Ich bin dann mal im Schnee…

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Es hat ja keinen Sinn über den Spitzenkandidaten der SPD in Hamburg, Olaf Scholz, zu schimpfen. Der Mann weiß es offenbar nicht besser. Via Interview mit Spiegel Online lässt er verbreiten:

Hamburgs SPD-Spitzenkandidat Scholz
„Mein Vorbild beim Sparen ist Bill Clinton“

Im Text heißt es dann:

Ich bin dafür, dass wir eine sparsame Haushaltspolitik machen. Mein Vorbild ist da Bill Clinton, der mit dem US-Kongress vereinbart hatte, dass es kein Gesetz mit Mehrausgaben geben darf, in dem nicht zugleich steht, wo das Geld herkommen soll. Mit anderen Worten: Jedes Gesetz muss man sich verdienen. So ist es dem US-Präsidenten in zwei Amtszeiten gelungen, den völlig ruinierten Haushalt zu sanieren.

Wir müssen den gesamten Politikstil auf Sparsamkeit hin ändern. Wer sparsam ist, braucht nicht ständig Sparpolitik. Dieser große Paradigmenwechsel steht in Hamburg an.

Und täglich grüßt das Murmeltier. Der Neue will zur Abwechslung mal Sparen. Ein tolles Programm. Das hatten wir noch nie. Hier zeigt der vermeintliche neue Bürgermeister aber nicht nur seine ökonomische Beschränktheit, sondern auch sein schlechtes Gedächtnis. Denn Bill Clinton war nicht einfach nur sparsam, sondern ein Präsident, der aktive Makropolitik betrieb. Er löste damit das neoliberale Dogma von der Entstaatlichung und permanenten Steuersenkungen ab, dass durch die Präsidenten Reagan und Bush sen. praktiziert wurde und das erst zu dem großen Haushaltsdefizit Anfang der 1990er Jahre geführt hatte.

Wenn es Scholz also ernst mit dem Clinton-Vergleich meinen würde, müsste er seine eigene Partei dazu aufrufen, von der Agenda 2010 endlich Abstand zu nehmen. Denn die war im Prinzip nichts anderes, als eine Nachahmung der gescheiterten amerikanischen Politik vor Clinton.

Clinton erzielte seinen Haushaltsüberschuss dann auch nicht einfach nur über eine sparsame Geisteshaltung, sondern durch eine aktive Wirtschaftspolitik, die darauf abzielte, die Einkommensungleichheit abzubauen. In Deutschland rühmt sich die SPD ja noch immer, den größten Niedriglohnsektor aller Zeiten geschaffen zu haben. Aber auch höhere Steuern für Reiche führte Clinton ein. Er verbesserte also auch die Einnahmeseite seines Haushalts und beklagte sich nicht über leere Kassen. Bei Scholz erfährt man hingegen nur, dass es keinen Schatz im Rathaus gibt. Damit soll der Wähler nun etwas anfangen können.

Wie dem auch sei, ich bin dann mal im Schnee…

Schnee

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Zum Aus von Schwarz-Grün in Hamburg

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Der Bruch der geliebten Medien-Koalition war abzusehen, überrascht taten aber viele. Die lustigste Reaktion kam derweil vom FDP-Bambi Christian Lindner, der meinte, dass die Grünen nur ein Umfragehoch ausnutzen wollen, bevor deren Zustimmungs-Blase platzt. Da spricht der Mann wohl aus Erfahrung? Die FDP-Blase ist ja schon längst regelrecht zerborsten. Lindner hofft nun für seine Partei, dass die FDP bei Neuwahlen wieder zulegen könne, um sich als der einzig wahrer Koaltionspartner der Union in Stellung zu bringen.

In Hamburg stehen die Wähler nun vor einer schwierigen Aufgabe. Nichts geht mehr, könnte man meinen. Denn wer will schon eine schwarz-gelbe Regierung unter Ahlhaus oder eine rot-grüne unter Olaf Scholz. Beide Personaloptionen können doch nur mit Abscheu betrachtet werden.

Ich verstehe auch nicht, warum überhaupt neu gewählt werden muss. Es wäre nach 1982, 1987, 1993 und 2004 bereits das fünfte Mal, dass die Legislaturperiode in der Hansestadt vorzeitig enden würde. Das sind ja schon fast Weimarer Verhältnisse, dabei hätten SPD und GAL zusammen genauso viele Sitze wie die Union. Man müsste sich halt nur mit den Linken über die Wahl eines anderen Bürgermeisters einigen. Es kann doch nicht sein, dass die repräsentative Demokratie durch permanente Neuwahlen zur Farce wird, nur weil keiner mehr mit dem anderen kann. Hinterher sitzen doch eh wieder dieselben Nasen im Parlament zusammen.

