Zu Neues aus der Anstalt – Folge 32

Geschrieben von:

Mal wieder eine grandiose Vorstellung in der ZDF-Anstalt, deren Foyer kurzerhand in ein antikes Theater umgewandelt wurde. Die Anstaltsleitung ist nämlich auch der Meinung, dass die Einlieferung von „Konsul Westerwelle“ unmittelbar bevorsteht. Dabei nahm ich zunächst verschreckt an, dass Urban Priol die Moderation des Themenabends an Thomas Gottschalk abgeben könnte, der in der ersten Reihe neben uniformierten Soldaten Platz genommen hatte. Die Sitzordnung in dieser Ecke war wirklich etwas suspekt und ich wurde den ganzen Abend das Gefühl nicht los, dass es sich bei den Uniformierten um eine schnelle Eingreiftruppe handelte, die auf ein Handzeichen, genauer Daumenzeichen, Gottschalks reagierend, die Bühne stürmen würde, um Georg Schramm in Gewahrsam zu nehmen.

Aber es kam anders. Georg Schramm agierte geschickt und unverfänglich. Er sprach zwar wieder von Aufstand und das man in diesen Zeiten wieder über „sinvolle Gewaltkriminalität und Selbstjustiz“ nachdenken solle, aber er fügte auch hinzu, dass das die Alten tun müssten, während bei den Jungen eh schon alles verloren sei. Hegel hätte da jetzt nicht besser den dummen preußischen Zensor hinters Licht führen können. Aber es kam noch besser. Seine zentrale Botschaft kam am Ende der Sendung, als er die aktuelle Sozialdebatte thematisierte. Ich zitiere:

„Sie rüsten sich! Für den Verteilungskrieg, den sie im Mai eröffnen werden. Die Medienfront steht schon Gewehr bei Fuß. Doch welche Waffen wird die Kirche segnen? Wenn sie noch ganz bei Trost ist die Kirche und nicht von allen guten Geistern verlassen ist, dann kann sie nur die Waffen der Schwachen segnen. Weil etwas anderes im Buch der Bücher ja gar nicht geschrieben steht.“

Gott als Kronzeuge. Dagegen bleibt selbst der Zensor machtlos.

Aber nun weg von dem Bibel-Quatsch. Das hat mich übrigens auch gestört. Ich kann mit dem religiösen Schwachsinn einfach nichts anfangen, aber nicht weil ich den Glauben der Menschen nicht respektieren würde, sondern weil ich es einfach nur bescheuert finde, welche gesellschaftliche und politische Aufmerksamkeit man noch immer den Kirchen zubilligt. Wenn Frau Käßmann etwas gegen den Afghanistan-Einsatz sagt, hören ihr alle aufmerksam und würdevoll zu und Freigeist zu Guttenberg lässt sich sogar herab, mit der geistlichen Kritikern ein Gespräch zwecks Gedankenaustauschs zu führen. Geht’s noch? Wo sind wir denn? Immer noch im ancien régime? Wenn andere Menschen hierzulande den total irrationalen Afghanistan-Einsatz geißeln, gelten sie gemeinhin als linke Spinner. (Ich gebe zu, auch das hat man Frau Käßmann zuschreiben wollen.)

Aber wenn man dann feststellt, dass diese moralisierend auftretenden Instanzen auch nur Menschen sind, die ab und zu den gewöhnlichen Freuden des Lebens nachgehen, wirft man ihnen endlos vor, gegen alle möglichen Standards verstoßen zu haben. Dann wird nicht nur die Person beschädigt, wahrscheinlich sogar zu recht, sondern auch, und das völlig zu unrecht, die Sache, wie zum Beispiel die geäußerte Kritik am Afghanistan-Einsatz. Derweil darf eine andere kriminelle Vereinigung mit moralischem Anspruch im Schatten der Käßmann-Story vorerst aufatmen.

