Bundesregierung von der Demokratie überrascht

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Da kündigt der griechische Ministerpräsident Papandreou ein Referendum über das Spardiktat der Eurozone an und die deutsche Bundesregierung, die gerade noch die wagen Gipfelergebnisse zusammen mit den Börsen ordentlich gefeiert hat, zeigt sich überrascht. Demokratie hatte wohl keiner auf der Rechnung?

Aber so ist es ja auch nicht. Die griechische Regierung macht genau das, was die Deutsche schon seit Jahren macht. Sie erkauft sich aus niederen Machterhaltungsgründen Zeit, um dem etwas mehr als nur verärgerten Volk einen blassen Schimmer von Hoffnung zu geben.

Würden bei uns die Menschen in Scharen auf die Straße laufen und randalieren, weil sie endlich einen gesetzlichen Mindestlohn wollen, und es leid sind, hören zu müssen, Arbeit sei wichtiger als Lohn, würde unsere Volkskanzlerin vielleicht auch über ein Referendum nachdenken, anstatt bloß die CDU-Parteiflügel (Vorsicht, das ist ein Widerspruch in sich) mit einem Prüfauftrag zu beschäftigen.

Leider sind wieder alle, vor allem die Linken, auf den Merkelschen Trick hereingefallen und diskutieren darüber, ob es die Union tatsächlich ernst meine. Dabei sollte klar sein, dass es Frau Bundeskanzlerin nur um die sprichwörtliche Deutungshoheit gehen kann. Sie will den Begriff Mindestlohn für sich beanspruchen, ihn seiner Bedeutung berauben und ihn anschließend entkernt ihrem Neusprech hinzufügen, zu dem zum Beispiel auch der vergewaltigte Begriff “Soziale Marktwirtschaft” gehört.

Dabei wird ihr von Seiten der SPD, den Gewerkschaften und vieler linker applaudiert. Sie falle in die richtige Richtung, meinte gar die Scheinlinke in der SPD Andrea Nahles. Wer sich aber die Diskussion anschaut, wird sehr schnell feststellen, das erreicht wurde, was damit bezweckt war. Die Mietmäuler in den Redaktionsstuben beklagen allenfalls pflichtbewusst den Verlust des Parteienprofils. Das sei letztlich schlimmer, als ein Mindestlohn, über dessen Sinnhaftigkeit sich trefflich streiten ließe, der aber grundsätzlich nicht verkehrt sei.

Damit wird mittels Botschaft A (Verlust des Profils) die absurde Botschaft B (Streit über Sinnhaftigkeit des Mindestlohns) transportiert und die Öffentlichkeit schluckt den Köder bereitwillig. Im Streit über die Höhe einer “Lohnuntergrenze” haben somit jene genügend Verhandlungsmasse gewonnen, die ihn schon immer ablehnten, weil sie ihn für ökonomisch falsch halten. Dass aber derjenige, der einen Mindestlohn für ökonomisch falsch hält, von Ökonomie keine Ahnung haben kann, fällt dabei unter den Tisch.

Am Ende dürfen diese Ahnungslosen einen Preis für ihre Dummheit verlangen und beim Geschacher um die Höhe eines “Mindestlohnes” das letzte Wort haben. Die Idee, sich bei der Findung von Lohnuntergrenzen an den Entgelten in der Zeitarbeitsbranche zu orientieren, zeigt das sehr deutlich. Man redet dabei immer von Geringqualifizierten, um die es angeblich nur gehe. Wieso kommt dann nur keiner darauf, sich bei der Suche nach Lohnuntergrenzen an den Vergütungen in der Bad Bank Branche zu orientieren, in der einige gerade grobe Schwächen beim Addieren von Zahlen gezeigt haben?

Es ist doch so, dass Lohnexperten, wie Professor (Un)Sinn immer vorgegeben haben, sie könnten genau ausrechnen, was ein einzelner mit seiner Arbeit zum Gesamtergebnis eines Unternehmens beitrage (Grenzproduktivität). Dabei gilt in einer Volkswirtschaft, dass die Kosten des einen immer auch die Erträge des anderen sind. Wenn alle nun ihre Kosten permanent senken oder darum bemüht sind, den Anstieg der Kosten gering zu halten, bleiben auch die Erträge bescheiden und das Rennen um möglichst niedrige Kosten beginnt von Neuem.

So funktioniert das deutsche Lohnmodell, das seinen Erfolg den europäischen Partnern verdankte, die ihre schrumpfenden Erträge mit kreditfinanziertem Konsum beantworteten. Das wird in Zukunft nicht mehr stattfinden, egal ob Griechenland ein Referendum abhält oder nicht. Das Spardiktat ist ja bereits Realität und andere Länder werden der deutschen Vorgabe folgen. Am Ende sparen alle nur noch Kosten und wundern sich über den Rückgang der Erträge. Dann werden die Kosten noch weiter gedrückt werden müssen, um Wettbewerbsanteile nicht zu verlieren.

