Der Top-Journalist Peter Frey durfte mit Merkel kuscheln

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Und er kuschelt zurück. Meine vier Monate mit Angela Merkel heißt der schriftliche Erguss eines Mannes, der im Interview mit Lafontaine noch rotzfrech behauptete, alle politischen Gesprächspartner stets gleich zu behandeln. Lesen sie mal das Merkel-Portrait von Peter Frey und zum Vergleich sein Nachtreten gegen Lafontaine auf den Seiten des ZDF. Danach entscheiden sie bitte selbst, ob man mit dem Zweiten tatsächlich besser sieht oder lieber die ganze Hand vor den Kopf respektive Augen schlagen sollte…

Den Wahlwerbefilm für die CDU können sie sich übrigens schenken. Besser ist der Zusammenschnitt von Peter Freys Interview mit Oskar Lafontaine.

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ARD-Sommerinterview: Ihre Frage an Oskar Lafontaine

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Eine gute Sache, wenn denn auch die Leserfrage vom Oberdeppen der ARD Ulrich Deppendorf auch gestellt wird, die derzeit ganz weit oben in der Liste steht.

Wie kann die Linke effektiv gegen die gezielten Medienkampanien vorgehen?

Machen sie mit und unterstützen sie die Verlegenheitsaktion der ARD. Offensichtlich wissen die Qualitätsjournalisten in den Hauptstadtbüros nicht mehr, was sie den Lafontaine noch fragen sollen. Nachdem Peter Frey schon bewiesen hat, wie man sich vor laufenden Kameras zum Affen macht, indem man immer den selben Unsinn von sich gibt, und dann auch noch stolz darauf ist, einen sichtlich genervten Lafontaine mit einem albernen Kindergartentheater provoziert zu haben, möchte das Erste wohl nicht in die gleiche Falle tappen.

Ich bin jedenfalls gespannt auf Sonntag. Möglicherweise wird die aktuelle Frage noch kurzfristig überholt, so wie aus einem Klagen über Demokratiedefizite bei Illner in der Welt plötzlich die Schlagzeile wurde „Lafontaine stellt bei Illner die Demokratie infrage“

Beobachten sie mal die Seite.

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Die Neue Presse offenbar überrascht von DIW-Vorschlag, höhere Steuern auf Vermögen zu erheben

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Es wirkt fast so. Denn im heutigen Leitkommentar betont Udo Harms die überraschenden Vorschläge des DIW mit den Worten „Es bleibt keine andere Wahl“. Dann folgt eine Wiedergabe der Ergebnisse aus der vorgelegten Studie, die schon etwas ulkig wirkt.

„Die Wissenschaftler des DIW haben festgestellt, dass Deutschland durch Steuern auf Vermögen viel weniger einnimmt als fast alle anderen Industriestaaten.“

Und weil die das nun endlich kapiert haben, setzen wir, die Kommentatoren uns damit auch mal auseinander. Entschuldigung. Die obigen Ergebnisse werden von der Linkspartei aber schon seit Jahren so kommuniziert. Und nicht aus dem Bauch heraus, sondern nach sorgfältiger Prüfung der Fakten. Dennoch hat sich die Neue Presse Hannover nie wirklich mit den Vorschlägen der Linkspartei geschweige denn mit den Fakten zur Vermögensbesteuerung auch nur ansatzweise beschäftigt, sondern es bei der üblichern Diffamiererei belassen. Udo Harms schafft das auch in diesem Kommentar.

„Die Linke jubiliert, FDP und Union schauen verdattert drein: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung fordert, Vermögen höher zu besteuern. […]
Man müsse die Steuersätze nur auf den Durchschnitt aller EU-Länder anheben, um die zusätzlichen Milliarden einzunehmen. Dabei geht es nicht um die populistische Forderung, die da oben auch mal bluten zu lassen.“

Offenbar zielt der Populismusvorwurf gegen die Linke. Dann wollen wir doch noch mal lesen, was Oskar Lafontaine über die Besteuerungspläne der Linkspartei wirklich sagte, zuletzt im Sommerinterview des ZDF:

„Wir sind die einzigen, die sagen, wir wollen die Vermögenssteuer so haben wie in England, das sind 90 Milliarden mehr Einnahmen.“

„Wenn wir Vermögen in Deutschland besteuern würden wie in Großbritannien, hätten wir 90 Milliarden Euro mehr Einnahmen.“

Wenn sie sich erinnern wollen, auf diese nüchterne Feststellung antwortete der von sich so überzeugte Fragensteller Peter Frey mit einem passenden Kronzeugen:

„Der Wirtschaftsexperte Hickel sagt: Das ist alles unrealistisch. Und er ist wahrlich ein Linker, der Sie gelegentlich berät, wie man lesen kann.“

Zumindest hat das DIW nun offenbar sehr realistisch herausgefunden, dass eine Anhebung des Steuersatzes auf das Durchschnittsniveau in der EU nicht verkehrt sei und immerhin 25 Mrd. zusätzliche Einnahmen brächte. Ach ja, nur nebenbei, Prof. Rudolf Hickel begrüßt sehr wohl eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer.

