Die SPD und die 100 Prozent

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„Viele Wähler haben eben nicht für die SPD gestimmt. Da kann am Ende eines solchen Prozesses auch nicht 100 Prozent SPD rauskommen“, sagte Hannelore Kraft heute auf dem Parteitag der SPD in Leipzig und Gabriel so etwas Ähnliches. Aber mehr als Nichts sollte es doch schon sein. Nach derzeitigem Stand könnte die SPD allerdings mehr von ihrem Programm umsetzen, wenn sie in der Opposition bliebe. Ob die Delegierten aber auch wissen, dass eine SPD-Bundestagsfraktion in der Großen Koalition ihr eigenes Programm, ihre eigenen Inhalte, für die Frau Kraft und der heuchelnde Rest der Parteispitze angeblich so sehr kämpfen, offen ablehnen müssten, wenn die Linkspartei oder die Grünen es ihr servieren?

Neben all der leisen und selbstkritischen Töne bleibt doch immer noch die simple Arithmetik, die der Traumrealität entgegensteht. Was könnte die SPD schon mit der Union umsetzen, das sie nicht viel besser in einer Koalition unter eigener Führung verwirklichen könnte? Aber die ist für den Moment noch ausgeschlossen, obwohl es, wie wir seit heute wissen, nie an der SPD lag. Geredet habe man mit den Linken. Für die Zukunft gelten Bedingungen, und zwar eine stabile und verlässliche parlamentarische Mehrheit, ein finanzierbarer Koalitionsvertrag und eine „verantwortungsvolle Europa- und Außenpolitik im Rahmen unserer internationalen Verpflichtungen“.

Demnach reicht eine einfache Mehrheit nicht aus, und die Linke müsste, wie die SPD heute, im Rahmen verantwortungsvoller Außenpolitik, dem Kauf und Einsatz von weiteren Kampfdrohnen zustimmen, egal ob sie nun fliegen dürfen oder nicht oder wenn sie denn doch in der Luft sind nacheinander abstürzen. Aber das sind ja nur Kompromisse, die der staatspolitisch Verantwortliche eingehen müsse. Ziel der SPD sei es aber wirklich, versichert Frau Kraft, Verbesserungen für die Menschen zu erreichen. „Die Inhalte sind wichtig. Messt uns am Ende an den Inhalten“, rief sie mit gebrochener Stimme. Doch welche Inhalte sind noch übrig oder nicht bereits verwässert?

Die SPD dürfe nicht vergessen, dass 75 Prozent der Wähler nicht für die Sozialdemokraten gestimmt haben. Man könne deshalb auch nicht erwarten, dass in einem Koalitionsvertrag mit der Union zu 100 Prozent SPD-Forderungen erfüllt werden, sagte Kraft, wie oben bereits erwähnt. Richtig, die SPD ist von einer überwältigenden Mehrheit nicht gewählt worden. Keiner erwartet deshalb 100 Prozent SPD, aber doch in jedem Fall den Rücktritt der Personen, die das zweitschlechteste Ergebnis der Geschichte zu verantworten haben.

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Die SPD will in die Koalition

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Die SPD will die Koalition mit der Union um jeden Preis und keinen Politikwechsel. Diese Erkenntnis ist schon länger klar. Doch nun gibt es auch immer mehr Beispiele, die das belegen. Die PKW-Maut lehnt die SPD ja ab, aber die Koalitionsgespräche würde sie an dieser Frage auch nicht scheitern lassen. Heute Morgen antwortete der niedersächsische Verkehrsminister Olaf Lies im Interview mit NDR Info, dass nicht er der Typ sei, der mit dem Fuß aufstampfe. Es wäre nicht gut, noch mehr Seehofers in einer möglichen Koalition zu haben. Lies wolle in einer sachlichen Diskussion Seehofer überzeugen und keine Fronten aufbauen.