Die scheinbürgerlichen Parteien fallen dabei besonders auf. Beim Stuttgarter Bahnhofsbau sangen sie noch das hohe Lied von der Rechtssicherheit und den unumstürzlichen Entscheidungen, die einmal parlamentarisch durch bestimmte Mehrheiten getroffen wurden und in Hamburg soll nun einfach neu gewählt werden, damit die erwünschten Mehrverhältnisse zu Stande kommen. Wenn Herr Lindner den Grünen also Machttaktik vorwirft, weil die sich von einem vorgezogenen Urnengang durch gute Umfragen ein besseres Ergebnis erhoffen, dann muss man doch umgekehrt fragen, was sich Lindners FDP eigentlich wünscht. Lindner müsste im Prinzip die Fortsetzung der Legislaturperiode bis 2012 fordern, wenn er sich als Gegner von Umfragewahlen versteht.

Tut er aber nicht. Denn die Liberalen wollen ihrerseits recht zügig zurück in die Bürgerschaft, nachdem sie dort seit 2004 nicht mehr vertreten sind. Und wenn sie es schaffen, dürfen sie sich bei den Grünen bedanken, dass sie die Wartezeit um zwei auf sieben Jahre verkürzt haben.

Ich persönlich rechne aber nicht mit einer liberalen Wiederauferstehung in Hamburg, zumal jetzt die ganze Welt weiß, dass Westerwelle kein Genscher sei, sondern eher ein dummer Phrasendrescher, bei dem man nicht genau wisse, woher er seine politische Meinung beziehe. Und Dirk Niebel sei einfach nur eine schräge Wahl, meinen US-Diplomaten, deren vertrauliche Ansichten nun durch WikiLeaks veröffentlicht wurden.

Das einzige, was zunehmen wird, ist die Zahl derer, die nicht mehr zur Wahl gehen werden. Das wäre dann aber ein Umstand, dem die späteren Wahlgewinner einmal mehr keine sonderliche Bedeutung beimessen werden.

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"Wahlforschung": Es Güllnert mal wieder

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Jeden Mittwoch präsentiert der Forsa-Chef Manfred Güllner seine Umfragen für Stern und RTL. Regelmäßig liegen seine Analysen und Ergebnisse meilenweit von der Wirklichkeit entfernt. Aber das ist nichts Neues. Wenn ich es aber richtig sehe, ist Güllner der erste „Wahlforscher“, der nun auch zu Guttenberg in der K-Frage abbildet. Die Medienkampagne um den schneidigen Nachfahren (Stiefenkel) des ebenfalls sehr bedeutenden Außenministers im dritten Reich Joachim von Ribbentrop geht also weiter. Dem niederrheinischen Adeligen von Ribbentrop sagte man auch gutes Aussehen und karrieristische Zielstrebigkeit nach, die am Ende immerhin zu einem der vorderen Plätze auf der Anklagebank im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess reichte.

Die letzten Worte von Ribbentrops vor seiner Hinrichtung waren, so lese ich gerade bei wikipedia:

„Gott schütze Deutschland. Gott sei meiner Seele gnädig. Mein letzter Wunsch ist, dass Deutschland seine Einheit wiederfindet, dass eine Verständigung zwischen Ost und West kommt für den Frieden der Welt.“

Das hätte zu Guttenberg dank seiner Ausbildung als junger transatlantischer Führer der Antlantikbrücke wahrscheinlich auch nicht besser formulieren können. Aber zurück zu Güllner. Der begründet die hohen Zustimmungswerte für zu Guttenberg im Stern wie folgt:

Forsa-Chef Manfred Güllner erklärte im stern die Beliebtheit von zu Guttenberg damit, dass er als jemand wahrgenommen werde, der von außen kommt und nicht dem Berliner Politzirkus angehört.

Na klar. Die Wahrnehmung ist der Grund. Das klingt ja auch so verführerisch. Wer oder was für Wahrnehmungen oder besser gesagt für die Wahrnehmungsstörungen verantwortlich ist, interessiert den Forsa-Chef herzlich wenig. Denn Karl-Theodor zu Guttenberg gehört als Verteidigungsminister unweigerlich zum sog. Berliner Politzirkus. Er sitzt mit am Kabinettstisch und hebt seinen rechten Arm, wenn über längere Laufzeiten für Atomkraftwerke entschieden wird oder über die Röslersche Gesundheitsreform oder über Hartz-IV. Bisher sind mir nämlich keine Minderheitsvoten aus Kabinettskreisen bekannt, an denen sich Freigeist zu Guttenberg beteiligt hätte, um der Kanzlerin in die Parade zu fahren. Wie kann also ein Regierungsmitglied, das artig hinter seiner Kanzlerin steht, seine Arbeit besser verrichten als die Chefin selbst?