Mitglieder der katholische Kirche missbrauchen Kinder und dennoch besitzen diese Gottesdiener die Dreistigkeit, die Gründe dafür an externen gesellschaftlichen Veränderungen festzumachen. Der Vorsitzende der Bischoffskonferenz Robert Zollitsch beschwert sich sogar mit einem Ultimatum bei der Kanzlerin über die Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die völlig richtig an ihrer Kritik gegenüber der katholischen Kirche festhält, weil sie nicht erkennen könne, dass auf deren Seite ein aktives Interesse an einer lückenlosen Aufklärung besteht. Sie erwartet daher nach wie vor,

„dass die Verantwortlichen der katholischen Kirche endlich konstruktiv mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten, Hinweise geben, mitaufklären“

Warum so zaghaft, frage ich mich da. Leute die Kinder missbrauchen, sind Dreckschweine und gehören als Verbrecher verurteilt ins Gefängsnis. Außerhalb der Kirche scheut man da ja auch keine härtere Gangart. Wieso also nimmt die Staatsanwaltschaft diesen Laden nicht einfach mit allen ihr zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mitteln auseinander? Im Gegensatz zur Justizministerin finde ich schon, dass man da auch die Konfrontation mit der Institution Kirche suchen muss. Denn offenbar scheinen die Missbrauchsfälle mit dieser Einrichtung und ihrem Auftrag/Unternehmensziel eng verflochten zu sein.

Doch nun wieder back to topic: „Gott sei dank“ waren auch Volker Pispers und Josef Hader da, die beide weniger die Kirche zum Thema hatten. Hader wies nur ganz kurz darauf hin, dass die katholische Kirche kein Patent auf Knabenliebe anmelden könne. Das hätte es nämlich schon im alten Griechenland gegeben, also in jener Zeit, in der noch Religionsfreiheit herrschte. Sein Thema war Humanismus, den man auf keinen Fall mit dem Begriff „human“ verwechseln dürfe. Und nur so ergibt Haders Schlusspointe auch einen Sinn.

„Der Vater von Heinrich Himmler war Mittelschullehrer für altgriechisch.“

Im Saal kam das nicht so an, obwohl Gottschalk da doch hätte aufjohlen müssen. Er gehört doch auch noch zu jener Generation, die die Qual einer humanistischen Ausbildung über sich ergehen lassen musste. Die Jüngeren wie ich, kennen das gar nicht mehr, wissen aber trotzdem darüber bescheid, weil unsere Schul- und Universitätslehrer ständig über die stupide Paukerei von damals klagten. Aber sei es drum.

Zu Volker Pispers sag ich jetzt nix. Den müssen sie sich einfach anschauen. Seine Erklärung zum deutschen Glaubensdogma, dass Steuersenkungen nur Gutes bewirken, ist einfach genial.

Und zum Schluss doch noch etwas Religion: „Monty Pythons – Das Leben des Brian“ mit der Originalszene über die Geschichte mit Schwanzus Longus und Inkontenentia Popos und natürlich dem Purschen auf dem Poden. Den Film müssen sie mal im Kölner Dom vorspielen. Da könnten sie dann unter Umständen Fundamentalisten kennenlernen, meinte einmal Hagen Rether sehr treffend. :>> :>> :>>

0

TV-Tipp: Neues aus der Anstalt – Folge 32

Geschrieben von:

Am kommenden Dienstag, den 23. Februar 2010, ist es wieder soweit. Die monatliche Kurztherapie im ZDF steht auf dem Programm. Urban Priol und Georg Schramm freuen sich, dass sie sich wieder einliefern lassen. Neues aus der Anstalt startet wie immer um 22:15 live und direkt nach dem heute-journal. Diesmal mit den Gästen Josef Hader, Jochen Malmsheimer und Volker Pispers.

Quelle: ZDF

Ich gehe mal fest davon aus, dass die Anstaltsleitung ein Einzelzimmer für den privat versicherten Dr. Guido Westerwelle herrichten wird. Die Einlieferung des FDP-Chefs kann ja nun nicht mehr so lange dauern. ;)

4

Zu Neues aus der Anstalt – Folge 31

Geschrieben von:

Falls sie die gestrige Ausgabe der Anstalt verpasst haben sollten, so können sie diese in der ZDF-Mediathek abrufen.

Als Einstieg möchte ich kurz auf einen Kommentar von Bernd Ulrich (ich weiß jetzt nicht, ob es der leitende Zeit-Redakteur ist, aber ich meine mich zu erinnern, dass er es war) auf NDR-Info hinweisen, der sich am Wochenende mit der FDP und der brisanten Hotelspende beschäftigte. Darin kommt Ulrich zu dem Schluss, dass die FDP entweder erneut ihr wahres Gesicht zeige oder aber falsche Vorurteile der Partei gegenüber wieder lebendig würden.

