Manipulation: Alle lieben wieder die Große Koalition

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Es ist schwer zu glauben, dass auf einmal die Große Koalition der Deutschen liebstes Kind sein soll. Überall hört und liest man plötzlich davon, weil sowohl die SPD als auch ihre Heiligkeit, Angela Merkel, eine solche Option haben durchblicken lassen. Dieser Unfug ist deshalb schwer zu glauben, weil ebendiese Deutschen vor vier Jahren noch froh waren, die Große Koalition endlich wieder los zu sein.

Nun ist das wieder anders. Journaille und politische Beobachter nehmen für ihre Behauptung einfach einen ziemlich schwachen Wert zur Grundlage, den infratest dimap im Auftrag der ARD vergangene Woche ermittelt hat. Demnach würden 23 Prozent der Deutschen, also nicht mal ein Viertel, die Große Koalition befürworten. Leidenschaft sieht anders aus. Außerdem hatten die Befragten nur fünf Auswahlmöglichkeiten, wobei “Keine” als Option erneut fehlte. Die Frage, was Union oder SPD speziell nach der Wahl machen sollten, ist statistischer Unsinn.

Interessant ist, dass sich vor vier Jahren laut Deutschlandtrend über 60 Prozent gegen den Fortbestand der Großen Koalition ausgesprochen haben. Dies wurde damals als klare Wechselstimmung gewertet. Heute wären bei nur 23 Prozent Zustimmung deutlich über 70 Prozent gegen eine Große Koalition. Dennoch läuft die Propaganda für dieses Modell auf Hochtouren, weil die Spindoktoren es so eingefädelt haben und es alle wieder toll zu finden haben. Und ich wette, dass die Zustimmungswerte für die Große Koalition in den nächsten Wochen steigen werden, je öfter davon gesprochen wird. Da ist der Deutsche ganz einfach gestrickt.

Auf der anderen Seite könnte diese Diskussion auch der FDP nutzen, die nun auf der Zielgeraden eine ganz einfache Kampagne fahren kann: Wer keine Große Koalition will, müsse die Liberalen wählen, wird es wieder heißen. Und der Wähler? Er wird sichtlich beeindruckt von der Strategie, die er nicht durchschaut, ein weiteres Mal dabei helfen, die FDP über die 5-Prozent-Hürde zu bringen. Er wird nicht fragen, warum überall Personalmangel herrscht, nur bei den Liberalen nicht. Dort sprießt eine zweifelhafte Fachkraft nach der anderen aus dem Boden.

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Nass gemacht

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Beim ARD Sommerinterview gab es heute zwei richtig gute Fragen:

  1. Was hat uns der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan gebracht?
  2. Wovor hat uns der Verfassungsschutz beschützt, als Nazis jahrelang mordend durchs Land zogen und dafür auch noch finanzielle Unterstützung erhielten?

Die Fragen stellte Gregor Gysi. Einmal, weil Deppendorf wissen wollte, welches Angebot die Linke der SPD unterbreiten werde, damit es eine Koalition zwischen beiden geben könne. So als ob der SPD zig andere Machtoptionen zur Verfügung stünden.

Zum anderen antwortete Gysi auf den noch blöder daher fragenden Rainald Becker, der allen ernstes wissen wollte, wie Gysi denn die Deutschen vor Terroranschlägen beschützen wolle, wenn die Linke den Verfassungsschutz und andere Geheimdienste abschaffte.

Eine Antwort auf seine berechtigten Fragen erhielt Gysi von seinen Interviewpartnern nicht. Es regnete in Berlin. Baden gingen aber nur Deppendorf und Becker, die Gysi zusätzlich auch noch nass machte, was nicht schwer war, wenn man Leuten gegenübersitzt, die der Realität nichts abgewinnen können und sich dennoch für die Speerspitze des deutschen Journalismus halten.

Hier geht es direkt zu der journalistischen Glanzleistung, frei vom Anspruch der Unabhängigkeit:

http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video1329062~_origin-b21f2ff6-88b7-4aad-bea0-6ff73253295f.html

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Merkel bekommt Wahlkampfhilfe

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„Wenn die Opposition Hans-Peter Friedrichs Reise in die USA als ‚Luftnummer‘ und ‚transatlantisches Duckmäusertum‘ bezeichnet, dann muss man fragen, was der Innenminister bei seiner Stippvisite hätte erreichen sollen“, meint ein Kommentator der Welt und zielt damit am Thema vorbei.