Immerhin hat rund die Hälfte, der von Forsa befragten Teilnehmer die richtige Antwort gegeben und der Aussage zugestimmt, dass zwischen Merkel und zu Guttenberg kein Unterschied bestehe. Die Frage ist also, was diese Menschen nun gewonnen haben. Denn es ist schon eine Leistung, den komischen Fragen des Herrn Güllner nicht auf den Leim zu gehen. Leider gilt das nicht immer. Die Entscheide dich Frage wird dabei wieder und wieder zur Falle. Wenn Güllner nämlich mit vorgehaltener Pistole danach fragt, wen sie lieber als Kanzler hätten, also Merkel oder Steinmeier oder zu Guttenberg oder Steinmeier, fallen die meisten dann doch wieder herein und liefern dem Chef-Meinungsmacher der Republik das gewünschte Ergebnis. Dabei wäre die Antwort so einfach.

Drück ab! äh Verzeihung, Auflegen!!

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Die Kandidaten-Frage

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Nachdem sich der in mehrfacher Hinsicht gescheiterte Peer Steinbrück dank der Medien als Kanzlerkandidat der SPD so langsam warmzulaufen beginnt, fragt man sich nun auch, wer Angela Merkel zukünftig beerben könnte. Spiegel Online respektive die FAZ (via SpOn) bilden dabei die Speerspitze der Bewegung und bringen wie erwartet, Freigeist zu Guttenberg ins Spiel, um den es in letzter Zeit etwas ruhiger geworden war.

„Germanys Top Gun“ liegt bekanntlich ganz weit vorn in den Beliebtheitsskalen der wahlforschenden Zunft. Zuletzt hatte der ARD-Deutschlandtrend die Frage nach der Sympathie gestellt, die zu Guttenberg mit über 70 Prozent Zustimmung haushoch gewann. Die genauso schwachsinnige Kanzlerdirektwahlfrage wurde noch zwischen Merkel und Steinbrück bzw. Gabriel gestellt. In den kommenden Wochen aber, da können sie sicher sein, wird anstelle Merkels sicherlich auch mal der Name zu Guttenberg auftauchen zusammen mit einem süffisanten Lächeln auf dem Gesicht von Jörg Schönenborn.

Und spätestens am 27. März 2011, also dem Tag der Landtagswahl in Baden-Württemberg, könnte es dann soweit sein. Sollte die CDU im Südwesten untergehen, wäre auch Merkel vor Ablauf der Legislaturperiode im Bund zum Abschuss freigegeben. Ich möchte doch zu gern wissen, ob zu Guttenberg gerade heimlich geschult wird. Die Spekulationen des Spiegel halte ich hingegen für lachhaft. Merkel wird nie und nimmer die Vertrauensfrage im Bundestag stellen, sondern artig aus gesundheitlichen Gründen oder wegen plötzlich eingetretener Schwangerschaft zurücktreten. Wuah. Nein, kein Rücktritt, der Spiegel schreibt es richtig im letzten Satz.

Vielleicht also lässt Merkel den Sturm aus Südwest einfach vorüberziehen, bleibt Kanzlerin und CDU-Chefin – bis sie keine Lust mehr hat. Und Guttenberg? Er ist jung, er kann warten.

So wird es wohl sein. Zu Guttenberg kann warten, bis auch die SPD nach weiteren vier Jahren Regierungszeit wie die FDP unter der Fünf-Prozent-Hürde verschwunden sein wird.

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Kieler Parlament illegal oder auch nicht

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In der Pressemitteilung zum heutigen Urteil des Landesverfassungsgerichts Schleswig-Holstein heißt es:

Das Schleswig-Holsteinische Landesverfassungsgericht hat heute entschieden, dass die Wahl zum 17. Schleswig-Holsteinischen Landtag vom 27. September 2009 in Anwendung eines verfassungswidrigen Wahlgesetzes durchgeführt wurde.

Für die Schaffung einer mit der Landesverfassung übereinstimmenden Rechtslage hat das Gericht dem Parlament eine Frist bis spätestens zum 31. Mai 2011 gesetzt. Im Anschluss daran sind in Anwendung des dann verfassungskonformen Wahlgesetzes spätestens bis zum 30. September 2012 Neuwahlen herbeizuführen. Die damit einhergehende Verkürzung der Legislaturperiode sei geboten, um den Bestand des auf verfassungswidriger Grundlage gewählten Landtags nicht länger als erforderlich andauern zu lassen.

Bis zur geforderten Neufassung dürfen die genannten Normen des Landeswahlgesetzes in ihrer Gesamtheit nicht mehr angewendet werden. Eine Neuwahl soll erst nach Änderung des Gesetzes und – annehmbar – Neuschneidung der Wahlkreise erfolgen. So wird sichergestellt, dass die nächste Wahl auf verfassungskonformer Grundlage erfolgt. Bis zu diesem Zeitpunkt behält der Landtag seine volle Handlungs- und Arbeitsfähigkeit.