Tja, das DIW macht vorerst einen Strich durch einige Medienkampagnen, wie mir scheint. Udo Harms ist davon sichtlich getroffen. Schreibt er doch in seiner Überraschtheit einen Satz, der ziemlich daneben ist.

„Der Staat wird Geld brauchen. Und da bei Geringverdienern und Rentnern nicht mehr viel zu holen ist, müssen höhere Einkommen mit größeren Belastungen rechnen.“

Lassen sie das mal auf sich wirken.

Interessant ist übrigens auch die Gestaltung der heutigen Seite 2, die traditionell vom Berliner PR-Büro Slangen & Herholz beliefert wird. Dort ist ein Interview von Rasmus Buchsteiner mit Martin Kannegiesser, Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, abgedruckt. Aber da fehlt etwas. Die letzte Frage von Buchsteiner wurde einfach weggelassen. Man erkennt das an der auffällig leeren Fläche darunter. Ein weiterer Artikel wirkt dort sehr verloren.

Kannegießer

Aber dank der großen Reichweite des Büros Slangen & Herholz finden sie das komplette Interview zum Beispiel auch in der Online-Ausgabe des Gießener Anzeigers. Dort steht dann auch die letzte Frage samt Antwort:

Buchsteiner: Gilt das auch für die geplante Rentengarantie?

Kannegiesser: 20 Millionen Rentner zu beruhigen zu wollen, ist ein ehrenwertes Motiv. Dennoch: Eine solche pauschale Garantie zu geben, halte ich für falsch. Im besten Fall ist sie überflüssig, im schlimmsten Fall unsolidarisch gegenüber den Jungen. Wir haben ohnehin schon Schwierigkeiten, bei der Generationengerechtigkeit die richtige Balance zu halten.

Offenbar war der NP-Redaktion das dumme Gewäsch Kannegiessers angesichts des Gerechtigkeitsproblems, das die DIW-Studie aufwirft, zu heikel. Da hätte man dann sehr schön die Absurdität einer abgehobenen Debatte um die Rente sehen können.

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Die wahren Wendehälse

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Während sich das ZDF im Sommerinterview an Oskar Lafontaine und seinem Rücktritt 1999 abarbeitet, statt nüchtern festzustellen, dass seine damaligen Positionen auch die heutigen sind, hat Sebastian Dullien von der Frankfurter Rundschau einmal untersucht, wer vor der Krise am lautesten nach Deregulierung schrie. Dazu hat der Autor einen Index erstellt. Das Ergebnis ist nicht weiter überraschend. Leider schlägt sich das nicht in den Umfrageergebnissen nieder. Da dominieren genau jene Gestalten, die vor dem Crash jenen Rezepten das Wort geredet haben, die heute öffentlich verurteilt werden.

Selten hat sich ein Sinneswandel so schnell vollzogen: Nicht einmal vier Jahre ist es her, dass viele Politiker in Deutschland gar nicht rasch genug den staatlichen Einfluss über die Wirtschaft abbauen wollten.
Noch im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2005 schrieb die CDU/CSU: „Wir entschlacken die Vorschriften zum Kreditwesengesetz und führen die bestehende Überregulierung bei der Bankenaufsicht auf das notwendige Maß zurück.“

Das können sie übrigens auch im aktuellen Koalitionsvertrag nachlesen. Auf der Seite 86 f. finden sie unter dem Punkt „3. Finanzmarktpolitik“ folgende Passagen:

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum ist ein international wettbewerbsfähiger „Finanzplatz Deutschland“. Er ist die Grundlage für effiziente Finanzdienstleistungen für den Verbraucher und eine gute sowie kostengünstige Kapitalversorgung der Wirtschaft. Der deutsche Finanzmarkt besitzt ein großes Potential, das unter Beachtung der ständigen Fortentwicklung der globalen Finanzmärkte in der kommenden Legislaturperiode weiter ausgebaut werden soll. Dazu wollen wir:
[…]
Überflüssige Regulierungen abbauen. Dazu werden wir eine interministerielle Arbeitsgruppe einrichten, die im Dialog mit Markteilnehmern ein „Möglichkeitspapier“ zum Bürokratieabbau im Finanzsektor vorlegen soll. Bestehende Gesetze, Verordnungen und sonstige Regulierungen sind darauf zu überprüfen, ob sie ihr Ziel kostengünstig erreichen oder noch erforderlich sind. Als Startprojekt bietet sich die anstehende Novelle des Investmentgesetzes an.

