Iran-Konflikt: Avi Primor klärt Motivlage beiläufig auf

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Der Konflikt mit dem Iran wird in der Öffentlichkeit als eine Auseinandersetzung um dessen Atomprogramm beschrieben. Aus westlicher Sicht geht es darum, den Iran daran zu hindern, Atomwaffen zu produzieren, egal ob Beweise für ein derartiges Unterfangen existieren oder nicht. Das Motiv für den gezielt auf Eskalation ausgerichteten Konflikt schien bisher unklar zu sein. Am Dienstag gab der ehemalige israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, dem Fernsehsender Phoenix eine bemerkenswerte Antwort.

Der ehemalige israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, sieht nicht Israel, sondern vor allem die unmittelbaren Nachbarstaaten vom Iran bedroht. „Israel ist nicht der echte Feind, nicht das echte Ziel“, sagte er im PHOENIX-Interview. „Israel zu zerstören ist für den Iran eher eine emotionale Sache, und ein Propagandamittel, um sich in der arabischen und islamischen Welt beliebt zu machen. Ziel sind ganz andere Länder, vor allem die unmittelbaren Nachbarn Irak, Saudi-Arabien und die Golfstaaten.“ Im Gegensatz zu Israel hätten diese Staaten nicht die Mittel, um einen Schlag zu erwidern. Wenn der Iran in diesen Ländern die Oberhand gewinne, würde er über 57 Prozent der weltweiten Erdölreserven herrschen. „Dann kann der Iran die ganze Welt bedrohen oder zumindest erpressen.“

Quelle: Phoenix

Die Angst des Westens vor einer Regionalmacht, die einen Großteil der Erdölreserven der Welt kontrollieren könnte, passt natürlich zu der Nato-Doktrin, die Nachschubwege “unserer” Ressourcen vor dem Zugriff anderer schützen zu wollen. Es geht um die “strategische Versorgung des Westens”, für die der ehemalige Präsident Frankreichs, Jacques Chiriac, schon 2006 bereit war, Atombomben auf Teheran zu werfen. Dabei gilt der Grundsatz Schürfrechte vor Menschenrechte. Das erklärt keiner so schön wie Volker Pispers.

Dass auch Deutschland bereit ist für freie Handelsrouten und den Schutz von Ressourcen, die wir gerne hätten, in den Krieg zu ziehen, ist inzwischen nach Horst Köhlers Rücktritt kein Geheimnis mehr. Sowohl Karl-Theodor zu Guttenberg wie auch sein Nachfolger im Amt des Verteidigungsministers, Thomas de Maizière, kommunizierten das als Selbstverständlichkeit einer zukünftigen Sicherheitspolitik. Es ist schon merkwürdig, dass Minister nicht wegen derartiger völkerrechtswidriger Äußerungen zurücktreten, sondern weil sie ihre Doktorarbeit fälschten.

Lange vor Horst Köhler hatte schon Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer ersten Regierungserklärung nach der Wiederwahl, am 10. November 2009, auf eine beabsichtigte Neuordnung der Welt hingewiesen.

„Mehr noch: Wir alle müssen verstehen, dass es um weit mehr geht als nur um die Bewältigung der Folgen der Krise in unserer eigenen Volkswirtschaft. Nein, die Karten werden weltweit neu gemischt. Das und nichts anderes ist die Dimension der Krise. Weltweit werden die Karten neu gemischt. Da gibt es eben keine angestammten Marktanteile und Positionen. Wer wird sich den Zugriff auf Rohstoffe und Energiequellen sichern? Wer lockt Investitionen aus anderen Teilen der Welt an? Welches Land wird zum Anziehungspunkt für die klügsten und kreativsten Köpfe?

Damals erkannte nur Oskar Lafontaine die Sprengkraft in Merkels Worten und warnte davor, dass sich Deutschland in imperiale Kriege zur Rohstoffsicherung einspannen lasse:

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EDIT: Heute traf sich Angela Merkel mit dem kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew, um über eine Rohstoffpartnerschaft zu verhandeln. Nasarbajew regiert bereits seit 20 Jahren mit und ohne Wahlen und darf wohl zu Recht als Diktator bezeichnet werden. Zum Glück hat sie ihm keine Geburtstagsgrüße übermittelt. Denn dann müsste sie vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Näheres zu dem pikanten Treffen unter anderem bei Jacob Jung.

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Mal wieder ahnungslos und offensichtlich manipuliert

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Ich finde es gut, dass im Deutschlandfunk über den Tag verteilt viele Interviews geführt werden. Ich stelle aber auch immer wieder eine Ahnungslosigkeit auf Seiten der Moderatoren fest, die in deren Fragestellungen mehr als deutlich zu Tage tritt. Heute Mittag interviewte Jasper Barenberg den Fraktionsvize der Linken im Bundestag, Jan van Aken, zum Thema Iran. Dabei zeigte sich in den Fragestellungen Barenbergs seine überaus schlechte Sachkenntnis.

 Barenberg: Noch mal zurück, Herr van Aken, zu dem Bericht der IAEO, der Internationalen Atomenergiebehörde. Sie sagen, es gibt keine Informationen darin über ein aktuell laufendes militärisches Atomprogramm. Sie haben aber gleichwohl gesagt, es gibt gute Hinweise, gute Belege für ein solches Programm in der Vergangenheit. Aber dass es keine Indizien für laufende Programme gibt, heißt doch nicht, dass es das nicht mehr gibt?