Ich werde solche Entscheidungen nie verstehen. Offensichtlich haben die Verfassungsrichter einstimmig festgestellt, dass die Zusammensetzung des Kieler Landtags auf illegale Weise erfolgte. Das Parlament befindet sich also in einem Zustand, der rasch beendet werden müsste. Doch was tut man? Man setzt eine großzügige Frist und betont, dass das illegal zusammengesetzte Parlament seine volle Handlungs- und Arbeitsfähigkeit beibehalten darf. Wieso nur? Damit es noch mehr Millionen für Herrn Nonnenmacher absegnen kann? Warum löst man nicht sofort auf? Sind denn Entscheidungen, wie etwaige Sparpakete überhaupt noch legal? Es muss sich doch kein Bürger Gesetze gefallen lassen, die von einer verfassungswidrig herbeigeführten Volksvertretung beschlossen wurden?

Man hätte doch auch einfach Neuwahlen auf der Grundlage eines Wahlgesetzes abhalten können, das vor der Einführung der verfassungswidrigen Grundlage durch rot-grün gegolten hat oder sich eins borgen können aus anderen Bundesländern, wo die Wahlgesetze noch in Ordnung sind. Oder vom Bund? Nein, lieber nicht. Denn auch das bundesdeutsche Wahlgesetz mit seiner Überhangmandateregelung ist ja bereits durch die zuständigen Karlsruher Richer beanstandet worden (negatives Stimmgewicht ist verfassungswidrig, BverfG, Urteil vom 3. Juli 2008). Aber auch da gilt eine großzügige Änderungsfrist bis zum 30. Juni 2011.

Wohin man schaut verfassungswidrige Zustände, was die Vertretung des Souveräns anbelangt. Und die Politik darf, dank höchstricherlicher Sanftmütigkeit, die Korrektur dieser im strengen Sinne illegal herbeigeführten Mehrheitsverhältnisse auf die lange Bank schieben. Ich halte das für ein Armutszeugnis. Einer Politik, die es fertig bringt, binnen einer Woche ein Gesetz zu beschließen, bei dem mal eben rund 500 Mrd. Euro Steuergelder für die Rettung von Banken bereitgestellt werden, um einer angeblich „systemischen Krise“ zu begegnen, einer solchen Politik kann man es dann doch allemal zumuten, binnen kürzester Zeit, ein verfassungskonformes Wahlgesetz zustande zu bringen.

Offensichtlich nicht. Wenigstens hat Peter Harry Carstensen angekündigt, nicht wieder für den CDU-Landesvorsitz kandidieren zu wollen (siehe FAZ). Wieder einer weniger. So scheint es immerhin auszusehen.

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Sonntagsfrage: Von falschen Auf- und Abwinden

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Die SPD freut sich derzeit. Liegt sie doch zusammen mit den Grünen in den Umfragen auf Bundesebene vorn. Forsa hat heute im Auftrag des Magazins Stern und des Senders RTL neue Ergebnisse präsentiert.  Sonntagsfrage

Aktuell wäre also ein rot-grünes Bündnis auf Bundesebene möglich. Aber auch nur, weil die FDP unter der Fünf-Prozent-Hürde bliebe. Die Verlässlichkeit von Forsa-Projektionen steht aber weiterhin im Zweifel. Selten lag das Institut an den realen Zahlen, wie sie sich bei Wahlen schlussendlich darstellten (siehe 6 Wahlumfragen im Vergleich). Bei Forsa-Chef Güllner muss man daher immer fragen, welche Absichten er mit seinen Veröffentlichungen verfolgt.

Zum Beispiel ist er entschiedener Gegner eines Bündnisses mit den Linken. Das hat er einmal mehr bei der NRW-Wahl zum Ausdruck gebracht.

Die SPD hat nur 20 von 100 Wahlberechtigten mobilisieren können – das sind die Treuesten der Treuen, mehr nicht. Es ist auch ein Märchen, dass die Person Hannelore Kraft besondere Wirkung entfaltet hätte. Die SPD-Anhänger haben Kraft in Kauf genommen, weil sie Jürgen Rüttgers nicht wollten. Und auch wenn das oft anders beschrieben worden ist: Es gab in NRW keine Wechselstimmung. Wenn Kraft nun auf dieser dürren Zahlengrundlage einen Anspruch auf das Amt der Ministerpräsidentin formulieren will, ist das nicht durch den Wählerwillen gedeckt. Ich glaube nicht. Bei allen Unterschieden zwischen Andrea Ypsilanti und Hannelore Kraft – die Wähler hätten wieder das Gefühl: Hier ist eine Frau auf dem Ego-Trip. Denn auch die SPD-Anhänger wollen kein Linksbündnis. Würde es Kraft trotzdem machen, würde sie die Sozialdemokratie nachhaltig schädigen.