Aber heute behauptet jeder Politiker, schon immer gewusst zu haben, dass der Finanzsektor deutlich mehr Regulierung und staatliche Aufsicht brauche. Die Studie von Dullien klärt auf:

„Für die Studie wurden dazu Reden, Gastbeiträge und Interviews führender Wirtschaftspolitiker in 34 tonangebenden deutschen Tages- und Wirtschaftsmedien ausgewertet. Aus diesen Daten wurde ein Index errechnet, der angibt, wie deutlich sich eine Persönlichkeit für Deregulierung stark gemacht hat.

Ein Wert von 100 Prozent bedeutet, dass der entsprechende Politiker sich in allen untersuchten Themenfeldern für einen Rückbau des Staates ausgesprochen hat, ein Wert von null, dass er bei keiner der untersuchten Fragen für weniger Staat plädierte.“

Nun raten sie mal, wer nach dieser Messung einen Wert von „Null“ erreicht? Richtig, Oskar Lafontaine. Und wer steht ganz oben? Guido Westerwelle mit einem Wert von 100 Prozent. Dahinter reiht sich die gesamte schwarz-gelbe Garde. Erschreckend auch, dass Deutschlands Ökonomen im Schnitt bei 92 Prozent landen. Kein Wunder also, dass es ein breites Bündnis aus Deregulierungsverfechtern geben musste. Fazit:

„Werte in der Größenordnung von 100 Prozent oder knapp darunter sind bedenklich, weil sie darauf hindeuten, dass in allen Politikfeldern weniger Staat gefordert wurde. Da wir heute wissen, dass zumindest auf den Finanzmärkten etwas mehr Regeln wohl besser gewesen wären, deutet dies auf ein gewisses pauschales „Deregulierungs-Vorurteil“ der Experten hin.“

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Sommervorführung des ZDF

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Gestern sollte Oskar Lafontaine vom ZDF-Vorzeigejournalisten Peter Frey interviewt werden. Dabei kam es zu einem bemerkenswerten Schlagabtausch zwischen einem parteiischen Meinungsmacher, der so tat, als würde er objektive Maßstäbe anlegen und „anständig“ sein und Oskar Lafontaine, der endlich mal die Kampagnenpolitik der Medien im Allgemeinen und beim ZDF im Besonderen zum Thema machte. Ich hätte mir da noch einen Zuschauer aus dem Off gewünscht, der mit Hilfe eines Zwischenrufes, man kennt ja sowas aus den Parlamenten, lautstark gegen Peter Freys grottige Vorstellung angegangen wäre. Aber man kann ja nicht alles haben. Dafür darf Peter Frey selber auf der Seite des ZDF zu dem arg entglittenen Interview Stellung nehmen und behaupten, die Angriffe Lafontaines seien ein Ausdruck von Schwäche. Frey habe quasi einen „Wunden Punkt“ getroffen. Man muss schon sehr weichgekocht in der Birne sein, es als journalistische Leistung zu verstehen, zwanzig Minuten damit zu vergeuden, einen Gesprächspartner mit der Wiederholung der immer gleichen falschen Behauptung provoziert zu haben.

Weil immer wieder behauptet wird, Oskar Lafontaine habe wortlos „hingeschmissen“, ohne zu erklären warum, dem sei bitte Lafontaines eigenes Buch „Das Herz schlägt links“ aus dem Jahre 1999 zu empfehlen. Darin legt er unmissverständlich klar, warum es zu diesem Schritt kam. Im Vorwort heißt es:

„Auch als der Rücktritt von einigen mir weniger wohlgesonnen Zeitgenossen so dargestellt wurde, als hätte ein pflichtvergessener Mensch einfach die Arbeit niedergelegt, änderte ich meine Auffassung nicht. Der Ministerrücktritt als politische Entscheidung ist ein fester Bestandteil demokratischer Kultur. Ein Minister sollte nicht nur dann zurücktreten, wenn die Medien ihn aufgrund eigenen Fehlverhaltens dazu drängen, sondern insbesondere dann, wenn er mit der Politik seines Regierungschefs oder seiner Regierung nicht mehr einverstanden ist. Doch dies scheinen Teile der deutschen Öffentlichkeit völlig vergessen zu haben.“