Dabei wird sich die öffentliche Verschuldung weiter erhöhen, weil immer noch gilt, dass die Kosten des einen (Unternehmen), die Erträge des anderen sind (Staat, Steuereinnahmen), die entsprechend ausgeglichen werden müssen, wenn man den demokratischen Kern einer Gesellschaft oder das Vertrauen in das Wirtschaftssystem irgendwie erhalten will.

Alle Regierungen wissen das und spielen deshalb auf Zeit, um den Punkt des absehbaren Zusammenbruchs so weit wie möglich hinauszuzögern. Die Vernunft ist dabei die Geißel einzelwirtschaftlicher Interessen, die an der Krise immer noch ordentlich verdienen. 

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Berliner Wahlnachlese

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Berlin hat gewählt. Gibt’s da was nachzulesen? Eigentlich nicht. Die FDP hat ihr Projekt 18 endlich verwirklicht und vom Wähler das Komma an der richtigen Stelle platziert bekommen. Die Liberalen haben es nicht geschafft, sich an die Spitze einer deutschen Tea Party Bewegung zu setzen. In Deutschland wird eben auch kein Tee als Ausdruck des Protestes in einen Hafen gekippt, nicht mal symbolisch, sondern es wird wie immer nur mit heißem Wasser gekocht. Es ist doch wirklich gut, dass sich die Wähler, die sich den Wahlgang noch antun (60,2 Prozent), nicht so blöd und einfältig sind, auf das falsche Gerede der FDP hereinzufallen. Die lag übrigens wieder hinter der NPD (2,1 Prozent) und auf Augenhöhe mit der Tierschutzpartei (1,5 Prozent). Der Berliner probiert gern etwas Neues aus und schickt die Piraten mit fast neun Prozent der Stimmen ins Abgeordnetenhaus. Dort, so haben Linkspartei und Grüne am Wahlabend verkündet, wolle man von den Neuankömmlingen etwas in Sachen Internet lernen. Toll.

Die CDU braucht indes keine Nachhilfe. Die Konservativen wähnen sich mit 23,4 Prozent eindeutig auf der Siegerstraße. Peter Altmaier und der Berliner Spitzenkandidat, dessen Namen ich mir aus Platzgründen im Hirn nicht gemerkt habe, sprachen davon, rot-rot mit dem besten Wahlergebnis für die Union in diesem Jahr verhindert zu haben. Ein deutlicher Aufwärtstrend sei da zu erkennen, hieß es bei den schwarzen Humoristen. Die SPD kommt hingegen aus dem Feiern nicht mehr raus. Die Presse dämpft allerdings. Im Westen sei Klaus Wowereit von der CDU überholt worden und insgesamt hätten die Sozialdemokraten ihr Ziel, über die 30 Prozent Marke zu kommen bei leichten Einbußen verfehlt. Damit sei der Kanzlerkandidatenkandidat Wowereit vom Tisch, orakeln Deutschlands „Edelfedern“ (bei Jens Berger geklaut). Der Tagesspiegel schreibt zum Beispiel in seinem Live-Blog:

„Wowereit kann zwar wieder Regierender Bürgermeister werden, aber
Kanzlerkandidatenkandidat eher nicht, weder aus eigenem Antrieb noch als Gebetener. Die Aura des dreifachen
Wahlsiegers, die keiner der anderen Spitzensozialdemokraten aufweisen kann, ist mit diesem Ergebnis auf
Bundesebene kaum präsentabel.“

Präsentabel können eben nur Leute wie Steinbrück sein, der für die SPD in NRW 2005 eine grandiose Wahlschlappe einfuhr, die sogar zur Selbstaufgabe der rot-grünen Bundesregierung unter Schröder führte und zu einem Finanzminister Steinbrück hinter Merkel, die dann mit ihm zusammen das Land, von großer Ahnungslosigkeit begeleitet, in die größte Finanz- und Wirtschaftskrise manövrierte. Dann ist sicherlich noch Steinmeier vorzeigbar, der 2009 als Spitzenkandidat der SPD, der auf Sicht vor sich hingurkenden Kanzlerin, mit 23 Prozent (-11,2 Prozent) der abgegebenen Stimmen gefährlich nahe kam. Der Wechsel war damals förmlich spürbar. Steinmeier wurde auch Fraktionschef, weil er die Schockstarre der Bundestagsfraktion clever ausnutzte und sich mit einer Art Putsch an deren Spitze wählen ließ. Seit dem langweilt der Agenda-Architekt die Abgeordneten mit seiner Schröder-Parodie. Und Parteichef Gabriel will antreten, wenn man ihn fragt. Zum Glück fragt keiner.

Interessant ist natürlich, dass die Kandidatendiskussion die Medien so beschäftigt, wo doch inhaltlich zwischen den einstigen Volksparteien ein großer Konsens besteht.

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Eine Schuldenbremse nützt nur Arno Altreich, nicht Kuno Kleinspar!

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Diese Woche gab es einen bemerkenswerten Bericht bei “plusminus” im Ersten, in dem mehr Aufklärung über unser Finanzsystem steckt, als in den täglichen Berichten der Zeitungen und Nachrichtensendungen, die den Leser bzw. Zuschauer mehr in die Irre führen, anstatt objektiv zu informieren.

