FDP im Ländle stimmt aus Versehen für mehr Personal in der Steuerverwaltung

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In Baden-Württemberg hat die Landtags-FDP aus Versehen mit der Opposition gestimmt. Ein selten dämlicher Vorgang.

Und so war das Malheur passiert: Im Ausschuss hatte die FDP-Finanzexpertin Heiderose Berroth aufgrund einer Erkältung ihren Kopf woanders – und ihr Fraktionskollege Hans-Peter Wetzel verließ sich auf ihr Fachwissen. Das Ergebnis: Beide stimmten für den SPD-Antrag, 100 zusätzliche Steuerbeamte einzustellen, um Steuersündern schneller auf die Schliche zu kommen. Versehentlich, wie sich später herausstellte. „Das war mein Fehler, ich hab nicht aufgepasst“, sagte Berroth, allerdings nicht ohne die Verantwortung mit auf den Regierungspartner zu schieben. Schließlich, so die FDP-Frau, habe ein CDU-Abgeordneter bei der Ausschusssitzung gefehlt. Dies habe ebenfalls zu der Panne beigetragen.

Quelle: Badische Zeitung

Eigentlich ist es aber gar nicht so lustig, dass die FDP aus Versehen mit der Opposition gestimmt hat, sondern vielmehr die Tatsache erschreckend, dass es ein Fehler sein soll, zusätzliche Steuerbeamte einzustellen, die dem Land deutlich mehr einbringen als sie kosten. Die Frau Berroth hätte schließlich auch vor die Öffentlichkeit treten können und sagen, dass es ihr leid tue, statt Klientelinteressen vertreten, leider im Sinne des Steuerzahlers und des Haushalts entschieden zu haben.

Wer sich noch erinnern kann, weiß, dass Baden-Württemberg das einzige Land war, dass auf den Ankauf einer Steuerdaten-CD aus der Schweiz verzichtet hat, weil die FDP sich mit der Begründung quer stellte, dass es zwar „wünschenswert“ sei, wenn Steuerhinterzieher zur Rechenschaft gezogen und bestraft würden, dieses aber nur unter der Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien erfolgen könne. Der Erwerb einer CD, auf der sich gestohlene Daten befänden, erfülle eben nicht diese hehren Grundsätze.

Nun, das Einstellen von Personal hingegen schon. Das wollen die Liberalen aber auch nicht, selbst wenn sie dieser sinnvollen Maßnahme aus Versehen zugestimmt haben. Da wird dann lieber peinlich zurückgerudert, anstatt demokratisches Rückrat zu demonstrieren. Die nächste Großspende dürfte mit diesem Manöver aber gesichert sein.

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Unpassende Gleichmacherei: Hartz-IV-Missbrauch vs. Steuerhinterziehung

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Seit der jüngst ausgebrochenen spätrömischen Dekadenz Welle, wird nicht nur dreist gelogen, was den angeblichen Missbrauch von Sozialleitungen angeht, sondern auch, und das ist noch viel schlimmer, ein sehr bedeutenderes Verbrechen durch den Trick der Gleichmacherei verharmlost. Steuerhinterziehung wird im Augenblick gern mit dem Betrug am Sozialstaat verglichen und die Behauptung aufgestellt, dass ja alle Bevölkerungsgruppen in Teilen gelegentlich oder auch systematisch den Staat betrügen würden. Mit dieser Gleichsetzung will man erstens davon ablenken, welch immens hoher Schaden durch systematische Steuerhinterziehung angerichtet wird, die nur durch den massiven Einsatz krimmineller Energie möglich ist, und zweitens will man erreichen, dass sich die Welle der Empörung über angebliche Sozialschmarotzer wieder etwas legt, ohne davon abzurücken, dass man beiden Betrugsfällen mit verstärktem Druck begegnen müsse.