Barenberg weigert sich zur Kenntnis zu nehmen, dass in dem aktuell diskutierten IAEA-Bericht keinerlei Belege über ein iranisches Atomwaffenprogramm zu finden sind und behauptet stattdessen, dass man aus dem fehlenden Nachweis nicht schließen könne, dass es kein Programm gibt. Super Rechtsverständnis. Im Umkehrschluss ist dann die Tatsache, dass dem Angeklagten die Tat nicht nachgewiesen werden kann, nicht einmal Indizien vorhanden sind, trotzdem ausreichend, um ihn zu verurteilen, weil er die Tat theoretisch begangen haben könnte. In keinem Fall ist er aus Mangel an Beweisen freizusprechen, weil auch schon die Unschuldsvermutung in diesem Fall außer Kraft gesetzt wurde.

In diktatorischen Systemen ist diese Rechtsauffassung vielleicht normal, zu einer Demokratie passt sie nicht!

Barenberg: Nach meiner Wahrnehmung oder nach meiner Kenntnis hat der Iran Gesprächsangebote und Angebote dieser Art, was die Anreicherung von Uran angeht, ja ein ums andere Mal wieder abgelehnt. Also immer der Vorschlag, das zu tun. Und wenn es dann konkret wurde, wurde daraus nichts. Ist das nicht ein Teufelskreis, aus dem wir gar nicht mehr herauskommen?

Hier zeigt sich die totale Unkenntnis in der Sache. Es war der Iran, der zusammen mit den Vermittlern Brasilien und Türkei einen Kompromissvorschlag erarbeitet hat, den der Westen partout nicht akzeptieren wollte und daher die Gespräche immer wieder scheitern ließ. Van Aken gibt die richtige Antwort auf diese ausgesprochen dämliche Frage:

Also, man muss auch sehen, dass Verhandlungen nicht heißen kann, ich stelle eine Forderung und Ahmadinedschad knickt ein oder wir verhandeln nicht weiter. So funktionieren Verhandlungen nicht. 

Doch Barenberg setzt noch einen drauf und recycelt einen Satz, den Ahmadinedschad angeblich gesagt haben soll.

Barenberg: Was die Rationalität des iranischen Präsidenten angeht, da gehen die Meinungen sicherlich weit auseinander. Es gibt andere, die immer wieder verweisen auf die Anwürfe, die es in Richtung Israel gibt, auf die Formulierung, wonach man Israel ins Meer treiben will und die Israelis. Da gibt es sicherlich unterschiedliche Meinungen.

Zunächst einmal ist der falsche Satz schon falsch von Barenberg wiedergegeben. Angeblich gesagt haben soll Ahmadinedschad nämlich, dass Israel von der Landkarte getilgt werden müsse. Und diese Formulierung ist als falsche Übersetzung westlicher Nachrichtenagenturen bereits dokumentiert worden. Ein alter Hut sozusagen. Dennoch muss man dem iranischen Diktator keine feine Kinderstube attestieren. Seine Worte und seine Haltung gegenüber Israel sind da schon klar genug. Ihn und sein Regime aus westlicher Überheblichkeit heraus aber für blöd und irrational zu halten, zeugt jedoch von eigener Dummheit und mangelnder Sachkenntnis.

Dafür ist das Ergebnis irrational, wenn man offen, wie Philipp Mißfelder aus einer Laune heraus – denn Sachkenntnis kann es nicht gewesen sein – mit Krieg droht.

Barenberg: Angesichts der Unsicherheit, Herr van Aken, wir wissen nicht, ob es ein militärisches Programm gibt, ob es wieder angestrebt wird, ist es nicht eine gute Idee, den militärischen Druck aufrecht zu erhalten? 

Was für eine seltsame Logik? Ist es nicht irrational wegen des eigenen Unwissens – also ohne Grund, einem anderen Land Gewalt anzudrohen?

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Brauchen die Briten einen Krieg?

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Die heftigen Reaktionen der britischen Regierung nach der “Erstürmung” der Botschaft in Teheran wird auch hierzulande begrüßt und breit diskutiert. Die Kappung der Beziehungen zwischen Iran und dem Westen wirkt dabei wie ein unkoordiniertes Vorgehen. Sogar der Westerwelle hatte mal wieder Gelegenheit, vom Misthaufen der Berliner Politik bedeutungsvoll herunterzugackern. Alle schimpfen sie über die inneren Verhältnisse des Iran und fordern wieder Sanktionen.

Philipp Mißfelder, das außenpolitische Hüftgelenk der Union, plädiert in seinem jugendlichen Eifer sogar dafür, eine militärische Option nicht auszuschließen. Diese Wortmeldung dürfen sie selbst verurteilen. Ich behalte meine durchaus beleidigenden Gedanken lieber für mich.

Doch kaum einer nimmt Notiz von den inneren Verhältnissen in Großbritannien, auch nicht der Abgeordnete Mißfelder. Die nehmen nämlich dramatische Züge an. Wo die scheinbürgerlichen Medien und zweifelhafte Politgestalten einmal mehr versagen und sich lieber in durchschaubaren Manövern verheddern, leisten die Linken bürgerliche Aufklärungsarbeit. In der Jungen Welt steht:

Der größte Streik in der Geschichte

Gewerkschaften legen öffentlichen Dienst Großbritanniens lahm

Ein historischer Tag für die britische Gewerkschaftsbewegung begann in Manchester am Mittwoch morgen mit: Stille. Dort, wo normalerweise ab 7 Uhr in der Frühe auf allen Straßen Dauerstau herrscht, machte sich gähnende Leere breit. Rund 30 Gewerkschaften hatten für den gesamten öffentlichen Sektor Großbritanniens zum Streik gegen eine von der Regierung geplante Rentenreform aufgerufen. Dieser zufolge sollen Beschäftigte länger arbeiten und mehr Geld in die Rentenfonds einzahlen, dafür am Ende des Berufslebens jedoch eine geringere Rente erhalten. Damit sollen die milliardenschweren Bankenrettungspakete finanziert werden.

