Westerwelles Logik

Geschrieben von: am 06. Jan 2010 um 15:04

Ich möchte gar nicht auf die Rede des FDP-Parteichefs beim Dreikönigstreffen in Stuttgart großartig eingehen, sondern nur einen Satz herausstellen, der beweist, welche dümmliche und menschenverachtende Ansichten dieser Mann und seine gesamte Partei vertreten. In der offiziell abgedruckten Rede auf der FDP-Homepage steht:

„Manche sagen, Steuerfairness seien „Steuergeschenke“. Was für ein Bild vom Steuerzahler, dass er sich schon dafür bedanken soll, dass ihm weniger von dem abgenommen wird, was er sich hart erarbeitet hat.“

Live sagte er das etwas anders und fragte rhetorisch, was für ein dekadentes Staatsverständnis sich hinter dem Vorwurf verbergen mag, die FDP würde nur Steuergeschenke verteilen wollen. Denn nicht der Staat schenke den Steuerzahlern das Geld, sondern der Steuerzahler schenke dem Staat etwas Geld. Dümmer und einfältiger geht es nun wirklich nicht mehr. Westerwelle und die FDP nehmen wohl tatsächlich noch an, dass die Menschen nicht begreifen würden, dass Steuergerechtigkeit schon immer eine Frage der Verteilung gewesen ist und genuin sein musste. Es war schon immer falsch zu behaupten, dass das durch den Prozess der Arbeitsteilung erst mögliche Anwachsen von Vermögen und Einkommen immer weiter von Abgaben entlastet werden muss. Das widerspricht fundamental dem Ausgleichsgedanken zwischen Kapital und Arbeit. Westerwelle und die FDP fordern ganz offen die ungezügelte Freiheit des Kapitals, nicht zuletzt auch mit diesem unmöglichen Satz:

„Wir wollen ein Deutschland, in dem die arbeitende Bevölkerung von ihrem Einkommen mehr als bisher behalten darf.“

Dass die arbeitende Bevölkerung von ihrem Einkommen vielfach gar nicht mehr leben kann und auf staatliche Unterstützung angewiesen ist, kommt in Westerwelles Weltbild gar nicht vor. Diese Menschen gehören auch nicht zur Klientel Westerwelles und der FDP.

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Teja552  Januar 6, 2010

    Dein letzter Satz ist besonders bedeutend und betrifft die FDP als auch deren beide Partner.

    Das Volk ist nicht deren Klientel!

  2. Megahoschi  Januar 6, 2010

    Nabend

    Ich hbe heute auf der Arbeit Westerwelles Rede gesehen, teilweise ohne Ton weil es nicht auszuhalten war. Ist Dir mal aufgefallen das Er in seiner Gestik besonders mit den Händen und seinem Rumgebrülle genau den Rederhythmus drauf hat wie Adolf damals? Man müßte mal ne Rede von Adolf und Guido nebeneinander stellen, ich glaube das nimmt sich nichts.

    • adtstar  Januar 6, 2010

      Das kann schon sein. Da habe ich jetzt nicht so drauf geachtet. Sicher ist, dass die Rede eine bestimmte öffentliche Wirkung enfalten und eine bestimmte öffentliche Erwartung bedienen sollte. Schließlich war das der erste innenpolitische Auftritt des Außenflüglers. Und wenn man nichts Neues zu sagen hat, als den alten und längst widerlegten Scheiß, muss man halt tief in die rhetorische Trickkiste greifen, um den Ansprüchen gerecht zu werden.

      Das war in der Vergangenheit schon immer so.

  3. Hen  Januar 6, 2010

    Mir war schon immer klar, dass kein intelligenter Mensch den Wunsch haben kann Politiker zu werden/sein.

    Aber diese Westerwelle/Rösler/Lindner-Mischpoke kann mich trotzdem noch überraschen. Die sind ja wirklich steindumm.

    Wir werden von der Generation Doof regiert!!!

  4. Arnold  Januar 6, 2010

    „… ein Deutschland in dem die arbeitende Bevölkerung von ihrem Einkommen mehr als bisher behalten darf.“

    Dabei denke ich daran, dass gerade die von der FDP angestrebte Politik einen Teil der Bevölkerung arbeitslos macht also von bezahlter Arbeit ausschließt .

    Und man sollte öfters betonen, dass die FDP gerade auch leistungslos erworbenes Geld steuerlich günstiger stellen will.

  5. Einhard  Januar 7, 2010

    FDP eben, die Zeiten eines Genschman sind leider vorbei, aber in der ollen Tante SPD fehlt ja auch ein Brandt oder Schmitt

  6. adtstar  Januar 10, 2010

    Die geistig-politische Wende oder einfach nur verbales Gehampel, meinen auch andere, wie z.B. heise online:

    http://www.heise.de/bin/tp/issue/r4/dl-artikel2.cgi?artikelnr=31834&mode=print

    Glaubt man dem Neuen Testament, beschenkten die Heiligen Drei Könige das Christuskind mit Gold, Myrrhe und Weihrauch. So abwechslungsreich fällt der Gabenkatalog der FDP zum Dreikönigstag nicht aus. Caspar Homburger, Melchior Lindner und Balthasar Westerwelle wollen dem Steuerzahler nur Steuererleichterungen, Steuererleichterungen und noch einmal Steuererleichterungen schenken. Dabei sei die Vorstellung, die FDP wolle Geschenke verteilen, „dekadent“, wie der Oberliberale Westerwelle seine Zuhörer im Stuttgarter Opernhaus wissen ließ. Der Steuerzahler schenke dem Staat schließlich Geld und wenn der Staat dieses Geschenk nicht mehr in voller Höhe annehmen würde, sei dies demnach ein Abbau von Geschenken. Mit derlei Verbalklamauk, der paradoxerweise durchaus ernst gemeint ist, will die ehemalige Spaßpartei nun zum voodoo-ökonomischen Generalangriff auf den Staat blasen. Nicht nur der Koalitionspartner dürfte sich bei derlei verbalem Gehampel die Haare raufen.

    :>> :>> :>>

    aber eigentlich müsste man ja heulen, weil die FDP es ernst meint.