Zur SPD nur soviel

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Der Gabriel war ja sehr unterhaltend bei seiner Bewerbungsrede. Aber das kennt man ja von ihm. Doch was kommt nun hinten raus? Eine Wende in der Betrachtung der eigenen Politik? Nein. Man habe Fehler gemacht, bla bla, aber man könne vor allem stolz sein auf das, was man in den zurückliegenden 11 Regierungsjahren zu Stande gebracht habe. Man habe sich an die vermeintliche Mitte angepasst. Gut und fein beobachtet, aber dann wieder Lob an die Versager wie Steinbrück, dem er attestierte, den richtigen Ton in der Finanzkrise gefunden zu haben. Häh? Der Mann war doch verantwortlich für die beklagte Anpassung an eine fiktive Mitte, die der neue SPD-Chef nun durch die Zurückgewinnung der Deutungshoheit über zentrale gesellschaftpolitische Fragstellungen neu besetzen will.

Doch wie sieht es mit einer Antwort auf z.B. die Rente mit 67 aus? Die neue Deutungshoheit bei dieser wichtigen Frage lautet nicht etwa Abschaffung aus der Erkenntnis heraus, einer geldgeilen Versicherungslobby auf den Leim gegangen zu sein, also sich einer vermeintlichen politischen Mitte angepasst zu haben, nein, die Antwort Gabriels lautet flexiblere Übergänge in den Ruhestand zu ermöglichen, in einem sog. Korridor zwischen 60 und 67. Ein Witz oder? Wer entscheidet denn dann, wie lange jemand zu arbeiten hat?

Auch Gabriel drückt sich um die kritische Auseinandersetzung mit dem falschen Kurs seiner Partei, die sich nicht nur einem falschen Begriff von Mitte angepasst hat, sondern vor allem die Interessen der Wirtschaft und des Kapitalmarkts bediente. Das haben die Wähler verstanden und keinen Unterschied mehr feststellen können zu den anderen Parteien, die schon immer unter dem Verdacht standen, Klientelpolitik zu betreiben. Es war wirklich unterhaltend, mit anzuhören, wie Gabriel die Politik von Schwarz-Gelb kritisierte, doch hätte er sich gleichzeitig an die eigene Nase fassen können. Später reichte ihm Frau Nahles ja auch ein „Tempo“.

Aber nein. Lob für Steinbrück und auch noch Applaus für jemanden, der die Beschlüsse von Parteitagen mit Füßen getreten hat (Bahnprivatisierung) und sogar kurz vor der Bundestagswahl den eigenen Leuten zum wiederholten Male in den Rücken fiel (Große Koalition sei das Ziel). Den hätte man aus der Halle jagen sollen. Es spricht ja auch Bände, dass Steinbrücks engster Mitarbeiter und ebenfalls SPD-Mitglied, Jörg Asmussen, seinen Job unter Finanzminister Schäuble (CDU) einfach weitermachen darf. Wenn Gabriel also davon spricht, dass nun ausgerechnet die politischen Kräfte mit der Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise betraut sind, die den Weg in die Krise bereitet haben, wirkt diese Kritik auch wegen der Kontinuität im Finanzministerium doch sehr unglaubwürdig.

Die Finanzspekulationswirtschaft und die Heuschrecken wurden durch SPD-Finanzminister begünstigt und gefördert. Wer das nicht auch an den Personen festmacht, die immer noch in dreister Weise auf dem Podium Platz nehmen dürfen und erneut bejubelt werden, wird sein Glaubwürdigkeitsproblem nicht los. Da kann man noch so betonen, die Basta-Politik der Partei- und Fraktionsführung abschaffen zu wollen und mehr Demokratie innerhalb der Partei zu wagen. Ohne die Abspaltung der Köpfe (bildlich gesprochen), die für das Versagen und das Weiter so stehen, kann eine angestrebte Erneuerung nur im Selbstbetrug enden.