Wer sich nicht völlig blind durch die Geschichte bewegt, müsste wissen, dass gerade in Großbritannien innenpolitische Verwerfungen durch eine aggressive Außenpolitik immer wieder kanalisiert wurden. Das war zu Zeiten als Kolonialmacht so und zu Zeiten Maggie Thatchers, die den Falklandkrieg 1982 um die relativ unbedeutende Inselgruppe im südlichen Atlantik nur deshalb führte, weil er einen Gewinn an Popularität versprach. In der Folge fiel es ihr leichter, die konservative Wende im Königreich durchzusetzen, die Privatisierung vieler Staatsunternehmen voranzutreiben und die Position der Arbeitnehmerschaft nachhaltig zu schwächen.

Jetzt sind die Briten wieder in einer Situation, in der die innenpolitischen Spannungen auf ihrer kleinen Insel derart zugenommen haben, dass ein Befreiungsschlag nach außen hin nötig und logisch erscheint. Was böte sich da besser als Projektionsfläche an, als eine Verletzung britischer Hoheitsrechte im “Schurkenstaat” Iran?

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Richtige Worte und Gesten

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Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz hat dem Bundesinnenminister nahegelegt zurückzutreten, weil er mit Blick auf den “Rechtsterrorismus” nicht die richtigen Worte und Gesten finde.

Das ist schon sehr seltsam, weil die gesamte Regierung weder die richtigen Worte noch die richtigen Gesten findet, und das gilt nicht nur für rechte Straftäter, die weitgehend unerkannt mordend durch die Lande ziehen. Aber bleiben wir ruhig einen Augenblick beim Bundesinnenminister. Im Sommer tourte er noch als Wahlkampfhelfer von Veranstaltung zu Veranstaltung in der kommunalen Provinz. Dabei hielt er immer dieselbe Rede.

Er sprach über die innere Sicherheit und die Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus (Deutschland sei noch stärker im Fadenkreuz als vor zehn Jahren) und darüber, dass das Verhältnis zwischen Bürger und Staat, das seit 1968 gelitten habe wieder neu justiert werden müsse.

Junge Menschen sollten wieder lernen, nicht nur von einer sozialen Gemeinschaft etwas zu erwarten, sondern dem Land auch etwas zu geben, weil sie es ihm schulden. Und ja, er nahm den Kennedy Satz für sich in Anspruch, wonach man als Bürger nicht fragen solle, was das Land für einen tun, sondern was man selber für das Land tun könne. Im Kampf der Systeme müsse Deutschland international wettbewerbsfähig bleiben, und es stimme nicht, dass die Freiheit durch den Staat bedroht werde, sondern nur durch Angreifer von außen.

Dabei richtete sich sein Blick konsequent auf angeblich 1000 Personen, die man als mögliche Terroristen bezeichnen könne. Von diesen seien 128 als sogenannte Gefährder eingestuft, von denen man annehme, dass sie erhebliche Straftaten begehen könnten. 20 dieser Gefährder hätten gar eine Ausbildung in Terroristenlagern absolviert.

„Die größte Gefahr geht heute eher von Einzeltätern aus. Sie sind schwer zu entdecken“

Quelle: Süddeutsche

Heute wirken solche Aussagen noch unbegreiflicher. Nur hat damals kein Wiefelspütz zum Rücktritt aufgerufen, weil Friedrich mit demagogischen Reden die Hoheit über den Stammtischen erringen wollte. Offenbar war auch die SPD überfordert und wollte nicht erkennen, dass auch in Deutschland von rechts systematisch Straftaten begangen werden. Norwegen war ein Schock, aber auch relativ weit weg. Nicht zuletzt der Umgang mit Thilo Sarrazin hat gezeigt, dass es auch bei der SPD an richtigen Worten und Gesten mangelt.

Allerdings muss man Dieter Wiefelspütz zugute halten, dass er Sarrazin zu Recht vorwarf, rassistisches Gedankengut zu verbreiten und hat deshalb konsequent dessen Austritt aus der SPD gefordert. Nur als Anders Behring Breivik in Oslo Amok lief und SPD-Parteichef Gabriel einen Zusammenhang zwischen ihm und fremdenfeindlichen Gedankengut à la Sarrazin in Europa herstellte, ruderte Wiefelspütz wieder kleinlaut zurück.

Gabriel: „In einer Gesellschaft, in der Anti-Islamismus und Abgrenzung von anderen wieder hoffähig wird, in der das Bürgertum Herrn Sarrazin applaudiert, da gibt es natürlich auch an den Rändern der Gesellschaft Verrückte, die sich letztlich legitimiert fühlen, härtere Maßnahmen anzuwenden.” 

Wiefelspütz: „Für seine Analyse ist alleine Herr Gabriel verantwortlich. Ich würde so weit nicht gehen. Alles wird mit allem verrührt. Es fehlt dann an der Präzision der Analyse.“ Wiefelspütz will nicht falsch verstanden werden als Fan von Sarrazin. Er hält ihn, wie er sagt, für „borniert, statistikgläubig, herzlos und zynisch“. Gabriels Hinweis aber sei „nicht hilfreich“, im Gegenteil: „Sarrazin auch nur im Nebensatz in Verbindung zu bringen mit Norwegen, finde ich unangemessen.“

Quelle: Tagesspiegel

Ja, was denn nun Herr Wiefelspütz? Wischi Waschi hat mit richtigen Worten und Gesten auch nicht wirklich etwas zu tun.

