Bundesversammlung: Der unsinnige Vergleich

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Weil immer wieder darauf verwiesen wird, dass Roman Herzog schließlich auch erst im dritten Wahlgang zum Bundespräsidenten gewählt worden sei, lohnt es sich doch, die damalige Wahl noch einmal anzuschauen. Damals, im Jahr 1994, hatte die FDP als Regierungspartei mit Hildegard Hamm-Brücher eine eigene Kandidatin ins Rennen geschickt, zwei Wahlgänge lang. Die Grünen hatten mit Jens Reich, übrigens auch ein DDR-Bürgerrechtlier, ebenfalls einen eigenen Kandidaten am Start. Und die SPD mit Johannes Rau sowieso.

1994 gab es also vier Kandidaten (plus dem inzwischen obligatorischen Rechtsradikalen) und davon zwei aus der damals amtierenden Regierungskoalition. Mehrere Wahlgänge waren somit absolut vorhersehbar und auch wahrscheinlich. Nur fällt das wieder keinem der fragenden Journalisten auf. Es kommen immer wieder dieselben Fragen und dieselben Antworten. Der heutige zweite und nunmehr dritte Wahlgang war nun hingegen keinesfalls vorhersehbar, sondern eine faustdicke Überraschung. Das kann man auch nicht mehr schönreden, wenn aus einer klaren 21 Stimmen Mehrheit keine ausreichende Zustimmung für den eigenen Personalvorschlag zu Stande kommt.

Eigentlich müsste man jetzt abbrechen. Wieso stürmen die Menschen vor dem Reichstag nicht ihr Parlament und beenden dieses bescheuerte und abgekartete Schauspiel? Steht doch oben dran, wem das Gebäude gehört. „Dem deutschen Volke“. Das einzig Positive ist doch, dass alle Verfassungsverbrecher auf einem Haufen hocken und kollektiv die Demokratie beschädigen. Und die Medienvertreter fressen Schnittchen, Saufen Schampus und stellen blöde Fragen. Aber die Mehrheit der Bevölkerung glaubt wahrscheinlich tatsächlich, dass sie Gauck lieber mögen und drücken die Daumen, dass die SPD mit ihrem Gaunerstück der großkoalitionären Ablenkung durchkommt.

„Yes, We Gauck!“

So titelte Springers „Märchen-Welt“ am Tag nach der Nominierung Gaucks. Fast wie abgesprochen. Was war da nur los?

Inzwischen geben die rot-grünen Parteigranden sogar ehrlich zu, wer sie auf die Idee mit dem Kandidaten Joachim Gauck gebracht hat: Thomas Schmid war es, Chefredakteur der „Welt“ aus dem Verlag Axel Springer. Als Gaucks Kandidatur dann offiziell war, jubelten „Welt“ und „Bild“ („Yes, we Gauck“) so demonstrativ und laut, dass Kanzlerin Angela Merkel mehrmals zum Telefonhörer griff, um sich bei Verlegerin Friede Springer zu erkundigen, was denn mit ihrem Verlag los sei.

Quelle: FTD

Also hat der Springer-Mann Thomas Schmid Herrn Gabriel angerufen, um den Kandidaten Gauck vorzuschlagen. Aber warum hätte die SPD diesen Vorschlag annehmen sollen? Weil Gauck für den demokratischen Sozialismus steht oder für soziale Grundrechte und den Sozialstaat? Nein! Gabriel stimmte nur deshalb zu, weil er von Springer eine positive Presse als Gegenleistung angeboten bekam. Und unter diesen miesen und korrupten Bedingungen soll die Linke nun zeigen, auf welcher Seite sie stehe? Sie soll zeigen, dass sie fähig ist, sich endlich von der DDR-Diktatur zu lösen? Häh??? Um sich dann was? Einer anderen Diktatur anzuschließen oder Bündnissen, in denen SPD und Grüne nicht davor zurückschrecken würden, das Druckmittel der DDR-Vergangenheit anzuwenden, um die Linke auf Linie zu zwingen.

Nein, die Enthaltung ist die richtige Antwort. Nur hätten die Linken von Anfang an diesen Weg beschreiten müssen und darum werben sollen, diesem miesen Parteigeschachere mit Ablehnung zu begegnen. Die Regierung ist am Ende und die Opposition, die in Wirklichkeit mitregiert (siehe Hartz IV, Afghanistan und Finanzmärkte) und Verantwortung für das Scheitern trägt, auch.

