Wie man eine Deflationsgefahr unterschätzt, beweist die Neue Presse Hannover

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Christoph Slangen überschrieb seinen Kommentar gegen Ulla Schmidt und die SPD mit „Schmidt hat die Brisanz unterschätzt“. Daneben kommentiert sein Kollege Rasmus Buchsteiner den aktuell gemessenen Preisverfall und versucht eine Analyse der Lage, sehr unterschätzend, wie ich finde.

„Grund für die purzelnden Verbraucherpreise sind nicht nur die deutlich gesunkenen Energiepreise. Sie spiegeln auch die Massenpsychologie dieser Krise wider. Es ist die Zeit der Zukunftsängste, der großen Ausgabendisziplin. Größere Anschaffungen werden verschoben, solange es geht – das gilt für Betriebe wie für Privathaushalte.“

Zunächst einmal sind die Energiepreise nicht einfach nur deutlich gesunken. Manchmal hilft es auch, selbst zu recherchieren, um die Daten des statistischen Bundesamtes entsprechend einzuordnen. Es ist zwar richtig, dass im Vergleich zum Vorjahr die Energiepreise deutlich gesunken sind, jedoch ist es gerade jetzt mehr als merkwürdig, dass trotz Weltwirtschaftskrise und dramatisch sinkender Nachfrage, der Ölpreis bereits wieder um die 70 Dollar pro Fass pendelt (aktuell 65 Dollar). Seit Dezember 2008 steigt der Preis wieder. Und trotz eines relativ hohen Rohstoffpreises sinken gleichzeitig die Verbraucherpreise.

Allein dieser Widerspruch ist alarmierend. Denn einerseits zeigt sich im steigenden Ölpreis das nach wie vor unreglementierte Spekulationsgeschäft und andererseits deuten gleichzeitig sinkende Verbraucherpreise auf einen dramatischen Abwärtstrend hin, den man unter dem Begriff Deflation beschreibt. Buchsteiner sieht das erwartungsgemäß anders und spielt die Fakten herunter.

„Von der befürchteten Deflation, das heißt rasant fallenden Preisen, kann noch keine Rede sein, aber unübersehbare Tendenzen in diese Richtung gibt es schon. Eine regelrechte Deflationsspirale hätte fatale Auswirkungen auf Realwirtschaft und Arbeitsmarkt. Wären nicht zwei milliardenschwere Konjunkturprogramme auf den Weg gebracht worden, müsste man sich ernsthaft Sorgen machen.“

Wir müssen uns also keine Sorgen machen. Dabei holt Deutschland nur das nach, was in zahlreichen Ländern der EU sowie den USA bereits im Mai geschah. Dort gingen die Verbraucherpreise bereits zurück, während in Deutschland die Inflationsrate auf Null sank. In einigen Bundesländern wie Hessen und Rheinland-Pfalz sanken die Preise auch schon im Mai. Es stimmt also schon mal nicht, dass erst jetzt deflationäre Tendenzen erkennbar seien.

Der Verweis auf die Konjunkturpakete ist richtig wenngleich auch durchschaubar. Buchsteiner hält genau wie sein Chef Christoph Slangen, der nach dem Willen seiner Einflüsterer schreibt, nichts von Konjunkturprogrammen. Jedenfalls ließen sie bis Ende 2008 keinen Zweifel daran und plapperten das Gerede von den „Strohfeuern“ einfach nach. Heute geht das nicht mehr so leicht. Ein Strohfeuer kann schließlich keine Deflation aufhalten, weshalb ein anderes beängstigendes Szenario bemüht werden muss. Die Hyper-Inflation. Die Vorlage bot natürlich wieder Steinbrück, der Mitten in der Abwärtsspirale damit anfing, vor Inflation zu warnen.

„Das große Knausern und Geld-Horten ginge ohne die Konjunktur-Milliarden vom Staat einfach weiter. So wird in diesem und im nächsten Jahr viel Geld in den Wirtschaftskreislauf kommen. Spätestens dann wird es wohl nicht mehr um Deflationsängste gehen: Mancher Ökonom warnt schließlich bereits vor einer Hyper-Inflation.“

Hier sehen sie sehr schön einen methodischen Täuschungsversuch von Rasmus Buchsteiner. Er benutzt die Geldmengenthese als Beleg für eine diffuse Inflationsgefahr, um ein Scheinargument zu gewinnen, welches er einer möglichen Forderung nach Ausweitung von Konjunkturmaßnahmen entgegen setzen könnte. Denn nach wie vor lehnt der Autor aus ideologischen Gründen Konjunkturprogramme ab. Das sollte der Leser an dieser Stelle wissen.

Sachlich gesehen, ist das Gerede von der Inflationsgefahr infolge erhöhter Geldmengen grober Unfug. Inflation kann es immer nur dann geben, wenn es auch einen überdurchschnittlichen durch enorme Nachfrage getriebenen Aufschwung gibt, der gleichzeitig durch einen massiven Abbau von Arbeitslosigkeit begleitet wäre. So ein Prozess ist durch vernünftige Geldpolitik letztlich beherrschbar. Eine Notenbank kann nicht nur Geld drucken, sondern auch wieder vom Markt nehmen. Bundesbank und EZB demonstrieren das seit Jahren. Immer wenn das zarte Pflänzchen Konjunktur zu blühen begann, würgten die Banker das Wachstum aus ideologischen Gründen (Wettbewerb, Sparzwang, Inflationsgefahr) mit ihrer Geldpolitik einfach ab.