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Nachtrag zur Krawalldiplomatie

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Diese Woche bin ich der Frage nachgegangen, ob der Iran tatsächlich an der Bombe baut und wie man die Informationen der internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) einordnen müsse. Nun ist das entsprechende Papier aufgetaucht, das belegen soll, dass der Iran sein Atomwaffenprogramm fortführe. Und was soll man sagen. Kein normal denkender Mensch würde nach der Lektüre des IAEA-Berichts der abschließenden Einschätzung der Behörde zustimmen.

Der Bericht trägt den Titel:

Implementation of the NPT Safeguards Agreement and relevant provisions of Security Council resolutions in the Islamic Republic of Iran    

Er ist auf der Website der israelischen Zeitung HAARETZ veröffentlicht worden. Wie bei den Berichten der CIA zur weltweiten Gefahrenlage handelt es sich auch hier inhaltlich um Einschätzungen der IAEA. Kein einziger Beweis wird benannt, der die Schlussfolgerung rechtfertigen würde, der Iran unterhalte ein Atomwaffenprogramm. Gleich zu Beginn wird in dem Report nur von der “möglichen militärischen Dimension” eines iranischen Atomprogramms gesprochen und davon, dass der Iran gewissen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei.

5. This report addresses developments since the last report (GOV/2011/54, 2 September 2011), as well as issues of longer standing, and, in line with the Director General’s opening remarks to the Board of Governors on 12 September 2011, contains an Annex setting out in more detail the basis for the Agency’s concerns about possible military dimensions to Iran’s nuclear programme. The report focuses on those areas where Iran has not fully implemented its binding obligations, as the full implementation of these obligations is needed to establish international confidence in the exclusively peaceful nature of Iran’s nuclear programme.

Nur wird ganz deutlich, dass die IAEA aus diesem Versäumnis einen Vertrauensverlust konstruiert, den man sich konsequenterweise nur damit erklären will, der Iran wolle die Existenz eines geheimen Atomwaffenprogramms verbergen. Um diese Behauptung zu untermauern, wird in die Zeit vor 2003 zurückgegriffen – also jenem Zeitraum, in dem der Iran tatsächlich ein solches Programm unterhielt – und es wird unterstellt, dass das Programm in der Folge weiterbetrieben wurde.

45. The information indicates that prior to the end of 2003 the above activities took place under a structured programme. There are also indications that some activities relevant to the development of a nuclear explosive device continued after 2003, and that some may still be ongoing.

Besagte Anzeichen (indications) bleibt der Report aber schuldig. Bekannt ist, dass die Geheimdienste noch im Jahr 2007 der Auffassung waren, der Iran habe sein Waffenprogramm in 2003 eingestellt.

We judge with high confidence that in fall 2003, Tehran halted its nuclear weapons program.

We assess with moderate confidence Tehran had not restarted its nuclear weapons program as of mid-2007, but we do not know whether it currently intends to develop nuclear weapons.

Den Geheimdiensten lagen also nie Beweise vor, dass Teheran das Waffenprogramm wiederaufgenommen hätte. Mehr noch, die Geheimdienste haben immer wieder betont, dass sie nichts wissen. Auch in diesem Jahr.

CIA-Iran

Nun erklärt aber die IAEA, dass CIA und Co. etwas übersehen haben müssen. Ein starkes Stück. Aber in Wirklichkeit haben die Medien mehr gedichtet als berichtet und schlichtweg die Rhetorik des neuen IAEA Chefs Yukiya Amano übersehen, der mit Blick auf den Bau eines Sprengkopfes für eine Rakete nur von einer Möglichkeit und offenen Fragen sprach und nie von direkten Behauptungen und Beweisen.

Dabei stützt sich Amano erneut auf sog. Laptop-Dokumente, die angeblich von einem iranischen Computer stammen, den ein Unbekannter gestohlen und 2004 einem US-Geheimdienst übergeben haben soll. Darin sei eine Reihe von Zeichnungen von einer Rakete, die vielleicht einen Atomsprengkopf hätte tragen können, sowie Berichte über Tests mit hochexplosiven Sprengstoffen, die zur Zündung einer Atomwaffe hätten dienen können. Dieser Bericht wurde bereits von Amanos Vorgänger Mohammed el-Baradai verworfen und für unglaubwürdig gehalten. Nun ist er wieder da. Das ist die Neuigkeit.

Einige bezeichnen diese Dokumente als Fälschung. Das kann ich nicht beurteilen. Fakt ist jedenfalls, dass auf Grundlage dieser vermeintlichen Beweise und der Weigerung des Iran, dem Westen seine Annahme zu bestätigen, die gesamte Auseinandersetzung fußt. Wie bei Saddam im Irak wird einfach behauptet, du hast die Bombe, wir wissen es, gib es zu und wenn nicht, werden wir kommen und sie finden. Und wenn wir sie nicht finden, ist das auch nicht so schlimm. Dann können wir wenigstens die Demokratie einführen, 10 Jahre Brunnen bohren, Schulen bauen und Frauen befreien. 

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Krawalldiplomatie: Baut der Iran wirklich an der Bombe?

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Sind sie auch davon überzeugt, dass der Iran an einer Atombombe baut? Die korrekte Meldung lautet ja, dass die internationale Atomenergiebehörde (IAEA) laut einem Bericht der “Washington Post” über Beweise verfügen würde, dass der Iran mit Hilfe von ausländischen Spezialisten an der Entwicklung von Kernwaffen arbeite.