Natürlich nicht, denn die SPD will ja in die Koalition

Das zweite Beispiel ist die heutige Einigung bei den Rüstungsexporten. Das Zauberwort heißt Transparenz. Was für ein bahnbrechender Erfolg, der beinahe einem echten Politikwechsel gleichkommt. Der Bundessicherheitsrat soll seine Entscheidungen künftig “unverzüglich” dem Bundestag mitteilen. Das ist das Ergebnis, welches die Unterhändler Thomas de Maizière (CDU) und Frank-Walter Steinmeier (SPD) stolz verkündeten. Sie wissen also unter schwarz-rot künftig etwas eher bescheid, wenn die Bundesrepublik Waffen an Menschenrechtsverletzer und Diktatoren verkauft. War nicht mal ein Verbot von derartigen Lieferungen oder zumindest die parlamentarische Kontrolle solcher Geschäfte im Gespräch?

Sicher, aber die SPD will ja in die Koalition.

Das dritte Beispiel ist die doppelte Staatsbürgerschaft. Hier scheinen die Fronten total verhärtet. “Wir sind weit auseinander”, sagte Innenminister Friedrich nach den Gesprächen heute. Sein Gegenüber Thomas Oppermann von der SPD stellte fest: “Da geht überhaupt nichts mehr.” Und es geht doch etwas. Die Frage wird nämlich an die große Runde und schließlich an die Parteichefs weitergereicht. Ein Scheitern ist damit ausgeschlossen. Warum dann das Theater? Na ja es ist noch Zeit bis Weihnachten.

Und erst dann will die SPD in die Koalition.

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Worüber verhandelt die SPD eigentlich?

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Die SPD Basis soll sich nicht so anstellen und auf keinen Fall erwarten, dass Angela Merkel einen Koalitionsvertrag unterschreiben würde, der die Handschrift der SPD trage. Man solle kompromissbereit sein. So oder so ähnlich sprach der große Vorsitzende, Sigmar Gabriel, an diesem Wochenende in Berlin vor seinen Parteifreunden. Okay ich weiß, er nannte Zahlen. Es sei eine Illusion zu glauben, dass Merkel in einem Koalitionsvertrag zu 100 Prozent das SPD-Programm unterschreibe. Doch welche Teile des SPD Programms werden hier eigentlich verhandelt und durchgesetzt?

Bislang ist nicht viel bei den Koalitionsverhandlungen herausgekommen. Allein die Einigung bei der Finanztransaktionssteuer konnte vermeldet werden – keine wirkliche Neuigkeit. Auf diesem Gebiet sind sich alle seit Jahren einig. Passiert ist allerdings wenig. Außerdem wollen die künftigen Koalitionäre Breitbandverbindungen im ländlichen Raum ausbauen. Damit werden auch auf diesem relativ unproblematischen Terrain bahnbrechende Weichenstellungen vorgenommen. Möglicherweise reicht das ja schon für die Verhandlungsführer der SPD, um ihre Unterschrift unter einen Koalitionsvertrag zu setzen. Denn laut Gabriel könne es sich eine Partei wie die SPD nicht leisten, alles oder nichts zu sagen.

Es sei auch eine Illusion zu glauben, die SPD gewinne bei der nächsten Wahl mehr als 25 Prozent der Stimmen, weil sie an ihrem Programm festgehalten habe, so Gabriel. Vielleicht fährt die SPD ja nur deshalb schlechte Ergebnisse ein, weil der Partei das versagende Führungspersonal wichtiger ist, als das eigene Programm. Doch auf das Naheliegende kommt Herr Gabriel nicht. Er sehe es lieber, wenn seine Partei verhandelt und sich einem Abwägungsprozess stellt. „Wenn wir den Beweis antreten, dass wir davor Schiss haben, sind 20 Prozent nicht die untere Grenze.“ Dafür gibt es sogar Lob für den SPD-Chef. Nicht von den eigenen Genossen, aber vom politischen Gegner, der wohl nie einer war.