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Berliner Berichte: Es ist wie bei der "Aktuellen Kamera"

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Ich könnte mich totlachen. Nein, nicht über die heute stattfindende Bundespräsidentenwahl, die ist ja total belanglos, sondern über die schlafwandelnde Medienmeute. Auf allen Kanälen dieselben Fragen und dieselben noch dämlicheren Antworten in quälerischer Endlosschleife. Der dümmste Dialog entwickelte sich gerade in der ARD zwischen einer Fieldreporterin und ihrer Gesprächspartnerin Brigitte Zypries (SPD). Mit Blick auf einen möglichen dritten Wahlgang, bei dem bekanntlich die einfache Mehrheit für einen Kandidaten oder eine Kandidatin reichen würde, meinte Brigitte Zypries, dass sich innerhalb der Linken wohl die Altkommunisten durchgesetzt hätten. Daraufhin die Gegenfrage der Reporterin:

„Aber die Stimmen der Altkommunisten würden sie doch nehmen?“

Da schlief der Ex-Justizministerin aber gehörig das Gesicht ein. Nun gab der Ober-Deppendorf der ARD zur Tagesschau ab und meinte, dass es ja schließlich noch andere Nachrichten gäbe. Und was kommt dann als erstes? Die Wahl und zugeschaltet ist, sie wissen es sicherlich schon, richtig, Uli Deppendorf. Und er berichtet noch einmal genau dasselbe wie in der halben Stunde davor. Aber so ist das halt in der Aktuellen Kamera. Da wird nur so getan als ob. Die zweite Meldung ist übrigens vom tollen Arbeitsmarkt. Der sei noch immer robust und der Aufschwung setze sich fort. Hier wird also der vegiftete Wein für den morgigen Schlussauftritt von Rainer Brüderle im Bundestag geliefert.

Aber zurück zur Wahlveranstaltung. Ich stelle erneut fest, dass die Kandidatin der Linken Luc Jochimsen zwei Stimmen mehr erhalten hat, als rechnerisch möglich. Im letzten Jahr hatte Peter Sodann ja ebenfalls mehr Stimmen bekommen. Offensichtlich befinden sich in den Reihen von SPD, CDU, CSU, FDP, Grünen oder Freien Wählern auch noch Altkommunisten. Da hätte die Fieldreporterin bei Frau Zypries aber weiter nachhaken können. Egal. Ich halte die Veranstaltung für unbedeutend und die Linken hätten gut daran getan, überhaupt keinen Kandidaten oder Kandidatin zu benennen, sondern es ihren Delegierten tatsächlich freizustellen, wie sie votieren. Man kann sich ja auch enthalten.

Ich gebe jetzt trotzdem mal einen mutigen Tipp ab. Die anderen „Experten“ lagen ja auch total daneben. Ich tippe, dass die Linken im zweiten Wahlgang geschlossen für Gauck stimmen werden, obwohl Luc Jochimsen noch einmal antritt. Rechnerisch hätte es ja im ersten schon für Gauck reichen können (499 + 126 -2 = 623). Jetzt müssen die Idioten von Schwarz/Geld ihre Intelligenz noch einmal unter Beweis stellen und genauso abstimmen wie im ersten Wahlgang, weil sie davon ausgehen im dritten Wahlgang alles klarmachen zu können. Dann wäre rasch ein Ende da und alle könnten an den Wannsee fahren. Der Regisseur Lammert hatte ja eingangs darauf hingewiesen. So richtig Lust scheint der Lammert auch nicht zu haben.

Und die Medien? Im Augenblick läuft die nächste Doku über die drei Kandidaten. Hätte man da nicht die ausgefallene Folge der Lindenstrße senden können, die am Sonntag dem Sieg der deutschen Nationalmannschaft und den Berichten über die Glückwünsche der Kanzlerin vom G-20-Gipfel in Toronto weichen musste? Man hätte auch das Elfmeterschießen aus dem WM-Finale von 1994 zwischen Italien und Brasilien zeigen können. Die Leiden des Roberto Baggio würden doch hier gut passen. Als er den letzten Elfmeter für Italien über die Querlatte schoss und Brasilien damit zum Weltmeister machte. Unvergesslich das Drama von Los Angelas! Genau das würde zum Ergebnis des ersten Wahlgangs heute sehr gut passen. :>>

PS: Oskar Lafontaine hat übrigens für ein wenig Aufklärung gesorgt, als er dem notorisch dumm agierenden Phoenix-Reporter auf dessen Frage nach der Chance für seine Partei, sich endlich von der DDR-Vergangenheit lösen zu können, antwortete, dass es in der Parteiführung nun erstmals mehr ehemalige SPDler gäbe als EX-PDSler. Es fiele nur keinem auf. Absichtlich nicht! Insofern sei es auch unwahrscheinlich, dass die Kampagne gegen die Linke just in dem Moment aufhören werde, wenn sie Herrn Gauck wähle.