Diesen Film müssen sie dann auch vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse sehen. In der Bundesrepublik Deutschland haben sich alle etablierten Parteien dem Abbau von Schulden verschrieben und die Einhaltung der absurden Schuldenbremse zum obersten Ziel der Finanzpolitik erklärt. Vor allem die SPD, die sich schon bald wieder auf der Regierungsbank sieht, erklärt das unmissverständlich:

Deutlicher kann man doch nicht herumeiern. Es ähnelt alles an den Witz: Das Kleingedruckte hebt das Großgedruckte wieder auf. Nur, dass die SPD das klein zu Druckende schon einmal ganz fett druckt, um ja keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, wenn man denn erst einmal gewählt ist. Alles Zukünftige ordnet die SPD dem Abbau der Neuverschuldung unter. Radikaler sind CDU/CSU und FDP auch nicht. Im Gegenteil, die SPD gibt sich in diesem Punkt selbst radikaler als CDU/CSU und FDP, indem sie festhält: “Solide Finanzpolitik heißt für uns konkret: 1. Wir bauen in wirtschaftlich guten Zeiten konsequent Schulden ab. Im Gegensatz zu CDU/CSU und FDP werden wir die Schuldenbremse sicher einhalten!”

Quelle: Wirtschaft und Gesellschaft

Das System ist am Ende und mit ihr die politischen Kräfte, die nicht begreifen können, warum der Souverän den Wahlen immer häufiger fern bleibt. Es gibt einfach keine Alternative mehr und die Linke, die vielleicht eine sein könnte, wird als solche nicht wahrgenommen oder mit Hilfe der Arno Altreichs und der Verführbarkeit Kuno Kleinspars, der sich anscheinend von gestaltenden Versagern wie Peer Steinbrück wieder beeindrucken lässt, mehr oder weniger ausgeschaltet.  

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Die SPD begräbt mal wieder das Soziale

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Laut Süddeutscher Zeitung verabschiedet sich die SPD von ihrem Finanzkonzept, wonach Sozialabgaben für Geringverdiener und Alleinerziehende gesenkt werden sollen. Ein solches Milliardenprogramm sei vor dem Hintergrund der Neuverschuldung, einer sich abschwächenden Konjunktur sowie der Eurokrise nicht finanzierbar. Lieber will die Sozialdemokratie einen strikten Sparkurs fahren und Subventionen abbauen. An einer Anhebung des Spitzensteuersatzes wollen die Genossen aber festhalten.

Das ist alles sehr verwunderlich, aber wahrscheinlich ein Kniefall vorm neuen Medienliebling Steinbrück, dessen nichtvorhandene ökonomische Kompetenz gerade wieder aus der Mottenkiste geholt wird. Die Anhebung des Spitzensteuersatzes wirkt wie ein schlechter Scherz, waren es doch die Sozialdemokraten, die ihn in der Vergangenheit erst richtig gesenkt hatten. Eine Entlastung der Geringverdiener bei den Sozialabgaben könnte auch in Krisenzeiten erreicht werden, wenn sich die SPD an ihr Modell von einer Bürgerversicherung erinnern und dafür sorgen würde, dass jeder in die Sozialversicherung gemessen an seinem Einkommen aus Arbeit und aus Vermögen einzahlt. Man könnte dafür die Beitragsbemessungsgrenzen abschaffen und Besserverdienenden die Flucht aus der Solidargemeinschaft untersagen.

Man muss es halt nur wollen. So aber scheint die SPD nur eine Juniorpartnerschaft mit Frau Merkel anstreben zu wollen. Dafür steht schließlich auch Steinbrück mit seinem Namen.

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Eine Zwangsneurose: Die neue SPD-Troika

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Jetzt ist die SPD-Troika in neuer Besetzung zurück. Der Dicke und die Stones wollen für den Euro mit Merkel kuscheln. Im Hamburger Abendblatt kann man nachlesen, warum:

Gabriel erklärte, es seien europaweit Entscheidungen notwendig, die bei vielen Menschen zu Zorn und Verärgerung führten, weil sie finanzielle Beiträge für andere Staaten leisten müssten. Die SPD biete dafür ausdrücklich ihre Zusammenarbeit an. Die Sozialdemokraten seien bereit, „auch diese schwierigen Entscheidungen in der Öffentlichkeit zu vertreten“.

Das kann die SPD wirklich gut. Wenn Entscheidungen notwendig werden, mit denen man den Menschen und der bereits davongelaufenen Wählerklientel noch einmal gehörig vor das Schienbein treten kann, ist die SPD ausdrücklich dabei. Da treten die Agenda-Versager, vom Wiederholungszwang getrieben, noch einmal geschlossen an.

Besonders Steinbrück, den Josef Ackermann vor gut drei Jahren mit dem HRE-Deal lässig über den Tisch zog, tut so, als hätte er in der Finanzkrise etwas ganz großes mit dem Satz geleistet, die Spareinlagen der Deutschen seien sicher.