Finanzminister Schäuble bewundert Gabriel regelrecht. Er mache es sehr gut, wie er seine Partei auf den Weg in eine Große Koalition mitnehme, sagt Schäuble. Der ist sich sicher, dass das Projekt gelingt. Was nützt es da noch, wenn Gabriel vor der Parteibasis so tut, als könnten die Verhandlungen auch noch scheitern? Klar, eine Einigung bei Themen wie dem Mindestlohn, der doppelten Staatsbürgerschaft oder der Re-Regulierung des Arbeitsmarktes müssen her oder zumindest vorzeigbar sein. Letztlich werden sich Gabriel und seine Spießgesellen aber nicht querstellen, wenn die entsprechenden Pöstchen winken. Denn auch hier verzichtet die Parteiführung auf das Prinzip alles oder nichts. Augenhöhe reicht den bescheidenen Funktionsträgern ja aus.

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Ist nur Obama ein Lügner?

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Die Welle der Aufregung, die zurzeit durch die Medien schwappt, ist bezeichnend. Der NSA-Abhörskandal wird just in dem Moment interessant für unsere Edelfedern, als die Bundestagswahl vorbei und die Enthüllung über die Bespitzelung der Kanzlerin gerade bekannt geworden ist. Entweder ist Obama Mittäter oder nicht Herr über seinen Überwachungsapparat, heißt es anklagend. Doch diese Vorwürfe treffen auch auf die Kanzlerin und ihre Bundesregierung zu, als im Sommer vor der Wahl die nicht minder skandalöse Enthüllung über die massenhafte Ausspähung von Bundesbürgern bekannt geworden ist.

Doch damals fühlte sich die Regierungschefin gar nicht zuständig und zeigte sich bisweilen unwissend oder leugnete die Tragweite des Vorgangs. Am Ende schickte sie ihren Kanzleramtsminister vor die Kameras, um die heikle Angelegenheit für beendet zu erklären, weil man sich mit Angaben der US-Regierung zufrieden gab. Nun quält sich aber kaum einer mit der Frage, was wusste Merkel? Man nimmt sie in Schutz. Sie ist Opfer. Dabei war ihr der Abhörskandal zunächst genauso schnuppe wie den Amerikanern heute noch.

Es drängt sich auch die Frage nach der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen den Geheimdiensten auf, die es nach Auffassung der Bundesregierung ja wie selbstverständlich geben müsse. Steht diese nun auf dem Prüfstand? Welche Aufgaben haben Geheimdienste eigentlich neben der heimlichen Beschaffung von Informationen unter Einsatz entsprechender nachrichtendienstlicher Mittel noch zu erfüllen? Halten sich denn die eigenen Dienste an geltende Grundrechte, die ja im Widerspruch zur Informationsbeschaffung stehen?

Das Gejaule der Medien ist scheinheilig. Gelogen hat nicht nur Obama, sondern auch Angela Merkel. Warum fordert niemand den Abbruch der Koalitionsverhandlungen oder gar Neuwahlen? Stattdessen reiht sich auch die SPD nur zaghaft in den Kreis derer ein, die einen Untersuchungsausschuss im Parlament fordern. Gleichzeitig verhandeln die Spezialdemokraten mit der Union aber weiter nach Fahrplan. Das Thema Finanzen steht an. Aus Sicht der Empörten Scheinheiligen gibt es neben der der gespielten Aufregung eben doch Wichtigeres. Wie man hört, ist eine Vergrößerung des Kabinetts im Gespräch, um den zahlreichen Postenwünschen gerecht zu werden.

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Die Fliehkraft wirkt nach innen

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Weder SPD noch Grüne sind glücklich darüber, mit der Union eine Regierung bilden zu müssen und würden dem jeweils anderen daher gern den Vortritt lassen. Die Medien wollen auch keine Alternative erkennen, außer die, dass Angela Merkel Königin von Deutschland Kanzlerin bleibt, obwohl sie allein über keine eigene Mehrheit verfügt. Nach demokratischen Verständnis könnte die zahlenmäßig überlegene Opposition, die der Politik Merkels vorgeblich ablehnend gegenübersteht, selbst einen Kanzler oder eine Kanzlerin wählen. Geht aber nicht, sagen Union, Medien und damit auch Teile der Opposition.