Aber welcher Betrugsfall ist eigentlich konkret unser Problem? Sozialleistungsmissbrauch oder Steuerhinterziehung? Aus Sicht der Gleichmacher stellt es sich nun so dar, als müsse man beide Dinge mindestens gleichermaßen bekämpfen, weil sie auch gleichschwer wiegen. Das ist einfach falsch. Der Sozialmissbrauch ist defacto überhaupt kein Problem. Das belegen die Zahlen eindeutig, die nur keiner der Hetzredner zur Kenntnis nehmen will. Am vergangenen Donnerstag wurde der völkische Wahrheitsverkünder Guido Westerwelle bei Maybrit Illner im ZDF darauf hingewiesen, dass nach amtlicher Statistik die Missbrauchsquote bei etwa 1,9 Prozent läge oder rund 126.000 Fälle bei 6,5 Millionen Beziehern von Arbeitslosengeld II. Bei einem Sozialleistungs-Etat für’s SGB II (Arbeitslosengeld II) in Höhe von 24 Mrd. Euro kam es im Jahr 2009 zu Überzahlungen in der Größenordnung von 72 Millionen Euro.

Westerwelles Kommentar: Er bezweifle die Zahlen. Damit hat er wahrscheinlich sogar Recht. Denn er weiß ja ganz genau, wie bei der aktuellen Arbeitslosenzahl geschummelt wird. Doch nehmen wir mal an, die Quote läge in Wirklichkeit bei 5 Prozent. Selbst dann wäre der Leistungsmissbrauch kein richtiges Problem, das man ernsthaft bekämpfen müsse, weil der Staat dadurch viel Geld verlöre oder aber die Steuerzahler über Gebühr belastet würden. So ein Aufwand und so ein Geschrei wegen ein paar Millionen, die jeden einzelnen Deutschen umgerechnet vielleicht höchstens zwei Euro zusätzlich kosten?

Warum gibt es kein Geschrei bei der Steuerhinterziehung, die laut OECD, den deutschen Steuerzahler jedes Jahr über 100 Mrd. Euro kostet oder umgerechnet jeden einzelnen Deutschen mit gut 1250 EUR belastet? Das ist schon eine andere Hausnummer. Doch nun kommt’s…

Allein die nackte Meldung, dass eine CD mit den Daten von Steuerhinterziehern existiere, hat dazu geführt, dass inzwischen weit über 100 Millionen Euro dem Fiskus in Selbstanzeigen nachgemeldet wurden.

Quelle: SZ

D.h., dass der Staat jetzt schon mehr hinterzogenes Steuergeld im Tausch gegen Straffreiheit zurückerhalten hat, als ihm im gesamten Jahr 2009 durch Sozialmissbrauch überhaupt entanden ist. Gegen welche Sozialschmarotzer müsste Westerwelle denn nun eigentlich zu Felde ziehen? Der Witz ist ja, er müsste gar nicht zu den Waffen greifen, sondern bloß jede Woche verkünden, dass er wieder eine CD aus der Schweiz mitbringen würde, die man ihm bei seinen zahlreichen hochdotierten Vorträgen in die Hand gedrückt habe. Das reicht doch schon aus, um die Staatsfinanzen ein gutes Stück weit zu verbessern. ;)

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Quellen:
http://maybritillner.zdf.de/ZDFde/inhalt/25/0,1872,8045593,00.html

http://www.sueddeutsche.de/politik/924/505129/text/

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Tolle Sprüche zum Wochenende

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Mit fällt die Wahl eines Themas auch etwas schwer. Darum will ich ihnen mal zeigen, was anderen zum alltäglichen Politik-Wahnsinn eingefallen ist. An erster Stelle kommt natürlich Volker Pispers, der gerade wieder Vorstellungen gibt. Als Antwort auf sinkende Umfragewerte für die FDP wird von ihm im Augenblick folgender Schenkelklopfer zitiert.