Eine Deflation hingegen ist nicht durch monetäre Eingriffe beherrschbar. Einfach nur Gelddrucken und auf den Markt werfen, reicht nicht. Derzeit schlummert die überaus günstige Milliarden Liquidität ungenutzt bei den Banken. Aber nicht deshalb, weil Banken es Kreditnehmern besonders schwer machen, sondern weil es schlicht keinen Bedarf an Krediten gibt. Warum auch? Die Weltwirtschaft schrumpft dramatisch, die deutsche mit am Stärksten. Überkapazitäten werden mangels Nachfrage abgebaut, in Deutschland schönt derzeit die Kurzarbeit noch die Arbeitslosenzahlen. Ohne eine starke Belebung der Binnennachfrage wird eine Umkehr der Deflationsspirale nicht möglich sein.

Es muss also gerade jetzt die Frage behandelt werden, ob eine Ausweitung von Konjunkturprogrammen angesichts der Ausgangslage von minus 6 Prozent nicht ernsthaft diskutiert werden sollte. Stattdessen positionieren sich aber die alten Ideologen wie Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt und fordern völlig wahnsinnig Lohnsenkungen. Nichts wäre gefährlicher. Lohnsenkungen bedeuten weitere Preissenkungen und weiteren Verzicht auf Konsum. Ohne Nachfrage braucht der Unternehmer auch nichts zu produzieren oder zu entwickeln oder gar seine Produktivität zu steigern. Kapazitäten und Auslastungen werden weiter zurückgefahren.

So und nun kommt die Preisfrage. Wenn man aufgrund einer aktuell falschen Wirtschaftspolitik dabei zusieht, wie die Gütermenge reduziert wird, weil die Löhne keine Nachfrage erzeugen, was passiert dann wohl, wenn ein tatsächlicher Geldüberschuss aus Sparvermögen, zum Beispiel aus der immer noch staatlich geförderten kapitalgedeckten Altersvorsorge, realisiert würde? Dann stünde ein plötzlicher Kaufkraftgewinn einer reduzierten Gütermenge gegenüber und es entsteht tatsächlich Inflation. Egon W. Kreutzer schreibt dazu einleuchtend.

„Man kann die Kartoffeln, die sich 2009 nicht verkaufen lassen, weil das Geld, statt es für Kartoffeln auszugeben, für die kapitalgedeckte Rente gespart wird, nicht bis 2050 einlagern, um sie dann mit dem Spargeld von 2009 zu kaufen. Man wird sich 2050 die Kartoffeln teilen müssen, die 2050 wachsen.
Auch Autos, Kühlschränke und Präservative sind nach 40 Jahren Lagerung kaum noch zu gebrauchen. Es wäre ein Blödsinn, Waren einzulagern und sie 40 Jahre lang aufzubewahren, damit sie zur Verfügung stehen, wenn die Rentenversicherungen fällig werden.

Folglich wird zu jedem beliebigen Zeitpunkt der dann verfügbaren Geldmenge immer nur die Warenmenge gegenüberstehen, die für diesen Zeitpunkt produziert wurde. Steht mehr Geld zur Verfügung, entsteht Inflation. Die Kaufkraft des Geldes schwindet mit dem Schwinden des Angebots.“

Es ist also wichtig, gerade in der Krise eine vernünftige expansive Wirtschaftspolitik, ohne Hindernisse wie die völlig absurde Schuldenbremse zum Beispiel, zu betreiben. Ferner sollte man das dumme Abwarten, wie es auch bei Buchsteiner wieder anklingt, endlich sein lassen.

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Nach der Kaufrausch- nun die Nachfragekampagne

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Heute auf der Titelseite der Neuen Presse Hannover:

Nachfragekampagne

Schön wär’s, fällt mir dazu nur ein. Nach der Kaufrauschkampagne folgt nun die Konjunkturprogramm- oder Nachfragekampagne? Jedenfalls betreibt die Neue Presse abermals eine grobe Irreführung wenn sie so tut als ginge es der Wirtschaft mit einem Mal besser. Die angebliche Explosion der Aufträge ist in Wahrheit nicht mehr als ein laues Lüftchen. Denn auch die Neue Presse verschweigt einmal mehr den katastrophalen Absturz der Deutschen Wirtschaft in den zurückliegenden drei Quartalen.

Dass die Auftragseingänge derzeit durchaus stark ansteigen, ist nicht zu leugnen. Nur gleichen sie in keinem Falle den vorausgegangenen Absturz aus. Und das muss man sich immer wieder vor Augen führen, wenn man über Konjunkturprogramme und deren Wirkungen etwas Vernüftiges aussagen will. Auf welchem Niveau ist man gelandet? Und ist von da aus betrachtet die Belebung ausreichend, um auf weitere konjunkturelle Maßnahmen zu verzichten? Denn nicht umsonst präsentiert Vera König, die Autorin des Jubelberichtes, einen kritischen Zeugen, der meint man müsse das Konjunkturprogramm jetzt schon etwas dämpfen…

Doch angesichts des Booms gibt es auch skeptische Stimmen. Professor Stefan Homburg, Finanzwissenschaftler der Leibniz-Uni, sieht Risiken im Konjunkturprogramm: „Das hektische Vorgehen birgt die Gefahr der Verschwendung öffentlicher Mittel.“

Hier wird einfach so getan, als würde dieses mickrige Konjunkturprogramm Großes bzw. zu viel bewirken. Das ist schlicht absurd und falsch. Richtig ist hingegen, dass der konjunkturelle Impuls tatsächlich Wirkung zeigt. Schon allein das müsste die Skeptiker von der Richtigkeit solcher Programme in Krisenzeiten überzeugen. Aber dass hat man hier gar nicht auf dem Schirm. Vera König schreibt etwas über die Belebung der Nachfrage, der Finanzwissenschaftler bemängelt den Umfang der Aufträge und beide ignorieren, dass die ewig schwache Binnennachfrage nun dabei helfen muss, die dramatisch weggebrochenen deutschen Ausfuhren (Export) auszugleichen. Dafür macht man ja überhaupt das Konjunkturprogramm.

