Es klingelte am Ende der langen Leitung in Düsseldorf

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Es hat nun endlich geklingelt am anderen Ende der Leitung. Irgendjemand muss Frau Kraft gesagt haben, dass eine eigene rot-grüne Minderheitsregierung mit 90 Sitzen im Landtag besser ist, als eine andere bereits bestehende Minderheitsregierung aus schwarz-gelb mit 80 Sitzen selbst zu tolerieren. Zu dieser unglaublichen Erkenntnis beglückwünsche ich die gesamte nordrhein-westfälische SPD und ganz besonders Frau Hannelore Kraft. Albern ist natürlich der Grund für den plötzlichen Sinneswandel. Ausgerechnet in einem Interview des FDP Landeschefs Andreas Pinkwart will Frau Kraft etwas herausgelesen haben. Sie hätte doch auch einfach das sagen können, was offensichtlich ist, nämlich dass ihr in der Berliner Parteizentrale gestern der Kopf gewaschen wurde.

Wer immer vom Gestalten oder vom Politikwechsel schwafelt muss das auch tun, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet und nicht mit seinem Verhalten dafür sorgen, dass die anderen Gestalten gestalten dürfen. Allerdings hätte ich das wirklich gern gesehen, wie die Merkel ihr Sparpaket oder die Verlängerung der Laufzeiten für Kernkraftwerke mit Hilfe der geschäftsführenden NRW-Stimmen durch den Bundesrat gebracht hätte. Nachdem die Frau Kraft verkündete, dass sie aus der Opposition regieren und gleichzeitig die amtierende Regierung Rüttgers tolerieren wolle, haben Merkel und Co. bestimmt einen gehörigen Schrecken bekommen.

Es kann ja nicht sein, dass die scheinbürgerlichen Superparteien einfach so freie Hand bekommen und dann keinen mehr haben, dem sie die Schuld an ihrem Versagen in die Schuhe schieben können. Das muss im Endeffekt so laufen wie heute im Bundestag. Eine ordentliche Zweidrittelmehrheit für die Änderung des Grundgesetzes oder wie ich es nenne, für die Anpassung der Verfassung an ein verfassungswidriges Gesetz. Bei so einer Sauerei, wie der Legalisierung der Jobcenter vor dem Hintergrund der Hartz-Gesetzgebung, die selbst alles andere als verfassungskonform ist, weil sie auf die Betroffenen vor allem repressiv wirkt und nicht fördernd, machen alle mit. Da gibt es dann eben keinen Politikwechsel, sondern es wird neoliberal weitergemacht wie bisher.

Wieso sollte man also Frau Krafts plötzlichen Sinneswandel als Zeichen für die Neuentdeckung des Gestaltungswillens interpretieren? Es ist doch im Grunde so wie es Urban Priol in einem aktuellen Interview sagt:

Quelle: Main Post

„Das wirklich Schlimme aber ist: Man merkt doch allen an mittlerweile, dass sie gar keine Lust mehr haben am Regieren und am Gestalten, was sie immer so groß wollten, die Gestalten.“

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Die Sparklausur – Verhandlungsmasse für den Vermittlungsausschuss

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Warum? Erstens, weil sämtliche derzeit im Umlauf befindlichen Sparvorschläge, die vor allem den Sozialbereich treffen sollen, gar nicht zu Einsparungen führen, sondern zu Mehrausgaben infolge wegbrechenden Wachstums, von der Verfassungskonformität rede ich dabei noch gar nicht und zweitens, weil all diese schönen radikalen Streichlisten nur umgesetzt werden können, wenn auch der Bundesrat zustimmt. Angela Merkel und Teile der Öffentlichkeit tun aber so, als könne sie noch mit der FDP regieren. Das hat mit der Realität nichts mehr zu tun. Union und FDP schaffen Verhandlungsmasse für den Vermittlungsausschuss, mehr nicht.

Man sollte genau aufpassen, welche radikalen Forderungen jetzt gestellt werden und sich ferner noch genauer anschauen, wie sich die Opposition, also hauptsächlich die SPD, dazu positionieren wird. Uns steht eine weitere Runde im großkoalitionären Streit bevor, bei dem es vor allem darum geht, die Öffentlichkeit mit Diskussionen um Detailfragen zu unsinnigen Gesetzen und Regelungen zu beschäftigen, damit die Menschen bloß nicht auf die Idee kommen, die Systemfrage zu stellen. Es geht um Ablenkung, Täuschung und das Spiel über Bande. Regierung, Teile der Opposition und vor allem die Medien spielen mit, um die angeblich so schicksalhaften Tage und Wochen zu überstehen.

Dabei ist es Zeit zu gehen, abzutreten oder wie im Falle Horst Köhler unterstellt, einfach hinzuschmeißen. Wir brauchen mehr „Spontis“ vom Schlage des Ex-Bundespräsidenten, die einfach sagen, macht euren Scheiß alleine. Sogar der olle Peter Harry Carstensen aus Schleswig-Holstein verknüpft nun seine politische Zukunft, Pardon, Schicksal an das Zustandekommen eines umfangreichen Sparpaketes (siehe Focus Online). Im Falle eines Scheiterns wolle der Regierungschef zurücktreten. Da sage ich nur ja, bitteschön. Sofort zurücktreten, denn das Sparpaket ist bereits gescheitert, wie zahlreiche Menschen in Flensburg und Lübeck bei Demonstrationen deutlich machten. Na klar, Herr Carstensen fürchtet um seine knappe Mehrheit im Kieler Landtag. Er hat ja nur eine Stimme mehr als die Opposition. Da muss man schon harte Geschütze auffahren, um die wackelnden Abgeordneten auf Linie zu bringen.