„Natürlich ließe sich lange darüber streiten, ob mit dieser ganzen Hotel-Affäre das wahre Gesicht der FDP wieder sichtbar wurde oder ob die falschen Vorurteile über die Partei wieder lebendig wurden.“

Darüber lässt sich natürlich nicht streiten, weil es sich nicht um Vorurteile, sondern um Tatsachen handelt. Da reicht allein der Blick auf die lange Liste der FDP-Bundeswirtschaftsminister, die wegen strafbarer Handlungen und div. Affären im Amt zurücktreten mussten. Bernd Ulrich will dennoch eine überflüssige Diskussion führen und bittet dabei in seiner Ratlosigkeit die Täter um Aufklärung. Das hat schon ein bissel was von einem Deal zwischen Justiz und Staatsanwaltschaft. Wenn du Angeklagter zur Aufklärung deiner schwer ermittelbaren Verbrechen beiträgst, bekommst du im Gegenzug Strafmilderung.

„Guido Westerwelle wusste doch wohl, dass da diese Spenden waren, er wusste doch, dass das Vorurteil oder Urteil über die FDP einen schönen Anlass suchte, um wieder losbrechen zu können.

Warum also hat er das getan? Liebe FDP-ler draußen an den Radio-Geräten können Sie uns das erklären?“

Dass man die Fakten auch anders bewerten kann und eine nicht unerhebliche Spende an die „Partei der Besserverdienenden“, was laut Ulrich ja bloß ein Vorurteil sei, kurz und knapp in Worte fassen kann, ohne viel journalistisches Tamtam zu veranstalten bewies gestern einmal mehr Georg Schramm in Neues aus der Anstalt. Das Ganze sei eine Variante von Hartz IV für Leistungsträger. Statt Fördern und Fordern, gelte bei denen Schmieren und Spenden. Die Frage an den Kommentator Bernd Ulrich müsste also lauten, kann man das wirklich auch anders sehen?

CSU-Chef Seehofer habe übrigens Scheinheiligkeit im Endstadium, meinte Urban Priol, als Georg Schramm ihn zur Schmierung der CSU befragte, die ja öffentlich nicht so sehr im Blickpunkt stünde.

Das Spendenthema zog sich dann auch durch den militärischen Teil der Sendung, in dem Oberstleutnant Sanftleben mit der Spendendose auftrat, um für den Airbus A 400 M zu sammeln. Er bräuchte dafür nur zwei Millionen Euro. Eine Million bekäme die CSU (Verteidigungsminister) und die zweite Million die FDP, damit das „alte Weinfass“, Bundeswirtschaftsminister Brüderle, dem Milliardenfliegerprojekt, das ja um die 5 Mrd. zusätzlich kosten soll, keine Steine in den Weg legt. Da sei die FDP ja zuverlässig, so Sanftleben. Die hätte nämlich bis jetzt noch jeden Großsponsor sauber mit Staatsgeldern bedient. Und die CSU habe auch schon längst bewiesen, dass sie mit Milliardenzuschüssen umgehen könne. Diesen Seitenhieb hat das Publikum aus meiner Sicht leider nicht verstanden. Die Erinnerung an das Landesbankdesaster um die österreichische Hypo Alpe Adria scheint wohl schon wieder zu verblassen.

Dafür lieferte Sanftleben gleich den Beweis, dass es wirklich simpel für Großspender sei, eine genehme politische Gesetzgebung vor allem dann käuflich zu erwerben, wenn die FDP am Ruder sitzt. In diesem Zusammenhang wies er auf die erhöhte Schlagzahl der Pharmabranche im Vorfeld der Bundestagswahl hin. Aufgrund dieser Zuwendungen sorgt der Bundesgesundheitsminister Rösler prompt dafür, dass der bisherige oberste Pharma-Kontrolleur, der Chef des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen Peter Sawicki, abgelöst wird. Urban Priol darauf: „no dope, no hope“

Leider ist der Auftritt Sanftlebens noch nicht über youtube abrufbar. Dafür der Solo-Auftritt von Dombrowski, der sich sehr schön kritisch mit dem Erdbeben auf Haiti und den deutschen Betroffenheitsorgien in den Spandengalas auseinandersetzt, die seiner Meinung nach nicht unterscheiden können oder wollen, zwischen einer Naturkatastrophe einerseits und den Folgen, die unsere Lebensweise mit sich bringt, die in Ausplünderung und Ausbeutung der Ärmsten auf dieser Welt besteht, andererseits.