Die Frage stellt sich nämlich nicht, weil der Innenminister wegen mangelnder Kompetenz und Befugnis gar nicht erst hätte hinfliegen dürfen. Die Überwachung der Geheimdienste ist im Bundeskanzleramt angesiedelt. Dort laufen die Informationen zusammen. Nicht Friedrich, sondern Merkel hätte nach Washington reisen müssen. Doch sie duckt sich weg. Friedrichs Auftrag war hingegen, politische Aktivität lediglich zu simulieren.

Natürlich geht es bei den Angriffen der Opposition um Wahlkampf. Nur was hat diese Feststellung zu bedeuten? Dass die amtierende Bundeskanzlerin, die nur vorgibt, nichts zu wissen, am Ende besser den Skandal im Sinne des Grundgesetzes wird lösen können? Eine Regierung, die die Verfassung bricht, und das nicht nur einmal, gehört aus dem Amt gejagt. Wer hingegen die Auseinandersetzung um die gigantischen Abhöraktivitäten der NSA als Wahlkampfgeschrei abtut, betreibt selbst Wahlkampf und wirft sich schützend vor eine in allen Belangen versagende Regierung, die ihrerseits ums politische Überleben kämpft.

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Merkels Scareware

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CDU und CSU haben sich ein Regierungsprogramm gegeben, das sich, einzelnen Unions-Stimmen zufolge, nach der Wahl von selbst erledigen würde. Die Wähler wüssten das seit 50 Jahren, so Kurt Lauk im ARD-Bericht aus Berlin. Andere behaupten, in dem Programm stecke etwas drin, was den Steuerzahler teuer zu stehen kommen könnte. Täuschung und Angst ergänzt durch Unverbindlichkeit? Das beschlossene Wahlprogramm, Merkels Scareware, ist bloß ein weiterer gescheiterter Versuch, dem Wahlverein der Kanzlerin und ihr selbst ein Profil zu geben.

Parteien, die sich kein Programm geben, nennt man doch regierungsunfähig? Natürlich sind sie auch funktionsunfähig, unberechenbar und auf eine populistische Person zugeschnitten, die dann mit windigen Versprechungen auf Stimmenfang geht. Ein Bündnis mit solchen Parteien gleiche einem politischen Abenteuer. So lautete die Demagogie vor dem letzten Bundestagswahlkampf 2009. Damals ging es gemeinschaftlich gegen die Partei Die Linke, die zu dieser Zeit von einem Wahlerfolg zum nächsten schritt und damit auch zu einer Bedrohung für erklärte Lagerwahlkämpfer wurde, die aber nur des Showeffekts Willen um Positionen stritten.

Schon damals passte der SPD-Spitzenkandidat nicht zum Programm seiner Partei und Mutti Merkel war auf Seiten der CDU mit kleineren Abstrichen Programm genug. Doch es hat sich etwas verändert. Die Linke ist keine Bedrohung mehr, die SPD hat immerhin einen anderen Kandidaten, der aber nach wie vor nicht zum eigenen Programm passt und die Merkel hat keine innerparteilichen Gegner mehr und infolgedessen auch kein Programm mehr nötig. Merkel ist unser Programm, hört man immer öfter. Wer soll da noch widersprechen? Die Beliebtheit der Kanzlerin liegt bei über 60 Prozent.

Gleichzeitig wird ein 127 Seiten starkes Heft mit der Aufschrift Programm auf den Markt geworfen und mit einer durchschaubaren Strategie (erfolgreiche Konsolidierung und Volkspartei für alle) auf allen Kanälen verteidigt. Wahrscheinlich, weil es sich für eine demokratische Partei irgendwie gehört, so etwas zu haben und wenn nicht, dann wenigstens ein Bündel bedrucktes Papier mit gleichlautendem Etikett. Zum Vergleich, vor vier Jahren reichten noch 63 Seiten aus, auf denen unter anderem beschrieben wurde, wie man die kalte Progression beseitigen wolle. Der will man jetzt auch wieder an den Kragen, so als ob man bis heute nicht Teil dieser Regierung ist.