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Es klingelte am Ende der langen Leitung in Düsseldorf

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Es hat nun endlich geklingelt am anderen Ende der Leitung. Irgendjemand muss Frau Kraft gesagt haben, dass eine eigene rot-grüne Minderheitsregierung mit 90 Sitzen im Landtag besser ist, als eine andere bereits bestehende Minderheitsregierung aus schwarz-gelb mit 80 Sitzen selbst zu tolerieren. Zu dieser unglaublichen Erkenntnis beglückwünsche ich die gesamte nordrhein-westfälische SPD und ganz besonders Frau Hannelore Kraft. Albern ist natürlich der Grund für den plötzlichen Sinneswandel. Ausgerechnet in einem Interview des FDP Landeschefs Andreas Pinkwart will Frau Kraft etwas herausgelesen haben. Sie hätte doch auch einfach das sagen können, was offensichtlich ist, nämlich dass ihr in der Berliner Parteizentrale gestern der Kopf gewaschen wurde.

Wer immer vom Gestalten oder vom Politikwechsel schwafelt muss das auch tun, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet und nicht mit seinem Verhalten dafür sorgen, dass die anderen Gestalten gestalten dürfen. Allerdings hätte ich das wirklich gern gesehen, wie die Merkel ihr Sparpaket oder die Verlängerung der Laufzeiten für Kernkraftwerke mit Hilfe der geschäftsführenden NRW-Stimmen durch den Bundesrat gebracht hätte. Nachdem die Frau Kraft verkündete, dass sie aus der Opposition regieren und gleichzeitig die amtierende Regierung Rüttgers tolerieren wolle, haben Merkel und Co. bestimmt einen gehörigen Schrecken bekommen.

Es kann ja nicht sein, dass die scheinbürgerlichen Superparteien einfach so freie Hand bekommen und dann keinen mehr haben, dem sie die Schuld an ihrem Versagen in die Schuhe schieben können. Das muss im Endeffekt so laufen wie heute im Bundestag. Eine ordentliche Zweidrittelmehrheit für die Änderung des Grundgesetzes oder wie ich es nenne, für die Anpassung der Verfassung an ein verfassungswidriges Gesetz. Bei so einer Sauerei, wie der Legalisierung der Jobcenter vor dem Hintergrund der Hartz-Gesetzgebung, die selbst alles andere als verfassungskonform ist, weil sie auf die Betroffenen vor allem repressiv wirkt und nicht fördernd, machen alle mit. Da gibt es dann eben keinen Politikwechsel, sondern es wird neoliberal weitergemacht wie bisher.

Wieso sollte man also Frau Krafts plötzlichen Sinneswandel als Zeichen für die Neuentdeckung des Gestaltungswillens interpretieren? Es ist doch im Grunde so wie es Urban Priol in einem aktuellen Interview sagt:

Quelle: Main Post

„Das wirklich Schlimme aber ist: Man merkt doch allen an mittlerweile, dass sie gar keine Lust mehr haben am Regieren und am Gestalten, was sie immer so groß wollten, die Gestalten.“

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Hingeschmissen… "Das glaubt uns doch kein Mensch"

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Wie geht es eigentlich Oskar Lafontaine? Die Frage müssten sich die Medien doch stellen, wenn man sich vor Augen führt, wer in den letzten Wochen so alles hingeschmissen hat. Oder, um es mit den Worten von Peter Frey zu sagen…

Toll. Immer wieder gern gesehen. Nun hat also auch Hannelore Kraft hingeschmissen. Na ja, nicht richtig, aber antreten will sie auch nicht, nachdem sie die Wahl in Nordrhein-Westfalen nach eigener Bekundung so überzeugend gewonnen hatte. Hier noch mal zur Erinnerung der Wahlabend mit Hannelore…

Schwarz-Gelb ist abgewählt!

und

Die SPD ist wieder da!

und

Geschlossenheit. Das wird uns durch eine gute Regierungszeit tragen!

Und nun? Frau Kraft hat keine Lust mehr. Es geht halt nicht mit den anderen, deshalb darf der vom Wähler gnadenlos abgestrafte Jürgen Rüttgers einfach weitermachen und Schwarz-Gelb die Mehrheit im Bundesrat behalten. Dass es mit den anderen nicht klappen würde, war schon vor der Wahl klar. Nach der Wahl war wiederum klar, dass es zwangsläufig zu Neuwahlen kommen müsse, da die SPD die Linken scheut, wie der Teufel das Weihwasser und eine Konstellation mit den Wahlverlierern überhaupt nicht zu vermitteln gewesen wäre.