Natürlich legt die IAEA und auch die Washington Post keine Beweise vor. Man beruft sich wie immer auf diplomatische Quellen.

Gemäß der Angaben der Geheimdienste von namentlich nicht genannten Ländern, die in den letzten Jahren bei der IAEO eingehen, habe ein gewisser „sowjetischer“ Spezialist für die Entwicklung von Waffen den iranischen Kollegen Ratschläge zur Ausarbeitung von Zündern gegeben, wie sie in der Kernmunition zur Initiierung der Spaltreaktion genutzt werden können.  

Quelle: RIA Novosti

Das muss genügen, damit alle durchdrehen. Dabei hat sich an der Einschätzung und der Faktenlage seit dem Jahr 2003 nichts geändert. Zu diesem Zeitpunkt waren vor allem amerikanische Sicherheitsbehörden zu dem Ergebnis gekommen, der Iran habe sein nukleares Waffenprogramm eingestellt.

Seitdem machen Gerüchte und Mutmaßungen die Runde. Vor einem Jahr stützte die IAEA ihre Annahmen auf Berichte der US-Geheimdienste, in denen aber wortwörtlich stand, dass keine Erkenntnisse vorliegen, aber die Größe von entsprechenden Anlagen es theoretisch ermögliche, waffenfähiges Uran anzureichern. Nun ist die IAEA schlauer und behauptet einfach, dass sie sich auf Angaben von gleich mehreren Geheimdiensten stütze, deren Namen man aber nicht preisgebe.

Die Amerikaner, die aufgrund dieser wagen Andeutung erneut mit dem Säbel rasseln, dürften wohl nicht zu den “namentlich nicht genannten Ländern” gehören und damit als Quelle ausscheiden. Denn in deren Geheimdienstberichten an den Kongress steht immer noch kein konkreter Beweis, der eine Anklage rechtfertigen würde.

In dem letzten mir bekannten Bericht der CIA zur weltweiten Bedrohungslage vom 10. März 2011 steht zum Thema Iran sinngemäß: Wir haben keine Ahnung, ob sich der Iran dazu entschließen wird Atomwaffen zu bauen.

CIA-Iran

Dabei beruft sich der Geheimdienst wiederum auf die IAEA, die einen Anstieg der installierten und verwendeten Zentrifugen zum Anreichern von Uran gezählt hat. Daraus schließen die Analytiker nun, dass der Iran aufgrund genügender Kapazitäten technisch in der Lage sei, eine Atombombe zu bauen. Aber diesen Vorwurf könnte man wahrscheinlich jedem Staat machen, der mittels Atomkraftwerken auf Kernenergie setzt und Strom erzeugt.

Außerdem ist es geradezu absurd, dass eine Wiener Behörde, die als Teil der UN fungiert mehr weiß als die CIA. Bekannt ist hingegen, dass der US-Geheimdienst Druck auf die IAEA ausgeübt hat, entsprechende Belege für ein Atomprogramm des Iran zu liefern. Der frühere Generaldirektor der IAEA und Friedensnobelpreisträger Mohammed el-Baradei weigerte sich aber beharrlich, die Existenz eines geheimen iranischen Atomwaffenprogramms zu bestätigen. Er warnte gar vor einem militärischen Eingreifen wie gegen den Irak, das auf Grundlage gefälschter Beweise erfolgte. Von der US-Regierung wurde er wohl auch deshalb systematisch belauscht.

Nun scheint es aber so, als würde das Zusammenspiel zwischen US-Regierung und IAEA wieder bestens funktionieren. Es macht sich natürlich gut, wenn eine Behörde außerhalb der US-Sicherheitskreise nebulöse Warnungen formuliert. Ob die nun stimmen oder nicht, spielt zunächst keine Rolle. Die festgefahrenen Verhandlungen zwischen Iran und der sogenannten Sechsergruppe sollen anscheinend wieder in Schwung gebracht und die Position des Westens mit unfairen Mitteln verbessert werden.

Denn bisher lautet der Kompromiss mit den Vermittlerstaaten Brasilien und Türkei, dass der Iran einen Teil seines Uranbestandes (1200 Kilogramm leicht angereichertes Uran) im NATO-Land Türkei zwischenlagern und aufbereiten lassen soll. Im Gegenzug hätte die Türkei Brennstäbe für einen iranischen Forschungsreaktor geliefert. Ungeachtet dessen wollte Iran aber auch weiter an einer eigenen Urananreicherung festhalten, was genau betrachtet auch verständlich wäre, falls der Westen sich dazu entschließen sollte, den Iran um das herausgegebene Uran zu bescheißen. Eine Art “Rückversicherung” sozusagen.

Der Westen sieht das natürlich anders und vermutet weiterhin ein geheimes Atomwaffenprogramm. In der Folge drehte sich die Diskussion dann auch um den Punkt, dass der Iran von der eigenen Anreicherung Abstand nehmen müsse, um die gegen ihn erhobenen Vorwürfe, er wolle eine Bombe bauen, zu entkräften. Und weil die Vorwürfe des Westens bei näherer Betrachtung haltlos sind, müssen Beweise her, die zu den bekannten Fakten passen.

Daher auch die Geschichte eines “Spezialisten”, der iranischen Kollegen Ratschläge zur Ausarbeitung von Zündern gegeben haben soll. Dumm nur, dass ein iranischer Kollege, der mit dieser Information etwas hätte anfangen können, der 35-jährige Wissenschaftler und Universitätsdozent Dariusch Rezaie, vor dem Kindergarten seiner Tochter durch Schüsse zweier Täter im Sommer diesen Jahres getötet wurde. Und auch andere Wissenschaftler, die dem iranischen Atomprogramm zugerechnet werden, fielen Attentaten zum Opfer.