Hätte Europa zu Beginn der Euro-Krise so reagiert wie 2008, als Merkel und er in der Weltfinanzkrise mit der Garantie der Spareinlagen kamen, dann wären die Kalamitäten in Europa jetzt nicht so groß.

Über Norbert Blüm lacht man heute, über Steinbrück nicht. Dabei gebe es im Gegensatz zu Blüm durchaus Grund dazu. Denn mit was will denn Starökonom Steinbrück, der aktuell nicht mehr Finanzminister ist und das heilige Ziel eines ausgeglichenen Haushalts verfolgen darf, eine Garantie der Spareinlagen sicherstellen? Das ginge doch nur, wenn sich der Staat im Garantiefall um genau die Summe neu verschuldet, die der Höhe der zu sichernden privaten Einlagen entspricht. Das hieße dann aber…

“Guthaben minus Schuld = Null. Das ist der Wert der Garantie, volkswirtschaftlich.”

Quelle: Egon W. Kreutzer

Es ist völlig wurscht, ob man für Spareinlagen garantiert oder nicht. Es hätte nichts an der Kalamität in Europa geändert. Die Dimension der Finanzkrise ist doch nicht bloß auf eine fehlende Garantie zurückzuführen. Natürlich hat die zögerliche Haltung Merkels zu Beginn der Griechenlandmisere, als sie Hilfen erst kategorisch ausschloss, um sie dann doch noch zu beschließen, als es immer teurer wurde, dazu beigetragen, die Spekulation um eine Staatspleite an der Europeripherie weiter anzuheizen, doch hätten beispielsweise gemeinsame Eurobonds nur die Spekulation verhindert, nicht aber die Ursachen der Krise bekämpft.

Zum Thema der auseinanderklaffenden Leistungsbilanzen hat die neue Troika nun aber keine Meinung geäußert. Wie es gelingen kann, Überschüsse in den Bilanzen auf der einen Seite, nämlich der Deutschen, und Defizite in den Bilanzen der anderen Staaten, die einen Mittelmeerstrand haben, abzubauen, hört man nichts. Stattdessen folgt die derzeit beliebte Parole nach einem Schuldenschnitt. Und da wartet Finanzgenie Steinbrück mit einem Masterplan auf, der wie folgt beschrieben wird…

Die Bundesregierung müsse sich auf europäischer Ebene für einen Schuldenschnitt einsetzen, mit dem die griechischen Verbindlichkeiten um 40 bis 50 Prozent reduziert werden. Damit Banken nicht in den Strudel dieser hohen Abschreibungen gerissen werden, sollte eine Rekapitalisierung der öffentlichen Banken möglich sein.

Wie sich nun eine Rekapitalisierung öffentlicher Banken, die natürlich auch nur durch neuerliche öffentliche Verschuldung erreicht werden könnte mit einer Garantie auf alle privaten Spareinlagen und vor allem auch mit seiner Schuldenbremse deckt, bleibt wohl Steinbrücks Geheimnis. Es sieht wohl so aus, als wolle Steinbrück mit dem mutwilligen Herbeiführen eines Schuldnerausfalls mal austesten, ob seine und Merkels abgegebene Spareinlagen-Garantie auch funktioniert, obwohl er genau wissen müsste, dass eine erneute Rettung der Banken, die diesmal griechische Staatsanleihen abschreiben müssten, gerade jene privaten Guthaben auffrisst, die er ursprünglich schützen wollte.

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Die Koalition auf Augenhöhe

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So wie es aussieht, ist der Koalitionsvertrag zwischen Grünen und Roten in Südwest unter Dach und Fach. Mehr auch nicht, denn inhaltlich scheinen die beiden Partner immer noch weit von einander entfernt zu sein. Klar ist auch, dass sich die grünen Wahlgewinner dem roten Wahlverlierer unterordnen werden. Zwar stellen die Grünen den Ministerpräsidenten, aber die SPD bekommt ein Ministerium mehr und darf zudem mit dem Landeschef Nils Schmid einen sog. Superminister für Finanzen und Wirtschaft stellen.

SPD-Landeschef Nils Schmid soll Kreisen zufolge Superminister für Finanzen und Wirtschaft werden. In der neuen grün-roten Koalition bekommt die SPD zudem ein Ministerium mehr als die Grünen, die den Ministerpräsidenten stellen.

Quelle: Spiegel Online

Solche „Superminister“ sind in der Vergangenheit immer als Superversager aufgefallen, eine Rolle, die Herr Schmid von der SPD mit seiner offensichtlich dämlichen Haltung zu Stuttgart 21 schon längst unter Beweis gestellt hat.

Inhaltlich steht die künftige Zusammenarbeit auf einem Fundament der Unverbindlichkeiten. Uns steht nicht nur eine Bildungsoffensive bevor, offensichtlich ist der Begriff schon ausgelutscht, sondern ein „echter Bildungsaufbruch“. Es wird wohl wieder in einer Katastrophe enden, weil der designierte Landeschef Kretschmann nicht alles anders, sondern vieles besser machen will und gemessen am Machbaren nur das durchsetzen will, was möglich ist.