Ja ja, Schwarz-Gelb ist abgewählt, aber auch nur dann, wenn die SPD eine Regierung bildet.
Ja ja, die SPD ist wieder da, aber was nützt das der SPD, wenn sie gar nicht regieren will, weil ihr der Wählerwillen nicht passt?
Ja ja, die Geschlossenheit würde die SPD durch eine gute Regierungszeit tragen. Das stimmt aber nur für den Fall, dass man sich geschlossen hinter eine Regierungsbildung stellt und nicht geschlossen hinter die neue Hannelore-Strategie, im Landtag einfach gar nichts zu unternehmen.

Wie würde wohl Peter Frey mit Hannelore im Sommerinterview verfahren? Würde er sie genauso gut behandeln wie jeden anderen Politiker auch? Würde er vielleicht auf die Weimarer Republik verweisen und das damalige Politikverständnis, wonach Parlamente vor allem als Bühne für den destruktiven Auftritt dienten? So langsam dürfte auch dem letzten dämmern, dass die alternativlose Alternativlosigkeit nicht nur die Merkel-Politik kennzeichnet, sondern vor allem auch die SPD, die unfähig ist, einer vorhandenen Alternative, die vom Wähler gewünscht wurde, offensiv vorzustehen.

Die Linken in NRW und im Bundestag sollten zu den Vuvuzelas greifen und das sinnlose Geschwätz der Alternativlosen im Parlament niedertröten. Vielleicht wacht dann auch der deutsche Michel auf und beginnt dem Unsinn der anderen Parteien aufmerksam zu folgen, nachdem er die Abschaffung der nervenden Tröten gefordert hat, weil er sonst dem parlamentarischen Spiel nicht folgen kann. Vielleicht begreift er dann auch endlich, welche Pfeiffen er sich da erwählt hat und macht es beim nächsten Mal besser.

Aber das glaubt uns doch kein Mensch…

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Kurze Randnotiz zur Bundespräsidentenwahl

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Bei der bevorstehenden Bundespräsidentenwahl gibt es einen neuen Liebling des Monats. Joachim Gauck. Der ehemalige Chef der Stasi-Unterlagenbehörde wurde zur Überraschung aller von SPD und Grünen ins Rennen geschickt, nachdem Angela Merkel ihren Kuschel-Wulff aus Niedersachsen nominiert hatte. Seit dem geht ein Ruck durch die Medienlandschaft. Gauck ist plötzlich Springers Liebling. Entsetzt fragen sich nahezu alle Redaktionen, warum die Linke den Kandidaten von SPD und Grünen nicht mittrage. Schließlich würde die Linke durch eine Zustimmung signalisieren, endlich in der demokratischen Parteienlandschaft angekommen zu sein.

Das können sie überall so nachlesen. Doch keiner wundert sich. Wie war das doch gleich letztes Jahr, als Gesine Schwan für SPD und Grüne gegen Horst Köhler antrat und die Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung knapp waren? Da haben aber alle laut aufgeschrien und getrommelt, dass es unverschämt von SPD und Grünen sei, eine Gegenkandidatin zum äußerst beliebten Bundes-Horst zu nominieren, die sich ja nur mit den fürchterlich dreckigen Stimmen der Linken hätte wählen lassen können. Das wurde damals als Zeichen für ein rot-rot-grünes Bündnis interpretiert, so kurz vor den Wahlen zum deutschen Bundestag.

Und nun trommelt die gesamte Presse auf die Linke ein, sie solle doch aus demokratischer Verantwortung heraus einen Gegenkandidaten zum Merkelvorschlag unterstützen. Damit könne sie sich gleichzeitig aus der schmutzigen Ecke befreien, heißt es. Also deutlicher kann die Abhängigkeit der Tintenknechte von ihren Brötchengebern nicht mehr dargestellt werden. Gestern noch wurden Gesine Schwan, SPD, Grüne und Linke fertig gemacht, weil sie es wagten, dem schwarz-gelben Siegeszug etwas entgegenzusetzen und heute haben die Mächtigen entschieden, dem schwarz-gelben Modell ihre Liebe zu entziehen. Und die einst so euphorisch klingenden Tölpel aus den Redaktionsstuben wollen nun ihre Narretei um die schwarz-gelbe Erlösung vergessen machen.