Im Mai 2009 schrumpfte der deutsche Export um 24,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Und weil der Exportanteil an unserer Wirtschaftsleistung so hoch ist, schrumpft das Bruttoinlandsprodukt auch um sechs Prozent. Wer angesichts dieser niederschmetternden Zahlen Angst hat, dass mit öffentlichem Geld zu viel in die lokale Wirtschaft investiert werden könnte, der hat einfach die Dimension der Wirtschaftskrise noch nicht begriffen.

In den Dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts reagierten zahlreiche Volkswirtschaften mit Monumentalarchitektur auf die Wirtschaftskrise. Gigantische Beschäftigungsprogramme wurden beschlossen und eine heftige Bautätigkeit ausgelöst, die das Gesicht von Metropolen veränderte. Neoklassizistische Großprojekte prägten die Zeit zwischen 1933 und 1939. Zum Beispiel in Washington die National Archives, der Supreme Court oder das Jefferson Memorial. In Italien versuchten die Faschisten gar das antike Rom wieder hervorzuholen und die Nazis wollten Berlin gänzlich unter Speer und Hitlers „Germania“ verschwinden lassen.

Die Nationalsozialisten nenne ich hier deshalb als negatives Beispiel, weil deren absurde Großmannsucht in Deutschland auch eine Reaktion auf die wirtschaftspolitische Untätigkeit der Regierung Brüning war. Denn Heinrich Brüning betrieb mit Hilfe von Notverordnungen prozyklische Politik. Er legte Sparprogramme auf und erhob neue Steuern, während er gleichzeitig die Senkung staatlicher Leistungen durchsetzte und auf die Absenkung von Löhnen und Gehältern bestand, um den deutschen Export zu stützen.

Die Ansichten von damals sind heute wieder präsent. Am liebsten würde man die Krise einfach wegsparen und staatliche Leistungen auf ein Minimum vom Minimum zurückführen, um der heiligen Kuh Export wieder auf die Beine zu helfen. Dabei lehrt die Geschichte, dass eine Wirtschaftskatastrophe, der man mit solchen Rezepten begegnet, mit dazu beiträgt, eine noch viel größere Katastrophe auszulösen. Und angesichts der Widerstandslosigkeit, mit der sich unsere Volksvertretung augenscheinlich entmachten lässt, und es dabei hinnimmt, von einem dummen karrieregeilen Finanzminister am Nasenring durch die Manege gezogen zu werden, lässt nicht gerade hoffnungsfroh in die Zukunft blicken…

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Angebliche Erholung der deutschen Industrie

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Auftragseingänge steigen um 4,4 Prozent

Deutsche Industrie erholt sich

Mit dem größten Auftragsplus seit fast zwei Jahren nährt die deutsche Industrie die Hoffnung auf ein Ende der Rezession. Die Firmen verbuchten im Mai 4,4 Prozent mehr Bestellungen als im April.

„Die Aussichten auf eine breiter angelegte Stabilisierung der Industrieproduktion haben sich damit gefestigt“, teilte das Bundeswirtschaftsministerium mit.

Quelle: Tagesschau

Diese Meldung ist absolut nicht zu verstehen. Entweder haben die Journalisten sich bereitwillig täuschen lassen oder schlicht die Daten des statistischen Bundesamtes nicht richtig verstanden. Dabei liefern die zu ihrer Jubelmeldung die Grafik über den dramatischen Verlauf der Auftragseingänge doch mit.

Auftragseingang_destatis

Vergessen scheint schon wieder der katastrophale Einbruch Ende letzten Jahres und zu Beginn 2009. Um 20 Prozent brach der Umsatz im verarbeitenden Gewerbe ein, wie das Statistische Bundesamt am 13. März 2009 mitteilte. Die Auftragseingänge in der Industrie gingen ebenfalls sehr dramatisch zurück und landeten auf dem Niveau des Jahres 2000. In der Tabelle der Bundesbank zu den Konjunkturindikatoren finden sie eine umfassende Darstellung der Entwicklung der Auftragseingänge. Sie sagt mehr über die reale Welt aus, als die Nachrichten uns weismachen wollen.

Allein im ersten Quartal 2009 sanken die Auftragseingänge zum Vergleichsvolumen 2005 auf rund 81 Prozent. Im zweiten Quartal 2008 waren es noch 123,1 Prozent, im vierten Quartal 2008 schon 96,3 Prozent. Gemessen an der Produktivitätssteigerung wirkt dieser Einbruch bei den Auftragseingängen verheerend. Denn eine Stagnation bzw. der Rückgang von Nachfrage hat unweigerlich einen Investitionsstopp zur Folge und viele Arbeitsplätze werden schlicht überflüssig, da weniger produziert wird.

