Viele unbekannte Flugobjekte

Geschrieben von: am 09. Sep 2014 um 19:08

Die Gründe für vorschnelle Urteile sowie für die Sanktionen gegen Russland waren falsch. Das hätte die Schlagzeile des Tages sein müssen, nachdem der Zwischenbericht zum Absturz von MH17 vorgelegt worden ist.

Fliegende Objekte, deren Identifizierung nicht möglich ist, werden im Fachjargon UFOs genannt. Um solche muss es sich auch am 17. Juli gehandelt haben, als das Flugzeug der Malaysia-Airlines mit der Nummer MH17 von „high energy objects“ getroffen wurde und infolgedessen über der Südostukraine vom Himmel stürzte. Der Bericht der niederländischen Ermittler lässt eigentlich alle Fragen unbeantwortet und bietet weiterhin reichlich Raum für wilde Spekulationen.

Diese werden von allen Seiten betrieben, auch von den Medien, die nun ihre seit Wochen als Wahrheit verkaufte Indizienkette bestätigt sehen. Der Stern titelt zum Beispiel:

“Russische Rakete hinter Abschuss vermutetDer Verdacht existiert schon seit dem Absturz, jetzt hat er sich erhärtet: Der Absturz des Fluges MH17 über der Ostukraine geschah mutmaßlich durch eine russische Buk-Rakete.”

Der Ermittlungsbericht schürt in Wirklichkeit gar keinen Verdacht, sondern spricht von vielen Objekten, die den Flieger mit hoher Energie getroffen haben müssen, was augenscheinlich ist, wenn man die Bilder von den Wrackteilen betrachtet. Der Bericht gibt insofern keine neuen Informationen an die Hand, sondern lässt sich im Prinzip auf die Aussage reduzieren, die der Postillon heute als Überschrift für seine Satire-Meldung wählte.

“Spektakulärer Zwischenbericht: Flug MH17 vermutlich abgestürzt”

Immerhin ist der Inhalt der Flugschreiber nun bekannt. Ein Fortschritt. Allerdings bleibt es merkwürdig, dass das dürftige Ergebnis des Berichts so lange gebraucht hat, um ans Licht der Öffentlichkeit zu gelangen. Vielleicht liegt es daran, dass die Ermittler gründlich vorgehen wollen, vielleicht daran, dass Informationen weiterhin unterdrückt werden sollen. Wer weiß das schon?

Klar ist eigentlich nur, dass nichts klar ist. Was aber bleibt, ist die Geschichte eines politischen Aktionismus in den vergangenen Wochen, der sich nun genau an diesem Ergebnis messen lassen muss. Die Begründungen für Vorverurteilungen und für Sanktionen waren falsch. Das hätte die Schlagzeile des Tages sein müssen.

Wie die EU gestern noch einmal bewies, gehen ihr selbst die schlechten Gründe allmählich aus. Es wird zunehmend schwieriger, eine absurde Sanktionspolitik, die allen mehr schadet als nützt und auf der Grundlage von mehr oder weniger haltlosen Mutmaßungen und Spekulationen fußt, weiter zu rechtfertigen. Gerade die schwarzen Nullen in Berlin sollten das erkennen. Doch wie sagte Schäuble heute im Bundestag:

„Wir haben keinen Grund, jetzt in voreiligen Pessimismus zu verfallen. Wir müssen allerdings die Realität zur Kenntnis nehmen, und diese ist, dass sich das wirtschaftliche Umfeld etwas eingetrübt hat.“

Was für ein Witzbold, dieser Schäuble.


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Über den Autor:

André Tautenhahn (tau), Diplom-Sozialwissenschaftler und Freiberuflicher Journalist. Seit 2015 Teil der NachDenkSeiten-Redaktion (Kürzel: AT) und dort mit anderen Mitarbeitern für die Zusammenstellung der Hinweise des Tages zuständig. Außerdem gehört er zum Redaktionsteam des Oppermann-Verlages in Rodenberg und schreibt für regionale Blätter in Wunstorf, Neustadt am Rübenberge und im Landkreis Schaumburg.
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Kommentare

  1. Careca  September 9, 2014

    Nur als Hinweis: Raketen zerstören fliegende Objekte in der Höhe nie direkt sondern indirekt, indem sie explodieren und das Flugobjekt durch Perforierung flugunfähig machen. Das ist allerdings nicht wirklich neues, sondern war schon in der Presse kurz nach dem Absturz zu lesen. Insofern konnte der Flugschreiber nichts erhellendes bringen, sollte es sich so zugetragen haben. Und wie es jetzt erklärt wurde, hat es sich so zugetragen. Wer aber die smoking gun in den Händen hielt, kann nur eine Untersuchung der Wrackteile bringen. Das wird verhindert. Und das sich das Untersuchungskommittee in einem Minenfeld der politischen Spannungen bewegt hat, ist klar und erklärt, warum so lange benötigt wurde. Nebenbei, als die Black Box empfangen wurde, wurde bereits erklärt, dass das Ergebnis in paar Wochen bekannt gegeben würde. Vier Wochen ist der Zeitraum nun. Ungewöhnlich? Es ist richtig. Die Auswertung der Black Box von Flug AF447 (Rio-Paris) benötigte 15 Tage bis zur Bekanntgabe.
    Am 28. Juli hat die Ukrainische Regierung bereits die Ergebnisse der Untersuchungskomission erklärt (hatte sie diese, oder wurde von ihr einfach ins Blaue geschossen?)
    Am 23. wurden die Black Boxen übergeben und bereits von der Untersuchungskomission (Dutch Safety Board) mitgeteilt, dass diese nicht mehr verplompt waren und offenbar die Daten bereits einmal downgeloaded wurden. Am nächsten Tag teilte sie mit, dass sie selber die Daten heruntergeladen hätte. Am 11. August teilte die DSB mit, dass die Untersuchungen in Den Haag fortgeführt würden und die Ergebnisse einige Wochen dauern würden. Das war vor vier Wochen.
    Die Frage, warum die DSB so lange benötigte, ein Ergebnis mitzuteilen, welches die ukrainische Regierung bereits am 28. Juli mitteilte, lässt sich nur mit dem politischen Minenfeld erklären. Eine unpräzise Aussage und es wird rasiert. Ich wette, da sind vorher ein Heer von Anwälten durch die Stellungnahme gejagt worden. Und ich wette, eine Woche zuvor gab es eine Vorveröffentlichung bei den westlichen Interessenparteien mit EInspruchsrecht oder so. Das erklärt, warum vier Wochen in Den Haag benötigt wurden und nicht vierzehn Tage. Ob es allerdings eine russische Buk-Rakete war, die durch ihre Explosion den Absturz herbeiführte, das würde eine Untersuchung der Absturzstelle erfordern. Aber dafür sind bestimmte Interessenparteien der Region nicht zu gewinnen. Aus welchen Gründen auch immer … :(

    • Ormuz  September 10, 2014

      „“““Wer aber die smoking gun in den Händen hielt, kann nur eine Untersuchung der Wrackteile bringen.““““

      Würde das nicht aber voraussetzen, das jede Seite andere Waffen besitzt und man eindeutig zuordnen kann wer welche hat und benutzt?

      • Careca  September 10, 2014

        Diese Annahme an sich ist für die notwendigen Untersuchungen irrelevant. Denn die Forensik benötigt solche spekulativen Annahmen und Voraussetzungen nicht. Die Forensik untersucht Ursachen und Wirkungsweisen. Und erst daraus ergeben sich Schlüsse und nie umgekehrt.