„Die ungeheure Zahl der Toten haben auch wir zu verantworten!“

Der Schlussauftritt von Priol und Schramm ist auch abrufbar. Zentrale Stelle war:

Schramm: „Es gibt in der Psychiatrie da ein Fachbegriff dafür. Für krankhaftes Festhalten am falschen Weg. Quasi die zwanghafte Unfähigkeit zur Umkehr.“
Priol: „Kenn ich. Morbus Westerwelle.“

:>> Viel Spass.

2

TV-Tipp: Neues aus der Anstalt – Folge 31

Geschrieben von:

Am kommenden Dienstag um 22:15 Uhr ist es wieder so weit. Die Anstalt öffnet im ZDF ihre Pforten. Wie immer „Live“ und direkt nach dem heute-journal.

Quelle: ZDF

Zu einem satirisch-therapeutischen Kurzaufenthalt schauen am 26. Januar 2010 in der Anstalt vorbei: Horst Evers, Django Asül und Bülent Ceylan.

Die Anstalt startet also am Jahrestag der Gründung der Deutschen Terminbörse (DTB) vor zwanzig Jahren. Das könnte man ja auch zum Thema machen. Inzwischen gibt es die DTB ja nicht mehr, sondern firmiert unter dem Namen EUREX. Die European Exchange (EUREX) ist eine der weltweit größten Terminbörsen für Finanzderivate (also Futures und Optionen) mit 2,165 Milliarden Kontrakten allein im Jahr 2008.

Man könnte ja z.B. der Frage nachgehen, warum es der Politik so schwer fällt, auf diese Kontrakte, die Jahr für Jahr enorm gestiegen sind, eine kleine Steuerabgabe einzufordern. Eigentlich müsste das Entsetzen groß sein, dass es nicht so ist.

3

Noch einmal Afghanistan

Geschrieben von:

Langsam regt mich die nahezu kritik- und hirnlose Berichterstattung, auf Zuruf wie mir scheint, gehörig auf. Gestern konnten sie wohlmöglich verfolgen, wie die Medien darüber berichteten, dass Ex-Außenminister und aktueller Oppositionsführer Frank-Walter Steinmeier in die Kritik geraten sei, weil sein Haus direkt nach dem Angriff bei Kunduz über tote Zivilisten unterichtet worden war.

Die schwachsinnige Diskussion darüber, ob diesmal neben den Unions-Deppen mit FJS nun auch ein SPD-Depp in der Regierung was wusste, geht erneut von vorne los. Dabei ist das überhaupt nicht mehr interessant. Die Regierung log damals geschlossen und lügt noch heute geschlossen unter Einbeziehung eines Teils der Opposition. Die Medien sollten das endlich mal zur Kenntnis nehmen, auf den Scheinausschuss spucken und anfangen, den Einsatz in Afghanistan genauer zu betrachten, wenn sie der Regierung schon nicht kontrollierend auf die Finger gucken wollen. Also fernab von Schlagworten wie „Taliban“, „Terror“ oder „Luftschlag“. Der Konflikt in diesem Land ist etwas komplexer als die gängige Darstellung dauernd zu vermitteln versucht.

Im Freitag findet sich dazu ein sehr schöner Artikel von Hans Wallow, in dem er die jämmerliche deutsche Berichterstattung über den Afghanistan-Krieg beschreibt.

Es ist hauptsächlich das öffentlich-rechtliche Fernsehen, das die Klischees über Afghanistan zementiert, zum Beispiel die ARD-Sendung Hart, aber fair: Ein völlig ahnungsloser Frank Plasberg diskutierte über den Einsatz der Bundeswehr. Mitten im verbalen Schlagaustausch sah sich Jürgen Todenhöfer, Kritiker des deutschen Militäreinsatzes, Afghanistan-Kenner und ehemaliges Mitglied des Bundestags, mit einer Film­einblendung konfrontiert, in der lachende Mädchen Fußball spielten.

Die Aussage des nur sekundenlangen Streifens strotzte vor Einseitigkeit, die Botschaft der Bilder war: Mit dem Militäreinsatz im Jahre 2002 begann für Afghanistan die moderne Zeitrechnung. Todenhöfer war angesichts der platten Manipulation sichtlich sprachlos. Fair wäre es wohl gewesen, einen der 3.012 afghanischen Flüchtlinge, die allein in den ersten 11 Monaten des Jahres 2009 Asyl in der Bundesrepublik beantragt hatten, zu fragen.