Mir bleibt es nun aber ein Rätsel, wie man von einem Anstieg der Bestellungen um 4,4 Prozent jetzt schon von einer Erholung sprechen kann. Das ist doch schlichte Volksverdummung. Nach wie vor sind Arbeitsplätze bedroht, weil der Absturz zu Beginn des Jahres einfach zu tief war und die Güternachfrage immer noch viel zu gering ist. Der enorme Anstieg der Kurzarbeit zeigt das beispielhaft. Es ist auch kaum anzunehmen, dass sich das ändert. Von einer Trendwende kann überhaupt nicht die Rede sein.

In dem Anstieg zeigt sich nämlich vor allem ein Effekt. Die Wirkung eines Sonderkonjunkturprogramms für die Autoindustrie. Das sollte man unbedingt betonen, wenn nun genau jene Leute, die immer die Unsinnigkeit staatlicher Konjunkturprogramme herausgestrichen haben, aktuell mit den obigen Daten die Wende verkünden und feiern. Wenn es nämlich so ist, dass ein einzelnes branchenspezifisches Konjunkturprogramm zu einer Verbesserung der Auftragslage beiträgt und damit auch zu einer Verbesserung der Nachfragesituation insgesamt, wieso verschließt man sich dann eigentlich vor einem viel deutlicherem konjunkturellen Impuls, wie ihn etwa der DGB fordert? Diese Frage sollten die berichtenden Kollegen mal dem grinsend dreinblickenden Wirtschaftsminister Freigeist zu Guttenberg stellen. Der hält weitere staatliche Konjunkturprogramme ja nach wie vor für unangebracht.

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Ob diese Statistiken Beachtung finden?

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Das statistische Bundesamt hat gestern einen Negativrekord vermeldet. Die deutschen Exporte brechen im April um 28,7 Prozent ein – im Vergleich zum April 2008. Damit ist der stärkste Ausfuhrrückgang in der Nachkriegszeit besiegelt. Und wo steht diese Meldung in der Neuen Presse Hannover? Ganz klein im Geld & Markt Teil auf Seite 7. Dreieinhalb Zeilen war sie der Redaktion wert.

Normalerweise müsste doch ein Aufschrei durch die Medien gehen. Denn die Erwartungen sind noch einmal unterboten worden. Der Export schmiert gnadenlos ab, die Auftragseingänge im Maschinenbau zum Beispiel gehen so deutlich zurück (Ausland: -60 Prozent; Innland: -52 Prozent), dass jedem klar sein muss, das ein Aussitzen der Krise nicht nur grob fahrlässig ist, sondern eine vorsätzliche Gefährdung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts.

Das Thema Konjunkturprogramme ist nahezu vollständig aus den Medien verschwunden. Man gibt sich mit dem Basta der Kanzlerin zufrieden, die in ihrer dümmlichen Art meinte, dass Deutschland nunmal ein Exportland sei und seine Wirtschaft nicht so schnell auf Binnennachfrage umstellen könne. Deshalb belasse man es bei den getroffenen Maßnahmen und guckt erstmal, wie sich die ganze Sache weltwirtschaftlich entwickele.

Tja, minus 28,7 Prozent ist schon ein Pfund, würde ich sagen. Das kratzt aber niemanden mehr, denn aktuell hat man die „Geordnete Insolvenz“ als positive Wendung einer durch und durch beschissenen Lage entdeckt. Auch dazu gibt es heute von destatis eine aktuelle Statistik. 10 Prozent mehr Unternehmensinsolvenzen im ersten Quartal 2009. Angesichts der aktuellen Berichterstattung, die vor allem die tollen Chancen einer Insolvenz betont, weiß ich jetzt gar nicht, ob ich die Meldung von destatis spontan mit Jubelstürmen begrüßen soll. Eröffnen sich doch für so viele Unternehmen, 7712 sind es im ersten Quartal 2009, doch

„vor allem langfristig – gute Chancen“,

wie Christian Lomoth gestern in der Neuen Presse Hannover auf Seite 1 kommentierte.

Doch wer zahlt denn eigentlich im Falle von Arcandor zum Beispiel die Löhne und Gehälter weiter, so lange noch nicht darüber befunden wurde, ob man ggf. auf bereits ausbezahlte Arbeitnehmerentgelte im Zuge des Insolvenzverfahrens zurückgreift, um die Forderungen der Gläubiger zu begleichen – nach Deutschem Recht ginge das ja? Richtig, die Agentur für Arbeit kennt noch das Insolvenzgeld. Drei Monate kann das an die Arbeitnehmer ausgegeben werden. Und nun rechnen sie mal für sich selbst aus, was der Staat nun eigentlich eingespart hat. Es heißt ja immer, er verbrenne sinnlos Steuergeld oder wie es Claus Lingenauber heute volksverdummend auf Seite 1 der Neuen Presse Hannover schreibt:

„Da darf es nicht verwundern, dass der Staat sich weigert, leichtfertig Steuergelder zu versenken.“

Ha ha, aber wenn es der Beitragszahler nun tut, ist es okay? Und dann klagen dieselben Journalisten wieder über das viel zu hohe Defizit der Agentur für Arbeit, die ihren Haushalt mit Krediten bzw. Steuergeld ausgleichen muss. Angesichts dieser in der Sache idiotischen Ansichten wirken Lingenaubers Angriffe gegen die Eigentümer eher aufgesetzt.