Und weil das so ist, ist die Antwort darauf, wie eine Regierung gegen eine klare Mehrheit der so oft betonten Inhalte möglichst rasch gebildet werden könnte, auch nicht wirklich schwer. Man nehme die von den Medien hochgelobten Realos bei den Grünen, die Reformlinken aus dem Osten und natürlich Seeheimer und Netzwerker aus der SPD, fasst sie zu einer eigenständigen Fraktion zusammen und fertig ist die neue FDP. Wie sagte Andrea Nahles über ihren Parteikollegen Johannes Kahrs? Er spreche nicht für die SPD, sondern nur für sich.

Dann ist doch alles klar. Warum ist der Deppendorf noch nicht darauf gekommen? Bekanntlich gibt es in allen Oppositionsparteien Leute, mit denen man vernünftig reden könne und welche, auch Traumtänzer, Sektierer oder Fundis genannt, mit denen man sich nicht an einen Tisch setzen möchte. Warum also nicht trennen, was sich nicht versteht und zusammenführen, was zusammengehört? Die Vernünftigen verfügen erstens über einen guten Draht zur Presse und zweitens über eine verlässliche inhaltliche Flexibilität, sofern sie denn im Ministersessel oder auf dem bequemen Stuhl eines Staatssekretärs Platz nehmen dürfen.

Drum schließt euch zusammen und bildet jene stabile Regierung, die sich das Volk angeblich so sehr wünscht. Doch hört endlich auf, über euer armseliges Schicksal zu jammern und den Leuten zu erzählen, es gehe euch nur um Inhalte oder um das bestmögliche Verhandlungsergebnis. Es ist ganz einfach. Entweder ihr wählt Merkel, warum auch immer oder ihr wählt euch einen eigenen Kanzler, wie es in einer Demokratie bei entsprechenden Mehrheiten üblich ist. Das Gerede um stabile Verhältnisse hängt mir jedenfalls zum Halse raus.

Denn worin diese bestehen würden, ist doch schon heute klar. Der verbliebene Rest an Opposition wird einer an der Regierung beteiligten SPD sozialdemokratische Inhalte servieren und das vier Jahre lang. Die Genossen wiederum werden die Umsetzung ihres eigenen Programms, wahlweise aus staatspolitischer Verantwortung oder aus Koalitionsdisziplin, in jedem Fall aber sehr stabil ablehnen. Die Union hingegen hat gar kein Programm, das sie umsetzen müsste. Ihr genügt es, wenn Angela Merkel andeutet, sich von der SPD mal in die eine Richtung und dann wieder woanders hin tragen zu lassen.

Fliehkräfte braucht die CDU-Chefin dabei nicht zu fürchten. Sie hat es ja geschafft, deren Wirkung auf wundersame Weise umzukehren. Als Schwarzes Loch der Politik verschlingt sie alle Themen wie innere und äußere Gegner, die ihr zu nahe kommen und um sie kreisen. So gesehen hätte sie vielleicht den Physik-Nobelpreis verdient, nicht aber die Kanzlerschaft.

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Wählt diese Versager endlich ab!

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Die SPD-Spitze, so sickerte mal wieder durch, will Sondierungsgespräche mit der Union führen. Weil man unter Demokraten halt miteinander sprechen muss, sagte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Elke Ferner, vor dem Parteikonvent. Dass die Mitglieder das nicht wollen, ist inzwischen klar. Sie sollen deshalb auch befragt werden, aber nur pro forma und erst nachdem Fakten in Form eines ausgehandelten Koalitionsvertrages geschaffen worden sind.

Die Würfel für eine Große Koalition sind in der SPD-Spitze längst gefallen. Im Hinterzimmer, wie auch die Entscheidung über den Kanzlerkandidaten oder auf dem Gartenfest des Seeheimer Kreises direkt nach der Wahl. Der rechte Vorzeigegenosse Johannes Kahrs brachte es doch unter der Woche auf den Punkt. Aus seiner Sicht dürfe es nur Verhandlungen auf Augenhöhe geben, was vor allem heißt, genauso viele Posten in einer Regierung für die SPD wie für die Union.

