Auf NDR-Info lief heute morgen ein PR-Bericht über öffentlich-private Partnerschaften im Zusammenhang mit dem sechsspurigen Ausbau der Autobahn 1 zwischen Bremen und Hamburg. Dabei erklärten Reporter die Vorzüge des Projektes, das nun drei Monate früher als geplant fertiggestellt würde. Bekannt ist diese tolle Nachricht schon seit dem Frühjahr. Das hat aber die Reporter von NDR-Info nicht davon abhalten können, noch einmal Reklame für Projekte dieser Art zu machen.
In der Vergangenheit wurde immer wieder über die Zahl der Unfälle in den zahlreichen Baustellen der rund 73 Kilometer langen Hansalinie berichtet und darüber das Gesamtvorhaben kritisiert. Dabei, so die Recherchen des Nachrichtensenders, geben die amtlichen Statistiken das gar nicht her. Außerdem habe man dafür gesorgt, dass die zu engen Spuren aus der Anfangszeit verbreitert und die sonst üblichen Rettungsgassen für Feuerwehr und Krankenwagen eingerichtet wurden. Was nun aber verschwiegen wird, ist, dass nicht die private Projektgesellschaft A1-Mobil für fehlende und nachträglich installierte Warnanlagen und Umleitungsschilder aufzukommen hat, sondern der öffentliche Partner. Begründung: weil solch eine Ausnahmesituation im Vertrag nicht geregelt sei.
Doch was ist in dem Vertragswerk, immerhin 36.000 Seiten stark, zwischen dem Bund und der privaten Baugesellschaft geregelt? So genau weiß das niemand, da die Einzelheiten von ÖPP oder PPP Geschäften grundsätzlich für geheim erklärt werden. Außerdem erfuhren die Zuhörer auch nicht, dass der Bundesrechnungshof die öffentlich-privaten Partnerschaften für gänzlich ungeeignet hält, Investitionsprojekte zu verwirklichen. ÖPP baut nicht billiger, wie es den Anschein hat, sondern ist auf eine sichere Rendite des privaten Investors bedacht.
Gerade beim Autobahnbau ist dieser Vorwurf exemplarisch durch den Bundesrechnungshof und Wissenschaftler der TU Berlin dokumentiert worden. Demzufolge richten die privaten Investoren ihr Bauvorhaben nicht an dessen Lebenszyklus aus, sondern strikt an der Vertragslaufzeit, in der ihnen durch Maut- oder Mieteinnahmen ein steter Geldfluss aus öffentlichen Mitteln zugesichert wird. Im Fall der A1 ist der Vertrag auf 30 Jahre angelegt. Aus Sicht des Investors muss die Straße auch nur solange halten und entsprechend gebaut und gepflegt werden.
Dabei bleibt nicht nur die Nachhaltigkeit auf der Strecke, sondern auch die Wirtschaftlichkeit aus Sicht des Staates. Denn zwischen 30 und 40 Prozent zahlt er drauf, als wenn er die Projekte auf herkömmlich Art und Weise ausschreiben und in Eigenregie finanzieren würde. Doch der Bund verzichtet großzügig auf das Prüfen herkömmlicher Verfahren und vertraut stattdessen auf die politische Wunderwaffe ÖPP/PPP, weil deren Kosten am Anfang nicht, dafür aber sehr viel später deutlich werden. Doch dann sind die handelnden Politiker längst nicht mehr im Amt, aber wahrscheinlich um einen goldenen Handschlag reicher.
Bei der A1 bekommt der Investor einen bestimmten Teil der Mauteinnahmen über einen Zeitraum von 30 Jahren. Deren Höhe hängt wiederum von der Verkehrsentwicklung ab. Ein sicheres Geschäft, da der Schwerlastverkehr weiter zunehmen dürfte. Sollte das aber nicht der Fall sein – die Politik rechnet nämlich bewusst mit niedrigeren Zahlen, um das ganze Gebilde für den Staat attraktiv erscheinen zu lassen greift für den Investor freilich ein Schutzschirm nach unten. In jedem Fall verliert der Fiskus Einnahmen, die er an anderer Stelle sinnvoll einsetzen könnte.
AUG
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.