„Ein Drittel der FDP-Wähler haben festgestellt, dass sie gar kein Hotel haben.“

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Aber fast noch besser sind die Gags aus Oli Welkes „heute show“ im ZDF, die jetzt immer Freitags läuft. Ein sehr schlimmer Sendeplatz übrigens. Leider merkt man das auch den Quoten an. Hoffentlich darf er bleiben und weitermachen. Seine Sendung ist tausenmal besser als das ähnliche Format „Satire-Gipfel“ im Ersten. Doch nun zu den Sprüchen. Zum Steuerskandal hieß es am Freitag zunächst warmherzig:

„Ein besonders herzliches Willkommen diesmal unseren Zuschauern in der Schweiz! Schön, dass Sie dabei sind, und bitte: Ganz liebe Grüße an unser Geld! Wir sehen uns ja bald wieder.“

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Die zuvorkommende Begrüßung wich schnell purem Entsetzen:

„Bitte? In der Schweiz liegt seit Jahrzehnten Mafiageld, Drogengeld, Nazigold, Geld von Terroristen und Diktatoren… – und wir arbeiten mit Verbrechern zusammen?“

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Die wichtigste Meldung der letzten Wochen durfte natürlich auch nicht fehlen. Das Wetterchaos. Oli Welke spielte einige Reporter-Berichte ein, die zu diesem Thema abgeliefert wurden. Unter andeream auch einen Bericht über die Entsorgung von Schnee. Diesen könne man nicht einfach irgendwo abkippen, weil er Sondermüll sei. Welke dazu:

„Aha, Schnee ist Sondermüll? Bin gespannt, wann sich die ersten Grünen an die Gleise ketten, um Schneetransporte an der Weiterfahrt nach Gorleben zu hindern.“

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Besonders gelungen waren die Anmerkungen zur Hartz-IV-Diskussion. Da jagte ein Brüller den nächsten. Bezugnehmend auf die Äußerungen Ursula von der Leyens, die uns die Umbenennung von Hartz-IV als eine wichtige reformerische Großtat verkaufen wollte, sagte Welke:

„Man sagt heute nicht mehr abhängen, sondern abhartzen. Hartz IV einfach umbenennen? Super! Ich finde, ‚Krebs‘ sollte ab sofort “Schnupfen‘ heißen, dann sterben nicht mehr so viele Leute.

Wie könnte man Hartz IV denn nennen? Vielleicht ‚Uns-ham-se-doch-belogen-und-betrogen 5‘? Oder: ‚Mein RTL‘!

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Aber am Besten fand ich die tolle Martina Hill als „Tina Hausten“ mit ihrer vergleichenden Analyse zu Hartz IV-Sätzen und den Kosten, die neue überflüssige Staatssekretäre und Abteilungsleiter verschlingen, die Schwarz-Gelb seit Amtsantritt eingestellt hat.

„Ein Jahr Staatssekretär von Dirk Niebel kostet genau das gleiche wie 30 Jahre Arbeitslosigkeit von Arno Dübel. 30 Dübel sind 1 Niebel!“

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Hier der Link zur Sendung:

http://www.zdf.de/ZDFmediathek/kanaluebersicht/aktuellste/760014#/beitrag/video/964276/heute-show-vom-0522010

Link zu den Sprüchen der „heute show“:

http://www.presseportal.de/pm/7840/1556967/zdf

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Steuerskandal: Eine Diskussion ohne Grundlage

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Wie man heute hören und lesen konnte, haben die juristischen Prüfungen der Finanzbehörden ergeben, dass die Steuerfahnder auf den Ankauf der Daten-CD gar nicht verzichten können, weil sie sich sonst der Strafvereitelung im Amt schuldig machten. Wenn das so klar ist, versteht man die ganze Diskussion nicht mehr. Warum stellen sich Politiker wie der parlamentarische Geschäftsführer der FDP Otto Fricke hin, der ein ausgebildeter Anwalt ist, und sagt:

„Da gilt die alte Regel: Keine Geschäfte mit Kriminellen.“

Da sollte Fricke wohl noch einmal zur juristischen Nachschulung gehen, wahlweise auch zum Idiotentest. Es kann natürlich auch sein, dass er als Anwalt auftritt. Und die dürfen im Prinzip ja jeden Dreck erzählen, um ihren Klienten besser aussehen zu lassen. Da bleibt halt nur die Frage, welchen Klienten Herr Fricke als Mitglied des Bundestages vertritt. Der Souverän ist es wohl nicht.