Jetzt motzen sie über ihren einstigen Volksliebling Horst Köhler und gehen in Opposition zur ständig in den Himmel hoch geschriebenen Volkskanzlerin. Das ist sehr verdächtig und vor allem durchschaubar. Es interesssiert nur wieder keinen…

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Was für eine Hampelei in NRW

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Mal schauen, ob sich meine Vorhersage, dass es in NRW zu Neuwahlen kommen wird, doch noch bewahrheitet. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht, wenn man sich den Zirkus vor Ort anschaut. Vorhin las ich bei Welt Online ein Statement von Andrea Nahles von heute Morgen.

Die Spitze der Bundes-SPD ist vor der ersten Sondierungsrunde mit der CDU in Nordrhein-Westfalen skeptisch, ob eine große Koalition zustandekommen kann. „Jürgen Rüttgers ist abgewählt worden, er scheint das immer noch nicht gemerkt zu haben“, sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles im ARD- „Morgenmagazin“. „Das ist ein großes Hindernis für eine Zusammenarbeit, weil wir den Anspruch erheben, die Ministerpräsidentin zu stellen.“

SPD und Grüne hätten zusammen 400.000 Stimmen mehr. „Das ist ein ganz klarer Wählerauftrag“, sagte Nahles.

So so, SPD und Grüne hätten einen klaren Wählerauftrag. Das ist aber mal eine komische Interpretation des Wahlergebnisses. Vor allem weil diese selbstbewusste Erkenntnis mehr als kläglich an der Realität gescheitert ist. Oder haben wir da etwas falsch verstanden, als Frau Kraft und Frau Löhrmann letzte Woche vor die Kameras traten, um zu verkünden, dass es kein rot-grünes Bündnis geben werde, weil die Linke sich nicht von der DDR oder so distanzieren wollte?

Die Chronologie des von SPD und Grünen beabsichtigten Scheiterns der Sondierungsgespräche mit den Linken müssen sie sich mal durchlesen. Rüdiger Sagel hat als Vertreter der Linken (er ist ein ehemaliger Grüner ;)) an den Sondierungsgesprächen teilgenommen und beschreibt sehr schön ein offensichtlich abgekartetes Spiel.

Der Mauerbau von Düsseldorf, siehe bei scharf links.

„Dass dies politische „Geschäft“ des Mauerbaus von SPD und Grünen, und nicht wie sonst üblich von CDU und FDP, in teils polemischer und offener Provokation während eines mehrstündigen Gesprächs betrieben wird, ist eigentlich infam. Es wird letztlich nur durch die große Angst, insbesondere der SPD, vor der medialen Macht sowie den dahinter stehenden und einflussreichen Kreisen aus Kapital und Unternehmen erklärbar.“

Besonders lustig ist natürlich das DDR-Thema. SPD und Grüne taten dabei so, als säßen ihnen durchgeknallte DDR-Kader gegenüber und nicht die ehemaligen Parteikollegen.

„Dass von uns vorgelegte Papier, mit Auszügen aus den programmatischen Eckpunkten und den NRW-Positionen zur Landespolitik, die dies und unser Demokratie Verständnis und zur DDR Diktatur erläutern, wurde als unzureichend bezeichnet. Immer wieder wurden vielmehr, insbesondere von Grünen wie Volker Beck, der in dem „Verfahren“, als Bundestagsabgeordneter !! eine nicht nur mehr als tragende sondern teilweise dominierende Rolle hatte, angebliche Missverständnisse und vermeintliche Unklarheiten konstruiert.“

Da wundert man sich allerdings schon, warum die Linken nicht viel offener damit hausieren gehen, dass sie die echten Sozialdemokraten sind. Das Wort links wird ja inzwischen sehr negativ besetzt. Chrisitian Pfeiffer vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen sagt in seiner jüngsten Studie zur Gewalt gegen Polizisten.

„Immer jünger, immer betrunkener, und wenn es sich um politische Dinge handelt, dann immer linker.“

Den Fall möchte ich mal sehen. Ein vierzehnjähriger Halbstarker, total besoffen, aber noch soweit klar Kopf, um gegen den Polizeibeamten mit der Forderung nach einem Mindestlohn zu pöbeln. Schon klar. Ich glaube, da übertreibt der liebe Herr Pfeiffer einmal mehr, wie damals, als er behauptete, dass die Ossis wegen dem Töpchenzwang in ihrer Entwicklung besonders gestört seien und daher zu Gewalt gegen Ausländer neigen würden. Dumm war dann aber, dass nicht nur der typische Ostdeutsche latent zum Ausländerhass tendiert, sondern der Gesamtdeutsche an sich (siehe z.B. Roland Koch), was wohl ganz simpel damit zusammenhängen mag, dass der Nationalsozialismus beiden deutschen Staaten unmittelbar vorausging und somit das einzige war, was beide miteinander verband.