Das Wohlbefinden der wenigen Spitzengenossen wiegt klar schwerer als das berechtigte Existenzinteresse einer ausgebluteten Partei, die in diesem traurigen Jahr 150 geworden ist. So oft die führenden Sozialdemokraten auch betonen, dass es keinen Automatismus gebe, desto klarer sind die Schritte von Gabriel, Steinmeier und Steinbrück vorhersehbar. Wer Optionen konsequent ausschließt, dem bleibt nichts anderes übrig, als den Weg automatisch zu gehen, der übrig bleibt.

Nicht regieren, sondern mitregieren, dass war von Anfang an das erklärte Ziel der gelernten Karrieristen in der SPD. Bis zuletzt fabulierten sie über einen rot-grünen Wahlsieg, um dann gleich nach Bekanntgabe der ersten Prognose wohl sortiert und ohne sonderlich überrascht zu wirken, Frau Merkel zum Spielen eines Balles aufzufordern. Die eigene Partei empfinden sie dabei als lästiges Anhängsel. Wenn sie wollten, wie sie könnten, lägen sie schon längst im Bett ihrer Kanzlerin. Aus staatspolitischer Verantwortung, versteht sich.

Doch was haben die Mitglieder schon zu sagen? Als diese im Jahr 2008 auf dem Hamburger Parteitag festhalten ließen, dass private Investoren keinen Einfluss auf die Unternehmensführung der Bahn ausüben dürfen und andere Beteiligungen privater Investoren strikt abzulehnen sind, ignorierten Leute wie Steinbrück die Basis. Wäre 2008/2009 nicht zufällig die Finanzkrise wie ein Spring ins Feld Teufel (O-Ton des großen Finanzministers Peer Steinbrück) über uns gekommen, die Bahn wäre entgegen eines klaren Parteitagsbeschlusses über ein Holding-Modell erst privatisiert und dann zerschlagen worden.

Diese führenden Genossen, die sich wiederholt ignorant gezeigt und damit auch als gänzlich untauglich erwiesen haben, wollen nun in Sondierungsgespräche mit der Union gehen. Da fragt man sich, wer hier wen überzeugen will oder muss? Frau Merkel die Delegation der SPD oder diese zusammen mit Frau Merkel eine SPD-Parteibasis, die sich schon oft gegen ihre Interessen hat übertölpeln lassen? Man möchte die verbliebenen Mitglieder beinahe anflehen:

Wählt diese Versager endlich ab! Ihr seid doch noch Sozialdemokraten!

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Kein Schäfermatt mit SPD und Grünen

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Die Woche begann mit einem Telefonat zwischen Angela Merkel und Sigmar Gabriel. Es endete mit dem Ergebnis, erst einmal abzuwarten. Die Kanzlerin äußerte Verständnis für die Haltung des SPD-Chefs, der auf einem kleinen Parteitag am heutigen Freitag die Lage mit seiner Partei besprechen will. Merkel schwieg daraufhin, ihre Truppen aber nicht. Sie ließ führende CDU Vertreter von der Leine oder pfiff sie jedenfalls nicht zurück. Die Weichen sollen auf Große Koalition gestellt und die SPD logischerweise zur Mitarbeit gezwungen werden.

Für dieses Ziel werden überraschend auch inhaltliche Positionen über Bord geworfen. Die Posse um die Steuerpolitik zeigt das deutlich. Die Presse kann sich folglich auch nicht entscheiden, ob sie das nun gut oder schlecht finden soll. Die einen schreiben von Wählerbetrug, die anderen von ganz normalen Vorgängen im Rahmen einer Koalitionsbildung, die nur mit Kompromissen funktionieren kann. Wieder andere entdecken plötzlich, dass die Grünen mit ihren Steuerplänen doch die ehrlichsten Positionen vertreten hätten, aber offenbar Opfer einer Kampagne von Lobbyisten und politischen Gegnern wurden.