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Neue Presse Hannover reagiert auf Gabriels "Brandbief" und den angeblichen Neuanfang bei der SPD

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Und wieder gleichen sich die Kommentare. In den gestrigen Tagesthemen sprach Sabine Rau vom WDR über den Brief von Gabriel an die Partei. Sie lobte die offenen Worte und die Kritik Gabriels am bisherigen Basta-Kurs der Partei. Die Forderung, der Basis wieder mehr Mitspracherechte zu geben, wird begrüßt. ABER: Die Agenda 2010 sei natürlich nicht Schuld an der katastrophalen Lage der Partei. Die richtigen Reformen wurden halt nur falsch vermittelt. Bei Christoph Slangen, vom PR-Büro Slangen & Herholz, liest man heute ähnliche Einschätzungen.

„Ein Kardinalproblem vieler in der Partei ist, dass sie in der anstrengenden Gegenwart der Globalisierung nicht angekommen sind. Für Leistungen wie die Arbeitsmarktreform schämten sich die meisten. Die Erfolge der SPD-Agendapolitik, die sinkenden Arbeitslosenzahlen, konnte die Partei nicht für sich reklamieren.“

Wie auch? Slangen hat noch immer nicht begriffen, dass es keinen Zusammenhang zwischen den Arbeitsmarktreformen der Regierung Schröder und dem Rückgang der Arbeitslosenzahlen gibt. Einen Beweis des Gegenteils bleibt er auch wieder schuldig und redet statt dessen von Globalisierung, einem Schlagwort, das für alle Reformen Begründung genug zu sein scheint. Aber für welche Erfolge sollen sich die Genossen denn nicht schämen? Große Teile der Arbeitsmarktreformen sind doch, bis auf Hartz IV, zurückgenommen oder grundlegend verändert worden. Letztes Jahr gab es sogar ein Gesetz mit dem Namen Reform der „arbeitsmarktpolitischen Instrumente“.

Mit diesem Gesetz wurden zum Beispiel die ABMs abgeschafft, auch die Personalserviceagenturen, eine Art Leiharbeit via Jobcenter wurde einkassiert, das war übrigens Hartz I. Die „Jobrotation“, bei der ein Beschäftigter in eine Weiterbildung wechselte, während ein Erwerbsloser zeitweise auf die Stelle rutschte, wird auch nicht mehr gefördert. Diese Regelung wurde unter Rot-Grün 2002 erst ins SGB III aufgenommen. Die Organisation der JobCenter selbst ist in Teilen verfassungswidrig und muss geändert werden. Hartz II, die Regelung der Ich-AGs, mit der Arbeitslosen der Einstieg in die Selbständigkeit erleichtert werden sollte, wurde im Jahr 2006 wieder gekippt. Die Neuregelung von Mini- und Midijobs führte im Ergebnis zu einer Verlagerung von Vollzeitstellen in diese prekären Beschäftigungsverhältnisse. Hartz III, die Umbenennung der Bundesanstalt für Arbeit in die Bundesagentur für Arbeit hat vor allem viel Geld für neue Schilder und Stempel verschlungen.

Mit Hartz IV beschäftigen sich zunehmend die Sozialgerichte, weil immer mehr Bescheide fehlerhaft oder ganz falsch sind. Die Regelsatzdiskussion ist gerade aktuell und die Frage, warum die Bundesregierung einem Säugling 11,90 € für Tabak und Alkohol zugesteht und nichts für Windeln, bleibt nach wie vor unbeantwortet, wie die ganze Regelsatzfindung überhaupt. Auch das Bundesverfassungsgericht meldet da bereits Zweifel an. Wer also, wie Slangen, die Botschaft verbreitet, dass man sich für diese rundum gescheiterten Arbeitsmarktreformen nicht zu schämen bräuchte, hat einfach nicht mehr alle Tassen im Schrank. Doch Slangen setzt noch einen drauf.