In Berlin wird es anders laufen. Entweder platzt die schwarz-gelbe Koalition auch formal wegen der Handschellen, die ihr von den Wählern in Nordrhein-Westfalen angelegt wurden oder aber die SPD spielt den nützlichen Idioten und lässt sich einmal mehr von den Konservativen am Nasenring durch die Manege zerren. Egal wie herum es auch läuft, eines ist sicher. Es regieren nicht mehr Union und FDP allein. Entscheidend ist nur die Rolle der SPD. Doch die braucht keinen offiziellen Koaltionsvertrag mit der Union, um zu zeigen, dass sie mitregiert, abnickt und sich weiterhin auf ganzer Linie blamiert.

Die Verhandlungsmasse die jetzt geschaffen wird, ist nur für die SPD, damit es am Ende so ausschauen kann, als ob die Sozialdemokraten zum Wohle ihrer Klientel korrigierend eingreifen konnten. Ein erbärmliches Schauspiel, das uns da wieder angekündigt wird. Und es wird wieder so viel kostbare Zeit sinnlos vergeudet, um dann am Ende zäher Verhandlungen solche abstrusen Ergebnisse wie den Gesundheitsfonds präsentieren zu können. Der große Wurf aus dem letzten Jahr. Die komplexen Zusammenhänge bleiben einmal mehr undurchschaut. Eine längst überfällige Makropolitik wird wieder an dem dummen Vorwurf scheitern, eine Politik gegen die Wirtschaft zu sein, schreibt Heiner Flassbeck in seinem Buch Gescheitert (2009):

„Das Schlimme ist jedoch, dass sie es aber auch gar nicht wissen wollen. Es genügt ihnen, wenn sie von den Unternehmern auf dem nächsten Cocktailempfang für ihre wirtschaftsfreundliche Politik gelobt werden und eine gute Presse haben.“

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"Jobwunder" – Es geht aufwärts am Arbeitsmarkt

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Die Stimmung am Arbeitsmarkt ist positiv. Die Arbeitsministerin und Beinahe-Bundespräsidentin Ursula von der Leyen meinte gar, es bewege sich etwas. Neue Jobs entstehen. Wie dieser hier zum Beispiel bei einem christlichen Arbeitgeber, der als Einstellungsvoraussetzung die offizielle Herdenzugehörigkeit verlangt. Nur wer Mitglied einer christlichen Kirche ist und entsprechend seine Steuern zahlt, darf es wagen, sich auf dieses lukrative Angebot zu bewerben. Gesucht wird immerhin ein leitender Angestellter, der Verantwortung übernehmen und den Gesellschaftern, also wahrscheinlich Gott und seinen Engeln, nach weltlichen Maßstäben Bericht erstatten kann…

Quelle: Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit

Überblick über das Stellenangebot

Referenznummer:
10000-1055143107-S

Titel des Stellenangebots: Minijob (Geschäftsführer/in)

Stellenangebotsart: Geringfügige Beschäftigung/ Mini-Job als Fachkraft (nicht sozialversicherungspflichtig)

Arbeitgeber: Diakonie Sozialstation

Branche: Ambulante soziale Dienste, Betriebsgröße: zwischen 6 und 50
Stellenbeschreibung

Bei der gGmbH der Diakonie-Sozialstationen für die Region Heilbronn ist für die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) die neu geschaffene Stelle einer/eines

Geschäftsführerin / Geschäftsführers

zum nächst möglichen Zeitpunkt zu besetzen.

Die dienstliche Inanspruchnahme beträgt ca. 15% (400-Euro-Kraft).

Der/die Geschäftsführer/in erledigt die Geschäfte nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften sowie der Bestimmungen des Gesellschaftervertrages und der Geschäftsordnung. Er berichtet der Gesellschafterversammlung sowie weiterer entsprechender Gremien über alle wichtigen Angelegenheiten.

Zu den Aufgaben gehören insbesondere:

  • Verantwortung der laufenden Maßnahmen der Gesellschaft sowie die wirtschaftliche Sicherung
  • Leistungsabrechnung mit den Kassen und weiteren Stellen
  • Erschließung von weiteren Finanzierungsquellen (Spenden, Zuschüsse)
  • Abrechnung mit den Kooperationspartnern
  • Personalverantwortung für alle die Gesellschaft betreffenden Personalangelegenheiten
  • Sicherstellung der Mitarbeiterverwaltung
  • Öffentlichkeitsarbeit sowie Kontaktpflege mit weiteren Leistungserbringern

Wir erwarten

  • Fundierte betriebswirtschaftliche Kenntnisse
  • Wirtschaftliches Denken und Handeln
  • Zielorientierte Leitung eines interdisziplinären Teams
  • Kontaktfreude, Kommunikationsfähigkeit sowie Fähigkeit zum integrativen Handeln
  • Führungskompetenz
  • Souveränität in Auftreten und Handeln
  • Mitglied in einer christlichen Kirche (ACK)

Die Vergütung erfolgt nach AVR/TVöD in Entgeltgruppe 10 mit Zusatzversorgung.

Selbst wenn ich jetzt sagen würde, dass weiterhin Vollzeitstellen in Teilzeitstellen umgebaut werden, könnte ich nicht die Unverschämtheit zum Ausdruck bringen, die sich hinter diesem Stellenangebot verbirgt. Was soll man dazu noch sagen?

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Und wieder bellt der Hundt

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Wenn es darum geht, Kürzungen bei den Ärmsten in der Gesellschaft öffentlich zu fordern, kommt man am Arbeitgeberpräsidenten Dieter Hundt nicht vorbei. Schließlich muss die von Westerwelle in die Diskussion eingebrachte spätrömische Dekadenz bei Hartz IV Empfängern mit konkreten Vorschlägen untermauert werden. Darin ist der Hundt geübt. Denn er fordert seit Jahren immer dasselbe. Ich habe keine Lust diesen Unsinn zu kommentieren. Dazu ist alles gesagt. Die ökonomomische Wirklichkeit steht nachweislich nicht auf der Seite des Hund(t)s.