Oder auch nicht. Als Franz Müntefering zweimal „hinschmiss“, einmal als Vorsitzender der SPD, der seinen Kandidaten für den Posten als Generalsekretär 2005 nicht durchbekam und ein weiteres Mal als Vizekanzler, der aus familiären Gründen Ende 2007 zurücktrat, akzeptierten alle Medien dieses Vorgehen mit sehr viel Verständnis. Die Rückkehr Münteferings nur ein paar Wochen nach dem Tod seiner Frau im Sommer 2008 und vollends nach dem Sturz Kurt Becks im September 2008 wurde von den Medien als Großereignis inszeniert. Ihm wirft man nicht in zwanzig Minuten vor, alles „hingeschmissen“ zu haben, als es um die Wurst ging.

Oskar Lafontaine schreibt 1999:

„Unmittelbar nach meinem Rücktritt hatte ich nicht die Absicht, die Gründe darzulegen, die zu diesem Entschluss geführt haben. Die Verpflichtung zur Solidarität mit der eigenen Partei und ihrem Führungspersonal schien mir wichtiger als Klarstellungen. Sie werden allzuoft vom politischen Gegner missbraucht. Ich dachte an die Europa-, die Landtags- und Kommunalwahlen und wollte keinen Streit, der die Partei belastet hätte. Daher gab ich ein einige Tage nach meinem Rücktritt nur ein kurzes Interview, in dem ich im wesentlichen auf das schlechte Mannschaftsspiel der Regierung hinwies. Ich war der Auffassung, dass der Hinweis deutlich genug sei und die eigene Partei und die Anhänger der SPD sich durchaus ihren Reim darauf machen könnten. Hierin sollte ich mich täuschen.“

Denn unmittelbar nach Lafontaines Rücktritt am 11. März 1999 folgte am 8. Juni 1999 bereits in London die Vorstellung des Schröder-Blair-Papiers, in dem eine Änderung der Grundzüge rot-grüner Wirtschafts- und Finanzpolitik für die kommenden Jahre festgeschrieben wurde. Denn auf einmal trat an die Stelle des handelnden Staates, der Politik aktiv gestalten könne, die nebulösen Gebote einer globalisierten Welt, die den Staat zu ganz bestimmten Reformen zwängen. Die Durchsetzung eines solchen Glaubensdogmas kommt nicht über Nacht.
Lafontaine sagt bereits 1999 dazu:

„Wir hatten mit dem Versprechen einer anderen Politik, mit dem Versprechen, mehr soziale Gerechtigkeit in unserem Land zu verwirklichen, die Wahl gewonnen.“

Man kann es auch deutlicher sagen. Schröder konnte nach dem freiwilligen Rückzug Lafontaines aus der Regierung und aus der Partei den größten Wahlbetrug der bundesdeutschen Geschichte durchziehen, der die SPD noch auf viele Jahre hinaus lähmen wird. Wie sagte der Kanzler doch am 10. März in der Kabinettssitzung, eine wirtschaftsfeindliche Politik sei mit ihm nicht zu machen. Am nächsten Tag bereichtete Bild, Schröder habe mit Rücktritt gedroht und Lafontaine angegriffen. Es war also abzusehen, dass Lafontaine sich dem hätte fügen müssen, was in der Folge sehr rasch an Reformen eingeleitet wurde.

Gestern nun behauptet Peter Frey, dass Oskar Lafontaine einer der mächtigsten Männer der Republik gewesen sei, der politische Entscheidungen hätte herbeiführen können. Diese Unterstellung ist aus historischer Perspektive schlicht gelogen, wie auch das jämmerliche Anfügen des Beispiels, Lafontaine hätte die Änderung der Rentenformel ja zu diesem Zeitpunkt angehen können.

Antwort Lafontaine: „Sehen Sie, wenn Sie schon sagen, wir hätten die Rentenformel damals ändern können, dann sind Sie jetzt so tief in die Geschichte gegangen, dass Sie die Fakten nicht mehr präsent haben. Die Rentenformel war damals ausgezeichnet, die hätte ich gerne heute wieder.“

Ach ja. Vergleichen sie bitte auch die anderen Sommerinterviews im ZDF.

Sommerinterviews_Terminplan

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