ethik und Gewissen wie bei B.B.B. und BA – BW etc. keine Rolle spielen.

    „Wir sind Papst“
    Das sind Christen, die selbst vom Papst hoffiert werden und sich gegenseitig bejubeln.

  5. Manfred Corte  Januar 25, 2014

    …. nicht zu vergessen, daß Jörges auch Herrn Rösler das Wort geredet hat – und diesen für ein einzigartiges „Polistisches Talent“ mit einem ungeheuerlichen Potential hielt! Nicht nur Guttenberg ist inzwischen im politischen Orkus sondern auch Herr Rösler! Da, wo sie hingehören! Wie sehr das Herrn Jörges als politischne und journalistischen Beobachter und Begutachter von Politik qualifiziert, ist klar: Man muß nur genau beobachten, wen Herr Jörges hochlobt, damit man weiß, wer demnächst tief fallen wird. Und deswegen ist es eigentlich fast eine Auszeichnung, wenn man von Herrn „niedergemacht“ werden soll …

  6. Manfred Corte  Januar 25, 2014

    … inzwischen wird versucht, die Online-Petition gegen die Hybris des Herrn Markus Lanz und sein manipulatives und tendenziöses Verhalten zu diskriminieren: Nur weil man dort zwar seinen Namen und seine Adresse (immer) eintragen muß, der Veröffentlichung dieser Daten selbst aber nicht zuzustimmen braucht, wird unterstellt, daß ein Gutteil der 200.000 Unterzeichner nur „fiktiv“ sind. „Anonym“ als Schimpfwort, nicht als Notwehr gegen Datenmißbrauch! Alles halb so schlimm also? – im Gegenteil: Wenn sich 200.000 Zuschauer so massiv entrüsten und sich sogar vom Sofa erheben, müßte das Herrn Lanz und das ZDF, ja das ganze mit Zwangsabgabe finanzierte, „öffentlich rechtliche“ Fernsehen zu mehr anregen, als nur zum kritischen Nachdenken ….

  7. genova68  Januar 25, 2014

    Danke für den Artikel. Die Video-Replik von Jörges ist ein Beispiel für rhetorische und politische Dummheit. Damit bringt man es hierzulande offenbar weit.

    Mich interessiert bei so einem Disput vor allem die Frage, ob Jörges das, was er da sagt, wirklich ernst meint oder ob es nur darum geht, eine Schlacht zu gewinnen. Egal, mit welchen Mitteln. Wir reden hier ja über Alpha-Tiere, das sollte man nicht vergessen.

  8. atalaya  Januar 26, 2014

    Herrn Jörges Nachtreten ist erbärmlich. Während der Sendung hat er kein einziges Gegenargument gebracht, sondern nur einem keineswegs kritisch nachfragenden „Moderator“ geradezu wie abgesprochen wirkend sekundiert. Jetzt erdreistet er sich auch noch, das Opfer seines unwürdigen Spiels zum Täter zu stilisieren. Im Internet gibt es unzähliche Stimmen von Menschen, die Frau Wagenknechts Position nicht teilen, die aber dennoch gegen den „Moderationsstil“ des Herrn Lanz aufbegehren. Sein vorgeschobenes „Argument“ ist allein deshalb schon widerlegt. Der Mann sollte sich dafür schämen, aber dazu ist es zu dreist. Und wir sollten uns schämen, dass solche unkritischen selbstgerechte Menschen bei uns zu den Top-Journalisten zählem.