Quelle: Stern

Der erklärte Schröderianer Güllner hat also ein Interesse daran, die Chance für ein rot-rot-grünes Bündnis als Alternative zum Einheitsbrei der etablierten Parteien, wo inzwischen jeder mit jedem den gleichen politischen Unfug umsetzen kann, kleinzureden und der Öffentlichkeit zu signalisieren, dass diese Option gar keine ist. Unter diesem Gesichtspunkt müssen Umfragen aus dem Hause Forsa immer wieder kritisch betrachtet werden. Klar ist, dass die Wähler der schwarz-gelben Koalition nicht mehr vertrauen und der anfängliche Rückhalt für diese Bundesregierung in einem atemberaubendem Tempo verschwunden ist. Doch was ist die Alternative? Für Güllner und andere auf gar keinen Fall ein Bündnis aus SPD, Grünen und den Linken.

An der aktuellen Umfrage stellt sich daher die Frage, ob die FDP tatsächlich unter der Fünf-Prozent-Hürde liegt. Würde sie nämlich im Bundestag vertreten sein, kann eine rot-grüne Regierung nur mit Duldung der Linken funktionieren, analog zu der Situation in Nordrhein-Westfalen. Liegt sie aber unter der Sperrklausel könnten SPD und Grüne die Regierung stellen. Man hätte dann einen gefühlten Wechsel herbeigeführt, aber die Fortsetzung der immer gleichen Politik gesichert vor allem mit Blick auf die Agenda 2010 und die Kriegspolitik.

Man muss sich das nur einmal vorstellen. Die SPD wähnt sich mit einer Zustimmung von 28 Prozent bereits wieder auf der Siegerstraße und gibt vor, bei den Menschen wieder anzukommen. In der Praxis aber wird nur allzu deutlich wie wenig bereit sie tatsächlich ist, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Im Bundestag hat man sich als Oppositionspartei relativ zügig mit CDU und FDP auf eine Grundgesetzänderung verständigt, um die bis dahin verfassungswidrig betriebenen Jobcenter zu legalisieren. In Nordrhein-Westfalen traut sich Hannelore Kraft nicht, auf die Linken zuzugehen, um die eigenen Wahlversprechen umzusetzen. All das zeigt, dass die SPD aber auch die Grünen keine Alternative sind, wenn sie allein regieren könnten.

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"Die biblische Erkenntnis, alles habe seine Zeit"

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Ole von Beust liefert ganz großes Kino. Sein Rücktritt folgt der biblischen Erkenntnis, alles habe seine Zeit. Wie nobel und die Kommentatoren honorieren diesen Schritt, ziehen sogar eine positive Bilanz eines volksnahen ersten Bürgermeisters, der erfolgreich regierte und sogar als erster eine schwarz-grüne Koalition zustande brachte. Liberal und weltoffen lauten die Zuschreibungen. Wer denkt da noch zurück an die Zeit, als sich Ole von Beust durch Ronald Schill zur Macht verhelfen ließ.

Ronald Schill, der im Bundestag gegen Ausländer hetzen durfte. Ronald Schill, der Giftgas für die Hamburger Polizei forderte. Ronald Schill, der der SPD Blut an den Händen vorwarf und Ronald Schill, dessen Partei Internanierungslager für kranke Zuwanderer forderte. Zu all diesen Ausfällen seines Koalitionspartners schwieg der nette Ole von Beust damals in den Jahren seiner ersten Amtszeit zwischen 2001 und 2004. Er wurde ja auch kaum drauf angesprochen, von Medien, die in Hamburg zu fast 90 Prozent vom Springer-Konzern kontrolliert werden.

Sehen sie deshalb noch einmal einen Bericht des Magazins Panorama vom 26. Februar 2004 mit dem Titel: „Hamburgs heimliche Wahlhelfer – Die Springer-Presse auf Kampagnen-Kurs“

Quelle: Panorama

Ole von Beust strahlt – tausendfach: auf Wahlplakaten, in Werbespots und bei jedem öffentlichen Auftritt. Der Erste Bürgermeister der Hansestadt Hamburg hat alle Chancen, die Wahl am kommenden Sonntag zu gewinnen. Denn seine zweijährige Kumpanei mit Innensenator Schill und die damit verbundenen Skandale haben die Bürger offenbar vergessen. Ole von Beust ist wieder ein Saubermann – und die gesamte Springer-Presse hat an diesem Hochglanz-Image einseitig mitpoliert. Sie hofiert von Beust, widmet ihm Homestories und freundliche Schlagzeilen. Der Springer-Konzern, der 85 Prozent des Hamburger Zeitungsmarktes dominiert, hat sich zum heimlichen Wahlhelfer der CDU gemacht.