Doch was steht Neues drin in dem Regierungsprogramm von CDU und CSU? Während sich die Medien an Mütterrenten, Mietpreisbremsen und Familiensplitting reiben, obwohl diese Dinge längst und nicht hinter vorgehaltener Hand für obsolet erklärt wurden, ist mir vor allem das hier aufgefallen, was es vor vier Jahren so verschriftlicht noch nicht gab:

  • SPD und Grüne dagegen wollen die Menschen belasten. (Seite 4)
  • Die Vorschläge von SPD und Grünen bedrohen die Wettbewerbsfähigkeit… (Seite 7)
  • SPD und Grüne haben in ihrer Regierungszeit vier Mal den Stabilitäts- und Wachstumspakt gebrochen und seine Regeln aufgeweicht. (Seite 13)
  • Die Steuerpläne von SPD und Grünen sind ein Angriff auf die Substanz der Unternehmen. (Seite 19)
  • SPD und Grüne wollen, dass der Staat weiter am Ausgleich der Inflation verdient. (Seite 27)
  • SPD und Grüne […] streuen den Menschen stattdessen Sand in die Augen. (Seite 27)

Man möchte meinen, das Wahlprogramm der Union beschäftige sich aus Mangel an klaren Aussagen lieber mit einem politischen Gegner, den es in Wahrheit längst nicht mehr gibt. In den zentralen Fragen, bei der Schuldenbremse, beim Umgang mit der Finanzkrise und beim Abbau des Sozialstaates sind sich Merkel und die sie tragenden Parteien im deutschen Bundestag immer noch einig, zuletzt bei der Abstimmung zum Rettungspaket für Zypern im April. Steinmeier sagte da, dass der vorliegende Entwurf der Bundesregierung die Handschrift der SPD trage.

Vor der Sitzung des Bundestages ließ der Fraktionsvorsitzende der Genossen profilneurotisch verlauten, seine Partei überprüfe bei jeder einzelnen Entscheidung zur Euro-Rettung, ob sie tragfähig sei. Das vorliegende Hilfspaket sehe jedenfalls auf den ersten Blick besser aus als beim ersten Versuch: „Aber wir werden es uns noch genau anschauen“, so Steinmeier weiter. Offenbar taten die Sozialdemokraten das nicht. Denn die sprichwörtliche Tragfähigkeit ist wie bei allen vermeintlichen Rettungsaktionen zuvor schon wieder dahin. Nur wenige Wochen nach Verabschiedung des Paketes müssen sich die Euroretter in Brüssel und Berlin erneut mit der Zypern-Frage beschäftigen. Das gerade verabschiedete Wahlprogramm verdeckt das erneute Scheitern der Kanzlerin.

Nichtsdestotrotz prophezeit Merkel für September eine neuerliche Richtungswahl. Es gehe darum, ob die erfolgreichste Bundesregierung seit der Wiedervereinigung den Erfolgskurs fortsetzen dürfe oder ob die Deutschen mit Rot-Rot-Grün lieber bergab gehen möchten. Moment, werden da einige sagen, das gab es 2009 doch auch schon mal. Ja sicher, das ist der Sinn der Übung. Permanente Wiederholung wirkt prägend, disziplinierend und der Wähler freut sich, wenn er was wiedererkennt und verstanden hat. Merkel sagte damals aber auch:

„Wer glaubt, nur gegen etwas Wahlkampf führen zu können, wird scheitern.“

Heute ist klar, Merkel kann so viele Wendungen vollziehen, Entscheidungen hinauszögern und so oft scheitern wie sie will, zum Verlust der Kanzlerschaft wird es wohl nie mehr reichen.

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Aber die Überzeugung stimmt

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Der Parteitag der Grünen hat einiges an Erkenntnissen gebracht. Unter anderem die, dass die Ausweitung des Niedriglohnsektors nicht zu dem erhofften Wohlstand geführt hat. Aber hören sie selbst.

Katrin Göring-Eckardt ist von mehreren Überzeugungen überzeugt.

Ja leider haben die Minijobs keine Brücke in den ersten Arbeitsmarkt schlagen können. Wie auch, wenn das erklärte Ziel der Regierung Schröder nicht die Schaffung von regulärer, sondern atypischer Beschäftigung war, um so die neoliberale Forderung nach einer Flexibilisierung des Arbeitsmarktes zu erfüllen.

“Wir müssen und wir haben unseren Arbeitsmarkt liberalisiert. Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt. […] Wir haben einen funktionierenden Niedriglohnsektor aufgebaut”

Gerhard Schröder, World Economic Forum in Davos, 28.01.2005

Wenigstens haben es die Grünen versucht und schon nach zehn Jahren festgestellt, dass die Politik, die sie mit zu verantworten haben, leider misslungen ist. Aber die Überzeugung stimmt und das ist es doch, was zählt. Alles weitere zum Parteitag der Grünen hat Volker Pispers zusammengefasst. Er spricht unter anderem über den Schulterschluss der Grünen mit dem natürlichen Partner SPD. Der Wähler liebt ja geschlossene Reihen, weil er dann nicht sehen muss, was dahinter liegt.