All das läuft unter dem Motto, die CDU müsse eine Regierung bilden. Das muss sie aber nicht. Um regieren zu können, braucht sie eine Mehrheit, mehr nicht. Sie hat keinen Auftrag, die Regierung zu bilden, wie das immer wieder, auch von SPD und Grünen, behauptet wird. Sie hätte nur dann einen Auftrag, wenn sie vom Wähler auch mit einer absoluten Mehrheit ausgestattet worden wäre. Geht es also um Bälle, die in irgendwelchen Spielfeldern liegen? Nein. Das Spiel heißt Schach. Doch SPD und Grüne merken nicht, dass sie die schwarze Königin mit einem oder mehreren Zügen leicht ausschließen und die Union als ganzes mattsetzen können.

Die Linkspartei hat diese Woche gezeigt, wie das mit dem Schäfermatt geht. Noch bevor es zu einer Regierungsbildung kommen soll, könnte der Mindestlohn, eine zentrale Forderung der SPD, beschlossen werden. Gysi schob strategisch klug nach, dass über die Höhe des Mindestlohns leicht ein Kompromiss erzielt werden könne. Die schwarze Dame Merkel wäre handlungsunfähig außen vor. Die armselige Antwort der SPD ist bekannt. Immer wenn sie eine Mehrheit hat, sind ihr die eigenen Inhalte so wichtig, dass man sie parteitaktischen Spielchen nicht opfern, also lieber nicht umsetzen will. Dazu ist alles gesagt. Sollen sich die verbliebenen SPD Mitglieder damit herumärgern.

Der Deutsche, so lernen wir immer wieder, ist einzig und allein an stabilen Verhältnissen interessiert. Bereits nach der Wahl präsentierten die Demoskopen Umfragen mit Spitzenwerten für eine Große Koalition. Die Menschen wollen dieses Bündnis, so die Botschaft. Diese Kampagne startete bereits vor der Wahl. Laut Deutschlandtrend vom August, hätten sich 23 Prozent der Deutschen eine Große Koalition gewünscht. Da keine andere Konstellation mehr Zuspruch erfuhr, deuteten die Demoskopen und viele Medien dieses Ergebnis als klares Bekenntnis.

Dass zum Ende der letzten Großen Koalition über 30 Prozent der Befragten ein Weiterregieren derselben wünschten, wurde damals als klare Wechselstimmung interpretiert. Inzwischen fänden 64 Prozent der Deutschen eine Große Koalition für gut oder sehr gut, meldete die ARD am Montag. Heute ist Freitag und dieselben Demoskopen fragten mal wieder anders nach dem gewünschten Bündnis. Welche Koalition wäre Ihnen am liebsten? 48 Prozent sagen CDU/CSU/SPD.

Damit muss ja nur noch die Frage geklärt werden, wer sich und seine Inhalte so verbiegt, dass es der Deutsche nicht so sehr merkt oder anders ausgedrückt: Wie bekommt die SPD ihr Programm in jene leeren Schachteln der CDU, die von der Kanzlerin hübsch ins Schaufenster gestellt worden sind.

Edit: Die Kanzlerin arbeitet übrigens am sogenannten Narrenmatt. Das setzt zwei schlechte Züge des im Vorteil befindlichen weißen Gegners voraus. Weil Weiß also daran mitwirkt sich selbst Matt zu setzen, spricht der Fachmann vom Narrenmatt. Schachspieler Steinbrück möchte an dieser törichten aller Eröffnungen übrigens gern mitwirken.

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In den Kleiderschrank geschaut

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Bereits einen Tag nach der Wahl, betonen alle Parteien, wie sehr es ihnen doch jetzt um Inhalte geht. Wie ein Schutzschild tragen sie den Begriff vor sich her, der nicht mit dem gefüllt zu sein scheint, was er verspricht. Bei dem sich wiederholenden Geplapper geht es offenbar mehr um eine Sprachregelung zwischen den Parteien, die miteinander koalieren müssen, weil sie eine Mehrheit von Inhalten kategorisch ausschließen.