Wenn sie solche Sätze zum kotzen finden und die Aneinanderreihung von Superlativen ablehnen, weil sie wissen, dass damit nur die zu erwartende Unfähigkeit und Tatenlosigkeit verdeckt werden soll, wird sie die neue Grün-Rote Regierung auch nicht glücklich machen, sondern wie ein weiterer Aufguss derselben „Alternativlos-Scheiße“ vorkommen, die sie immer wieder zu hören bekommen, wenn es um die Wurst geht, wie beim Ausstieg aus der Atomenergie zum Beispiel:

O-Ton Kretschmann: „Wir werden auf Bundesebene kraftvoll uns bemerkbar machen, um den Atomausstieg voranzutreiben. Wie werden uns dafür einsetzen, dass keiner dieser alten Meiler wieder ans Netz geht.“

Quelle: Tagesschau

Als Eigentümer von EnBW ist ihm wohl noch nicht ganz klar, dass er sich nicht mehr kraftvoll bemerkbar machen muss, um seine alten Meiler abgeschaltet zu lassen.

Im übrigen finde ich diese ganzen Analogien wie „Ehe“, „Liebesheirat“, „Ehevertrag“ usw. mehr als peinlich und unpassend. Weder sehen Kretschmann und Schmid aus wie der Prinz und sein Mädchen, noch haben Kate und William etwas mit dem Ländle zu tun. Allerdings könnte man die ganze Veranstaltung in Anlehnung an „Küss mich Kate“ mit „Küss mich Nils“ betiteln. Die SPD darf sich als unechter Juniorpartner wirklich freuen. Sie wird sich in den Schlüsselressorts durchsetzen und weiter Wähler vergraulen.

So muss nämlich eine Koalition aussehen, in der die SPD nicht den Regierungschef stellt.

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Der Tag

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Im Grunde genommen gab es heute drei Meldungen, die sich, über den Tag verteilt, an Intensität jeweils abwechselten. Zum einen die gestrige Landtagswahl in Sachsen-Anhalt, deren Ergebnis nicht wirklich überraschend war. Inzwischen ist klar, dass die SPD auf eine (Schein)Sondierung mit den Linken verzichtet und gleich mit der Union in Verhandlungen eintreten wird. Dazu sehr treffend der Kollege flatter auf Feynsinn:

„Nun, in einem Land, indem sie schon vor vielen Jahren mit der PDS koalierte, ist sie nunmehr zum Wackeldackel und Quick-nick der CDU geworden. Ihr Programm und ihre Versprechen vor der Wahl liegen recht nahe bei denen der Linken. Im SPD-Bundesprogramm ist vielfach die Rede von „demokratischem Sozialismus“. Dorthin mag sie aber nicht rucken. Auch dem Programm der Grünen sind sie sehr nah. Nur mit einer Partei im aktuellen Landtag hat sie programmatisch kaum Überschneidungen: Mit der CDU. Deshalb will sie nur unter denen regieren. Es sei denn, sie dürfte als drittstärkste Fraktion und Juniorpartner den Ministerpräsidenten stellen. Jeder fünfte aktive Wähler findet das gut. Das ist dann wohl die „Mitte“ – der geschlossenen Abteilung.“

Quelle: Feynsinn

Der Hinweis auf die geschlossene Abteilung führt uns dann auch zu den nächsten beiden Meldungen, die bei klarem Verstand nur schwer zu begreifen sind. Zunächst versucht eine Allianz der Willigen mit Unterstützung der nicht wirklich Unwilligen, in Libyen eine Flugverbotszone durchzusetzen. Und zwar nicht, in dem man den Luftraum überwacht, sondern beliebige am Boden befindliche Ziele unter Beschuss nimmt. Präzise versteht sich, mit Bomben und Marschflugkörpern. Man könnte das auch einen Angriffskrieg nennen, bei dem die Frage gestattet sei, ob nun die Leere des Luftraums überwacht oder doch die Beseitigung der libyschen Staatsführung vorangetrieben werden soll. Besonders lustig ist ja die deutsche Enthaltung in dieser Frage. Denn die für eine Überwachung des Luftraums sicherlich benötigten AWACS Flugzeuge – AWACS steht bekanntlich für Airborne Early Warning and Control System – wollen die Deutschen lieber in Afghanistan verstärkt einsetzen, um die Amerikaner bei der Überwachung der Flugverbotszone über Libyen zu entlasten.

Das nennt man dann wahrscheinlich stabile Verhältnisse in der Kommandostruktur. Aber wer führt eigentlich den Einsatz? Die Amerikaner haben gleich gemeint, sie seien im Prinzip gar nicht beteiligt. Okay, ein paar Marschflugkörper zur Erhellung des Schlachtfelds, mehr nicht. Schließlich habe man mit dem amtierenden Präsidenten Barack Obama einen waschechten Friedensnobelpreisträger in den eigenen Reihen. Nein, nein, es gibt nur einen, der behauptet der Anführer zu sein, weil er wegen seiner geringen Körpergröße gern übersehen wird. Nicolas Sarkozy.