Es stellt sich also die Frage, in wie fern vom Iran Gefahr für die Sicherheit in Nahost und für die Welt ausgeht. Bei näherer Betrachtung, der sich unsere Medien natürlich einmal mehr verweigern, dürften zumindest Zweifel an der offiziellen Darstellung angebracht sein.

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Man sollte nicht von Terror sprechen

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Mit Blick auf die entsetzlichen Anschläge in Norwegen geschieht Sonderbares. Als die Öffentlichkeit noch überhaupt nichts wusste und nur die Bilder von einem zerstörten Platz zur Kenntnis nehmen konnte, war für viele klar, dass es sich um einen Akt des Terrorismus handeln musste. Da es sich bei dem Täter nun aber nicht um einen Menschen handelt, den man einer islamistischen Schublade hätte zuordnen können, war schnell von einem Amokläufer die Rede. Als dann wiederum bekannt wurde, dass der Amokläufer weder spontan gehandelt hat, noch geistig verwirrt war oder etwa angestachelt von Killerspielen mal das ausleben wollte, was er im Schützenverein gelernt hatte, sondern sein Vorgehen genau geplant hatte und sich dafür auch noch theoretischer Irrlehren bemächtigte, sind einige Koordinatensysteme vollends kollabiert.

Die Rechte verteidigt sich und will in den Drohungen des Anders Behring Breivik auch ein mögliches Angriffsziel auf sich selbst entdeckt haben. Und die Linke schmückt sich derweil mit einem neuen Terrorismusbegriff, den man um den Aspekt des rechten fundamentalistischen Terrors erweitern müsse.

Hierbei verdreht sich aber Aufklärung in ihr Gegenteil. Denn war es nicht immer Aufgabe, die Angst vor dem Terrorismus als inszenierte Bedrohung derer zu entlarven, die gern die Sicherheitsbestimmungen gegen jede Vernunft verschärfen wollten und sogar dafür bereit waren, den Rechtsstaat zu opfern? Wer wollte denn nun ernsthaft einem Innenminister Friedrich widersprechen, der die Erweiterung des Terrorismusbegriffs durch die Linken dankbar annimmt und diesen gleichfalls als Bestätigung seiner Sicherheitspolitik nutzt. Noch einmal sein Statement aus der Bild am Sonntag:

“Wir dürfen und werden uns in unserer offenen Lebenskultur nicht einschränken lassen. Deshalb vertrauen wir unseren Sicherheitsbehörden den Schutz unserer freien Gesellschaft an. Wichtig dafür ist ein effizientes Frühwarnsystem. Dazu brauchen unsere Behörden aber auch die notwendigen rechtlichen Befugnisse. Ich bin daher froh, dass wir die Antiterror-Gesetze, die für jede Form von Terrorismus gelten, auch in Zukunft zur Verfügung haben.”

Die Rechte wird nämlich keine Diskussion um die geistigen Brandstifter führen wollen, die als Biedermänner aufgetreten sind und deren Gedankengut bereits salonfähig geworden ist. Die Rechte wird Kapital daraus schlagen und die Gelegenheit ergreifen wollen, nun vor einer undifferenzierten terroristischen Bedrohung “egal welcher Couleur“ warnen zu können, die weiterer Sicherheitsmaßnahmen bedarf oder bisherige rechtfertige. Sie werden den Souverän ein weiteres Mal um Erlaubnis bitten, die Macht über die demokratischen Institutionen aus- und die Rechte des sich ängstigenden Mitbürgers abbauen zu dürfen. 

Die Eliminierung Osama bin Ladens habe in den Augen der regierungsamtlichen Angstmacher ja auch nicht zu einer Abnahme der Bedrohungslage geführt, sondern genau zum Gegenteil. Innenminister Friedrich zur islamistischen Bedrohungslage bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts.

Diese Bedrohung existiere in großer Vielfalt und konzentriere sich längst nicht mehr auf einen einzigen Anführer, erklärte der CSU-Politiker bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2010 in Berlin. „Es gibt daher keinen Grund zur Entwarnung.“     

Quelle: Süddeutsche

Der Umgang mit einem neuen Terrorismusbegriff sollte daher insbesondere von der Linken hinterfragt werden. Man sollte der Versuchung widerstehen, der Gegenseite, aus deren Geist sich der Attentäter rekrutierte, bloß eins auswischen zu wollen. Man erreicht nur das Gegenteil. Richtiger wäre es, darauf hinzuweisen, dass in einem Rechtsstaat Morde, Amokläufe und geplante Anschläge nicht durch eine Einschränkung desselbigen verhindert werden können. Vielmehr bedarf es der Aufarbeitung, wie es dazu kommen konnte und vor allem eines Bekenntnisses (nicht bloß ein Lippenbekenntnis) zur Rechtsstaatlichkeit, zur Offenheit, zur Demokratie und zur Menschlichkeit, wie das der norwegische Ministerpräsident Stoltenberg getan hat.

Es sind nämlich nicht die Verbrecher, die den Rechtsstaat bedrohen, sondern die Politiker, die ihn permanent schleifen wollen.