Ganz toll fand ich ja auch den beherzt kämpfenden Michael Fuchs aus dem Vorstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Der schrie ja in die Mikrofone:

„Das ist ein gestohlenes Gut. Da würde man Diebe belohnen.“

Ein gestohlenes Gut. Klasse. Dieses Gut wird zudem immer wertvoller. Nicht mehr 100, sondern bis zu 400 Millionen Euro könnten unter Verwendung der Daten-CD nachträglich von 1500 Verdächtigen eingetrieben werden. Schon klar, dass man Informationen, die die unglaublich hohe kriminelle Energie wohlhabender Deutscher belegen, nicht einfach stielt. Da sollte man vorher jeden einzelnen höflich um Erlaubnis bitten. Es sind ja nur „Sünder“. Und Sündern nimmt man die Beichte ab, dann wird gebetet und am Ende verlässt das schwarze Schaaf den Beichtstuhl mit weißer Weste. So stellen sich das wohl einige vor. :roll:

Bin ich eigentlich der einzige, der gegenüber dem mutmaßlichen Datenklauer etwas Dankbarkeit empfindet? Die gestrige hart-aber-fair Sendung war diesbezüglich mal wieder ein Witz. Aus dem Gästebuch wurden in der Sendung vor allem Beiträge vorgebracht, in denen Zuschauer den Ankauf der Steuer-CD ablehnten. Dabei war die Stimmungslage im Gästebuch gerade umgekehrt. Mehrheitlich votierten die Nutzer bzw. Zuschauer für den Ankauf der CD und für eine harte Bestrafung der schamlosen Steuerhinterzieher.

Besonders geschmacklos war natürlich wieder die Gleichmacherei, die Frank Plasberg unter der Frage „Tricksen wir nicht alle?“ zum Ende der Sendung, untermalt durch einen verrückten Video-Beitrag, in den Raum stellte. Handwerkerrechnungen an der Steuer vorbei und Frisöre, die nach Hause zum Haareschneiden kommen, führte die Redaktion da an und behauptete am Ende des Beitrags, dass wir alle Steuersünder seien. Das muss man sich mal vorstellen. Einfach nur absurd dieser Vergleich, der die Tatsache verharmlosen will, dass die selbsternannte Leistungselite in unverschämter Weise und mit einem Höchstmaß an krimineller Energie den Staat und damit uns alle beraubt.

Aber was rege ich mich auf. Der Ankauf der Daten-CD hat doch auch den Vorteil, dass die Indentität dieser Leistungsträger verschleiert werden kann. Schlimmer wäre es doch, wenn der Datenklauer mit seinen Infos zu jemandem gehen würde, der Name, Adresse und Höhe der hinterzogenen Steuern von vielleicht bekannten Personen preisgeben könnte. Die gesamte Debatte und der wohl inszenierte Streit ist daher nicht nur aus juristischer Sicht gegenstandslos, sondern auch deshalb, weil wir wieder ein Theaterstück präsentiert bekommen, in dem jeder seine Rolle eben so schlecht spielt, wie er kann.

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Volker Pispers über Kriminelle

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Volker Pispers ist wieder da und seine produktiven Hirnwindungen sind weder eingefroren, noch durch die Absurditäten der politischen Gegenwart kurzgeschlossen. Pispers ist treffsicher wie eh und je. Sein erstes Thema ist die Debatte um Steuerhinterziehung mit der spannenden Frage, wer eigentlich ein Patent auf den Handel mit Kriminellen hat.

Einfach köstlich. Man müsste ja nicht über kriminellen Handel diskutieren, wenn der Staat mehr von sich aus gegen Steuerhinterzieher tun würde. Dabei reicht ja schon ein Blick auf die heimlichen Vermögen deutscher Staatsbürger im Ausland.

Heimliche Geldanlagen

Da muss doch jeder begreifen, dass es mehr braucht, als ein lasches Amnestiegesetz. Man sollte diese Verbrecher jagen, statt mit ihnen Deals abzuschließen und verharmlosend von „Steuersündern“ zu sprechen. Dafür bedarf es aber auch geschultes Personal und vor allem Politiker, die nicht selbst tief im Steuersumpf stecken und davon profitieren, wenn sie eine bestimmte wohlhabende Klientel protegieren. Was aktuell in Hessen abgeht, spottet doch jeder Beschreibung. Wann wird dieser korrupte Suppen-Koch mit samt seinem Regime endlich in den Knast geworfen?