Volker Pispers über den Schulterschluss
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Kompetenzlos ist eine treffende Zuschreibung

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Beruflich war ich heute selbst im Wahlkreis unterwegs. Kurz gesagt, das Entsetzen über das Abschneiden der FDP ist überall spürbar. Ansonsten dominiert die These, wonach das sog. bürgerliche Lager taktisch clever und die andere Seite jeweils auf eigene Rechnung abgestimmt habe. Doch dazu später mehr.

Zunächst einmal muss man die Reaktion des SPD-Spitzenkandidaten Stephan Weil bewerten, der salomonisch meinte, dass Freunde wie Gegner sehr viel für die Demokratie getan hätten, da die Wahlbeteiligung um mickrige drei Prozent auf den zweitschlechtesten Wert aller Zeiten gestiegen ist. Tolle Leistung.

Wahlbeteiligung bei den Landtagswahlen in Niedersachsen seit 1947
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

Fakt ist, dass sich noch immer eine Mehrheit der Wählerinnen und Wähler für keine, statt für irgend eine Partei entschieden hat. In den Lagern wird aber über die stärkste Fraktion gar nicht diskutiert, sondern eher darüber, wie blöd diejenigen abgestimmt haben, die dennoch ins Wahllokal gegangen sind. Natürlich ist im sog. bürgerlichen Lager die Strategie „Panikmache“, die FDP könne den Sprung in den Landtag verpassen und McAllister dann nicht weiter regieren, voll aufgegangen. Dennoch zeigt das Ergebnis, dass das schwarz-gelbe Lager deutlich geschrumpft ist.

Auf der anderen Seite hätte sich der ein oder andere SPD-Kandidat eine Leiherststimme der Grünen gewünscht, die in den Wahlkreisen aggressiv um beide Stimmen warben und somit auch bei den Erststimmen zum Teil zweistellige Ergebnisse zum Leidwesen der SPD-Kandidaten erzielen konnten. Gleichzeitig kritisierten einige Genossen die verschenkten Stimmen, die gab es nämlich auch wieder, an Linke und Piraten. Ja hätte man die nur gehabt, so die Reaktionen.

Doch nun zu der FDP. Da dürfen sich die staunenden Medien selbst beglückwünschen. Das haben die nämlich mit ihrer peinlichen Berichterstattung über den Verwesungsgeruch einer bereits toten Splitterpartei und der damit verbundenen medialen Omnipräsenz der Liberalen ganz allein geschafft oder wie Jörg Schönenborn nach der ersten Prognose fassungslos meinte:

„Ich habe selten eine so kompetenzlose FDP mit einem so guten Ergebnis erlebt.“

Ja, Herr Schönenborn, „kompetenzlos“ ist die zutreffende Beschreibung für alles, was mit dieser Wahl zu tun hat.

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Aus Forschern wurden Auftragsarbeiter

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Die Wahlforschung hat eine lange Geschichte und geht im Prinzip auf die Wette zurück, das Ergebnis einer Stimmabgabe möglichst präzise vorhersagen zu können. Dazu hat es in Amerika verschiedene Ansätze gegeben. Sie kennen George Gallup, der im Präsidentschaftswahlkampf 1936 mit repräsentativer Stichprobe und der Wahrscheinlichkeitsrechnung exakt den Sieg Roosevelts voraussagen konnte und damit die Grundlage für moderne Prognosen schuf.

Daneben ist auch der Ansatz von Paul Felix Lazarsfeld zu nennen, der die Entscheidung für einen Kandidaten oder eine Partei als Ergebnis eines komplexen Vermittlungsprozesses betrachtete, bei dem Meinungsführer, Massenmedien und die Sozialisation des Wählers eine Rolle spielen. Die Wahlforschung war und ist ein Feld der empirischen Sozialforschung, auf dem Soziologen sich im 20. Jahrhundert zunehmend professionalisieren konnten.

Doch was ist daraus geworden? Aus Forschern wurden Auftragsarbeiter, die nicht mehr im wenig ertragreichen Dienst der Wissenschaft stehen, sondern eine gut bezahlte Dienstleistung im Sinne der Auftraggeber anbieten. Selten treffen die Institute aber mit ihren Ergebnissen ins Schwarze. Das Ziel ist nicht mehr die präzise Vorhersage des Wahlausgangs, sondern die Beeinflussung des Zeitraums davor. Anhand der zahlreichen Umfragen verschiedener Institute, die sich zu einem inflationär auftretenden Phänomen entwickelt haben, wird die ganze Bandbreite der Verwirrung deutlich.