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Norwegen

Geschrieben von:

“Ich bin stolz in einem Land zu leben, dass in schwierigen Zeiten zusammensteht. Unsere Antwort lautet: mehr Demokratie, mehr Offenheit, mehr Menschlichkeit.“

Ministerpräsident Jens Stoltenberg während des Trauergottesdienstes im Osloer Dom

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“Wir dürfen und werden uns in unserer offenen Lebenskultur nicht einschränken lassen. Deshalb vertrauen wir unseren Sicherheitsbehörden den Schutz unserer freien Gesellschaft an. Wichtig dafür ist ein effizientes Frühwarnsystem. Dazu brauchen unsere Behörden aber auch die notwendigen rechtlichen Befugnisse. Ich bin daher froh, dass wir die Antiterror-Gesetze, die für jede Form von Terrorismus gelten, auch in Zukunft zur Verfügung haben.”

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich via Bild am Sonntag

Zum Thema ist schon viel geschrieben worden und vor allem auch darüber, wie deutsche Medien berichtet haben. Ich will das nicht noch einmal wiederkäuen, nur kurz meine persönliche Erfahrung mitteilen, bevor ich den Fernseher am Freitag abgeschaltet habe.

Auf n-tv oder N24, keine Ahnung, beides jedenfalls keine Nachrichtensender, durfte der Lindenstraßen Schauspieler Georg Uecker, der als Halb-Norweger im Laufband beschrieben wurde, das Geschehen kommentieren und ins Blaue hinein spekulieren. Im Ersten wie im Zweiten waren umgehend die seit einiger Zeit unterbeschäftigten, aber immer noch bekannten Terrorismusexperten als Gesprächspartner vor der Kamera und erzählten mal wieder, um ihre Daseinsberechtigung zu untermauern, dass ein islamistischer Hintergrund nicht ausgeschlossen werden könne, obwohl sie für diese Behauptung keinerlei Anhaltspunkte vorlegen konnten.

Nur die norwegischen Behörden und Politiker verhielten sich vorbildhaft und sagten nichts, bis verlässliche Fakten ermittelt waren. Erst als man wusste, wer die beiden Taten verübt hatte, wurde die Öffentlichkeit darüber unterrichtet. Doch da war man hierzulande fast schon davon überzeugt, dass entweder Gefolgsleute, des im Meer versenkten Osama bin Ladens oder des noch quicklebendigen Gadaffis die Anschläge durchgeführt haben mussten. 

Es kam bekanntlich anders. Die einfache Erklärung löste sich in Luft auf und die Einzelheiten über den Täter zwingen zur Überarbeitung des deutschen Lehrbuchs über den Terror. 

Gibt es eigentlich einen Zusammenhang zwischen den Ansichten des Täters, der Europa vor dem Marxismus und einer Islamisierung retten wollte, und den Ausdünstungen deutscher Qualitätspolitiker wie Sarrazin, die gegen Muslime hetzen, weil angeblich eine Verdummung der übrigen Deutschen drohe? Was ist mit Merkels biblischer Erkenntnis von einem “absolut gescheiterten Multikulturalismus” und der neoliberalen Angst vor einer Rückkehr von Planwirtschaft und Kommunismus?

Werden die Anschläge von Oslo zu einem neuen Fukushima für die Regierung werden und eine Wende im Denken hervorrufen? Wird Angela Merkel wieder vor den Deutschen Bundestag treten und behaupten, Oslo habe die Welt verändert, Multikulti dürfe doch nicht als gescheitert betrachtet werden? Wird Innenminister Friedrich zukünftig vor islamistischem Terror durch rechtsextreme Fundamentalisten in Designerkleidung warnen?

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Wer im Sandkasten mit Panzern spielt

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Das offene Geheimnis über Panzerlieferungen nach Saudi-Arabien wird weiter heiß diskutiert. Frau Merkel stellte klar, dass geheime Absprachen auch dann geheim bleiben müssen, wenn sie von Teilnehmern des Gremiums, in dem sie gefällt worden sind, an Journalisten ausgeplaudert wurden. Und überhaupt, hieß es aus der zweiten schwarz-gelben Reihe, die Opposition habe, als sie noch das Sagen im Sandkasten hatte, auch mit Panzern gedealt. Gleiches Recht für alle. Jawohl.

Wer erinnert sich da noch, dass die gesamte schwarze Kassenunion einst über dubiose Waffengeschäfte mit einem gewissen Lobbyisten Schreiber stolperte. Damals gab es von diesem Herrn Schmiergelder für entsprechende politische Entscheidungen in diese Richtung. Mit den saudischen Freunden gab es auch Geschäfte. Lange ist es her. Das Gedächtnis ist kurz und Schäuble immer noch oder schon wieder Minister. Denjenigen, der nach eigenen Angaben einen Umschlag mit 100.000 Mark von Schreiber in seiner Schublade vergessen haben will, feiert die Presse derzeit für angebliche Glanzleistungen im Finanzressort.

Die Ironie der Geschichte kann schon grausam sein. Aber zurück zu den aktuellen Panzern, deren mögliche Lieferung nicht im Zeichen der Menschenrechte stehe, wohl aber im Interesse der Sicherheit erfolge. Thomas de Maizière, Bundesverteidigungsminister, hat das im Hamburger Abendblatt so formuliert:

“Die Entscheidung über Rüstungslieferungen ist zunächst eine sicherheitspolitische. Menschenrechtsüberlegungen müssen eine Rolle spielen, doch überwiegen die internationalen Sicherheitsinteressen.” 

Quelle: Abendblatt

Im Sandkasten wird in der Regel allerhand Unsinn erzählt. Doch diese Damen und Herren meinen es ernst, besonders de Maizière, der das Töten und Sterben innerhalb der Bundeswehr als normal bezeichnet und dauerhafte Einsätze der Truppe in Krisengebieten als Teil seiner aristokratischen Politikvorstellung begreift.