Dass es gegen Steuerhinterziehung wirksame Maßnahmen gibt, haben die USA gezeigt, als sie Schweizer Banken mit Lizenzentzug drohten, wenn diese nicht die Namen US-amerikanischer Einleger preisgeben. Ich kann daher nicht verstehen, dass ein zu Guttenberg sich in Davos hinstellt und seine eigene Regierung davor warnt, der „vorauseilenden Lust auf Daten“ nachzugeben. Hat der Ölkopf eigentlich noch alle Tassen im Schrank? Der sollte mal den mindestens sieben Seiten umfassenden Hartz-IV-Antrag studieren, ausfüllen und dann noch mal zu seinem Begriff „Datenlust“ kritisch Stellung beziehen.

Übrigens: Volker Pispers ist in der kommenden Sendung Neues aus der Anstalt am 23. Februar zu Gast.

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Zur Arbeitsmarktdebatte

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Mario Müller von der Frankfurter Rundschau schreibt in seiner Kolumne mit dem Titel Lohndrücker unter dem Eindruck des gerade gerichtlich aus dem Weg geräumten Mindestlohns in der Postbranche folgende interessante Zeilen.

„Die Folgen dieser von der Flexibilisierung der Arbeitsmärkte begleiteten Strategie: Deutschland stieg zwar zum Exportweltmeister auf, geriet daheim aber in eine Schieflage. Der Anteil der Löhne am Volkseinkommen schrumpfte dramatisch. Real, also nach Abzug der Teuerungsrate, konnte ein abhängig Beschäftigter zuletzt über kaum mehr Geld verfügen als zehn Jahre zuvor. Dafür nahmen die Risiken zu. 2008 hatten zwei Drittel aller Erwerbstätigen einen unbefristeten Arbeitsvertrag. 1998 waren es noch knapp 73 Prozent gewesen. Gleichzeitig stieg der Anteil der atypischen Beschäftigungsverhältnisse wie Zeit- oder Leiharbeit von 16 auf mehr als 22 Prozent. Die Zahl der „Niedriglöhner“ wuchs seit 1995 um fast die Hälfte. Mehr Menschen sind arm oder von Armut bedroht.“

Mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Rücken haben die Arbeitsmarktdogmatiker von vor der Krise wie Lobbyist Florian Gerster z.B. wieder Oberwasser und verkünden in Talkshows ihre menschenverachtenden Rezepte, wie zuletzt bei Anne Will. Zum Auftritt Gersters findet Mely Kiyak in ihrer Kolumne die richtigen Worte (siehe ebenfalls FR):

„Mir ist ohnehin schleierhaft, weshalb Polittalkmoderatoren jemanden ins Studio bestellen, der über Moral, Ethik und Effizienz in der Arbeitswelt reden soll, aber gefeuert wurde, weil er bewies, wie man es auch anders machen kann. Nur zur Erinnerung: Sie waren noch für eine Viertelmillion Euro Jahresgehalt plus Dienstwohnung im Luxushotel plus drei Dienstwagen unfähig, Ihren Job als Chef der Bundesanstalt für Arbeit auch nur eine Legislaturperiode lang auszuüben, ohne im hohen Bogen rauszufliegen. So jemanden nennt man einen Nichtbringer. Sich nicht einmal zwei Jahre lang für viel Geld am Riemen reißen zu können, bedeutet, lieber Flori, dass Sie im Niedriglohnsektor unbrauchbar wären.“

In Japan nehmen sich Menschen das Leben, wenn Sie öffentlich zurechtgewiesen wurden. In Deutschland treten Sie bei Anne Will auf. Das hat was mit Schamgefühl zu tun. Einst verheizten Sie Steuergelder, heute helfen Sie Unternehmen, Menschen auszubeuten.

Sozialverträglich wäre es, wenn Sie auf der Stelle keine öffentlichen Auftritte mehr absolvieren würden. Und Ihr SPD-Parteibuch abgeben, Genosse Gerster!