Ronald Barnabas Schill, der einstige Steigbügelhalter von Ole von Beust, kommt in den Springer-Zeitungen kaum mehr vor. Vor zwei Jahren war das noch ganz anders. Damals war er der umjubelte Polit-Neuling in BILD und Co. Jetzt weisen dieselben Blätter nicht mal mehr auf Schills Wahlkampfauftritte hin. Und so wird die politische Landschaft in Hamburg retuschiert – ganz im Sinne des Ersten Bürgermeisters. Kein Wunder, dass der strahlt!

Autorin/Autor: Bericht: Iris Ockenfels und Dietmar Schiffermüller

Der Link zum Video:

http://daserste.ndr.de/panorama/media/wahlhelfer100.html

Es ist traurig, dass die Medien inzwischen so vergesslich geworden sind, dass ihnen zur Schill-Sauerei von damals nichts mehr einzufallen scheint. Diese unsägliche Koalition zwischen CDU, FDP und Schill-Partei kommt in den Kommentaren, die vorgeben eine Bilanz ziehen zu wollen, gar nicht vor. Das ist nicht nur schlecht, sondern auch schäbig.

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NRW und die Schulden

Geschrieben von:

Nun ist Hannelore Kraft Ministerpräsidentin einer rot-grünen Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen. Der Wähler hat das so bestellt und damit hat sich die Angelegenheit erledigt, möchte man denken. Falsch gedacht. Denn in Berlin standen bereits die schwarz-gelben Looserkoalitionäre bereit, um der Kraft mal gehörig die Meinung zu geigen. Die Generalsekretäre Hermann Gröhe (CDU), Alexander Dobrindt (CSU) und Christian „Bambi“ Lindner (FDP) gaben sich die Ehre und teilten vor lustig inzensiertem Hintergrund kräftig lächerlich aus.

Foto: DPA
Quelle: Welt Online

Besonders gefallen, hat mir dabei das FDP-Bambi. Lange gab es ja nichts für ihn zu holen. Diesmal leider auch nicht. Er sagte, dass Hannelore Kraft eine griechische Verschuldungspolitik in Kauf nehme, um sich eine Mehrheit mit der Linkspartei im Landtag zusammenzukaufen. Ja ja, die bösen Linken und die bösen Schulden. Es war schon immer klar, dass linke Spinner und dazu zählt das Bambi mit Sicherheit auch die SPD noch nie mit Geld umgehen konnten. Dieses Vorurteil sollte einmal mehr bedient werden.

Dumm nur, dass jeder inzwischen weiß, wer hier nicht mit Geld umgehen kann. Über die Steuergeschenke, die FDP, CDU, CSU und natürlich auch SPD und Grüne seit Jahren verteilen (Absprachen im Vermittlungsausschuss eingeschlossen), kann keiner mehr hinwegsehen. Würden die Steuergesetze von 1998 noch gelten, hätte der Staat heute rund 51 Mrd. Euro mehr Einnahmen zur Verfügung, lautet das Ergebnis einer IMK-Studie. Die Ausgabenseite hingegen, die Herr Lindner immer so sehr als Problem darstellt, sei demnach von 1998 bis zum Ausbruch der Krise 2008 um jährlich real 0,2 Prozent zurückgegangen.

Aber das ist ja auch egal. Viel idiotischer ist doch der Hinweis darauf, Schulden nur machen zu wollen, um sich eine gemeinsame Politik mit den Linken zu erkaufen. Wenn es nur das wäre, würde es dem Land doch zukünftig besser gehen, weil den Schulden Investitionen in die reale Wirtschaft hoffentlich gegenüberstehen würden. Mich würde dann aber mal interessieren, wie der liberale Schlaumeier und Geldversteher die verdeckten Schulden bewertet, die im Musterländle des Kapitals und des Marktes, in Großbritannien, gerade zu Tage treten.

Britain’s debt: The untold story

The true scale of Britain’s national indebtedness was laid bare by the Office for National Statistics yesterday: almost £4 trillion, or £4,000bn, about four times higher than previously acknowledged.

Quelle: The Independent

Was sind denn das für Schulden? Wodurch wurden sie verursacht? Durch linke Spinner? Nein.

The debt primarily consists of the cost of public sector and state pensions, and of payments promised to private contractors under private finance initiatives.

Das heißt bei uns ja Public Private Partnership (PPP) oder zu deutsch Öffentlich Private Partnerschaften (ÖPP). Das bei öffentlichen Vorhaben private Investoren weitaus tiefere Löcher in die öffentlichen Haushalte reißen, zeigt nicht nur die Praxis, sondern sagt auch der Bundesrechnungshof. Die Liberalen juckt das aber nicht. Privat vor Staat lautet da nach wie vor die Leitlinie. Das gilt aber auch für CDU, CSU, Grüne und SPD, die bei der Schuldenproblematik auch gerne verschweigen, dass die Politik dem Finanzsektor, mit seinen Banken und Versicherungen, bereitwillig und mit unvorstellbar hohen Milliardensummen unter die Arme gegriffen hat.