Ganz besonders toll fand ich übrigens Martin Kannegiessers Vorstellungskraft. Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall und Kurator der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft könne sich nämlich vorstellen, über sämtliche Staatsausgaben mit dem Rasenmäher zu fahren. Super Vorschlag, habe ich da gedacht und mir gleichzeitig die Frage gestellt, warum der neue Personalausweis im Scheckkartenformat in Zukunft rund 29 Euro kosten soll, bisher waren es acht Euro. Könnte man da nicht auch mit dem Rasenmäher drüber fahren. Eine elektronische Indentitätsfunktion für’s Online Shopping braucht kein Mensch, weil er die von seiner Bank umsonst haben kann.

Quelle: heise online

Die Gebühr für den Ausweis mit elektronischer Identitätsfunktion liege im europäischen Vergleich im Mittelfeld, sagte Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Zu einem Fünftel werden die Einnahmen für den Verwaltungsaufwand der Kommunen verwendet, mit dem Rest sollen die Herstellungskosten der Bundesdruckerei gedeckt werden.

Herstellungskosten der Bundesdruckerei? Vielleicht soll der Bürger auch für die Pleite-Privatisierung der Bundesdruckerei aus dem Jahr 2000 einen kleinen Beitrag leisten. Ich weiß es nicht. Jedenfalls wurde die Druckerei im März 2009 durch den Bund zurückgekauft. Apropos Pleite: Martin Kannegiesser saß im Beraterkreis der Pleitebank IKB, die den Steuerzahler über 10 Mrd. Euro gekostet hat. Der Kannegiesser kennt sich also mit dem Rasenmähen aus.

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Auf- und Abschwünge

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Neue Zahlen aus Nürnberg. Der Arbeitslosenzahlen gehen zurück. Demnach waren im Mai gezählte 3,242 Millionen ohne Job. Das sind 165.000 weniger als im April und 217.000 weniger als im Mai 2009. Die offizielle Arbeitslosenquote sank um 0,4 % auf 7,7 Prozent. Das sind doch tolle Nachrichten, freuen sich Frau von der Leyen und Herr Brüderle. In der Pressenmitteilung der BA heißt es dann aber:

Insgesamt sind die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf den Arbeitsmarkt weiterhin moderat. Vor allem Kurzarbeit, andere betriebliche Vereinbarungen sowie ein rückläufiges Arbeitskräfteangebot haben den Arbeitsmarkt beträchtlich entlastet.

Quelle: BA

Wenn die Bundesregierung das Instrument der Kurzarbeit anwendet, die für Unternehmen gerade wieder verlängert wurde und andere betriebliche Vereinbarungen getroffen wurden, die den Arbeitsmarkt beträchtlich entlastet hätten, dann hat das doch einen Grund? Die Wirtschaftskrise! Wie kann man also behaupten, dass die Auswirkungen der Wirtschaftskrise moderat auf den Arbeitsmarkt wirken würden? Wer sich die Leistungen anschaut, die seit Beginn der Krise für die sinnlose Kurzarbeitergeldregelung verballert wurden, wird einmal mehr sehr deutlich wie hart die Wirtschaftskrise den hiesigen Arbeitsmarkt trifft.

Allein im Jahr 2009 wies die Bundesagentur für Arbeit ein Defizit von rund 14 Milliarden Euro auf und damit etwa 13 Mrd. Euro mehr als im Jahr 2008. Kurzarbeit kostet richtig Geld. Vor allem wenn die Regierung diese Regelung immer weiter verlängert und ansonsten nix weiter unternimmt, um die Konjunktur zu stützen. Das hat nun mit moderaten Wirkungen oder freudigen Aufschwungsfantasien der Damen und Herren Minister recht wenig zu tun. Bundeskassenwart Schäuble hat auch bereits angekündigt, die Leistungen für die Agentur für Arbeit und insbesondere das Kurzarbeitergeld im Rahmen seiner Sparmaßnahmen zurückfahren zu wollen.

Angesichts dieser Tatsachen muss man eigentlich alarmiert sein, anstatt fröhliche Botschaften zu verkünden wie Rainer Brüderle zum Beispiel:

„Die konjunkturelle Erholung hat erfreulicherweise zusätzliche Impulse aus der ungewöhnlich kräftigen Frühjahrsbelebung erhalten; sie setzt sich zunehmend auch am Arbeitsmarkt durch.

Die Frühjahresbelebung und der positive Schubeffekt der Entlastungsmaßnahmen, die die Bundesregierung zur Stärkung des Wachstums bereits umgesetzt hat, wirken jetzt zusammen und verstärken sich. In dieser Situation kommt es darauf an, dass die Politik das Vertrauen in die stärker werdenden Wachstumskräfte weiter stärkt und Raum für wirtschaftliche Eigendynamik schafft. Nur so lässt sich die erfreuliche Belebung in einen nachhaltigen Aufschwung bei Wachstum und Beschäftigung ummünzen.“

Quelle: pressrelations

Was für eine gequirlte Scheiße. „Stärker werdende Wachstumskräfte weiter stärken“ :roll: Gehen dem Minister da etwa die beschönigenden Worte aus? Das Wachstum im ersten Quartal 2010 war unter aller Sau. Ein Plus von 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorquartal und 1,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreskrisenquartal. Mit anderen Worten heißt das, dass die deutsche Wirtschaftsleistung noch immer um 5,3 Prozent niedriger liegt als vor der Krise im ersten Quartal 2008. Das sind eben keine guten Nachrichten in schlechten Zeiten, wie sich Ursula von der Leyen heute zusammenfatasierte, sondern nach wie vor beängstigende Zustände.

Die geringe Wachstumsrate zeigt vor allem eines. Die noch immer anhaltende falsche Exportorientierung. Denn der größte Beitrag zum Wachstum steuert die Exportwirtschaft bei. Auf der anderen Seite gehen Bruttoanlageninvestitionen, die Arbeitsproduktivität und der private Konsum weiter zurück. Auf dem Binnenmarkt herrscht weiterhin Flaute. Die Einzelhandelsumsätze gehen auch im April, wie zu erwarten war, zurück. Das statistische Bundesamt meldete heute:

Einzelhandelsumsatz im April 2010 real um 3,1% gesunken

Nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) lag der Umsatz im Einzelhandel in Deutschland im April 2010 nominal 1,8% und real 3,1% niedriger als im April 2009.