Die FDP, die im gleichen Erhebungszeitraum mal bei vier, dann bei zwei und nun bei fünf Prozent gesehen wird, ist da nur ein Beispiel. Jörg Schönenborn will sogar ein nicht ausgeschöpftes liberales Wählerpotenzial von 23 Prozent erkannt haben. Aktuell liegt die Linke in Niedersachsen nach Berechnungen der Info GmbH bei sechs Prozent, nachdem alle anderen Institute sie konstant bei drei sehen. Vor einer Woche sorgte Allensbach in Bayern für Aufregung, als die Chefin des ehrwürdigen Umfrageinstituts Renate Köcher der CSU in Wildbad Kreuth mitteilte, dass die Regionalpartei bei der Bundestagswahl nur mit 41 Prozent in Bayern rechnen könne. Das seien ja bis zu acht Punkte weniger als in den Umfragen zur Landtagswahl, hieß es entsetzt von CSU-Seite.

Das Ergebnis von der bisher geschätzten CSU-Ratgeberin könne also nicht stimmen, lautete eine empörte wie auch interessante Reaktion. Man erwartete sich eine deutlich bessere Umfrage vom Bayerischen Rundfunk, hieß es weiter. Die folgte dann auch am vergangenen Mittwoch. Infratest dimap sieht die CSU bei deutlich günstigeren 47 Prozent. Was soll der Adressat, also der Wähler, mit solchen Nachrichten im Börsenstil eigentlich noch anfangen? Wundert es einen da wirklich noch, dass immer mehr Menschen den Urnengang verweigern oder gar angeben, nicht zu wissen, wen sie überhaupt wählen sollen? Die professionalisierte Wahlforschung hat mit Wissenschaft immer weniger zu tun, dafür immer mehr mit dem lukrativen Geschäft des Marketings.

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Es güllnert mal wieder: Forsa leistet Wahlkampfhilfe

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Die FDP liegt in der Umfrage bei 2 Prozent. Das war die Schlagzeile des Tages. Kein Wille zur Aufklärung?, möchte man da fragen. Doch die Zweifel an der demoskopischen Kirche Forsa sind dann doch nicht so stark wie jene an der katholischen Glaubens- und Missbrauchsbude. Knapp zwei Wochen vor der Niedersachsenwahl könnte der niedrige Wert für die Liberalen zweierlei Dinge bewirken. Der bevorstehende Personalwechsel an der Spitze der FDP würde umgehend von einer positiven Umfrage aus dem Hause Güllner bestätigt. Das wäre ja nicht das erste Mal. Auf der anderen Seite könnte die Diskussion um eine Fortsetzung der angeblich so erfolgreichen McAllister-Regierung in Niedersachsen zu einer Mobilisierung von Wählern beitragen, die der FDP noch einmal über die Fünf-Prozent-Hürde verhelfen.

Denn die FDP schneidet bei Güllner ja nicht deshalb so schlecht ab, weil sie eine Klientelpolitik betreibt und für viele als überflüssig erscheint, sondern weil Rösler immer noch ihr Chef ist und eine Führungskrise alles andere überlagert. Zum Beispiel die vermeintlich gute Regierungsarbeit, die sich in den glänzenden Werten für die CDU ausdrücke. Diese Botschaft will der Hüter des Umfrageglaubens an das Volk versenden. SPON schreibt, dass die Daten vor dem Dreikönigstreffen erhoben wurden und damit durchaus mit den Ergebnissen anderer Institute vergleichbar sind. Die sehen die FDP aber immer noch bei vier Prozent. Woher kommt also der plötzliche Unterschied?

Mit der Aussage, fast die Hälfte der liberalen Wähler würde sich jetzt für die Union entscheiden und die Union profitiere vom Niedergang der FDP, wird der Eindruck vermittelt, dass es am inhaltlichen Kurs der unionsgeführten Regierungen eigentlich gar nichts auszusetzen gebe. Denn gleichzeitig misst Forsa auch den schlechtesten Umfragewert für die SPD seit Ende April 2012. Auch das liege am Kandidaten, so Güllner, denn Steinbrück ziehe die Partei nach unten. Dabei erinnern die in hoher Schlagzahl erscheinenden Skandalgeschichten um den Spitzenkandidaten der SPD doch sehr an jene Kampagnen, mit denen auch schon anderen als unangreifbar erscheinenden Medienlieblingen der Garaus gemacht wurde.