Nun haben wir dank der großen Einheitspartei aus CDU, CSU, SPD, FDP und Grünen eine Schuldenbremse im Grundgesetz. Es war klar, dass diese blödsinnige Konstruktion nun benutzt werden würde, um jeden alternativ politischen Ansatz von vornherein verwerfen zu können. Der CSU-Generalschwachkopf Dobrindt meinte, dass Frau Kraft bewusst einen Verfassungsbruch in Kauf nehmen würde, weil ihre Minderheitsregierung mit der geplanten Neuverschuldung gegen die im Grundgesetz vorgegebene Schuldenbremse absichtlich verstoßen wolle. Dabei ist die Schuldenbremse selbst ein Verfassungsbruch, weil durch das bundeseinheitliche Neuverschuldungsverbot gegen die in Art. 109 GG festgelegte Haushaltssouveränität von Bund und Ländern verstoßen wird.

Wenn also das Sekretärsdreigestirn der Berliner Dummkopfkoalition meint, NRW müsse so haushalten, dass die Schuldenbremse im Grundgesetz eingehalten werde, ist das verfassungsrechtlich höchst bedenklich formuliert. Hinzu kommt noch, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung selbst in diesem und im nächsten Jahr mit einer Rekordneuverschuldung gegen die eigenen Vorgaben verstoßen wird und mit dem Sparpaket auch dafür sorgt, dass die öffentlichen Haushalte der Länder wie der Kommunen sehr stark belastet werden. Wenn sich also die drei Flachpfeiffen von der Bundesregierung hinstellen und mit ihren Fingern auf die Schulden der Länder zeigen, zeigen sie gleichzeitig mit jeweils drei Fingern auf sich selbst.

Aber darum geht es ja gar nicht. Es geht um den Wortbruch. Nach Überzeugung der drei Demokratieidioten, die über ihre beinahe täglichen Wortbrüche kaum ein Wort verlieren, hätte sich Frau Kraft gar nicht zur Ministerpräsidentin wählen lassen dürfen. Sie hätte also nicht das Recht gehabt, sich einer demokratischen Wahl in einem durch den Souverän gewählten Parlament zu stellen. Und das am 14. Juli! Ich zweifle doch sehr stark daran, dass die drei Gerneralhampelmänner Gröhe, Dobrindt und Linder auf dem Boden unserer Verfassung stehen und die freiheitlich, demokratische Grundordnung unserer Demokratie auch wirklich ernst nehmen. Der Verfassungsschutz sollte da aktiv werden…

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Regierungssprecher II

Geschrieben von:

Bei Steffen Seibert sollte man noch hinzufügen, dass er auch die Wahlanalysen der Forschungsgruppe Wahlen präsentierte. Das wirft auch ein bizarres Licht auf die öffentlich-rechtliche Wahlforschung. Lustig ist auch, dass der bisherige Merkel-Sprecher Ulrich Wilhelm als Intendant zum Bayerischen Rundfunk wechselt. Das wird ja immer schöner. Dagegen wirkt die Anstellung von Béla Anda, ehemaliger Sprecher von Schröder, in der PR-Abteilung vom AWD fast schon wie eine Randnotiz. ;)

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Wahlnachlese: Warum wählen wir nicht wie in der DDR?

Geschrieben von:

Wenn man sich das Gekeife von SPD und Grünen so anschaut, die der Linken vorwerfen, sie hätte eine historische Chance vertan, sich von ihrem schwierigen DDR-Erbe zu lösen, wenn sie denn Gauck gewählt hätte, fragt man sich verwundert, welches Verständnis SPD und Grüne von dem Befriff der allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl eigentlich haben. Was für andere Wahlmänner und Wahlfrauen offenbar gilt, das wurde ja bis zum Erbrechen gestern immer wieder betont, darf für die „Stasi-Linke“ natürlich nicht gelten. Sie hätte sich gefälligst dafür entscheiden müssen, den Kakao zu trinken, durch den sie von SPD und Grünen zuvor gezogen wurde.

Einige Beobachter und Medienvertreter haben sogar angeregt, Wahlen nicht mehr geheim durchführen zu lassen, weil man dann endlich wüsste, wer wie abstimme und so ein Drama wie gestern vermieden werden könne. Da hätte man jetzt auch das beliebte Krisenwort „Transparenz“ nennen können, um die Pointe, die keine ist, abzurunden. Das kann doch nicht ernsthaft in den Köpfen gedacht werden, wenn man gleichzeitig den Linken vorwirft, dass die durch ihr Verhalten nicht über ihre angebliche „Unrechtsstaatsvergangenheit“ hinweggekommen seien. Was war doch gleich eine der Besonderheiten des DDR-Wahlrechts?