In den ersten vier Monaten des Jahres 2010 setzte der deutsche Einzelhandel nominal 0,2% und real 1,1% weniger um als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum.

Es gibt also überhaupt keinen Grund für Euphorie. Selbst wenn die Arbeitslosigkeit zurückgeht, bei der ein Teil auf die Einrichtung neuer Teilzeitbeschäftigung zurückzuführen ist, heißt das eben noch lange nicht, dass es auch aufwärts geht. Unter Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Daten wird klar, dass der leichte Aufschwung erstens viel zu mickrig ausfällt und zweitens überhaupt nicht nachhaltig sein kann, wenn man sich vor Augen führt, dass überall Sparprogramme umgesetzt werden sollen. Wer kauft denn dann noch deutsche Exportgüter?

Gäbe es das Kurzarbeitergeld und damit eine Erhöhung der Staatsausgaben nicht, die deutsche Wirtschaft würde schrumpfen. Es bleibt also ein Rätsel der Bundesregierung, wie daraus nun ein sich selbst tragender Aufschwung werden soll, in dessen Zuge man die Staatsausgaben wieder einsparen könne. Sie sehen schon. Das wird nicht funktionieren. Die beabsichtigte Sparpolitik wird das Defizit in den öffentlichen Haushalten weiter erhöhen!

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Familienministerin verteidigt Familienpflegezeit: Man kann sich ja versichern

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Ich traue meinen Augen nicht. Kristina Schröder, die junge Familienministerin im Kabinett Merkel, verteidigt ihre Familienpflegezeit.

Quelle: Focus Online

„Mit der Familienpflegezeit will ich Berufstätigen helfen, Verantwortung für ihre Angehörigen zu übernehmen.“

Toll. Weil Angehörige kostengünstiger zu haben sind, als Pfelgekräfte, für die der Bund gerade eben mit Zustimmung der FDP (:>>) einen Mindestlohn für allgemeinverbindlich erklärt hat? Nein, weil Frau Bundesministerin ein Herz für die Schwachen und die Familien hat.

Für 79 Prozent der Betroffenen lassen sich Job und Familie aber immer noch nicht gut vereinbaren, sagte Schröder unter Berufung auf eine von ihrem Ministerium in Auftrag gegebene Umfrage des Allensbach-Instituts.

Kann es nicht vielleicht auch sein, dass gerade diese 79 Prozent Job und Familie deshalb nicht so gut vereinbaren können, weil das Geld hinten und vorne nicht reicht? Nein, nach Frau Bundesministerin können die ja noch einmal locker auf 25 Prozent ihres Einkommens für mehrere Jahre verzichten, um ihre Angehörigen auch fast halbtags ganze zwei Jahre lang pflegen zu können. Natürlich darf so eine vor Humanität strotzende Regelung nicht zu einem Schaden der freistellenden Unternehmen führen. Die haben schließlich ein Recht auf Gegenleistung, wenn sie schon so etwas wie ein Gehalt überweisen. Aber dafür hat der „Experte“ Rürup ein Patentrezept entwickelt.

Vor allem die Idee der Lohnvorauszahlung in der Pflegezeit war von Unternehmen kritisiert worden. Sie fürchten einen Verlust, sollte der Arbeitnehmer nicht wie geplant in den Beruf zurückkehren. Nach einem von dem Wirtschaftsberater Bert Rürup entwickelten Konzept sollen diese Vorauszahlungen nun mit Hilfe der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) vom Staat vorfinanziert werden. Der Arbeitnehmer soll zudem mit Eintritt in die Pflegezeit zu geringen Prämien eine Versicherung abschließen für den Fall, dass er nicht in den Beruf zurückkehrt und Lohnzahlungen zurückerstatten müsste. Flexible Arbeitszeiten seien das zentrale Instrument zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf, sagte Rürup in Berlin.

Übrigens eine passende Versicherung gibt’s sicherlich bei der Firma „MaschmeyerRürup AG Independent International Consultancy“ oder dem AWD, wo beide gearbeitet haben.


Quelle: Cash.Online

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Schäuble: "Wir hoffen, es kostet nichts"

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Nach der gestrigen hart aber fair Sendung im Ersten dachte ich, es könnte bei den Tagesthemen keinesfalls schlimmer werden. Nun ja, falsch gedacht. Wolfgang Schäuble durfte im Interview mit Susanne Holst die deutsche Griechenland-Hilfe erklären. Schlimm war es. Zunächst einmal war das Interview wieder aufgezeichnet und übel zusammengeschnitten. So als ob Schäuble oder dessen PR-Berater oder die Nachrichtenredaktion bestimmte Passagen nicht zeigen wollten. Das ist aber auch egal, weil Schäuble im Interview einmal mehr davon sprach, dass die deutschen Hilfen den Steuerzahler nichts kosten würden, weil es ja ein Kredit sei. Hören sie selbst.

Toll habe ich da gedacht, wieso machen wir das nicht auch in anderen Bereichen, wenn so ein Kredit nix kostet? In der Gesundheitspolitik zum Beispiel. Da müht sich ja der Philipp Rösler von der FDP ab und kämpft gegen ein vergleichsweise mickriges Haushaltsloch von 3,1 Mrd. Euro bei der gesetzlichen Krankenversicherung. Das müsste doch zu schaffen sein. Wir machen da einfach genau das, was wir von den Griechen erwarten. Wir geben uns selber einen Kredit und legen uns dann harte Sparmaßnahmen im Rahmen eines tragfähigen Konzepts auf. Dann geht die Rechnung schon auf und der Kredit kostet uns nix.