„Doch die Schuldigen sitzen nicht im Kanzleramt und auch nicht in irgendwelchen Ministerien. Sie saßen und sitzen auf den Chefsesseln des Konzerns, der jahrelang immer tiefer in die Krise gewirtschaftet worden ist. Sie sitzen – wie die Familie Schickedanz – auf Milliarden und haben als Großaktionäre Männer wie Middelhoff angeheuert. Der hat – als Sanierer geholt – das Unternehmen vollends in Schieflage gebracht.“

Und lieber Herr Lingenauber, Thomas Middelhoff profitierte direkt von seinem Missmanagement bei Arcandor, weil es die Bundesregierung mit ihrer Finanzmarktgesetzgebung ausdrücklich erlaubte! Middelhof hat die erstklassigen Immobilien des Konzerns an gierige Hedgefonds verkauft, um sie dann teuer zurückzumieten. Middelhoff investierte zum Beispiel in jene Imobilienfonds des Josef Esch von Sal. Oppenheim (ebenfalls Miteigentümer von Arcandor!), die die Mieten des Konzerns kassierten und an die wohlhabenden Einleger verteilten.

Doch was schreibt der Kommentator Claus Lingenauber über die Verstrickungen der Konzerneigner?

„So sehr, dass Schickedanz&Co. zuletzt nicht mehr bereit waren, stärker ins Risiko zu gehen.“

Ach die arme Frau Schickedanz. Man muss sie vor dem Gang zur „Tafel“ bafahren, wie mir scheint. Echt armselig ist das, lieber Herr Lingenauber!

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Einzelhandelsumsatz sinkt auch im April 2009

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Und wieder geht es real runter mit dem privaten Konsum – um 0,8 Prozent (siehe destatis-Meldung). Und wieder hat die GfK eine Woche vorher von einem stabilen Konsumklimaindex gefaselt. Doch die realen Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache.

Von Januar bis April 2009 wurde im deutschen Einzelhandel nominal und real jeweils 2,4% weniger als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum umgesetzt.

Die Neue Presse Hannover hat es übrigens aktuell aufgegeben, den GfK-Phantommessungen eine große Bühne zu geben. Eine kleine Meldung dazu gab es aber doch. Mal gucken, was es morgen über die konkreten Zahlen des statistischen Bundesamtes zu lesen geben wird. Bei mir können sie eine Chronologie der Ergebnisse des statistischen Bundesamtes ebenfalls nachlesen. Unter dem Tag „Kaufkraft“ finden sie die entsprechenden Beiträge.

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Deutlicher Personalabbau gefordert

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Gestern gab es in der Neuen Presse Hannover einen Bericht über die Forderungen des Landesrechnungshofes Niedersachsen. Die Formel lautet natürlich: Personalabbau! Achten sie dabei mal auf die Begründung der Prüfer:

Das Ziel der Landesregierung, die Personalkosten dauerhaft zu senken, „ist gescheitert“, sagte Rechnungshof-Präsident Richard Höptner gestern. Der 2003 mit der Abschaffung der Bezirksregierungen beschlossene Abbau von 6743 Stellen sei durch 6747 Neueinstellungen für Schulen, Polizei und Justiz aufgezehrt worden. Der Rechnungshof fordert einen erneuten Personalabbau.

Wahrscheinlich beruhigt man die Prüfer damit, dass man die Stellen, die sicherlich total unnütz in den Bereichen Bildung, Polizei und Justiz geschaffen wurden, gleich wieder streicht. Wer braucht schon Beschäftigte im öffentlichen Dienst, wenn die Steuern wegbrechen? Was wir benötigen, ist ein strikter Sparkurs, so die Prüfer. Dass Frau Heister-Neumann alle mathematischen Tricks aufwenden muss, um aus Teilzeitstunden Vollzeitstellen zu rechnen, die sie in ihre Bilanz schreiben kann, um der Öffentlichkeit eine Sicherung der Unterrichtsversorgung vorzugaukeln, spielt bei den Kostendenkern keine Rolle.

Und was war gestern im Hannover-Rathaus los. Zoff. 3500 Mitarbeiter haben Angst um ihren Job. Oberbürgermeister Stephan Weil wurde ausgepfiffen, weil die Stadtverwaltung zwei geheime Ordner mit Sparvorschlägen zusammengetragen hat, bei denen es um Einsparungen in Höhe von 40 bis 50 Millionen Euro gehen soll. Nur gut, dass die Region nach jahrelangem Streit endlich das Sozialticket beschlossen hat. Das werden demnächst einige mehr brauchen…

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Neue Presse bemerkt die Rekordverschuldung

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Etwas verspätet, aber immerhin. Heute erscheinen endlich Berichte über die Rekordneuverschuldung. Wahrscheinlich hat das Berliner PR-Büro Slangen+Herholz, das für die NP vorgefertigte Texte liefert etwas länger gebraucht, um einen zur Zeit viel beschäftigten „Experten“ zu interviewen. Wolfgang Wiegard. Diese schräge Type geistert nicht nur durch die Gazetten, sondern auch durchs Radio. Okay, Wiegard ist Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, aber das war Bert Rürup auch, der nunmehr für die Drückerkolonne des AWD tätig ist.

Christoph Slangen hält ihn einfach für einen Experten, ohne näher zu erläutern, welcher verbohrt ideologischen Denkrichtung er angehört. Wiegard bezeichnet sich ja selbst als einen neoklassischen Sozialdemokraten. Er ist erklärtermaßen für den Niedriglohnsektor, moderate Lohnentwicklungen und einen gelockerten Kündigungsschutz. Er vertritt die Auffassung, dass die Reallohnsteigerungen hinter den Produktivitätsfortschritten zurückbleiben müssten, damit mehr Beschäftigung entsteht. Gerade jetzt sehen wir ja, wie Recht er damit hatte. Statt mehr Beschäftigung gab es durch diese obskure Umverteilungsphilosophie vor allem viel zu viel Geld auf den Konten der Kapitalbesitzer, mit dem man halt zocken ging, anstatt zu investieren.