  • Wahl per Einheitsliste mit Möglichkeit, Kandidaten zu streichen
  • Zustimmung durch Abgabe eines unmarkierten Stimmzettels
  • Geheime Wahl nicht obligatorisch, aber möglich, offene Wahl erlaubt und propagiert
  • Keine Wahlpflicht, aber starker gesellschaftlicher Druck

Quelle: Wahlrecht.de

Ein bisschen kam mir das gestern so vor, je öfter betont wurde, wie frei die Wahlmänner und Frauen doch wären und wie toll die Demokratie doch funktioniere. Am Ende ist aber das eingetreten, was auch zu erwarten war. Das schwarz-gelbe Lager hat die absolute Mehrheit geliefert und das lag nicht an einer demokratischen Entscheidungsfindung, sondern an dem politischen Kalkül aller Beteiligten. Es ging um Machtspiele, mehr nicht. Ich kann daher gar nicht verstehen, wie berauscht Hans-Ulrich Jörges von der Stern-Chefredaktion bei hart aber fair von einem tollen Tag für die Demokratie faseln konnte, wenngleich er richtig feststellte, dass die Nominierung Gaucks ein bewusster Schachzug von SPD und Grünen gewesen sei, um die amtierende Regierung in die Bredouille zu bringen.

Jörges bleibt einfach eine dumme Nuss, wenn es darum geht, die Geschehnisse, an denen er vorgibt immer ganz nah dran zu sein, richtig zu reflektieren. So wusste er zum Beispiel keine Antwort auf die Frage, warum Gauck in kürzester Zeit überhaupt so beliebt werden konnte. SPD und Grüne beriefen sich auch argumentativ immer wieder auf Gaucks angebliche Beliebtheit. Jörges checkt das einfach nicht. Die stattfindende Medienmanipulation hatte er ja bereits bei einer Podiumsdiskussion mit Albrecht Müller und Oskar Lafontaine in der Berliner Kulturbrauerei letztes Jahr (siehe hier im Blog) vehement geleugnet. Es steht aber außer Frage, dass die Springer-Presse und im Zuge dessen auch alle anderen Medien, den Gauck-Hype erfanden und übernahmen, während Sigmar Gabriel das Gauckler-Produkt für seine Partei vom Chefredakteur der Welt einkaufte. Die Zustimmung in der Bevölkerung ist durch PR-Arbeit somit auch nur erkauft worden, überzeugt hat das aber in der Realität kaum jemanden (siehe Jens Berger, Spiegelfechter). Dennoch tun vor allem SPD und Grüne so, als hätten sie über Nacht einen Volksliebling aus dem Hut gezaubert.

Das ist Blödsinn. Morgen ist Gauck ganz schnell wieder vergessen, weil es einfach keine Sau interessiert, was Gauck vor zwanzig Jahren dachte, als er zum ersten Mal wählen durfte. Was steckt denn da als politische Botschaft dahinter? Wem hilft denn ein moralisierender Präsident, der die Freiheit beschwört, die Erfahrung aber gleichzeitig lehrt, dass die politisch gewährte und immer noch propagierte Freiheit des Kapitals den Staat, die Gesellschaft und die Existenz vieler zerstört und damit den persönlichen Freiheitsbegriff verändert, ohne dass sich Konsequenzen daraus ergeben würden. Das hat mich schon am letztem Präsidenten gestört, der ja noch als Wirtschaftsfachmann galt. Der sprach auch nur von Monstern und einem moralischem Versagen einzelner. Das System selber stellte er nie in Frage, sondern appellierte nur an die Kriminellen, sich doch zum Wohle der Allgemeinheit zu bessern.

Und Wulff? Der stellt sich hin und faselt in seiner ersten Rede von Parallelgesellschaften, die er in seiner Präsidentschaft schwerpunktmäßig verhindern wolle, um einem „aneinander Vorbeileben“ zu begegnen (Wulffs Rede). Dann soll er mal bei der gestrigen Bundesversammlung anfangen. Was bitteschön war das denn anderes als eine Parallelgesellschaft, die sich selbst feiert, während draußen der gesellschaftliche Zusammenhalt auseinanderbricht. Wahrscheinlich wird Wulff ein Prediger im Amt sein, schließlich ist er Kuratoriumsmitglied der evangelikalen Missionsbewegung „ProChrist“, die sich z.B. auch gegen praktizierte Homosexualität ausspricht. Ein geschiedener christlicher Fundamentalist im höchsten Staatsamt. Dazu eine tätowierte First Lady. Was für eine tolle Wahl. :roll:

Und wenn es Gauck geworden wäre? Dann hätte man wohl so schreiben müssen, wie Jörges, der sich einmal vorstellte, wie die Reaktionen von SPD und Grünen wohl ausgefallen wären, wenn die Vorzeichen anders gewesen wären und Union und FDP Herrn Gauck vorgeschlagen hätten. Diese Kolumne von Jörges ist nun wieder sehr gut gemacht…

Quelle: Junge Welt

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