Mit stolz geschwellter Brust hatte Monsieur le Président am Samstag in Paris einen entschlossenen Angriff Frankreichs auf Stellungen der Ghadaffi-Truppen verkündet. Die Maschinen der Verbündeten waren noch am Boden, die Außenminister saßen noch im Elysee-Palast zusammen, da flogen die Franzosen bereits die ersten Angriffe. Es konnte Sarkozy nicht schnell genug gehen – als wenn es um die Punktewertung in einem Videospiel gehen würde.

Quelle: Tagesschau

Sarkozy will wohl unbedingt den Eindruck widerlegen, dass ihn noch etwas mit dem alten Kumpel Gaddafi verbinde. Doch inzwischen steht die Führungsfrage in Brüssel auch auf der Tagesordnung – nachdem jeder mal ein paar Bomben abwerfen durfte. Das Kommando solle an die NATO übertragen werden, hieß es. Wie man hört, haben die Norweger sogar ihre Kampfjets zurückgezogen, bis diesbezüglich eine Lösung gefunden sei.

Norwegen stoppte seinen geplanten Einsatz von sechs Kampfflugzeugen bis auf weiteres. Verteidigungsministerin Farema sagte am Abend, dies gelte so lange, bis die Kommandostruktur geklärt sei. Auch Italien verlangte, die Führungsrolle an die Nato zu übertragen. Ministerpräsident Berlusconi sagte in Turin, die Koordinierung müsse anders aussehen, als sie sich zur Stunde darstelle.

Quelle: dradio

Möglicherweise erhalten wir noch vor Beendigung der Kampfhandlungen einen verantwortlichen Oberbefehlshaber.

Ich weiß jetzt nicht, ob sie noch können, aber der Wahnsinn geht weiter. In Japan hat man nach dem Wochenende überraschend festgestellt, dass die angebliche Verbesserung im havarierten Atomkraftwerk Fukushima I nun doch nicht eingetreten ist. Zwar hätte man die kritischen Reaktoren weiter fleißig mit Meerwasser gekühlt und auch dafür gesorgt, dass die Reaktorgebäude wieder mit Strom versorgt werden können, offensichtlich war aber die Vermutung seitens des Betreibers Tepco zu optimistisch, dass die zum Teil völlig zerstörten Einrichtungen noch intakte Kühlsysteme enthalten würden. Dazu kam ebenfalls überraschend die Erkenntnis, dass das Meerwasser, welches man zum Kühlen verwendete und anschließend wieder zurück in den Ozean leitete möglicherweise auch radioaktiv belastet sein könnte und zwar genauso wie Milch, Gemüse und Leitungswasser, vor deren Verzehr und Aufnahme man schon einmal vorsorglich gewarnt hat. Hier gilt sicher der Satz, dass nichts mehr gut wird.

Das waren im Prinzip die drei verrückten Topmeldungen des Tages.

Relativ untergegangen ist hingegen das Treffen der Finanzminister der Eurozone heute in Brüssel. Die haben sich nämlich auf eine Erhöhung des Euro-Rettungsfonds verständigt. Schließlich muss ja einer die Rechnung bezahlen.

Demnach soll der Fonds ab 2013 mit Garantien in Höhe von 620 Milliarden Euro und mit 80 Milliarden Euro Barkapital ausgestattet werden. Nach Angaben von Finanzminister Schäuble trägt Deutschland 27,1 Prozent der Kosten und muss insgesamt 21,8 Milliarden Euro zahlen.

Quelle: dradio

Bisher war die Rechnung:

  • 250 Mrd. vom IWF, 60 Mrd. Barkapital und 440 Mrd. Garantien, machte zusammen stolze 750 Mrd. Euro.

Nun lautet die Rechnung:

  • 250 Mrd. vom IWF, 80 Mrd. Barkapital und 620 Mrd. Garantien, macht zusammen auch sehr stolze 950 Mrd. Euro.

Soviel zu dem Thema, dass seien alles bloß Garantien, die den deutschen Steuerzahler nix kosten, gell Herr Schäuble. Ich gehe mal fest davon aus, dass das nicht die letzte Erhöhung gewesen sein wird.

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So eine SPD braucht kein Mensch

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Da hält der Bundeswirtschaftsminister im Bundestag einmal mehr eine propagandistische Regierungserklärung über den angeblichen „Aufschwung“ und der SPD fällt nichts besseres ein, als den Anspruch auf die Urheberschaft der Lügen Brüderles für sich zu reklamieren.

O-Ton: Steinmeier

„Viele Schultern tragen diesen Erfolg. Das hat auch mit mutiger Reformpolitik in der Mitte des letzten Jahrzehnts zu tun, die uns – das sage ich Ihnen ganz offen – belastet hat und über die wir gestritten haben. Aber das war eine mutige Reformpolitik, die wir von dieser Regierung erst einmal sehen wollen. Allerdings kommt von Ihnen nichts.