Doch was sagt der „Experte“ zur Rekordneuverschuldung im Interview? Sie sei alternativlos. Der freie Fall der Wirtschaft scheint beendet, orakelt Wiegard auf die Slangen-Standard-Frage nach einem dritten Konjunkturpaket. Die Auftragseingänge würden sich auf niedrigem Niveau stabilisieren und der ifo-Geschäftsklimaindex entwickle sich seit Monaten positiv. Also Abwarten, lautet die Devise. Natürlich spendet der „Experte“ aber brav Beifall für die eiligen Steuersenkungspläne der Bundesregierung für Unternehmen. Diesen Steuersenkungswahn kritisiert er mit keiner Silbe. Dabei müsste gerade er wissen, welche fatalen volkswirtschaftlichen Wirkungen die zahlreichen Steuersenkungen für Unternehmen in der Vergangenheit hatten.

In dem Zeitraum zwischen 2001 und 2008 gingen vor allem wegen der Senkung der Unternehmenssteuern die Einnahmen des Fiskus um insgesamt 240 Mrd. Euro zurück. Und aktuell will die Bundesregierung die Unternehmen ganz rasch um weitere drei Mrd. Euro entlasten. Über welchen Schuldenberg wundern wir uns eigentlich, wenn der Staat freiwillig und so großzügig auf Einnahmen verzichtet. Auf der anderen Seite haben diese massiven Senkungen zu keinem Zeitpunkt dazu beigetragen, dass sozialversicherungspflichtige Beschäftigung entstehen konnte. Erst die gute weltwirtschaftliche Entwicklung bescherte zuletzt eine zarte Konjunkturphase, von der die Beschäftigten in Deutschland aber nix hatten.

Denn schon in der Phase des Aufschwungs galt das heilige Dogma vom Sparen und Konsolidieren. Auch heute noch bringt der „Experte“ diese Denke unter. Er spricht von einer Tendenz zur Ausweitung von Ausgaben und kritisiert das, obwohl er zwei Fragen vorher die beschlossenen Konjunkturprogramme für richtig hält und antizyklisches Handeln in der Krise begrüßt. Entweder hat der Mann ein wirres Wesen oder er hat schlicht keinen blassen Schimmer, was Konjunkturprogramme sind und was sie bewirken oder er wird dafür bezahlt, dummes Zeug zu erzählen. Da reiht er sich nahtlos in die Reihe seines Gegenübers Christoph Slangen und des Obergurus im Bundes-HRE-Ministerium Peer Steinbrück ein. Die reden auch nur Müll.

Wiegard sagt:

„Staatsverschuldung ist ein Mittel, um die Gegenwart von Belastungen frei zu halten. In der Zukunft kommen diese Belastungen jedoch als Erhöhung von Steuern oder Rückführung staatlicher Ausgaben auf die Bürger zu.“

So ein quatsch. Wenn man eine höhere Staatsverschuldung in Kauf nimmt, um damit ein Konjunkturprogramm zu finanzieren, dann tritt genau der umgekehrte Fall ein. Die Konjunktur springt an, die Beschäftigungsquote steigt, die Nachfrage steigt, die Löhne wie auch die Gewinne steigen, die Steuereinnahmen steigen, Verschuldung wird abgebaut. Deshalb heißt es ja „antizyklisch“. Wiegard bedient sich also, weil es gerade Mode ist, bei den Begriffen von Keynes und behauptet dann aber stur, dass die daraus folgende Wirkung gar nicht eintritt. Und die Vollidioten in den Redaktionen kommentieren diesen Quark auch noch entsprechend. Auf Seite 1 blamiert sich heute Inken Hägermann. Sie nimmt einfach das tolle von Slangen gelieferte Wort „antizyklisch“, um einfach nachzuplappern…

„Es ist gut und richtig, dass der Staat jetzt „antizyklisch“ reagiert und versucht, die Folgen der Finanzkrise für Bürger und Unternehmen abzumildern.“

Weiter oben aber schreibt sie das, was alle schreiben…

„Gute Vorsätze hin, Kostendisziplin her, nun steht auch Peer Steinbrück als astreiner Schuldenmacher da:“

Noch mal die Grafik, die belegt, dass der Schuldenstand abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung ist. Nur eine gute Konjunktur vermag es, Verschuldung abzubauen. Sparen allein bringt nichts. Das zeigen vor allem die Jahre, in denen sich Hans Eichel versuchen durfte. Trotz rigoroser Sparerei stieg die Gesamtverschuldung massiv an.

Verschuldung
Quelle: NachDenkSeiten

Wenn man schon die kläglich gescheiterten Finanzminister Waigel und Eichel vor Augen hat und sie in eine Reihe mit Steinbrück stellt, dann begreife ich einfach nicht, warum man in den Redaktionen nicht auf den Trichter kommt, dass vielleicht an dem Dogma, um jeden Preis ausgeglichene Haushalte vorlegen zu müssen, etwas faul sein könnte. Frau Hägermann geht heute sogar so weit und spricht Steinbrück von Schuld frei.