Insgesamt leben in der Bundesrepublik Deutschland 48.437 anerkannte afghanische Asylflüchtlinge. Sie stammen nicht allein aus den ärmeren Schichten, sondern sind oftmals in akademischen Berufen ausgebildet und werden in Afghanistan zum Aufbau benötigt. In ihrer Mehrheit sind sie der Auffassung, dass das ausländische Militär nur eine korrupte, völlig marode Regierung, kriminelle Warlords und Drogenbarone in Staatsfunktionen schützt. Zu Verhandlungen mit den gemäßigten Taliban sehen sie keine Alternative.

Und witzigerweise hat Freigeist zu Guttenberg seine Afghanistan-Strategie eben erst angepasst. Unter Umständen würde er auch mit den „Taliban“ sprechen (siehe Welt). Das ist vor allem deshalb sonderbar und verlogen, weil derselbe zu Guttenschnösel 2007, als der damalige SPD-Vorsitzende Kurt Beck einen ähnlichen Vorschlag unterbreitete, abfällig sagte:

„Ich kenne niemanden, der je einen vernünftigen Taliban getroffen hätte.“

Der Guttenberg dackelt da ja nur der neuen Linie der Amerikaner hinterher, die seit Sommer des Jahres gilt. Der geölte „Raubritter-Abkömmling“ aus dem Bayerischen hat eben keine eigene Meinung oder gar ein querdenkerisches Profil, das ihm seit seinem NEE zur Opelrettung zugeschrieben wurde. Damals hat er ja sogar mit Rücktritt gedroht, es aber dann doch sein lassen, weil, wie er fand, seine ablehnende Position sich in der Schlusserklärung der gesamten Regierung niederschlug. Darauf reagierte auch Urban Priol in seinem satirischen Jahresrückblick mit Unverständnis und fügte süffisant hinzu:

Früher habe der Adel nach so einer Niederlage noch Anstand besessen und beschlossen: „Schublade auf – Beretta raus – Feierabend“.

Ein politisches „Kaltstelllen“ würde mir persönlich ja schon genügen. Das träfe dann allerdings auch auf den Frank-Walter Steinmeier zu. Denn wenn die SPD in Sachen Afghanistan wirklich ein Stück Glaubwürdigkeit zurückgewinnen will, reicht es nicht aus, jetzt auf einmal für einen baldigen Abzug zu sein. Um Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen, muss die Partei ihren Fraktionsvorsitzenden Steinmeier mit entschiedener Haltung vom Thron stoßen. Das wird aber nicht passieren. Und so nimmt das öffentlich inszenierte Theater um die Schuldfrage, die durch Zuruf der PR-Agenturen, ein wenig zwischen den Seiten hin und her schwankt, kein Ende. Und die dummen Medien folgen diesen Brocken auch weiterhin meist kritiklos.

1

TV-Tipp: Neues aus der Anstalt – Folge 30

Geschrieben von:

Die Zeit der kaberettistischen Jahresrückblicke ist noch nicht vorbei. Morgen öffnet die Anstalt bereits zum 30. Mal ihre Pforten. Lassen auch sie sich einliefern und von Urban Priol und Georg Schramm therapieren. Diesmal ist auch wieder Hausmeister Jochen Malmsheimer im Einsatz. Neben ihm ebenfalls mit dabei: Leo Bassi, Monika Gruber und Andreas Rebers.

Im Schnitt verfolgten fast drei Millionen die bisherigen Sendungen. Nicht schlecht für die Uhrzeit: Wie immer um 22:15 Uhr live und direkt nach dem heute-journal.
______________________________________
Quelle: ZDF

3

Neues aus der Anstalt – Folge 29

Geschrieben von:

Die gestrige Sendung bekannt zu geben, habe ich ja total vergessen. Ich bitte um Verzeihung. Aprospos Verzeihung bzw. Haltungsänderung, heute ist doch Buß- und Bettag. Vielleicht sollten sich an dieser Stelle unsere feinen Politiker bei uns entschuldigen. Der Feiertag wurde nämlich 1994 abgeschafft, um die angebliche Mehrbelastung der Arbeitgeber durch die Einführung der paritätisch finanzierten Pflegeversicherung mit Mehrarbeit der Arbeitnehmer zu vergelten. Nun will aber die neue schwarz-gelbe Koalition auch noch eine private Zwangszusatzversicherung für Arbeitnehmer einführen, um die Pflegeversicherung zukunftsfest zu machen, wie es heißt. Könnte man dann nicht den Feiertag wiederhaben, um über den Unsinn von Regierungspolitik nachdenken zu können? Übrigens hätte ich dann auch die Anstalt nicht verpasst.