Das sind harte Worte. Aber gerecht. Doch warum tut die Politik nix gegen Gesetze, die es einem Unternehmen wie Schlecker, aber auch anderen, erlauben, Menschen legal auszubeuten? Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leiharbeit sonnt sich ja gerade im Licht glänzender Umfragewerte direkt hinter Gutti und Mutti. Sie hatte ja großspurig angekündigt, genauer hinschauen zu wollen und dem Missbrauch bei der Leiharbeit den Kampf angesagt:

ZITAT: „Bei der Zeitarbeit ist es weiterhin richtig zu sagen, sie hat ihren Platz, damit Unternehmen schnell auf Arbeitsspitzen reagieren können. Aber das darf nicht heißen, dass die Zeitarbeit zur dauernden Billigkonkurrenz für die eigene Belegschaft wird. Und ich sage Ihnen, wenn die Zeitarbeit von einzelnen Unternehmen missbraucht wird, zum Schaden der Beschäftigten, dann müssen und dann werden wir die Gesetze ändern, denn das, meine Damen und Herren, ist nicht im Sinne des Gesetzgebers ursprünglich gewesen.

Und was macht die liebe Frau von der Leyen? Sie überlegt, die Sanktionsregelungen für ALG II Bezieher weiter zu verschärfen (siehe Neues Deutschland).

Nach der geplanten Neuregelung, mit der Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die Hartz-IV-Zuständigkeiten neu ordnen will, soll bereits derjenige bestraft werden, der die »Anbahnung« einer Arbeit oder Maßnahme »durch sein Verhalten« verhindert.

Im Klartext: Wer im Büro des Arbeitsvermittlers Missfallen über die angebotenen, meist unterbezahlten Jobs oder das zehnte Bewerbungstraining äußert, kann sofort mit der Streichung von 30 Prozent des Regelsatzes rechnen. Bei einer Wiederholung drohen minus 60 Prozent, bei der zweiten wird die Auszahlung für drei Monate komplett eingestellt.

Angesichts von 6,3 Millionen Arbeitslosengeld I+II Empfängern in diesem Land, angesichts von rund 4,8 Millionen Menschen in diesem Land, die unterbeschäftigt sind, weil sie in Arbeitsmarktmaßnahmen (berufliche Weiterbildung, Arbeitsgelegenheiten, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Altersteilzeit) stecken und angesichts von nur 457.000 gemeldeten offenen Stellen in diesem Land, findet man schon gar keine Worte mehr, um seinen Ekel über diese abartige und unsinnige Diskussion, die von selbsternannten Arbeitsmarktexperten, einem Suppen-Koch und zufällig ins Amt gestolperten Fachministerinnen geführt wird, zum Ausdruck zu bringen. Es ist einfach nur widerlich.

Wenn man dann auf der anderen Seite sieht, welche Verränkungen dieselben Leute unternehmen, um Steuerhinterzieher vor der Strafverfolgung zu bewahren, man gar mit dem Rechtsstaat argumentiert, der sich nicht zum Hehler von Kriminellen machen dürfe, kann einem nur schlecht werden. Denn gleichzeitig sind diese feinen Herren bereit, auf dem heimischen Arbeitsmarkt sämtliche Prinzipien des Rechtsstaates, ja sogar die Grundrechte, auf dem Altar des Sanktionsparagraphen 31 des Sozialgesetzbuches II zu opfern. Wer will, kann den nach innen gelenkten Antiterrorkampf nebst dazugehöriger Gesetzgebung in die Aufzählung miteinbeziehen.

All das ist heutzutage möglich. Aber eine CD mit Daten zu kaufen, die sehr wahrscheinlich darüber Auskunft geben kann, wie der Staat im großen Stil bestohlen wurde, wird zum moralischen Dilemma. Das könne man wenn überhaupt nur unter Bauchschmerzen verantworten. Zu diesen abartigen Standpunkten einiger Politiker braucht man sich schon gar nicht mehr die Tatsache denken, dass das Regime Koch in Hessen, Steuerfahnder systematisch aus dem Verkehr gezogen hat, um dem wohlhabenderen Teil der Bevölkerung unnötige Belästigungen zu ersparen. Ich fasse es einfach nicht… :roll:

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