Was haben wir heute gelernt? Die lustigen Videos mit stellenweiser Kriegsrhetorik, die Steffen Seibert persönlich zu verantworten und ausgerechnet am Volkstrauertag veröffentlicht hat, sind nur für das Ausland gemacht. Denn hier gab es ausschließlich Lob, während die Spaßbremsen in Deutschland an allem nur herummäkeln. Vermutlich liegt das daran, dass die früheren Spaßmacher selbst nicht mehr im Theater auftreten dürfen und sich vom Hartz IV-Satz tatsächlich nur noch die Dosenravioli leisten können. Das ist jetzt aber nur so eine Vermutung.
Am Abend war dann klar, dass fünf Stunden Beratungen zwischen Kanzleramt und Ministerpräsidenten zu nichts außer ein paar neuen ernsten Appellen führen. Liebe Kinder, auch ihr müsst Euch jetzt daran gewöhnen und lernen, was zwei feste Hausstände sind – also außerhalb von Kita und Schule. Die Länder pochen mal wieder auf ihre Eigenständigkeit, wollen nicht nur Dienststelle des Kanzleramtes sein, wie Bodo Ramelow betonte. Nur warum verkünden die Länderchefs dann genau das, was zuvor schon Merkel, Müller und Söder genau so mitteilten? Was für eine Verschwendung von Lüftungszeit, vor allem, wenn Söder spricht.
Es ist unbedingt geboten, die Kontakte noch weiter zu reduzieren. Nur das hilft, FFP2-Masken natürlich auch, weshalb sie schon im Dezember an Risikogruppen gegen eine geringe Kostenbeteiligung abgegeben werden sollen. Umsonst ist nur der…, na, sie wissen schon. Es gibt auch nur eine Maske pro Winterwoche, denn wichtiger als die Gesundheit der Menschen sind immer noch solide Staatsfinanzen und die Einhaltung der Schuldenbremse. Der Streit ums Geld betrifft auch die Finanzierung der Krankenhäuser, die mit leeren Betten und verschobenen OPs auch kein Geld mehr verdienen. Niedersachsen, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg haben deshalb eine Protokollnotiz hinterlassen, weil den Ministerpräsidenten nicht ganz klar war, wie sie vom Bund über den Tisch gezogen werden.
Die Beschlussvorlage des Bundes wurde übrigens am Sonntagabend nach den Weltkriegsvideos der Bundesregierung gegen 22 oder 23 Uhr versandt, was für eine flächendeckende Verschnupfung in den Staatskanzleien sorgte. Auswirkungen auf den Inzidenzwert sind aber nicht bekannt. Dennoch begeben sich die Landesregierungen bis nächste Woche in Quarantäne und gammeln unter Einhaltung der Kontaktbeschränkungen als besondere Helden ein wenig herum. Am 25. November ist dann mal wieder ein großer Tag der Entscheidung. Dann soll es klare rechtliche Änderungen geben, also weiterhin ohne Parlamentsbeschluss, denn noch in dieser Woche soll das überarbeitete Infektionsschutzgesetz, das von allen Rechtsgelehrten bereits in der Luft zerrissen worden ist, vom Bundestag verabschiedet werden. Die coronale Verzwergung des Parlaments wird damit nicht beendet, wie Heribert Prantl treffend meint.
Insofern stimmt es, dass trotz frühlingshafter Temperaturen der härteste Winter und das härteste Weihnachtsfest aller Zeiten bevorstehen muss (Armin Laschet). Da hätte man sich gewünscht, dass der Tag der Entscheidung nicht auf den 25., sondern in Anlehnung an das zweite große Thema neben Corona, USA, auf den 26. November fällt. Thanksgiving. Neben dem Retten von Menschenleben hätte man auch noch einen Truthahn öffentlichkeitswirksam im Kanzleramt begnadigen können, einfach nur, weil es mal etwas lustig wäre oder wie Regierungssprecher Steffen Seibert sagen würde. Eine Überhöhung mit Augenzwinkern. In diesem Sinne, Zwinkersmiley. Martin Sonneborn möge das verzeihen.
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Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.