„Die größte Wirtschaftskrise seit 80 Jahren hat Steinbrück dieses Desaster beschert. Deshalb hat der Finanzminister auch nicht wirklich eine Wahl: Für sinkende Steuereinnahmen und steigende Ausgaben in die Sozialsysteme kann er nichts.“

Die Krise ist vom Himmel gefallen. Leute ihr habt halt Pech gehabt. Jetzt hört ihr seit fast zwanzig Jahren diesen Scheiß vom Sparen, und ihr nehmt es hin, dass man euch alles kürzt, damit irgendein Finanzäffchen im verantwortlichen Ministerium euch vielleicht mal mit einem ausgeglichenen Haushalt beglücken kann, von dem ihr dann was noch mal habt? Ach nix, davon sollen ja unsere Kinder und Kindeskinder was haben – angeblich. Doch nun kommt diese dumme Krise, von der niemand was ahnen konnte. Da müsst ihr dann einfach mal durch und eure Kinder und Kindeskinder auch. Shit happens.

Leute, bitte Aufwachen! Vor allem die Bundesregierungen samt ihrer jämmerlichen Finanzminister haben dafür gesorgt, dass Deutschland am stärksten von der Krise betroffen ist, weil sie alles unter das Diktat des Wettbewerbs gestellt haben, um andere Nationen niederzukonkurrieren, auch um den Preis eigener Konjunktur. Die zahlreichen Exportweltmeisterschaften zeigen nun ihre hässliche Kehrseite. Die Vernachlässigung des Binnenmarktes rächt sich. Und Frau Merkel will weiter daran festhalten. Denn eine schnelle Umstellung der Wirtschaft von Export auf Binnenmarkt sei nicht möglich. Allein diese Aussage zeugt von so großer Dummheit und Ahnungslosigkeit, das man sich ernsthaft mit dem Artikel 20, Abs. 4 Grundgesetz auseinandersetzten sollte.

Am Ende trifft es nämlich zu, dass der Schuldenstand weiter ansteigen wird, weil man auf Maßnahmen zur Belebung der Konjunktur mit Verweis auf die hohen Schulden pfeift. Der Zusammenhang zwischen Konjunktur und Schuldenstand wird weiter missachtet, genau wie der Zusammenhang zwischen Vermögen und Schulden. Es ist schlicht eine Irreführung, zu behaupten, dass Schulden vor allem ein Problem zwischen den Generationen sind. Hohe Schulden sind vor allem ein Beleg für hohe Vermögen. Und damit handelt es sich um ein reines Verteilungsproblem in unserer Generation. Warum leiht sich der Staat das Geld gegen Zinsen bei den Vermögenden? Er könnte es sich genauso gut über höhere Steuern auf Vermögen besorgen. Doch diese Gedanken stoßen auf erbitternden Widerstand bei denen, die glauben, Vermögensbesitz hätte vorrangig etwas mit Leistung zu tun.

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Staatsgelder: Eine Frage der Gewichtung

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In letzter Zeit häufen sich die Meldungen, wonach große Unternehmen nach dem Staat rufen und rettende Steuergelder verlangen. Es ist natürlich richtig, dass man sich die Frage stellt, ob Hilfen angemessen sind oder nicht. Nur sollte man als Journalist/in darauf achten, wie man gewichtet. Claudia Brebach von der Neuen Presse Hannover hat gestern zum Fall Karstadt einen Kommentar geschrieben. Titel:

Viel Staatsgeld für ungelöste Rätsel

Schon allein diese Überschrift ist lustig, so fern man sich noch daran erinnert, was Claudia Brebach über die Staatshilfen für die Banken schrieb. Titel ihres Kommentars vom 10.11.2008:

Wo bleibt der Run auf Staatskredite?

Vor einem halben Jahr gab es für die Autorin kein Rätselraten. Da hat Frau Brebach nicht wie gestern danach gefragt, wo eigentlich der klare Kurs des Unternehmens liegt. Sie hat damals auch nicht danach gefragt, was mit den Steuermilliarden geschieht, die zu diesem Zeitpunkt in Richtung Commerzbank flossen. Im Fall Karstadt hingegen schreibt sie richtig:

„Zu viele Fragen, keine klaren Antworten. Karstadt-Rätsel, für die der Steuerzahler Millionen blechen soll. Das scheint zu viel verlangt.“

Millionen für Karstadt sind also aktuell zu viel verlangt. Jedoch warte ich noch immer auf eine Richtigstellung von Frau Brebach, dass auch die Milliarden für die Commerzbank eindeutig zu viel verlangt waren. Damals schrieb sie nämlich noch dies:

„Der Fall Commerzbank hat Bankern aber wohl auch klar gemacht, dass es kaum weh tut, zum Staat zu gehen. Die Konditionen des Bundes bei der Not-Kreditvergabe sind moderat, er mischt sich nicht einmal ins Kerngeschäft ein, sondern begnügt sich mit einem guten, von den Banken bezahlbaren Zinsertrag. Eigentlich müsste es geradezu einen Run auf Staatskredite geben.“

Heute wissen wir, dass sich die Commerzbank am liebsten vor den Zinsen drücken möchte. Weiterhin wissen wir, dass sich der Bund, obwohl er diese Bank sechsmal komplett gekauft hat, mit einem Anteil von 25 Prozent + einer Aktie begnügt und keine eigenen Vertreter in den Aufsichtsrat entsendet, die kontrollieren könnten, was in der Geschäftspolitik geschieht.