“Ein Meinungsforscher als Öffentlichkeitsarbeiter!”, schreibt Albrecht Müller. “Das sollte man immer im Hinterkopf haben.”

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Die Gunst der Demoskopen

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Am Freitag habe ich mit einem Beitrag über die Einzelhandelsumsätze wohl auf das falsche Thema gesetzt. Kurz nach dem Beinah-Absturz eines Germanwings Fliegers in 2010 wurde der Aufstieg des SPD-Bruchpiloten der Ära 2005 bis 2009 zum Kanzlerkandidaten gemeldet. Peer Steinbrück soll als Herausforderer gegen Angela Merkel antreten. Die Entscheidung in der K-Frage überraschte auch alte Journalisten-Hasen wie Sigmund Gottlieb, der in den Tagesthemen meinte, Angela Merkel erfreue sich höchster Gunst der Demoskopen.

Genau darum geht es ja auch. Nicht der Wähler muss überzeugt werden, sondern die Demoskopen, die als Teil der PR- und Manipulationsmaschinerie über den Ausgang von Wahlen mitentscheiden. Ganz wichtig ist dabei der Beliebtheitsvergleicht zwischen den Kandidaten. Da haben jene Demoskopen nämlich festgestellt, dass Steinbrück seine Führungsposition aktuell eingebüßt hat.  

Direktwahl

Diese Kurven spiegeln jedoch weder Beliebtheit noch Wahlchancen wider. Vielmehr bilden sie den Grad öffentlicher Aufmerksamkeit ab. Im November 2011, der Moderator sagt es ja auch, lag Steinbrück nur vorne, weil der erste Hype um eine mögliche Kandidatur durch die Veröffentlichung des Buches “Zug um Zug” entstanden war, das Steinbrück zusammen mit Helmut Schmidt herausbrachte. Danach tauchte er in der Troika ab.

Mit dem nun wieder einsetzenden Hype erholt sich die Kurve bestimmt, vor allem auch deshalb, weil Steinbrück im Gegensatz zur lavierenden Kanzlerin als “Klartextmann” bezeichnet wird, der mit seinem Auftreten die Politikverdrossenheit der Deutschen pulverisieren könnte. Das ist schon eine kühne Behauptung wenn man bedenkt, dass Deutschland nicht einmal ein gültiges Wahlrecht besitzt. Trotzdem rücken das Thema Bundestagswahl und mögliche Koalitionen nun wieder verstärkt in die Diskussion.

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Es geht um den Schutz bayerischer Steuergelder

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Die Wahlkampfmaschinerie im Süden des Landes läuft auf Hochtouren. Der Freistaat Bayern will nicht länger Zahlmeister für finanzschwache Bundesländer sein. Allein im letzten Jahr habe man mit 3,7 Milliarden Euro mehr als die Hälfte in den Solidartopf einzahlen müssen. Der Umfang der Solidarität müsse gerecht gestaltet sein, verkündete Ministerpräsident Horst Seehofer.

Da bin ich ganz seiner Meinung und fordere im Namen der bayerischen Steuerzahler jene Milliarden zurück, die der Freistaat unter CSU-Führung in seine eigene Landesbank pumpen musste, um das Milliardengrab Hypo Alpe Adria (HGAA) zu verdauen. Das Debakel soll den Freistaat damals ebenfalls 3,7 Milliarden Euro gekostet haben. Gleichzeitig hat die Landesregierung im Jahr 2008 der Bank mit weiteren 10 Milliarden Euro unter die Arme gegriffen und durfte sich zudem über Garantien des Bundes in Höhe von 15 Milliarden Euro freuen.

Darüber hinaus fordere ich als norddeutscher Steuerzahler jene Milliarden Euro zurück, die zur Rettung einer kleinen Bank mit Sitz in München aufgewendet werden mussten. Die Rede ist von der HRE, an der sich alle Steuerzahler bereits mit weit über 100 Milliarden Euro beteiligt haben.

Um es mit den Worten Markus Söders zu sagen, ich bin solidarisch, aber nicht blöd! Die Schieflage liegt nicht im System des Länderfinanzausgleichs, wie Seehofer behauptet, sondern bei Regierungen, die Milliarden Euro Steuergelder zur Rettung von Banken und privater Vermögen aus dem Fenster schmeißen.

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