Vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wird das Vorgehen der EZB in der Eurokrise verhandelt. Einige Klageführer werfen der Zentralbank vor, dass sie mit dem bestehenden Staatsanleihen-Aufkaufprogramm OMT gegen ihr Mandat verstoßen habe. Dies könne zu unkalkulierbaren Risiken für den Bundeshaushalt und damit für die Steuerzahler führen. Der Chef der Deutschen Bundesbank Weidmann bläst ins selbe Horn und warnt mal wieder vor einer Vergemeinschaftung von Risiken, die Deutschland teuer zu stehen kommen könnten.
Auf der anderen Seite verteidigt die Bundesregierung das Vorgehen der EZB. Ein Widerspruch? Nein, denn wie Weidmann lehnt auch die Bundesregierung eine Vergemeinschaftung von Schulden weiterhin ab. Sie kann aber gleichzeitig für das OMT-Programm der EZB sein, weil sie bei dessen Präsident Mario Draghi Bedingungen durchsetzen konnte. Den Aufkauf von Anleihen gibt es nämlich nur, wenn die betroffenen Staaten Auflagen aus den sogenannten Programmen erfüllen und sich einer strikten Haushaltskontrolle unterwerfen.
Darüber spricht aber keiner, sondern nur darüber, ob Gelddrucken für eine Währungsunion nun schädlich ist oder nicht. Dabei sind es die Auflagen und die Verpflichtung zur Austeriät, die ein unkalkulierbares Risiko darstellen und die Eurozone in die bisher längste Rezession ihrer kurzen Geschichte geführt haben. Die Ankündigung Draghis, im Notfall jede Anleihe aufzukaufen, war richtig und hat die Finanzmärkte beruhigt, ohne dass die EZB tatsächlich eingreifen musste. Doch die Kopplung an nicht zu erfüllende Bedingungen war falsch. Das bietet weiterhin ein Einfallstor für Spekulanten, die auf einen Ausfall der Bonds wetten.
Die Risikoaufschläge steigen wieder und das desaströse Euro-Rettungskarussell dreht eine weitere Runde.
JUN
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.