Aber wir waren ja bei der allgemeinen Hampelei. Aus Düsseldorf hört man erstaunliches. Jürgen Rüttgers meint, dass der Wähler den Auftrag zu einer großen Koalition erteilt habe. In der ersten Sondierungsrunde zwischen SPD und CDU habe man deshalb auch Feindseligkeiten, die im Wahlkampf bestimmend waren, beiseite räumen können. Guck mal an. Das ging aber schnell. Da wurden die Distanzierungsfragen schnell geklärt und allerhand Erklärungen unterschrieben oder was?

Vielleicht sollte man dem Wähler noch einmal genau sagen, welchen Wählerauftrag er erteilt hat. Denn offensichtlich scheint die Wahrnehmung auf beiden Seiten verzerrt zu sein. Der Wähler möchte nämlich seinen Fehler vom Muttertag korrigieren und lieber Neuwahlen, statt einer Neuauflage der Großen Koalition. Das will zumindest das Umfrageinstitut emnid herausgefunden haben.

Der Wähler weiß eben nicht, was er will, aber er kriegt halt das, was er bestellt hat, da hat der Schmickler schon recht. Denn laut derselben Umfrage würde der Wähler den Landtag genauso wiederwählen, wie am Muttertag. Das ist der Deutsche. Mit Demokratie kann der einfach nüscht anfangen. Vielleicht sollte es der Wähler, der in seiner Mehrheit Schwarz-Gelb tatsächlich ablehnt, mal mit den echten Sozialdemokraten versuchen, anstatt die inhaltsleere Verpackung mit dem Aufdruck SPD zu nehmen. Der Etikettenschwindel sollte doch nun auch dem allerletzten klar geworden sein.

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Noch einmal zum Rücktritt von Roland Koch

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Man könnte ja sagen, dass Roland Koch nun endlich die Konsequenzen aus seinen desaströsen Wahlschlappen aus den Jahren 2008 und 2009 gezogen hat. Das wird neben der Lobhudelei scheinbar schon wieder völlig vergessen. Bei der ersten Landtagswahl am 27.01.2008 verlor der eklige Suppen-Koch 12 Prozent und beim zweiten Versuch ein Jahr später waren es immer noch knapp minus 9 Prozent im Vergleich zu 2003.

Trotzdem durfte er weitermachen und eine Politik am Rande der Legalität betreiben. Ich rede jetzt nicht vom Wortbruch bzgl. des Frankfurter Flughafenausbaus oder von der katastrophalen Bildungspolitik oder den Privatisierungsorgien, die das Land Hessen, wie im Falle der Gefängnisse, teuer zu stehen kommt. Nein, ich rede zum Beispiel von Kochs Finanzminster Weimar und der widerwärtigen Steuerfahnderaffäre sowie von dem offen zur Schau getragenen Schutzschild für alle Vermögenden und Steuerhinterzieher. Die sollten keine akribisch forschenden Steuerfahnder mehr fürchten müssen, lautete die offensichtliche Botschaft der Kochschen Truppe.

Deshalb wird dem Koch nun auch eine besondere wirtschaftspolitische Kompetenz zugeschrieben. Das ist einfach nur lachhaft, genauso wie die Behauptung, dass Koch schon vor einem Jahr seine heutige Entscheidung der Frau Merkel mitgeteilt haben will. Blödsinn. Da steckt mit ziemlicher Sicherheit mehr dahinter. Doch zurück zur angeblichen Wirtschaftskompetenz. Diese kann man nämlich eindeutig widerlegen.

Im Jahr 2006 begründete er zum Beispiel die erneute Senkung der Unternehmenssteuern damit, dass durch eine attraktive Besteuerung mehr Kapital nach Deutschland geholt werden könne. Also quasi einen Kapitalimport stattfände. Jedoch zeichnet sich die deutsche Wirschaft durch einen permanenten Handelsbilanzüberschuss aus, was bedeutet, dass sich andere Volkswirtschaften bei uns verschulden. D.h. wir Deutschen exportieren Kapital ins Ausland. Und das nicht zu knapp. Fast 200 Mrd. allein im Jahr 2007. Wie will man das Kapital also zurückholen, wenn wir diejenigen sind, die die Schulden der anderen finanzieren? Die anderen müssten folglich erst ihre Schulden zurückzahlen und selbst Leistungsbilanzüberschüsse erzielen, um ihrerseits Kapital exportieren zu können.

