Die Bundestagswahl rückt unaufhaltsam näher und wie zu erwarten bricht in den Medien Panik aus. Die Umfragen ließen kein eindeutiges Bild zu. Wer wird regieren? Welche Koalition wird es nach dem 22. September geben? Schwarz-Gelb, Schwarz-Grün, Rot-Gelb-Grün, das Schreckgespenst Rot-Rot-Grün oder doch die Große Koalition. Dabei ist die Frage, welche Vertreter der vier Flügel ein und derselben Partei am Ende einen Vertrag für die nächsten vier Jahre unterschreiben werden, belanglos. Viel entscheidender wird sein, wer angesichts dieser Auswahl, die ja keine mehr ist, noch zur Wahl gehen wird. Doch Prognosen zur Wahlbeteiligung gibt es nicht. Warum eigentlich nicht?
Seit den Bundestagswahlen 1998 mit einer Wahlbeteiligung von 82,2 Prozent und einer klaren Alternative zum System Helmut Kohl ging es mit riesigen Schritten bergab. Bei den letzten Bundestagswahlen im Herbst 2009 gaben nur noch 70,8 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab und damit so wenig wie noch nie. In den Ländern sieht die Lage noch katastrophaler aus. Der vermeintliche Lagerwahlkampf in Niedersachsen zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün hat zu Beginn des Jahres zwar insgesamt mehr Wähler an die Urne gelockt. Doch mit knapp unter 60 Prozent blieb auch hier die Wahlbeteiligung auf erschreckend niedrigem Niveau.
Weitere Beispiele sind das Saarland (vorgezogene Neuwahl 2012) mit 61,6 Prozent (-6 Prozent im Vergleich zu 2009), Schleswig Holstein (vorgezogene Neuwahl 2012) mit 60,2 Prozent (-13,4 Prozent im Vergleich zu 2009) und Nordrhein-Westfalen (vorgezogene Neuwahl 2012) mit 59,6 Prozent (+0,3 Prozent im Vergleich zu 2010). Die Gruppe der Nichtwähler nimmt permanent zu, doch Politik und Medien ist das allenfalls eine Randnotiz wert, da, egal wie hoch die Wahlenthaltung auch sein mag, immer alle Sitze eines Parlamentes besetzt werden.
Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht über irgendeine Wahlumfrage berichtet wird. Am spannendsten ist dabei immer wieder die sogenannte Sonntagsfrage. Welche Partei würden Sie wählen, wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre? Die Option Keine gibt es dabei nicht. Stattdessen wird darüber gerätselt, warum eine Partei gut und die andere schlecht abschneidet. Zuletzt trumpfte der ARD-Deutschlandtrend gar mit der Meldung auf: Noch nie in 16 Jahren DeutschlandTrend ist eine Bundesregierung so positiv bewertet worden. 52 Prozent sind mit ihrer Arbeit zufrieden – das ist Rekord. Reflexion, Fehlanzeige. Weiter unten wundern sich die Demoskopen dann über Parallelwelten, weil, nach konkreten Themen befragt, miserable Noten für die eben noch gelobte Regierung ermittelt werden.
Eine Wechselstimmung gibt es nicht. Sie wäre aber vonnöten, um Wähler an die Urne zu locken und Merkel aus dem Amt zu kegeln. In jedem denkbaren Szenario zum Wahlausgang bleibt sie allerdings Kanzlerin. Denn egal welche Partei sie fragen, mit Ausnahme der Linkspartei, jede von ihnen würde unter Umständen eine Frau Merkel erneut zur Kanzlerin wählen. Weder die FDP, noch die Grünen und auch die SPD schließen ein Bündnis mit der Union aus und mit der Linken, die eine Abwahl Merkels sicher garantieren könnte, will niemand koalieren. Unter diesen Voraussetzungen muss der Versuch scheitern, Wähler zu mobilisieren, die wahlweise dem einen oder anderen Lager zugerechnet werden.
Die Sozialdemokraten reagieren bereits auf die absehbare Wahlniederlage. So soll es laut Spiegel-Informationen angeblich keine Steuererhöhungen mehr geben. Damit ist wieder ein Wahlprogramm für die Katz, noch bevor die Partei in Verlegenheit kommt, dieses auch umsetzen zu müssen. Obendrein wird jenen verbliebenen Genossen vors Schienbein getreten, die an der Basis gerade mit dem Wahlkampf begonnen haben. Wofür braucht man also noch Wahlprognosen, wenn die klare Gewissheit herrscht, dass Angela Merkel weiterhin Kanzlerin bleibt? Spannend ist da nur die Frage, wie viele Nichtwähler ihr diesmal zum Erfolg verhelfen werden.
Allein die Ruhe, mit der die Deutschen das ertragen, bleibt beängstigend.
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AUG