Und damit sind wir wieder beim Thema. Ich habe mir die Sendung gerade angesehen und muss sagen, ein heiteres Zusammentreffen diesmal. Und ein wenig Selbstkritik. Das Nachgeäffe der Kanzlerin durch Priol soll aufhören, meinte Dombrowski. Bei Priol gerate die Kanzlerin immer zu einer „Vorpommerschen Platitüden-Mamsell“, zu so einer

„…mecklenburgischen Landpommeranze, die über den Suppentellerrand eines Heringsdorftrampels nie herausgekommen ist und nichts anderes im Sinn hat, als den Minderwertigkeitskomplex einer bedeutungslosen Pastorentochter dadurch zu kompensieren, dass sie mit den Mächtigen an einem Tisch sitzt und von deren Tellerchen essen darf und von 80 Millionen Untertanen als Königin Aschenputtel verehrt wird.“

:>>:>>:>>

Dombrowski will weg von der Karrikatur, er will vielmehr zu dem vorstoßen, was die Kanzlerin und ihre Regierung konkret sagt und vor hat. Eine Entpommeranzung sozusagen.

Die zentrale Botschaft „Mut zur Zukunft bei Freiheit in Verantworung“, könnte zum Beispiel heißen „Husten als Chance“. Die neue Regierung fahre in der Krise auf Sicht, hätte Volker Kauder gesagt. Dombrowski darauf:

„Das hat die Titanic auch gemacht. Aber! Es gibt einen wichtigen Unterschied. Wer hat Tempo und Kurs der unsinkbaren Titanic bestimmt? Der Mehrheitsaktionär. Und der saß in London-City im Trockenen.“

In seinem späteren Solo führte Dombrowski dann aus, was er mit dem Versuch einer „Entpommeranzung“ zu Beginn meinte. Zunächst einmal die Feststellung, dass alles bereits gesagt ist. Selbst die bürgerliche Presse zerreißt das politische Konzept und die beabsichtigte Geisterfahrt von Schwarz-Gelb. Selbst der Sachverständigenrat, der sonst auch nicht immer mit Sachverstand glänzt, fand klare ablehnende Worte. Was sollte Dombrowski da noch zu sagen. Dass in Bezug auf die neue Bundesregierung die Sprache zum Gegenteil dessen benutzt wird, wofür sie eigentlich da ist, nämlich zur Verständigung, ist schon sehr seltsam. Es werde extra so formuliert, dass wir nicht verstehen, was die Regierung will. Doch Dombrowski klärt einmal mehr sein Publikum auf.

Möglicherweise sei es ja Absicht, dass die Bundesregierung die Verschuldung im kommenden Jahr auf Rekordniveau steigen lassen will, und die irrsinnigen Steuersenkungen dienen nur als Mittel zum Zweck. Denn ab 2011 schreibt die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse ja vor, müsse das Haushaltsdefizit jährlich um ein Sechstel abgebaut werden. Ein Finanzmathematiker folgert daraus nun messerscharf:

„Je höher im vorausgehenden Jahr die Schulden sind, desto mehr Schulden kann ich in den Jahren danach machen.“

Dombrowski liefert die entsprechende Grafik aus der Süddeutschen Zeitung vom 17.11.2009 gleich mit. En passant: vom 17.11.2009! Tag der Sendung!, d.h. Georg Schramm hat seinen Auftritt quasi mit heißer Nadel gestrickt.

