Volker Pispers erinnert heute in seiner Dienstagsbotschaft auf WDR 2 an Artikel 3 und 4 des Grundgesetzes, wonach jeder seinen Aberglauben frei ausleben könne wenn er sich dabei an die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland halte. Abergläubige dürften demnach nicht einfach so von einer politischen Kaste diskriminiert werden, die selbst einen ganz bestimmten christlichen Aberglauben zu einer ominösen Staatswurzel erklärt hat. Dabei sei die Abgrenzung innerhalb einer offenen Gesellschaft gar nicht so leicht. Schließlich gäbe es alkoholkranke Muslime, Schweinefleisch hassende Katholiken, homosexuelle Fußballfans und vegetarische Karnevalisten. Man könne doch nicht einerseits den Meinungsterror der SED-Diktatur geißeln und gleichzeitig verlangen, dass nur ein bestimmter Aberglaube staatstragend sei.
Der Begriff Aberglaube ist von Pispers sehr schön und bewusst gewählt. Ich wäre allerdings dafür, dass überhaupt kein Aberglaube staatstragend sein sollte. Die Türkei ist da übrigens viel weiter als wir. Aber mal ehrlich, muss erst das neue Berufsmilitär unter Freigeist zu Guttenberg kommen, um die Trennung von Religion und Staat auch in Deutschland endlich durchzusetzen? Lieber nicht. Es würde ja schon reichen, wenn der Wähler endlich begreifen würde, dass die neuen christlich-jüdischen Wurzelabendländer in der Union und der FDP nur von ihrer katastrophalen Regierungsbilanz ablenken wollen. Schließlich hat die Versenkung von Milliarden Steuergeldern bei der Bayern LB, respektive Hypo Alpe Adria und der HRE (Standort München) relativ wenig mit dem praktizierten Aberglauben zu tun. Wobei, wenn ich es mir recht überlege. Allerdings verstößt der Finanzmarkt-Aberglaube eindeutig gegen die Gesetze der Bundesrepublik. Insofern sollte man da entsprechend handeln.
OKT
Über den Autor:
André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.