Wie erwartet spuckt die deutsche Presse Gift und Galle. Mit 100 Milliarden soll Europa und vor allem Deutschland für das Versagen spanischer Banker aufkommen, so der Tenor in den Redaktionsstuben. Dabei ist das Versagen spanischer Banker erst möglich geworden, weil deutsche Banker und Versicherer die Mittel zur Verfügung stellten, um den Immobilienboom in Spanien finanzierbar zu machen.
Den meisten deutschen Journalisten bleiben die Kapitalströme innerhalb Europas noch immer verborgen. Sie kapieren einfach nicht, welche Auswirkungen vor allem das deutsche Wirtschaftsmodell innerhalb der Eurozone hat. Aufgrund der binnenwirtschaftlichen Sparsamkeit (erzwungen durch permanenten Lohnverzicht und Gürtel-enger-schnallen) ist Deutschland ein großer Geldexporteur und damit auch Gläubiger spanischer Banken geworden.
Diese Tatsache lässt eine mehr oder weniger bedingungslose Rettung spanischer Banken aus politischer Sicht notwendig erscheinen, wenn man denn verhindern will, dass deutsche Institute erneut ins Straucheln geraten und wohlmöglich private Riesterrenten und Lebensversicherungen mit in den Abgrund ziehen. Denn der deutsche Michel hat kaum Kohle für ein eigenes Haus, aber für die sinnlose private Altersvorsorge, die vom Staat und damit wieder von ihm selbst, üppig subventioniert wird.
Spanische Staatsanleihen waren eine sichere Anlage, weil das Land auf der iberischen Halbinsel vor und auch während der Krise einen solide finanzierten Haushalt sowie eine niedrige Staatsverschuldung vorweisen konnte. Gerade mit Blick auf letzteres steht das Land noch immer besser da als beispielsweise Großbritannien oder auch Deutschland. Dennoch treiben marktkonforme Demokraten, kurz: Spekulanten, das Land an den Rand des Abgrunds.
Doch mit Gerüchten um den aufgeblähten Immobiliensektor wird den Anlegern suggeriert, spanische Banken könnten auf faulen Krediten sitzen, die letztlich das ganze Land nach unten ziehen. Damit steigen die Risikoaufschläge und die Prophezeiung eines Finanzierungsproblems erfüllt sich wie vorhergesagt.
Nun fordert die Presse aber nicht ein Ende der Spekulation oder ein Recht, seine eigene Währung auch drucken und ausgeben zu dürfen, sondern sie verlangt nach einer Bestrafungspolitik auch für Spanien. Die Sorge einiger Presseleute ist nicht etwa die, dass noch mehr Länder von Spekulanten ins Visier genommen werden, sondern dass die Griechen nach der Wahl die Bedingungen ihres Austeritätspaketes mit Verweis auf die spanische Lösung noch einmal nachverhandeln wollen.
Das wäre unerhört und ein Affront gegenüber der Kanzlerin, die den Euro schließlich nur retten will. Dabei ist nicht einmal klar, über welchen Mechanismus die 100 Milliarden, die Schäuble am Wochenende als ausreichend bezeichnete, an die spanischen Banken verteilt werden sollen. Es könnte sich dabei um ein Manöver handeln, den noch nicht ratifizierten ESM-Vertrag samt Fiskalpakt mit der nötigen Portion Druck durchzupauken. Denn ohne diesen Vertrag wäre die bereits als sicher verkaufte Rettung der spanischen Banken wohl hinfällig.
Mit viel Getöse dürfte erneut vor einem Scheitern der Eurorettung gewarnt werden und der lächerliche Streit um die Börsenumsatzsteuer in den Hintergrund treten. Bei diesem beschweren sich SPD und Grüne ja augenscheinlich über die Öffentlichkeitsarbeit der Union. Denn sowohl Kanzleramtsminister Pofalla wie auch Finanzminister Schäuble haben mit ihren Äußerungen, die Steuer überhaupt und schon gar nicht vor der nächsten Wahl umsetzen zu wollen, den schönen Plan der rot-grünen Vernebelungskünstler durchkreuzt.
Man könnte auch sagen, die CDU hat die Maske, mit der SPD und Grüne ihr Gesicht wahren wollten, einfach heruntergerissen. Zu Recht beklagen sich nun Gabriel und Trittin über einen schlechten Umgang innerhalb der großen Koalition. Nee, falsch: Gabriel hat das so formuliert:
Was die Union am Wochenende getan habe, sei „das Gegenteil von vertrauenswürdigem Verhandeln“, sagte Gabriel in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“.
Die Bundesregierung betonte indes, dass sie seit Jahren für eine solche Steuer eintrete. Leider haben andere Staaten etwas dagegen, hieß es zur Begründung. Man kann schließlich nicht jede Maßnahme so radikal und über Widerstände hinweggehend durchsetzen wie das beispielsweise bei dem ein und anderen (allen) Austeritätskurs in den Südländern geschehen ist.
11
JUN