So ist doch die Logik von Schäuble und Merkel? Dumm nur, dass das schon bei uns, den europäischen Schlaubergern und Ratgebern, nicht funktioniert. Seit Jahren klagen wir über Defizite in der Sozialversicherung, die der Bund mit Zuschüssen ausgleichen muss. Seit Jahren sparen wir in der Sozialversicherung, wo es nur geht und privatisieren Leistungen. Wir verkaufen zwar keine Inseln, dafür aber den Zahnersatz, die gesetzliche Rente, die Arbeitslosenversicherung und bald auch die Pflegeversicherung. Und all diese Sparanstrengungen haben immer dazu geführt, dass die Löcher in den Kassen nicht kleiner sondern größer wurden.

Denn blöderweise hängt die Finanzierung der Sozialsysteme wie auch des Staates von deren und dessen Einnahmen ab und nicht in erster Linie von den Ausgaben. Wenn der Staat oder die Sozialversicherung Aufgaben haben, müssen sie die auch wahrnehmen. Demzufolge ist die Einnahmeseite auch ungleich wichtiger als die Ausgabenseite. Denn die Kosten entstehen aufgrund der Aufgaben, über die man sich im Rahmen eines Gesellschaftsvertrages verständigt hat. Die müssen einfach bezahlt werden, solange man eine solidarische Gesellschaft will und sich in der Tradition der Aufklärung versteht. Spart man nun, muss die Kosten jemand anderes begleichen. Spart also der Finanzminister bei den Ausgaben, müssen die Bürger tiefer in die eigene Tasche greifen oder, wenn da nix mehr drin ist, gänzlich auf die notwendigen Leistungen verzichten.

Doch eines passiert ganz gewiss. Wenn gespart wird und Kosten verschoben werden, folgt zwingend ein Rückgang des privaten Konsums, da der verdiente Euro nur einmal ausgegeben werden kann. Dies wiederum lässt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage einbrechen und im Zuge dessen auch die Wirtschaft. Denn wo weniger Nachfrage ist, müssen auch nicht mehr Waren produziert werden. Infolgedessen sparen auch die Unternehmen an Investitionen, Löhnen und schließlich an Arbeitnehmern, die nicht mehr gebraucht und in letzter Konsequenz dem Sozialstaat und seinen Sicherungssystemen übergeben werden. Doch wenn immer mehr Menschen von sozialen Transferleistungen abhängig sind oder weniger verdienen, müssen Staat und Sozialversicherung auch mit geringeren Einnahmen auskommen.

Diesen Zustand haben wir in Deutschland seit Jahren. Im Land des Hausuafgabenweltmeisters. Eigentlich müssten wir damit ziemlich schlecht dastehen, doch das ist nicht der Fall. Unsere Unternehmen und deren Besitzer stehen richtig gut da. Weil es ja die Griechen gibt. Die waren nämlich so nett und haben sich extra verschuldet, um eine Nachfrage nach unseren günstig produzierten Waren und Dienstleistungen zu erzeugen. Deshalb konnten wir immer mehr produzieren, als wir für unseren Bedarf eigentlich brauchten und haben dadurch richtig Kohle verdient. Also nicht wir, sondern die Unternehmer, die Banker und die Kapitalbesitzer. Eigentlich müsste gerade die deutsche Wirtschaft den Griechen dafür danken, dass sie sich unseretwegen verschuldet haben, um die Gewinne deutscher Unternehmen zu ermöglichen.

Nun wollen wir genau dieses deutsche Erfolgsmodell auf Griechenland übertragen. Für unsere Kredite sollen die noch härter sparen, noch weniger Löhne und Renten bezahlen und ihre Inseln verkaufen. Dann werden die auch genauso wettbewerbsfähig sein, wie wir Superdeutschen und alles wird gut und unser Kredit kostet dann nix, wie der Schäuble sagt.

Sehen sie an dieser Stelle das Problem? Wenn Griechenland genauso wettbewerbsfähig ist wie wir Deutschen und die Bevölkerung durch Einkommenssenkungen und Kostenverschiebungen relativ gesehen genauso arm geworden ist wie wir Deutschen und infolgedessen die Griechen auch keine Waren mehr brauchen, weil sie schlicht kein Geld mehr haben, um konsumieren zu können, wer soll dann überhaupt noch als Nachfrager für deutsche und dann auch griechische Waren in Erscheinung treten? Wer finanziert unseren Export und den der Griechen, später auch den der Portugiesen, Spanier, Italiener und Iren? Diesen kriselnden Ländern müsste Deutschland ja genau dieselben Bedingungen auferlegen, wenn es denn zu Hilfsmaßnahmen kommen sollte. Im vorauseilenden Gehorsam werden ja bereits radikale Sparprogramme in diesen Staaten beschlossen.

Und was viel schlimmer ist, wer zahlt dann unsere Kredite zurück, die ja angeblich nix kosten?

Was Schäuble und Merkel also fordern und glauben, damit bewirken zu können, entbehrt jeder Logik, volkswirtschaftlicher Vernunft und politischer Verantwortung. Und das nur, weil sie offensichtlich eine Landtagswahl nicht verlieren wollen. Um die deutsche Öffentlichkeit zu täuschen, wird getrickst und gelogen. Es wird schlicht geleugnet, dass es in der EU Handelsungleichgewichte gibt, die durch den Exportüberschuss der Deutschen verursacht wurden. Dabei wissen sie es eigentlich besser. Zumindest belegt das ein Dokument, welches in Brüssel von einem deutschen Minister unterzeichnet wurde und klar beweist, dass die deutsche Kanzlerin und ihre Regierung das eigene Volk schamlos belügt.

In dem Quartalsbericht der EU-Kommission zur Eurozone steht:

In some surplus countries, the report identifies persistent weakness in domestic demand – with corporate saving and investment decisions playing a central role – as a source of concern for the euro area as whole as well as the wellbeing of surplus countries themselves. We do not argue that surplus countries are too competitive. On the contrary, Member States should strive to be as competitive as possible in an increasingly competitive global economy. For growth to be balanced, however, export successes should translate into stronger domestic demand, thus boosting imports, too. The structural weaknesses of domestic demand need to be identified and tackled.