Klar ist, dass der Wähler weder von der SPD noch von den Grünen über den Tisch gezogen werden will. Dieses Privileg fällt allein Angela Merkel zu. Mutti Blamage darf alles. Sie ist auch die Königin der Umetikettierung. Sie hat nur keine Mehrheit, wie auch die Medien inzwischen festgestellt haben. Sie braucht einen Partner. Zwei, die eigentlich nicht wollen, stehen zur Wahl. Sowohl SPD als auch Grüne befürchten aber, teils aus Erfahrung, dass sie in einer Koalition mit der Union nur verlieren. Denn unangenehme Entscheidungen würden nicht der beliebten Kanzlerin, sondern dem Koalitionspartner angelastet.

Zu welchen politischen Entscheidungen es aber kommen wird, ist allerdings nicht klar, denn hinter Merkel steht kein Programm, dass sie abarbeiten könnte. Merkel ist das Programm. Sie selbst sagte in der Berliner Runde, sie könne nicht absehen, was in der Eurokrise noch alles passiere und auf uns zukomme. Aus dem Wahlkampf wissen wir, dass sie sich für viele Dinge, wie den NSA-Skandal etwa, gar nicht zuständig fühle. Allein bei der dringenden Frage nach einer PKW-Maut gab es so etwas ähnliches wie eine Haltung bei der Kanzlerin.

Die Union ist stark wie nie, doch fehlt der politische Inhalt. In ihre Beliebigkeit lassen sich dann wohl auch die berühmten Schnittmengen finden, die es für eine Koalition braucht. Die Medien werden in diesem Punkt sicher ganz kritisch nachfragen, um ihre Wunschkoalition auf den Weg zu bringen. Vielleicht hat ja Sigmar Gabriel auch vor seinem Kleiderschrank gestanden und sich gefragt, was er am Tag nach der Wahl anzieht. Dann hätte man ja schon eine Gemeinsamkeit gefunden.

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Merkel soll spielen

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Nach einer langen Wahlnacht hat sich das Wunschergebnis von Angela Merkel dann doch eingestellt. Es reicht nicht zur absoluten Mehrheit, die SPD muss mit ins sinkende Boot. Dort hatte man vorsorglich verkündet, der Ball liege bei der alten und neuen Kanzlerin. Diese Verweigerungshaltung der SPD-Führung, selbst ins Spiel einzugreifen und beispielsweise die linke Mehrheit zu nutzen, hat nur den einen Zweck, die Agenda-Versager ein weiteres Mal vor ihrem Sturz zu bewahren. Eine Personaldiskussion wollte gestern nicht aufkommen, denn Angela Merkel hat ja den Ball.

Deutschland unterliegt einer gefährlichen Illusion, hatte der Chef des Berliner Forschungsinstitut DIW, Marcel Fratzscher, Anfang August gesagt. “In einer langfristigeren Perspektive hält die These, dass es uns wirtschaftlich so gut geht, der Wirklichkeit nicht stand”, meint der Ökonom. Mit Fakten untermauerte er seine Behauptung, die weitestgehend ungehört blieb:

70 Prozent der Arbeitnehmer haben heute niedrigere Reallöhne als noch vor zehn Jahren. Auch die Produktivität, die Deutschland gern von anderen Ländern einfordert, habe sich seit 1999 verschlechtert, und die Investitionsquote sei in diesen Jahren von über 20 Prozent auf 17 Prozent gesunken.

Die Wachstumsperspektiven sind dürftig und der Investitionsrückstand enorm. Würden wir das Jahr 2005 schreiben, die Oppositionsführerin Angela Merkel hätte ziemlich sicher vom Kranken Mann Europas gesprochen und den Teufel an die Wand gemalt. Gestern hat sie in der Elefantenrunde dafür geworben, das Land schönzureden. Die Medien machen weitestgehend mit. Ulrich Deppendorf leitete seinen Kommentar zur Wahl mit der Fehldiagnose ein, Deutschland habe sich wegen der guten Wirtschafts- und Haushaltslage für Sicherheit entschieden. Dabei haben nur etwa 18 Millionen von knapp 62 Millionen Wählern für die Union und Angela Merkel gestimmt. Fast genauso viele blieben der Wahl fern.