Zulässiges Haushaltsdefizit

An den Kurven können sie sehr schön sehen, wie im Finanzministerium gerechnet wird. Nocheinmal Dombrowski dazu:

„Solche rechenakrobatischen Kunststücke, die kannte man bisher ja nur von den Bonusartisten der Investmentbanken. Aber von deren Geist beseelt, führt jetzt eine gerade Linie hin zum Bilanzbetrug, zur kreativen Defizitmanipulation unserer marktwirtschaftlich bewussten und kompetenten bürgerlichen Regierung. Das ist der Geist von: Nach uns die Sinntflut. Aber nach uns kommt vielleicht keine Sinntflut. Wir sind vielleicht schon die Sinntflut.“

__________________________________________

Quelle zum Nachschauen in der Mediathek des ZDF unter:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/kanaluebersicht/aktuellste/508#/beitrag/video/899226/Neues-aus-der-Anstalt—Folge-29/

5

Zu Neues aus der Anstalt – Folge 28 und der nachfolgenden heute show

Geschrieben von:

Zunächst einmal die Wiederholungstermine zur gestrigen Anstalt-Ausgabe:

  • 3sat
    08. November 2009, 20.15 Uhr
  • ZDFtheaterkanal
    22. Oktober 2009, 19.40 Uhr
    04. November 2009, 19.40 Uhr
    09. November 2009, 19.40 Uhr
  • ZDFinfokanal
    24. Oktober 2009, 21.30Uhr
    31. Oktober 2009, 21.30 Uhr

In der Mediathek des ZDF können sie die Sendung auch online abrufen.

http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/866272?inPopup=true

Die Protagonisten standen gestern natürlich noch unter dem Eindruck der Bundestagswahl. Und während Patientensprecher Dombrowski, alias Georg Schramm, die Anstalt verlassen wollte, um bis zur NRW-Wahl seine Alterskohorte zu mobilisieren, hat Anstaltsleiter Priol hingegen den Entschluss gefasst, sämtliche Brücken nach draßen abzubrechen und sich samt persönlicher Habe selbst einliefern zu lassen. Diese beiden entgegengesetzten Bewegungsrichtungen mussten im Foyer aufeinanderprallen. Und während sich der Auswanderer Dombrowski kämpferisch und angriffslustig gab und versuchte seinen Bruder im Geiste zu motivieren, wirkte dieser jedoch resignierend angesichts der Tatsache, dass nun eine Retro-Kombo von Untoten aus dem Schattenreich der Kohl-Ära, die sich bereits für die nächste Körperweltenausstellung präpariert hatten, das Zepter übernehmen.

Als schlimmstes Adenauer-Barock bezeichnete Priol die kommende Regierungsmannschaft und insbesondere Westerwelle, der zwar nicht so alt aussehe, aber im Geiste eine furchtbar antiquierte Gestalt sei. Übrigens, in der nachfolgenden „heute-Show“ Sendung mit Oliver Welke bekam man ein schönes Portrait von Westerwelle geliefert, das diesen von Priol geschilderten Eindruck bestätigt. Aber zurück zur Anstalt. Mit der Bemerkung, das würde dem Verwaltungsrat gefallen, gemeint war der ZDF-Verwaltungsrat, tauschte Priol die Marx-Büste gegen ein Pappabbild von Adenauer aus. Dort brenne es schließlich lichterloh beim Fernseh-„Koch“. Großartige Anspielung und die Vorbereitung zu einer gelungenen Medienkritik.

Denn im folgenden Gespräch begann Priol zu beschreiben, welche Masche die Bundeskanzlerin anwendet, um sich ihrer Gegner zu entledigen. Davor habe Priol Angst und fürchtet deshalb die Freiheit. Das wiederum trieb Dombrowski zu dem Gedanken, dass einem Frau Merkel doch auch gleichgültig sein könne, wenn sie durch den Volkeswillen getrieben, opportun handeln würde. Unter diesen Voraussetzungen könne sie doch auch bleiben, meinte Dombrowski. Aber dafür hatte der Anstaltsleiter keinerlei Verständnis mehr und überlies dem Preußen die Bühne, um den Zuschauern zu erklären, was er damit meinte. Denn wenn die Kanzlerin aus Opportunismus das täte, was das Volk will, hätten wir einen flächendeckenden Mindestlohn, Atomausstieg, Tempolimit, Rückzug aus Afghanistan und ein Berufsverbot für Anlageberater in deutschen Banken. Das Volk sei eben weiter als die Kanzlerin. Doch die will lieber mit Volldampf in die Sackgasse, zurück dahin, wo wir vor der Krise waren.