Überschussländer wie Deutschland sollten also etwas für die eigene Binnennachfrage tun, um die diagnostizierten Ungleichgewichte in der Eurozone auszugleichen. Am Ende heißt es sogar ganz konkret:

Action is also needed in Member States that have accumulated large current account surpluses. In these countries, policies should aim to identify and implement structural reforms that help in strengthening domestic demand.

Doch wie das Stärken der Binnennachfrage in Deutschland erreicht werden soll, erklärt uns ja die FDP. Mit Steuersenkungen, die dann auf wundersame Weise zu einem noch nie dagewesenen Aufschwung führen, der alle unsere Schulden begleichen wird, wahrscheinlich auch den Kredit, der angeblich nix kostet.

Aber die Aufschwungslogik deutscher Bundesregierungen erklärt immer noch am besten Volker Pispers. Also dann, bis neulich…

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Der Jobcenter Beschiss

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Hartz IV ist ein verfassungswidriges Gesetz. Zumindest werden immer wieder Regelungen daraus höchstrichterlich als Verstöße gegen das Grundgesetz gewertet. Das war auch im Fall der Jobcenter-Regelung so. Die praktizierte Mischverwaltung, also aus Bundesbehörde und kommunaler Trägerschaft, ist verfassungswidrig. Bis Ende diesen Jahres muss eine neue Lösung her. Nun hat sich die ganz große Koalition im deutschen Bundestag geeinigt. Aber nicht darauf, dass offensichtlich verfassungswidrige Gesetz abzuschaffen, sondern darauf, die Verfassung dem schlechten Gesetz anzupassen. Ein bemerkenswerter Betrug an der Öffentlichkeit. In Sachen Hartz IV arbeiten die Macher, also Regierung und Teile der Opposition, sehr eng zusammen.

Dabei bietet die SPD einmal mehr ein erbärmliches Schauspiel. Der Architekt der Agenda 2010 und heutige Oppositionsführer Frank-Walter Steinmeier stellt sich vor die Presse hin und faselt etwas von bestmöglicher Betreuung von Arbeitslosen und Arbeitsuchenden. Hinter diesem Ziel müssten „oberflächliche, parteitaktische Überlegungen“ zurücktreten. Dabei waren genau diese wohl ursächlich dafür, dass die Bundesregierung zunächst 900 Millionen Euro für Arbeitsmarktmaßnahmen im Bundeshaushalt sperrte, um sie sich dann von der SPD wieder abhandeln zu lassen. Damit kann Steinmeier und seine SPD einen Scheinerfolg verbuchen. Einfach nur widerlich. Steinmeier und Co glauben zudem noch, dass keiner diesen miesen Trick einer ganz großen Schwachsinnskoalition im deutschen Bundestag bemerken würde.

Ich wiederhole es wieder. Solange sich die SPD nicht von ihrer korrupten und verfassungsbrechenden Führungselite verabschiedet, bleibt jede scheinbare Abkehr von der Hartz-Gesetzgebung unglaubwürdig. Wann werden es die Sozialdemokraten, sofern es mehrheitlich noch welche gibt, endlich begreifen?

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Haushalt II: Die Generaldebatte

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Ich hatte ja gehofft, in Neues aus der Anstalt etwas zum Thema Griechenland hören zu dürfen, doch die Schwerpunkte lagen eher woanders. Deshalb muss ich in der politischen Anstalt nach Antworten suchen. Es ist ja Haushaltswoche. Und da wird traditionell ausgeteilt bzw. schöngeredet. Bundesfinanzminister Schäuble hat ja bereits gestern wahrheitswidrig verkündet, dass es zum Thema nichts Neues zu sagen gäbe. Nach wie vor werde es keine finanzielle Hilfe für Griechenland geben und es sei auch nichts in dieser Richtung in Brüssel entschieden worden.

Heute nun die Kanzlerin mit ihrem großen Auftritt. Na ja, vor allem wieder große Sprechblasen, die schon so nach abgestandener Luft stinken, dass einem wirklich schlecht werden konnte. Zum Beispiel verharrt die Regierungschefin in ihrem alten Muster des gemeinsamen Lösungsfindens. Ich kann diese Scheiße einfach nicht mehr hören. Zu Griechenland hieß es dann wieder:

„Wir haben gesehen, dass wir in dieser Krise nicht nur Banken retten müssen, sondern dass jetzt auch im Euroraum eine schwierige Situation eingetreten ist, was Griechenland anbelangt. Es war richtig, dass sowohl Nicolas Sarkozy als auch der Ministerpräsident Papandreou, Jean-Claude Juncker und ich die Kommission aufgefordert haben – das geht nur europaweit -, die Finanzrichtlinie so zu ändern, dass die sogenannten nackten Credit Default Swaps, bei denen man Wetten auf etwas abschließen kann, das man nicht besitzt, verboten werden. Wolfgang Schäuble hat gestern zu den Leerverkäufen gesprochen. Das können wir aber nicht alleine machen. Wir sind in der Europäischen Union, und das fällt in deren Kompetenz. Ich denke, die Signale aus der Kommission, dass dort etwas gemacht wird, sind richtig.“

Wieso können wir eigentlich nichts alleine machen? Wir haben Griechenland doch auch ganz alleine mit unserer einseitigen Wirtschaftspolitik an die Wand gefahren. Doch das will die Kanzlerin noch immer nicht wahrhaben und sagt:

„Das darf uns aber nicht vergessen lassen, dass die griechische Lage nicht durch die Spekulanten hervorgerufen wurde – sie wird durch die Spekulanten verstärkt -, sondern dass sie durch die langjährige Verletzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts hervorgerufen wurde.“

Diese Ursachenforschung läuft ins Leere, weil Griechenland auch gezwungen war, gegen die Maastricht-Kriterien zu verstoßen, um Deutschland seine Exportweltmeisterschaften zu finanzieren. Was könnte der Pudding im Hosenanzug denn dagegen haben. Oder warum sagt sie an der Stelle nicht einfach, keine weiteren deutschen Waffen nach Griechenland? Denn offensichtlich sind die ein richtiger Exportschlager. Inzwischen ist Deutschland auf Platz 3 hinter den USA und Russland in der Rangliste derer angekommen, die die meisten Waffen in der Welt verkaufen. Und Griechenland war ein Großkunde und hat deutsche Waffen erworben, obwohl es sich diese eigentlich nach Merkel gar nicht leisten durfte – wegen der Stabilitätskriterien. Aber bei militärischem Gerät hört die Vernunft eben auf.