An der Wirklichkeit scheint aber niemand interessiert zu sein. Zu verlockend ist die Illusion, dass es Deutschland gut gehe und diese Wahl das eindrucksvoll bestätige. Da Merkel die Folgen ihrer Politik nicht allein ausbaden muss, wird man sie für die nun anstehenden Zumutungen auch nicht verantwortlich machen. Diesen Job übernimmt der Koalitionspartner. Wie auch immer der heißen mag, für Eigentore sind beide gut. 

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Angela Merkel ist nicht am, sondern der Zug

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Die SPD-Granden sagen auffallend oft, jetzt ist Angela Merkel am Zug. Damit versuchen die Spezialdemokraten den Spieß umzudrehen und ihre versagenden Führer in eine komfortable Situation zu bekommen. Das Angebot für eine Große Koalition muss von der Union gemacht werden (Steinbrück: „Der Ball liegt im Spielfeld von Frau Merkel. Sie muss sich eine Mehrheit besorgen.“), um den Eindruck zu zerstreuen, die SPD hätte von Anfang an darauf hingearbeitet oder sehenden Auges auf diese Konstellation zugesteuert.

Fakt ist, dass sich das rot-grüne Lager wohl kaum zum Ergebnis von 2009 verändert hat. Was die Grünen verloren haben, gewann die SPD hinzu. Die Kampagne für ein ausschließliches rot-grünes Bündnis ist krachend gescheitert. Jetzt gilt es, Verantwortung für das schlechte Abschneiden zu übernehmen. Das geschieht aber nicht. Die Parteiführung feiert sich für ihren Wahlkampf und für einen mickrigen Zuwachs. Sie lehnen die Übernahme von Verantwortung ab und glauben, erste Ansprechpartner für Frau Merkel  zu sein.

Die wird aber mit ihrer CDU/CSU die absolute Mehrheit schaffen, was auf den NachDenkSeiten übrigens als realistisches Szenario bereits beschrieben wurde. Nun reichen schon knapp 42 Prozent der Stimmen für eine absolute Mehrheit der Sitze im deutschen Bundestag aus. Für die SPD Führung wäre dieses Ergebnis noch komfortabler. Sie müsste nicht gegen das Wahlversprechen verstoßen, keine Große Koalition einzugehen. Die Parteiführung könnte das Ergebnis als historische Ausnahme interpretieren und sich als Fels in der Brandung gegen Alleinherrscherin Angela Merkel positionieren.

Die muss nun die Früchte ihrer verkorksten Hinhaltepolitik selbst ernten. Laut Umfragen haben die Deutschen kein Interesse an Finanz- und Eurokrise, an NSA-Skandal und Energiewende. Doch all das, was auf den 23. September verschoben worden ist, muss trotzdem behandelt werden. Nun hat Angela Merkel aber niemanden mehr, auf den sie etwas abladen könnte, was heißt, dass die Zumutungen für die Deutschen, die so sicher kommen werden, wie das Amen in der Kirche mit dem Namen Merkel verbunden werden müssten.

Es wäre in der Tat ein Kunststück, wenn es der alten und neuen Kanzlerin gelingen sollte, das Desaster ihrer Politik auch weitere vier Jahre zu verschleiern. Sie müsste sich also einen Koalitionspartner wünschen. Die SPD steht als nützliche Idiotin bereit. Die würde lieber einer starken Union zur Zweidrittelmehrheit verhelfen, als einen Politikwechsel mit dem eigenen Programm und auch mit der Linken zu vollziehen. Am Ende gewänne aber wieder nur Angela Merkel.

EDIT_21 Uhr: Nach der Elefantenrunde, zu der die FDP schon gar nicht mehr geladen war, verfestigt sich der Eindruck: Merkel wäre froh, wenn sie keine absolute Mehrheit hätte und die gegenwärtige SPD-Führung wäre froh, wenn Merkel sie doch hätte.

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