Das war eine mutige Reformpolitik, für die man sich entscheiden muss – da reicht es nicht aus, hier nur Parolen vom Pult zu verkünden -, und es war dann auch kluges Krisenmanagement in der Phase der Großen Koalition: eine Politik, Herr Brüderle, gegen die Sie und Ihre Leute von diesem Pult aus elf Jahre lang aus der Opposition gestritten haben, die Sie verdammt haben. Das ist Ihr Beitrag gewesen, allerdings kein Beitrag zum Wachstum.“

Quelle: Bundestag

Herr Steinmeier kann nicht aus seiner Haut. Er muss bei jeder Gelegenheit die von ihm zu verantwortende Agenda-Politik verteidigen und behauptet sogar, dass die wirtschaftliche Entwicklung etwas damit zu tun hätte. Gregor Gysi gab im Anschluss die richtige Antwort:

„Herr Steinmeier, mir ist aufgefallen, dass Sie gesagt haben, dass die Union und die FDP die Reformen von SPD und Grünen nutzen. Es sollte Ihnen aber nicht positiv auffallen, sondern negativ, dass den Konservativen und Neoliberalen Ihre Reformen so gut gefallen.“

Fakt ist, dass weder Brüderle, noch Steinmeier, noch sonst irgendwer aus der aktuellen Regierung oder aus einer davor für sich in Anspruch nehmen kann, ihm gehöre der „Aufschwung“. Was man aber mit Sicherheit sagen kann, ist, dass der Rekordeinbruch von 2009 sowie die größer werdende Spaltung der Gesellschaft in arm und reich durch eine massive Umverteilung des Volkseinkommens allen gehört, die je in einer Regierung Verantwortung übernommen haben. Ob Rot-Grün, Schwarz-Rot oder jetzt Schwarz-Gelb, alle drei Bundesregierungen standen und stehen noch immer für eine Volkswirtschaft, die sich der Unternehmerlogik zu unterwerfen hat.

Deshalb hat die SPD der Regierung auch nichts weiter entgegenzusetzen, als die wirtschaftliche Entwicklung, die sie selbst wahrscheinlich nicht einmal begreift, für sich zu reklamieren und darüber hinaus als Folge der sog. Reformpolitik darzustellen.

Es mutet doch gerade wie ein übler Scherz an, wenn ausgerechnet der eklige FDP-Schmierlappen Martin Lindner bei seinem Redebeitrag die SPD für deren Hartz-IV Politik lobt, um sie dann wegen angeblicher Distanzierung von der Hartz-Gesetzgebung zu kritisieren, was die SPD-Fraktion in ihrer Einfältigkeit natürlich nicht auf sich sitzen lassen kann.

bung der damaligen rot-grünen Regierung hat einen wesentlichen Anteil daran, dass wir bei der Erwerbstätigkeit heute so dastehen, wie wir dastehen; das macht Ihnen überhaupt niemand streitig. Das Problem ist, dass sich Ihre Partei selbst von alldem verabschiedet, was sie damals richtigerweise gemacht hat:

Sie verabschieden sich selbst von der Hartz-Gesetzgebung und von der Rente mit 67. Sie machen nur noch populistischen Dödelkram, seit Sie hier in der Opposition sitzen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Wo denn?)

Eine SPD, die sich in den wesentlichen Punkten mit Union und FDP einig ist und ansonsten auch nichts weiter von Ökonomie versteht, braucht kein Mensch.

Gregor Gysi und die Linke hätten im übrigen auch gut daran getan, weniger Zeit auf eine differenzierte Betrachtung des „Aufschwungs“ zu verwenden, was durchaus gelang, als ihn vielmehr gänzlich infrage zu stellen. Der Punkt ist doch der, dass es keinen Aufschwung gibt, sondern nur eine Erholungsphase, die gerade davon lebt, dass andere Staaten mit ihren massiven Konjunkturprogrammen die globale Nachfrage angekurbelt haben. Sollte die aber wieder einbrechen, was nach gegenwärtigem Stand sehr wahrscheinlich ist – alle Experten rechnen auch damit -, dann wird Deutschlands Wirtschaft auch wieder deutlich auf Talfahrt gehen, weil die Binnennachfrage weiterhin schwach ist und bleibt.

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Joachim Poß zum Übernahmekampf um Hochtief

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Im Deutschlandfunk hat der Fraktionsvize der SPD ein Interview zum Übernahmekampf um Hochtief gegeben und dabei die Marktwirtschaft in Frage gestellt, „wenn ein kerngesundes deutsches Unternehmen wie Hochtief zum Freiwild eines hoch verschuldeten spanischen Konzerns gemacht wird und das gefördert wird durch unser Übernahmerecht.“

Das ist natürlich ein Lacher, weil es doch gerade die Regierungs-SPD war, die den Ausverkauf der Deutschland AG unter ihrem Kanzler Schröder beschlossen hat. Wer hat denn die Steuerbefreiung für Gewinne aus Unternehmensverkäufen oder die Legalisierung der Geschäfte der Hedgefonds im Jahr 2001 eingeführt und somit das Fusionsfieber angeheizt? Im übrigen ein Riesengeschäft für Investmentbanken. Aber dazu sagt Poß auch etwas sehr Interessantes.