Zu Beginn ihres Griechenland-Exkurses sagte die Kanzlerin ja:

„Wir haben gesehen, dass wir in dieser Krise nicht nur Banken retten müssen, sondern dass jetzt auch im Euroraum eine schwierige Situation eingetreten ist, was Griechenland anbelangt.“

Da habe ich schon gedacht, sie vollendet den zweiten Satzteil mit den Worten, …sondern dass wir jetzt auch Staaten wie Griechenland retten müssen. Eigentlich sagt sie das auch, nur schiebt sie den schwarzen Peter wie immer einfach weiter und verweist darauf, dass die EU zuständig ist.

Und dann folgen wieder Sätze wie…

„Alles, was überhaupt gedacht wird, muss darauf ausgerichtet sein, dass wir nicht vorschnelle Hilfen leisten, sondern dass wir dafür Sorge tragen, dass das Ganze wieder in Ordnung kommt. Alles andere wäre fatal.“

Übersetzung: Wir müssen eine gemeinsame Lösung finden.

Auch nicht schlecht ist diese Passage hier…

„Wir denken auch für die Zukunft; denn Europa ist unsere eigene Zukunft. Deshalb hat Wolfgang Schäuble nicht für Griechenland Vorschläge gemacht, aber Wolfgang Schäuble hat Vorschläge gemacht, damit man eventuell den IWF nicht in allen Situationen rufen muss – was jetzt vielleicht der Ausweg sein müsste, wenn man etwas täte. Aber ich sage hier nichts darüber hinaus.“

Anstelle einer Übersetzung eine Verständnisfrage: Hinaus über was? Was hat die Kanzlerin hier eigentlich konkret ausgesagt, das den Zusatz erlauben würde, eine tiefergehende Analyse auszusparen?

Oder wollte sie nur verständlich machen, was sie weiter oben bereits zu dem Hartz-IV-Urteil des Bundesverfassungsgerichts klarstellte:

„Wir werden natürlich auch das Bundesverfassungsgerichtsurteil zu den Hartz-IV-Sätzen umsetzen. Darüber möchte ich heute aber nicht weiter sprechen.

Was für eine anmaßende Arroganz. Eine Regierungschefin, die sich im Prinzip weigert, Erklärungen abzugeben und stattdessen lieber auf heiße, pardon abgestandene, Luft setzt. Frischer Wind täte da gut. Und wieder einmal lag es an Gregor Gysi für eben diesen zu sorgen. Von seiner, wie ich finde, wirklich wichtigen Rede, ist in den Meldungen, die ich so gehört habe nur ein Satz überliefert. Der erste. Die Regierung befände sich in einem erbärmlichen Zustand. Das wars. Dabei hat er vielmehr gesagt und vor allem beim Thema Griechenland genau erklärt, wo das Problem liegt.

„Frau Bundeskanzlerin, Sie haben zu Griechenland gesprochen. Da wundert mich eines: Wir verlangen von Griechenland einen knallharten Sparkurs, den wir für Deutschland ablehnen. Denn das ist Brüningsche Politik, und Sie wissen, dass Reichskanzler Brüning Deutschland in die größte Katastrophe geführt hat. Warum verlangen wir eine solche Politik von Griechenland?“

Aber nicht nur dieser offensichtliche Widerspruch treibt den Politiker der Linken um, er zeigt auch ökonomischen Sachverstand mit der Feststellung:

„Deutschland ist inzwischen der größte Niedrig- und Dumpinglohnsektor aller Industriestaaten. Ein Viertel der Beschäftigten, sagt das Statistische Bundesamt, arbeitet in Deutschland zu Niedriglohn. Damit hängt zusammen, dass unsere Exporte billiger sind und die griechischen teurer. Jetzt gibt es zwei Wege: Der eine Weg ist, dass die Griechen ihre Löhne noch weiter senken, und der andere Weg ist, dass wir unsere Löhne erhöhen. Genau dagegen wehren Sie sich. Sie tun ja so, als ob die Gesellschaft unterginge, wenn wir das machten, was schon 20 Mitgliedsländer der Europäischen Union getan haben, nämlich einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn einzuführen. Genau den brauchen wir aber.

Davon hätten nicht nur die Griechinnen und Griechen, sondern auch unsere Beschäftigten etwas. Davon hätten auch – deshalb verstehe ich die FDP nicht – das Handwerk und die kleinen und mittleren Unternehmen etwas, die von der Binnenwirtschaft leben. Sie brauchen eine erhöhte Kaufkraft. Aber Sie verhindern dies. Eigentlich sind wir die Partei der kleinen und mittleren Unternehmen und nicht Sie. Sie tun bloß so als ob.“

Ganz deutlich wurde Gysi auch beim Thema Umverteilung. Nicht nur, dass er dem Rösler seine kleine Kopfpauschale vorrechnete, die bei geringen Einkommen zu einer weiteren Be- und bei höheren Einkommen zu einer erneuten Entlastung führe, Gysi erklärte auch, wie das plötzliche Spitzengehalt von Josef Ackermann möglich wurde.

„Ackermann bekommt jetzt wieder ein Gehalt von 10 Millionen Euro ausgezahlt. Ich gönne ihm das ja; aber wissen Sie, was das Problem daran ist? Das haben die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gezahlt. Wissen Sie auch, warum? Die Deutsche Bank hatte eine Milliardenforderung gegenüber HRE. Wäre HRE in die Insolvenz gegangen, hätte die Deutsche Bank keinen Gewinn gemacht; ganz im Gegenteil, sie hätte schwere Verluste zu verzeichnen. Jetzt ist HRE verstaatlicht worden; das heißt, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben die Forderung übernommen und an die Deutsche Bank gezahlt. Davon bekommt Ackermann jetzt 10 Millionen Euro, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler aber nichts. Das ist die Ungerechtigkeit, die wir kritisieren und gegen die Sie nichts machen.“

So etwas finden sie in keiner Meldung. Sie werden auch nicht Gysis berechtigte und begründete Forderung finden, wonach nicht die Linke, sondern CDU/CSU und SPD vom Verfassungsschutz beobachtet werden sollten.