„Und wo waren wir vor der Krise? Vor der Krise!“

Aber warum? Wenn die Kanzlerin opportun wäre gegenüber dem Volk, dann verlöre sie die Gunst der Mächtigen, so Dombrowski. Und die Medien spielen dabei eine entscheidende Rolle. Sie haben die Kanzlerin zur mächtigsten Frau der Welt gekürt. Das sei eine Farce, denn sie sei ja nicht einmal die mächtigste Frau Deutschlands.

„Das ist Liz Mohn und Friede Springer! Bild und Bertelsmann! Die lautstarken Herolde eines maroden Systems, das weltweit an den Fäden der Geldverleiher zappelt. Ein Handstreich von Friede Springer würde reichen, und ihre Tintenknechte schreiben die Kanzlerin vom Thron herunter und werfen sie ihrer eigenen Partei zum Fraß vor.

Die wahrhaft Mächtigen, das ist gewiss, haben die Gunst des Volkes längst verloren. Deswegen ist diese Frau so wertvoll für sie. So lang die Frau die Gunst des Volkes hat, hat sie die Gunst der Macht.

In der Biologie nennt man das eine Symbiose. Und wenn es zu Lasten des Wirtstieres geht, dann nennt man das eine parasitäre Symbiose. Und das Wirtstier das sind wir.“

Am Ende finden dann aber Dombrowski und Priol wieder zusammen. Bemerkenswert war auch der integrierte Auftritt von Uwe Steimle, der mit seiner Figur Günther Zieschong brillierte und Sätze sagte, wie…

„Wir haben unsere Revolution gemacht, jetzt seid ihr mal dran. Wer sagt denn, dass das immer friedlich sein muss?“ oder „Ich habe das sehr wohl zu schätzen gelernt, den Unterschied zwischen Ost- und Westsystem. In der DDR wurden die Betiebe erst verstaatlicht und dann runtergewirtschaftet,…ne?“

Im Anschluss an Neues aus der Anstalt scheint sich das Format „heute-show“ mit Oliver Welke zu etablieren. Wenn sie diese Sendung mal mit dem Satire Gipfel vergleichen, der ähnlich aufgebaut ist, gibt’s da klare Vorteile. Nehmen sie die Nummer mit dem Bericht von der Frankfurter Buchmesse. Dort fragte der Reporter Martin Sonneborn einfach mal nach der Meinung der chinesischen Aussteller zu Menschenrechten und Massenerschießungen in der Heimat. Genial. Oder schauen sie sich das Portrait über Westerwelle an, der bzgl. seiner Verweigerung, einem britischen Journalisten auf Englisch zu antworten, einfach behauptete, es sei auch in anderen Ländern so üblich, dass man in der Muttersprache Pressekonferenzen abhalte und nicht in Fremdsprachen antwortet. Die Journalisten sollten das doch mal überprüfen. Gesagt getan.

Ein Kollege der „heute-show“ fuhr zu einer Pressekonferenz des schottischen Ministerpräsidenten nach London und fragte auf Deutsch, ob man denn einen Westerwelle als Außenminister begrüßen würde. Nach einer Übersetzung durch den Leiter der PK, antwortete der schottische Regierungschef höflich. Im Anschluss bedankte sich Alex Salmond für die Frage und gab zu verstehen, dass er gerne Fragen in jeder Sprache beantworte, die er auch beherrscht. Darüber hinaus akzeptiere er auch alle Fragen, egal in welcher Sprache sie ihm gestellt würden. Da muss sich der Guido wohl noch einmal auf den eigenen „HOSENBODEN“ setzen und über die Gestaltung seiner künftigen Rolle nachdenken.

Mehr zur Sendung und die Videos finden sie hier.

http://heuteshow.zdf.de/ZDFde/inhalt/15/0,1872,7555087,00.html

5

TV-Tipp: Neues aus der Anstalt – Folge 28

Geschrieben von:

Morgen ist es wieder so weit. Verpassen sie am 20.10.2009 auf keinen Fall Neues aus der Anstalt mit Urban Priol und Georg Schramm. Diesmal sind zu Gast, Jürgen Becker, Uwe Steimle und Michael Altinger. Jürgen Becker revanchiert sich bestimmt für den Übernahmeversuch der Mitternachtsspitzen durch Priol und Schramm vor einer Woche. :>>

Um 22:15 geht’s los, wie immer live und direkt nach dem heute-journal.

3
Seite 8 von 10 «...678910