Das alles ist aber nichts im Vergleich zum lautesten Sandkastenschreihals aus der Lederhosengruppe, die bekannt dafür ist, besonders trinkfeste Raufbolde hervorzubringen. Hans-Peter Friedrich, verantwortlich für Inneres, fordert für alles Respekt. Für die Polizei, die Pfaffen, die Lehrer und die Beamten. Der Bild am Sonntag sagte er:

„Früher waren Pfarrer, Polizisten, Lehrer und Beamte Respektspersonen. Diese Respektspersonen sind vor 40 Jahren unter dem Schlachtruf `Demokratisierung` mutwillig demontiert worden.”

Quelle: euronews

Ja vor über 40 Jahren gab es noch Respekt. Das war nämlich die Zeit von Franz-Josef Strauß, dem großen Bundesminister, Ministerpräsidenten und Parteivorsitzenden. Dabei ist der nicht als Millionär gestorben, weil seine öffentlichen Bezüge so üppig waren, sondern weil er respektvolle Geschäfte gemacht hat und Journalisten, die Näheres darüber erfahren wollten, auch schon mal wegen Landesverrats respektvoll inhaftieren lies.

Franz-Josef Strauß hat zum Beispiel von dem amerikanischen Rüstungskonzern Lockheed dafür Geld bekommen, dass er als Verteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland eine beträchtliche Anzahl von Schrottflugzeugen der Firma gekauft hat. Der deutsche Starfighter schlug dann auch ein wie eine Bombe, fiel 292 mal vom Himmel und kostete 115 Piloten das Leben. In der Bevölkerung der Zeit wurde das Kampfflugzeug dann auch mit dem respektvollen Namen “Witwenmacher” versehen.

Aber ich war ja noch bei den Panzern und Saudi-Arabien. Denn Innenminister Friedrich befürwortet als Respektsperson natürlich auch die Lieferung von deutschen Leopard 2-Kampfpanzern an den befreundeten Golfstaat, damit die dortige Führung selbst dafür sorgen kann, sich Respekt zu verschaffen. Man fragt sich bloß, warum Friedrich bei der kürzlich stattgefundenen Vorstellung des Verfassungsschutzberichts die islamistische Bedrohung besonders betont hat und vor einer Stärkung der salafistischen Bewegung in Deutschland warnte.

Anlässlich seiner Präsentation des aktuellen Berichts des Verfassungsschutzes hatte Friedrich gegenüber der Frankfurter Allgemeinen noch Anfang Juli betont: „Salafisten streben eine völlige Umgestaltung des Staates, der Gesellschaft und unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung an“.

Benno Köpfer vom Verfassungsschutz in Baden Württemberg sagte gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: „Die salafistische Bewegung in Deutschland wäre ohne den saudischen Einfluss niemals so groß geworden“. Er verwies auf die finanzielle und logistische Unterstützung deutscher Salafisten in Form von Missions-Büros, Islam-Seminaren, Info-Tischen und der Verbreitung kostenloser Literatur und resümiert: „Saudi-Arabien gibt dafür sehr viel Geld aus“.

Quelle: Jacob Jung

Was soll man dazu noch sagen? Jacob Jung meint, dass entweder Gerissenheit, Schizophrenie oder einfach nur Einfältigkeit ursächlich seien. Ich denke da eher an Idiosynkrasie.

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Die Sache mit der Statistik

Geschrieben von:

Auf Bildblog finden sie einen interessanten Bericht über eine misslungene Übertragung von Statistik, hier aus dem Verfassungsschutzbericht, in eine grafische Darstellung. Der Vorgang ist bemerkenswert, weil in der Absicht offensichtlich manipulativ. Falls nicht, fehlt dem Grafiker die Kompetenz. Die ZDF heute Sendung bot ihren Zuschauern als Ergänzung zur Vorstellung des Verfassungsschutzberichts folgende erklärende Grafik an. 

Korrekterweise hätte die grafische Darstellung aber so aussehen müssen.

Quelle: Bildblog

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich äußerte sich bei der Vorstellung des Berichts besorgt über die Zunahme der Gewaltbereitschaft in der linksextremistischen Szene. Während die rechten nur über Gewalt reden würden, schritten Linksextreme immer häufiger zur Tat.

„Wir haben zwar mehr gewaltbereite Personen in der rechten Szene“, sagte der CSU-Politiker. „Betrachtet man aber die Straftaten, bei denen tatsächlich Gewalt angewandt wird, stellt man fest: Sie werden mehrheitlich von Linksextremisten verübt.“ 

Quelle: Süddeutsche

Die Interpretation Friedrichs muss sich natürlich in einer Grafik widerfinden, hat sich wohl auch der ZDF-Mitarbeiter gedacht. Denn der Innenminister hat den Eindruck vermitteln wollen, dass Rechts- wie Linksextremismus in gleicher Weise schwerwiegend vorlägen und demzufolge auch im gleichen Umfang Maßnahmen ergriffen werden müssten, um diese Bedrohungen abzuwehren.

Wenn ich mir die obere Grafik des ZDF so anschaue und mir die Äußerung Friedrichs noch einmal in Erinnerung rufe, wonach Neonazis neuerdings besser gekleidet auftreten würden (Designer-Kleidung), kriege ich die Vorstellung nicht aus dem Kopf, dass sich das ZDF hier auch verkleiden wollte, um mit einer Designer-Grafik die Augen seiner Zuschauer zu blenden. Ob das nun rechts, links oder geradeaus ist, will ich lieber nicht beurteilen, unsauber ist es auf jeden Fall.

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