„Ich komme jetzt zu einem anderen Thema. Ob nun SPD oder die Union regiert, es ist immer dasselbe: Meine Partei wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet. Ich kann Ihnen sagen, woran das liegt. Das liegt daran, dass die Mitarbeiter dieses Amtes vom Grundgesetz keine Ahnung haben. Aber wenn Sie das wollen, Herr Kauder, dann versuche ich, denen das Grundgesetz beizubringen. Wenn diese das Grundgesetz endlich verstehen würden, dann müssten sie sich eher um Sie und auch um die SPD kümmern. Denn eines muss ich Ihnen sagen: Während der Großen Koalition sind so viele verfassungswidrige Gesetze verabschiedet worden wie noch nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Dazu haben Sie einen Hang.“

Auch das hat wieder gesessen. Und die scheinbar in neue soziale Gewänder gekleidete SPD riss Gysi mit einer tief treffenden Bemerkung die aufgesetzte Scheinheiligkeit aus dem Gesicht:

„Herr Steinmeier, ich habe Ihrer Rede ja sehr genau zugehört. Ich muss zugeben, das hat mir auch Spaß gemacht, auch aufgrund Ihrer Rhetorik. Nur eines muss ich Ihnen auch sagen: Ich hätte eine solche Rede so gerne einmal von Ihnen als Kanzleramtschef unter Kanzler Schröder hier im Bundestag gehört, nicht erst heute. Das hätte die Regierungspolitik sicherlich wesentlich verändert.“

Das war großes Kino. Am besten selber angucken:

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Die entnommenen Zitate finden sie wie immer in dem vorläufigen Protokoll der Sitzung auf der Seite des Bundestags.
http://www.bundestag.de/dokumente/protokolle/vorlaeufig/17030.html

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Zum Thema Griechenland und der Rolle der Bundesregierung

Geschrieben von:

Seit Wochen hört man aus Berlin, dass Deutschland keinen Cent an Griechenland überweisen wird, weil das Sparprogramm der Griechen wie von Geisterhand Wirkung entfalten werde. Wen kümmern schon die Massenproteste in Hellas oder die Tatsache, dass es einfach totaler Quatsch ist, was uns Merkel, Schäuble und Co erzählen. Stichwort EWF z.B. Deutschland wird zahlen und zwar, weil es gar nicht anders geht und hierzulande keine Sau deswegen auf die Straßen gehen wird. Weil wir einfach so abgestumpft und unbürgerlich sind, dass wir jeden Dreck mit uns machen lassen.

Mehrere europäische Zeitungen, also keine Deutschen, berichten bereits über einen Notfallplan der EU. Demnach sollen die Mitgliedstsstaaten 25 Mrd. Euro bereitstellen, um Griechenland zu retten. Am Montag treffen sich die Finanzminister von 16 EU-Staaten in Brüssel, um das Rettungspaket zu beschließen. Das deutsche Bundesfinanzministerium stellt sich indes dumm und behauptet noch immer, dass es keine finanzielle Hilfe für Griechenland geben werde, obwohl der britische Guardian das Gegenteil schreibt und sich dabei auf hochrangige Quellen in Brüssel beruft.

The eurozone has agreed a multibillion-euro bailout for Greece as part of a package to shore up the single currency after weeks of crisis, the Guardian has learnt.

Senior sources in Brussels said that Berlin had bowed to the bailout agreement despite huge resistance in Germany and that the finance ministers of the „eurozone“ – the 16 member states including Greece who use the euro – are to finalise the rescue package on Monday. The single currency’s rulebook will also be rewritten to enforce greater fiscal discipline among members.

Quelle: Guardian

Lügen haben derzeit ja ganz große Konjunktur. Es regt sich hier auch keiner mehr auf. Man nimmt es einfach hin. Dabei ist vollkommen klar, dass Berlin den Widerstand in der griechischen Bevölkerung gegen die Sparmaßnahmen nicht einfach ignorieren kann. In Portugal regt sich auch bereits der Protest gegen die dort eilig beschlossenen Kürzungspläne. Diese Finanzkrise, die im wesentlichen durch Deutschland mitverursacht ist, lässt sich nicht einfach so auf dem Rücken der Menschen wegsparen. Da sich aber die deutsche Bundesregierung, die bloß eine Regierung von Bankers-Gnaden ist, nie und nimmer dazu entschließen wird, die Ungleichgewichte innerhalb der EU abzubauen, in dem sie vom Export-Dogma abrückt, werden die deutschen Steuerzahler nicht nur für die Armut im eigenen Land bluten müssen, sondern auch für die Defizite in den Ländern aufzukommen haben, die man erstens niederkonkurriert hat und nun zweitens für unsere Banken dringend retten muss, damit deren umfängliche Spekulations-Geschäfte nicht weiter in Gefahr geraten.

Allein die Tatsache, dass ein Josef Ackermann fast schon staatstragend nach Athen reisen durfte, um im Namen der Bundesregierung mit dem griechischen Minsterpräsidenten zu sprechen, ist ein Skandal und beschreibt nur zu gut den grotesken Zustand, in dem sich die Welt, Europa und Deutschland befinden. Eigentlich müsste man dazu aufrufen unsere Regierung mit Gewalt aus dem Amt zu jagen, weil sie in einer inzwischen unerträglich arroganten Weise den Souverän zum Narren hält. Zumindest ein Generalstreik müsste doch nach Art. 20 GG Abs. 4 möglich sein. Warum tut sich nichts?

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