„Nun sind viele in der Partei so weit, sich die desolate Lage schönzureden: Sie hoffen darauf, schnell im Bündnis mit der Linken die Macht erobern zu können. Linksruck als Patentrezept? Das wird nicht klappen. Sigmar Gabriel wird es schwer haben mit der Basis.“

Wer redet denn die Lage schön? Das sind doch die Agenda-Verfechter, die sich gerade wieder die Posten zuschanzen anstatt das Weite zu suchen. Slangens Kommentar-Überschrift lautet übrigens, Weg von der „Basta-Partei“. Das sollte man durchaus als Aufforderung verstehen. Doch was soll dann das?

„Linksruck als Patentrezept? Das wird nicht klappen.“

Dahinter hätte Slangen auch sein persönliches „Basta“ schreiben können. Die SPD soll eben nicht selbst darüber bestimmen dürfen, mit wem sie in Zukunft koalieren möchte. Da will Christoph Slangen wohl mitreden.

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Angeblicher Brutalo-Kampf in der SPD – Nun soll’s der Harzer Roller richten – und Steinbrücks Abgang wird sehr bedauert

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In Sachen SPD bin ich heute Abend ein wenig irritiert. Steinbrücks Abgang wird überall bedauert und seine persönliche Entscheidung so dargestellt, als hätten ihn die chaotischen Zustände in seiner Partei dazu getrieben. Ein guter Mann bliebe auf der Strecke, hieß es. Und so wird an der Legende vom erfolgreichen Krisenmanager weitergesponnen. Dabei gehört Steinbrück neben der Kanzlerin vor ein Gericht gestellt, wenn man sich vor Augen führt, was sich die beiden bei der dubiosen und bis heute nicht vollständig aufgeklärten HRE-Rettung geleistet haben. Sie haben keinen Schaden, wie einst geschworen, vom Deutschen Volke abgewendet, sondern ihm bewusst einen solchen zugefügt – einen milliardenschweren Schaden.

Wenn man sich die Tickermeldungen von heute noch einmal anschaut, könnte man zu dem Eindruck gelangen, in der SPD hätte es einen Aufstand gegeben. Doch halten wir mal fest. Steinmeier ist Fraktionschef und ein weiterer Agenda-Versager soll nun die Partei führen. Der Harzer Roller Sigmar Gabriel, dem nun wieder Regierungserfahrung angedichtet wird, obwohl er lediglich Gerhard Schröders Mehrheit in Niedersachsen von 1998 bis zum folgenden Wahltermin 2003 verwaltete, um dann ziemlich deutlich vom Kuschel-Wulff in die Wüste geschickt zu werden, kann mit seinem Auftreten höchstens für Unterhaltung sorgen, mehr nicht. Die Scheinlinke Andrea Nahles soll ihm zur Seite gestellt werden. Das klingt auch nicht wirklich nach Neuanfang, da man sich noch immer nicht von einer falschen Politik distanziert und auch erklärt, dass sie falsch war. Im Gegenteil, ich höre schon wieder Stimmen, dass es bloß ein Vermittlungsproblem gegeben habe. Die Menschen hätten den Reformkurs halt noch immer nicht verstanden. Schützenhilfe liefern die Medien, die allesamt den Agendakurs als notwendig und unumkehrbar darzustellen versuchen.

In Thüringen wird es gerade sehr interessant. Plötzlich hält Spitzenkandidat Matschie eine eigene Kandidatur um den Posten des Ministerpräsidenten nicht mehr für anstrebenswert. Die Linkspartei solle halt einen anderen sozialdemokratischen Regierungschef mitwählen, den Matschie nun intensiv suchen werde. Nach dem Bundestagswahlergebnis sei eine Große Koalition in Thüringen zudem nicht mehr vorstellbar. Dabei dachte ich immer, dem Matschie ginge es um Themen und nicht um strategische Optionen. Das alles wirft doch ein sehr bezeichnendes Licht auf die inneren Zustände in der SPD.

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