Das geht aber nur, wenn Deutschland selbst für eine Erhöhung der Binnennachfrage sorgen würde, etwa durch Lohnerhöhungen oder aber die Schuldnerländer ihre Produkte zu konkurrenzlos günstigen Preisen hierzulande anbieten könnten. Beides streitet aber gegen die, auch von Koch immer wieder vertretene, Kartoffelmarktlogik, wonach Angebots- und Standortpolitik heilige Kühe sind. Heiner Flassbeck schreibt zu Kochs angeblicher Wirtschaftskompetenz in seinem aktuellen Buch „Gescheitert“ folgerichtig:

„Wer also Steuern für die Unternehmen senken will, um ‚Kapital nach Deutschland zu holen‘, muss genau das Gegenteil dessen tun, was die deutsche Politik unter dem Slogan ‚Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit‘ die ganze Zeit getan hat, oder er weiß nicht, wovon er redet.“

Ich bin mir dennoch sicher, dass Roland Kochs Kompetenz in der deutschen Wirtschaft sehr gefragt sein wird. Solche geistigen Tiefflieger und Betrüger haben noch immer hoch dotierte Verträge unterschrieben und ordentlich jenes Schmiergeld nachträglich erhalten, dass sie sich mit ihrer zuvor geleisteten Politik auch verdient haben. Eine Tracht Prügel wäre allerdings angemessener.

4

Die Kraft bleibt kraftlos

Geschrieben von:

Wie schön, dass Politiker stets ausrechenbar sind. Frau Kraft erklärt die rot-rot-grüne Option in NRW für gescheitert. Die Erklärung habe ich im letzten Beitrag schon gegeben. Aber Frau Kraft gibt sie ihnen auch noch einmal in ihren Worten wieder…

Kraft begründete das Aus für die rot-rot-grünen Sondierungsgespräche unter anderem mit relativierenden Äußerungen der Linkspartei zur DDR-Vergangenheit. Dies habe sich als „großes Hindernis“ herausgestellt. Kraft sagte, dass sich der Eindruck, die Linke sei weder koalitions- noch regierungsfähig, bestätigt habe. Vor diesem Hintergrund habe eine Fortsetzung der Unterredungen keinen Sinn, sagte Kraft. Die SPD hat bereits der CDU eine Einladung zu Sondierungsgesprächen über eine mögliche große Koalition zukommen lassen. Mit diesen Gesprächen ist bereits Dienstag oder Mittwoch nach Pfingsten zu rechnen.

Quelle: wdr

Das große Hindernis ist einfach nur lächerlich. Aber lesen sie mal die Reaktion der Linken:

Fraktionschef Wolfgang Zimmermann bezeichnete die Sondierungsrunde abschließend als „Scheingespräche“. Das zeige sich allein daran, dass die SPD bereits eine Einladung an die CDU rausgeschickt habe. Linken-Landeschefin Katharina Schwabedissen dementierte, dass ihre Partei die DDR-Geschichte relativiert habe. „Wir waren bereit den Satz zu unterschreiben: Die DDR war eine Diktatur“, sagte sie am Abend. Daher sei die Absage von SPD und Grünen „nicht nachvollziehbar“.

Mit anderen Worten, die haben sich tatsächlich nur darüber unterhalten, wie die Linke künftig ihr Verhältnis zur DDR-Vergangenheit nach außen hin kommunizieren muss. Das war dann quasi ein Diktat von SPD und Grünen. :>>

Scheingespräche zu führen, ist übrigens auch ein Markenzeichen von Diktatoren.

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Ich wette, dass es auch in NRW zu Neuwahlen kommen wird

Geschrieben von:

Eigentlich müsste man sich totlachen. In Nordrhein-Westfalen spielt sich nun dieselbe armselige Politposse ab wie in Hessen. Rüttgers hat von Koch gelernt und hält derzeit die Schnauze, während die SPD und die Grünen hinter verschlossenen Türen mit den Linken sondieren. Wichtigstes Thema ist nicht die Bildungspolitik, auch nicht die Finanzkrise und auch nicht ein Politikwechsel. Nein, das wichtigste Thema ist die DDR und die Frage, wie die Linke zu dem Thema steht. Geht’s noch?

Sollte die SPD nachher bekanntgeben, dass es zu keinerlei Koaltionsverhandlungen mit den Linken kommen werde, weil die DDR-Frage nicht zufriedenstellend beantwortet werden konnte, und man aus diesem Grund das Gespräch mit der CDU suchen müsse, sollte man sich nicht nur an den Kopf fassen, sondern auch fragen, ob die SPD in einer möglichen Sondierungsrunde mit der CDU die Nazi-Frage stellen würde.