„Das Kanzleramt hat ja zunächst geschwankt, wie es sich verhalten soll. Es gab ja auch von Frau Merkel und aus dem Kanzleramt gegenüber Hochtief andere Signale. Aber dann gab es offenkundig Besuche – so wurde ja unwidersprochen berichtet – von deutschen Banken, die andere Interessen bei diesem Übernahmeprozess haben, die wohl da zu einem Meinungswandel geführt haben. Und ich sage mal, diese dogmatische oder von ideologischer Ignoranz geprägte Position der FDP kam möglicherweise noch dazu.“

Der Katzenjammer von Poß ist unglaubwürdig. Als die Banken und Kapitalmärkte zusammenbrachen, saß seine Partei doch noch in der Regierung und der sozialdemokratische „Godfather des Krisenmanagements“ Peer Steinbrück war Finanzminister. Wieso hat der die Steuerbefreiung nicht wieder abgeschafft bzw. die Regeln beim Erwerb von deutschen Unternehmen so angepasst, wie Poß das vorschwebt? Vielleicht weil er genauso am Rockzipfel der Banken gehangen hat wie Merkel?

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Von wegen Politikwechsel in Hamburg

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Das Verhalten der Grünen, aus der Koalition mit der Union vor dem 17.12.2010 auszusteigen und damit die Bundesratsminderheit der schwarz-gelben Bundesregierung vor der Hartz-IV-Abstimmung ins Wackeln zu bringen, ist bereits diskutiert worden. Aber kaum einer wunderte sich darüber, dass die Wahlperiode in Hamburg erneut abgebrochen werde, obwohl es doch eine konstruktive Mehrheit im Senat gäbe, die das jetzige CDU-Minderheitskabinett einfach ablösen könnte. Es wäre nach 1982, 1987, 1993 und 2004 bereits das fünfte Mal, dass die Legislaturperiode in der Hansestadt vorzeitig enden würde.

In den Umfragen sieht es für Rot-Grün derzeit nicht schlecht aus. Diese Prognose will man in ein sicheres Ergebnis verwandeln. Dahinter muss dann die reale Politik oder gar ein Politikwechsel zurücktreten. Wie das konkret aussieht, demonstriert die Linksfraktion in der Bürgerschaft einmal mehr. Sie reichte einen Antrag auf Abschaffung der Studiengebühren ein. Natürlich haben die erklärten Gegner von Studiengebühren, SPD und Grüne, diesen Vorstoß abgelehnt, mit der Begründung, er sei populistisch.

Da fragt man sich immer, ob es den Studenten und potenziellen Wähler überhaupt interessiert, dass die einzelwirtschaftlich wie volkswirtschaftlich unsinnigen Studiengebühren nun populistisch oder nicht-populistisch abgeschafft werden. Wo liegt denn da der Unterschied?

Der Unterschied liegt einfach darin, dass man auch in der Hansestadt nicht mit den linken Schmuddelkindern spielen darf und schon gar nicht dann, wenn der Spitzenkandidat der SPD Scholz heißt, vielen noch bekannt als „Agenda Scholz“. Der hatte als Generalsekretär der SPD im Jahr 2003 den Leitantrag zur Agenda 2010 verfasst, der dann mit 90 Prozent auf einem außerordentlichen Parteitag am 1. Juni 2003 in Berlin unter der Überschrift „Agenda 2010 – Mut zur Veränderung“ verabschiedet und von den Grünen in der Koalition dann eifrig mit umgesetzt wurde.

Wenn sich daran schon keiner mehr erinnert, sollte wenigstens das aktuelle Theater in der Bürgerschaft jedem zeigen, wie ernst es SPD und Grüne eigentlich meinen.

Inhaltlich kritisierten die jetzigen Oppositionsparteien die Abkehr der CDU von Ökoprojekten wie der neuen Stadtbahn und die Hinwendung zu den Gegnern der gescheiterten Schulreform. Ahlhaus rechtfertigte dies mit dem Hinweis, daß »man die Kröten nicht mehr schluckt, wenn die Geschäftsgrundlage fürs Krötenschlucken entfallen ist«.

Nur zur Erinnerung, Ahlhaus hat keine Mehrheit. Es wäre ein leichtes für die angebliche Opposition, ihm die Kröte Rausschmiss zu präsentieren. Und bevor die scheinheiligen Medienleute wieder das Lied vom Linksruck anstimmen und die Behauptung auftaucht, die SPD würde sofort mit den Linken, sollte klar sein, dass bereits die Gelegenheit dazu bestünde, sie aber wieder nicht genutzt werde.

Seltsamerweise interessieren die realen Mehrheitsverhältnisse auch kaum einen Journalisten. Alles schielt auf die Neuwahlen und was dann passieren könnte. Wer dabei an einen Politikwechsel glaubt, sollte schnellstmöglich aufwachen…

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