Wahlen Meck-Pomm: Die SPD gewinnt, weil die größte Minderheit sie für ehrlich hält

Geschrieben von: am 04. Sep 2011 um 17:38

Infratest dimap und ihr ARD-Sprachrohr Jörg Schönenborn haben bei den Wählern etwas sehr schönes abgefragt. Und zwar haben die Wahlforscher gefragt, für wie ehrlich die Wähler jede einzelne Partei halten. Alle Parteien werden jeweils von einer Mehrheit der Befragten als unehrlich bewertet. Die SPD halte aber die größte Minderheit, etwa 37 Prozent, für ehrlich.

Ehrlichkeit_Meck-Pomm

Quelle: infratest dimap

Ich finde, dass erklärt sehr schön das heutige Wahlergebnis in Mecklenburg-Vorpommern. Denn zunächst durften alle wieder feiern. Die SPD sei klarer Wahlsieger mit einem Regierungsauftrag, wobei der beliebte Ministerpräsident Sellering bei der Wahl des Koalitionspartners mehrere Optionen habe. Die Grünen sind jetzt in allen 16 Länderparlamenten vertreten – eine rot-grüne Regierung ist auch noch möglich – und feiern sich ebenfalls als großen Wahlgewinner. Die FDP ist zurecht bei drei Prozent gelandet und liegt nicht mal mehr auf Augenhöhe mit der NPD, der bedauerlicherweise erneut der Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde gelingen wird.

Erst nachdem die erste Parteispitzenrunde vorbei war und jeder seine üblichen Floskeln abgegeben hat, kam Jörg Schönenborn endlich mit der wichtigsten Größe des Abends. Die Wahlbeteiligung ist noch einmal gesunken. Nach den bereits mageren 59,1 Prozent im Jahr 2006 rechnen die Wahlforscher mit dem niedrigsten Wert aller Zeiten, 51,5 Prozent. Vor diesem Hintergrund erübrigt sich eigentlich der Siegestaumel von SPD und Grünen sowie auch die Analysen der Journalisten, die allerhand Grafiken zur Kompetenz, Glaubwürdigkeit und Sympathie bemühten, um das Ergebnis zu erklären. Fast die Hälfte der Wahlberechtigten (48,5 Prozent) ist nicht zur Wahl gegangen. Das ist die eindeutig größte Fraktion.

Meck-Pomm mit Nichtwählern

Quelle: Tautenhahn (Zahlen aus Hochrechnung der ARD 23:53 Uhr)

In den Länderparlamenten sitzen inzwischen nur noch die Vertreter von Minderheiten, die fortwährend behaupten, sie hätten das Vertrauen der Menschen gewonnen bzw. mit dem offiziellen Ergebnis eine Bestätigung ihrer bisheriger Politik erhalten. Es gelingt einfach nicht mehr, die Menschen in diesem Land dazu zu bewegen, wenigstens ihre Stimme bei Wahlen abzugeben. Sie verweigern den Urnengang, weil sie in der Wahlenthaltung wahrscheinlich die einzige Alternative sehen, die ihnen noch bleibt. Das Angebot der Parteien scheint hingegen nicht mehr zu überzeugen. Das ist tragisch für die Demokratie.

EDIT: Neue Zahlen (19:17 Uhr, Wahlbeteiligung auf 52 Prozent gesunken)
EDIT: Neue Zahlen (23:53 Uhr, Wahlbeteiligung auf 51,5 Prozent gesunken)

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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Teja552  September 4, 2011

    Gut analysiert, was muss noch passieren und wie weit muss die Wahlbeteiligung noch sinken das die Politiker alarmiert sind, naja vielleicht wählen die Wähler ja auch alle das falsche……, die etablierten kriegen einfach noch viel zuviel Stimmen, das ist das Problem!

  2. Manfred Corte  September 4, 2011

    … richtig ist sicher, daß die Wahlbeteiligung das wichtigste Ergebnis dieser Wahl ist. Weil es beschämend ist, für jede Partei, wird es auch weitgehende ignoriert, daß die Hälfte der Bürger es überhaupt noch für sinnvoll hält, überhaupt noch zu wählen. Und wenn sie wählen, dann „das kleinere Übel“. Traurig, in unserer Demokratie, die sich sowieso schon im Abklingbecken befindet …. Große Freude empfinde ich nur dafür, daß diese Sekte FDP in die Tonne getreten wurde – wo sie hingehört. Und dann noch etwas Ungehöriges: Wenn es eine echt nationalistische Partei, die wirklich deutsche, nationale Interessen vertritt geben würde – dann hätte diese wohl eine Chance, mitzumischen. Ungeschickte, ewiggestrige dagegen, die fachistischen Ideen nachhängen, wie die NPD haben nur als Protestpartei eine Chance. Stell dir aber vor, diese Leute würden zur Vernunft kommen, dem Nazi-Gedankengut und seiner verblödeten Ideologie abschwören, wie ständen die da! Ich sage daß, obwohl meine Herz links schlägt und blutet, weil eine andere, ungeschickte Partei nur so wenig zugelegt hat …. Ja, über alles könnte man diskutieren, ich warte ‚mal ab …