Und das ZDF folgt seiner alten Linie. Zwar führt nicht mehr Peter Frey die Gespräche, sondern Thomas Walde, aber an der Strategie hat sich nichts geändert. Offensichtlich glaubt das ZDF noch immer, die Zuschauer mit billigen Tricks der Meinungsmache manipulieren zu können. Sie können das Interview mit dem Parteichef der Linken Klaus Ernst auf der Seite des ZDF nachschauen und nachlesen.
Wenn sie das tun, sollten sie auf die Fragen von Thomas Walde achten. Im letzten Jahr wurde Oskar Lafontaine von Peter Frey, dem neuen Chefredakteur des ZDF, immer wieder mit dem Hinschmeißen und Weglaufen konfrontiert. Ein sachliches Gespräch war nicht möglich, wie letztlich auch der geniale Youtube-Zusammenschnitt der journalistischen Nichtleistung Freys zeigt.
Ähnlich lief es auch bei Klaus Ernst. Ein mit ernster Miene dreinschauender Thomas Walde, der wahrscheinlich beim ZDF noch was werden will, hakte immer wieder mit Unterstellungen und dreisten Lügen nach, um den Anschein eines kritisch fragenden Journalisten zu wahren. Besonders lächerlich war dabei, die Schutzbedürftigkeit von Kleinanlegern besonders zu betonen, die Aktien von Banken gezeichnet hätten.
Wie soll diese Art der Verstaatlichung oder Vergesellschaftung ganz praktisch ablaufen? Gehen Sie dann zu Kleinaktionären und sagen: ‚Oma gib mir mal deine Deutsche-Bank-Aktien‘?
Wie werden Sie Kleinaktionären sagen, dass die ihre Bankaktien rauszurücken haben?
Da habe ich gelacht, denn offensichtlich kennt Herr Walde die Aktionärsstrukturen in diesem Lande schlecht. Da steht er sprichwörtlich allein im Walde. Es ist auch überhaupt nicht zu verstehen, weshalb Herr Walde es offensichtlich für den größeren Skandal hält, Anteilseignern von Pleitebanken die Aktien wegzunehmen, als den Steuerzahlern Milliardenschulden durch die Rettung maroder Kreditinstitute aufzubürden. Das ist ein journalistisches Armutszeugnis.
Als zweiter Punkt fiel auf, dass das ZDF es nun mit Radikalisierungsvorwürfen versucht, um die Linke zu stigmatisieren. Bei Lafontaine hat es bekanntlich noch ausgereicht, ihn mit dem eigenen Weglaufen zu konfrontieren und dem Vorwurf, dabei eine Chance hingeschmissen zu haben, all die schönen Dinge, die die Linke so fordert als SPD-Chef und Finanzminister umzusetzen.
Ihre politische Heimat war lange Zeit die SPD. Heute hat Ihre Partei einen Programmentwurf, in dem die Verstaatlichung aller Banken gefordert wird, in dem von demokratischer Vergesellschaftung vieler Politikbereiche die Rede ist. Was hat Sie so radikalisiert?
Aber die SPD hat nie gefordert, alle Banken zu verstaatlichen. Sie tun das aber heute. Insofern haben Sie sich sehr wohl radikalisiert.
Man läuft also entweder davon oder man ist ein Radikaler, der Dinge fordert, die eine Art Heilserwartung wecken.
Es gibt andere Punkte in Ihrem Programmentwurf, in denen Sie sehr wohl eine Heilserwartung erwecken. Ich sprach es eben an: Mindestlohn beispielsweise. Wie soll das eigentlich gehen? Deutschland steht derzeit im internationalen Wettbewerb recht gut da. Unter anderem hat die bisherige Lohnzurückhaltung dazu beigetragen. Wenn das jetzt durch ihre Mindestlohnforderungen quasi auf staatlichem Wege ausgehebelt würde, birgt das doch die Gefahr in sich, dass dieser zarte Aufschwung kaputtgeht. Warum wollen Sie dieses Risiko eingehen?
In dieser Frage gehen nun falsche Behauptungen, Unterstellungen und schlicht asoziales Verhalten Hand in Hand. Herr Walde behauptet einfach, dass es einen Aufschwung gäbe, der nachhaltig sei, weil Deutschland Lohnzurückhaltung übe. So als ob es keine Weltwirtschaftskrise geben würde, deren Ursache gerade im Lohndumping Deutschlands begründet liegt. Und wer noch immer die Auffassung vertritt, dass ein Mindestlohn etwas Utopisches sei, weil er wirtschaftliche Prosperität verhindern würde, der ist, Volker Pispers folgend, schlicht ein Arschloch. Denn wer es richtig findet, dass ein Mensch von seiner Arbeit nicht leben können soll oder zumindest der Auffassung ist, dass man dabei Kompromisse machen sollte, beweist nur seine asoziale Grundhaltung mehr nicht.
Das machte auch Klaus Ernst etwas umständlich dem neuen Sommerlochfrager des ZDF deutlich. Der wusste sich aber zu wehren und behauptete weiter:
Aber Deutschland steht im internationalen Vergleich sehr gut da und die Arbeitslosigkeit ist gesunken. Warum wollen Sie das riskieren?
Da hätte Klaus Ernst nun richtig schalten müssen und erwidern, dass wir kein Risiko eingehen würden, wenn wir es fertigbrächten, unsere Statistiken einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Denn wenn laut Statistik rund ein Viertel aller Beschäftigten in prekären Arbeitsverhältnissen steckt, also in Zeit-, Leiharbeit oder Teilzeit und damit die Form atypischer Beschäftigung innerhalb von zehn Jahren um 25 Prozent zugenommen hat, dann sollte man das durch Herrn Walde angedeutete Jobwunder, dass auch Frau Merkel und die Bundesregierung ständig ins Feld führt, schleunigst unter dem Stichwort utopischer Irrglaube beiseite legen.
Den Rest schenke ich ihnen.
JUL
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.