Das ist doch einfach nur noch bescheuert. Tief im Westen wird Ost-Theater gespielt, anstatt einen Politikwechsel wie angekündigt zu vollziehen. Und das alles nur, um nicht mit den linken Schmuddelkindern eine Koalition machen zu müssen. Ich wette, am Ende gibt es wieder Neuwahlen. Die große Koalition halte ich aus Sicht der SPD jedenfalls nicht für vermittelbar. Und die Grünen können sie auch in der Pfeife rauchen. Die haben nämlich schon vor dem heutigen Treffen, bei dem es nach eigenem Bekunden nur um das Demokratie- und Staatsverständnis sowie die parlamentarische Verlässlichkeit der Linkspartei gehen soll, angekündigt, rasch in die Opposition gehen zu wollen.

Da sollte man doch mal das Demokratie- und Staatsverständnis von SPD und Grünen genauer unter die Lupe nehmen… :roll:

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NRW-Wahl: Schmickler legt vor und Pispers antwortet

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Auch die Kabarettisten stehen etwas sprachlos vor diesem Wahlergebnis in NRW. Bevor heute Abend Urban Priol und Georg Schramm in Neues aus der Anstalt in medias res gehen, haben sich die beiden, aus Nordrhein-Westfalen stammenden und dort auch arbeitenden, Kabarettisten Wilfried Schmickler und Volker Pispers Gedanken über das Wahlergebnis gemacht (Quelle: wdr2). Dabei bewegt sich Schmickler durchaus auf meiner Linie. Zwar beschimpft er nicht die Wähler (einschl. Nichtwähler) wie ich es als Reaktion auf das Wahlergebnis tat, er sagt aber ganz deutlich, dass man sich nicht darüber wundern brauche, „Grmlpf“ zu bekommen. Etwas anderes habe der Wähler schließlich nicht bestellt.

Volker Pispers antwortet heute auf Schmicklers Montagsfrage und verweist einmal mehr sehr richtig darauf, dass der Wähler nun zum dritten Mal in Folge nach Thüringen und dem Saarland eine rot-rot-grüne Mehrheit auf den Tisch gelegt habe. Dies, so Pispers, könne man auch als Frage des Wählers verstehen. Und zwar, ob die SPD bereit ist, nun in einer Führungsrolle aktiv eine andere Politik zu machen oder ob sie lieber unter dem Deckmantel der Stabilität irgendwie an der Regierung beteiligt sein will.

Fairerweise sollte man aber dazu sagen, dass im Saarland eine linke Regierung durch die Grünen verhindert wurde und in Thüringen durch eine auf 18,5 Prozent zusammengeschrumpfte SPD, die nur als drittstärkste Kraft hinter CDU und Linken in den Landtag einzog. Beim Pfarrerssohn Christoph Matschie (SPD) war lange klar, dass er viel besser mit der Pfarrerstochter von der CDU Christine Lieberknecht kann, als mit dem, unter Beobachtung des Verfassungsschutz stehenden, Bodo Ramelow von der Linken.

Dennoch ist die Frage von Pispers berechtigt, wenn man sich anschaut, welche Themen SPD, Grüne und Linke ständig besetzen bzw. vorgeben zu besetzen. Und da kann man einfach nicht daran vorbei, festzustellen, dass die berüchtigten Schnittmengen zwischen den drei genannten Parteien am größten sind. So gesehen ist es total bescheuert, wenn der Wähler im grunde genommen eine linke Mehrheit bestellt und am Ende jedes mal gesagt bekommt, dass gerade die Inhalte, deren Wichtigkeit man verdächtig laut betont, am besten in einer Großen Koalition oder mit Schwarz-Grün oder noch schlimmer in einer Ampel aus SPD, Grünen und FDP umgesetzt werden könnten.

Was mich nur immer wieder wundert und auf die Palme bringt, ist der Masochismus des Wählers, der sich tendenziell an inken Themen orientiert. Wie lange kann der es eigentlich noch ertragen, von SPD und Grünen verarscht zu werden, bis er endlich merkt, dass die Wahl des linken Originals vielleicht Abhilfe schaffen könnte? Und was passiert, wenn man gleich ganz zu Hause bleibt, sieht man ja jetzt wieder in NRW, da bin ich ganz bei Schmickler.

Volker Pispers: Kraftvoll (11.05.10)

(Mittschnitt, keine Kopie)

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