So schön die Feststellung von Frau Brebach auch ist, zunächst einmal die Anteilseigner der entsprechenden Unternehmen zur Kasse zu bitten wie im Fall Karstadt, Schickedanz und Sal. Oppenheim, die genug Kohle im Keller liegen haben, es wäre noch schöner, wenn endlich die Verursacher der Krise auch in den Medien zur Verantwortung gezogen würden, anstatt sie noch aufzufordern, Geld vom Staat zu nehmen, weil man ihre Rolle als „systemisch“ relevant missversteht.

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Die nächsten Sparorgien sind bereits geplant

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Angesichts der riesigen Steuerausfälle liegen die Nerven blank. An dem Dogma, Ausfällen nur mit Einsparungen begegnen zu können, hat sich nichts geändert. Mittlerweile ist diese schizophrene Auffassung an Absurdität kaum noch zu überbieten. In Hannover rechnet man im Rathaus mit Einnahmeausfällen von bis zu 750 Millionen Euro bis zum Jahr 2012. Natürlich ist man sich darüber im Klaren, dass sich so eine gewaltige Summe überhaupt nicht durch Einsparungen ausgleichen lässt. Das ändert aber nichts an der Überzeugung aller Beteiligten, es dennoch mit allen Mitteln zu versuchen. Und zwar radikal.

Nach Angaben der Neuen Presse Hannover gibt es zwei dicke Ordner mit Vorschlägen für Etatkürzungen. Darunter Beihilfekürzungen für Vereine und Verbände, Einsparungen bei Personalkosten und auch Privatisierungen von Kindertagesstätten und Heimen. Bisher habe man ein Einspraungsziel von jährlich 40 Millionen Euro angepeilt. Nun denkt man über mehr nach. Da fragt man sich, wohin die Reise nun gehen soll. Augenblicklich haben wir es nämlich in Sachen Haushaltspolitik mit einem handfesten Paradoxon zu tun.

Einerseits will man auf Grundlage der Zuweisung von finanziellen Mitteln des Bundes im Rahmen eines Konjunkturprogramms Investitionen tätigen, weil das Setzen von staatlichen Impulsen die Krise bekämpfen helfen soll und andererseits trägt man bereits einen Berg von Vorschlägen mit sich herum, die sich mit der Konsolidierung der Haushalte gerade in der Rezession beschäftigen. Das ist widersinnig, konterkarrierend und daher offensichtlich das Ergebnis einer nach wie vor krankhaften Wahrnehmungsstörung.

Dass es anders geht, zeigen aktuell französische Kommunen, die ihre Ausgaben noch einmal massiv erhöhen wollen, um so einen deutlicheren Impuls gegen die Wirtschaftskrise setzen zu können. So haben 18 785 Städte, Gemeinden und Landkreise eine entsprechende Konvention mit der Regierung unterzeichnet.

Demnach wollen die Gebietskörperschaften ihre Investitionen in diesem Jahr auf 53,5 Mrd. Euro ausbauen. Das entspricht einem Zuwachs um 54 Prozent gegenüber den durchschnittlichen Ausgaben in den Jahren 2004 bis 2007, teilte Patrick Devedjian, Sonderminister für das Konjunkturpaket, mit.

Quelle: Handelsblatt

Vor allem die regionale Wirtschaft soll dadurch profitieren und das ist auch legitim, so zu denken. Denn nur eine Steigerung der Nachfrage schafft Jobs, sichert Jobs, Bildung, Ausbildung – also Qualifikation und somit Wachstum und Steuereinnahmen. Nur die deutschen Schäfchen, die noch immer brav dem Glauben an eine gescheiterte Wirtschaftspolitik anhängen wie der moralisierende Christ dem durch die Gesellschaft längst getöteten Gott. Sie glauben nur an die Erlösung durch das Sparen in der Bilanz, die den Blick auf den engen Horizont eines Betriebswirtschaftlers reduziert.

Denn wie soll durch Einsparungen wie sie augenscheinlich geplant sind wieder Wachstum entstehen? Wie soll durch das Streichen von Personal oder das Kürzen von Löhnen im öffentlichen Dienst wieder mehr Steuereinnahmen generiert werden? Wie soll die Privatisierung von öffentlichen Aufgaben, wie das Betreiben von Kindertagesstätten zu einer Sicherung von Betreuung beitragen, die notwendig ist, damit Eltern vor Ort einer Beschäftigung nachgehen können, aus der wiederum Steuereinnahmen fließen?

Die Angst vor Schulden ist zu vergleichen mit der Angst des Gläubigen vor dem Teufel. Das Böse bedarf dann auch keiner näheren Erklärung mehr. Seine bloße Existenz reicht aus, um den Verstand zu betäuben, damit man im Sinne der Lehre handelt. Vielleicht ist die Kiste Bier zum Vatertag und das mehr oder weniger kollektive Besäufnis eine möglicherweise unbewusste Handlung, um den Glauben an die Rückkehr Christi auf Erden mal kurz zu verdrängen. Denn wie heißt es drohend im christlichen Credo:

Er sitzt zur Rechten des Vaters
und wird wiederkommen in Herrlichkeit
zu Richten die Lebenden und die Toten;
seiner Herrschaft wird kein Ende sein.

Da kann man es schon mit der Angst zu tun bekommen und sich glücklich schätzen, an den Hochfesten mal etwas über die Stränge schlagen zu dürfen. Nur ändert das nichts an der weltlichen Wirklichkeit. Die Franzosen haben das lange vor uns begriffen. Sie haben Gott und den Glauben dejure abgeschafft und ihn der Privatsphäre überlassen. Wo er auch hingehört. In der politischen Wirklichkeit hingegen zählt die Vernunft – das kommt übrigens von den großen deutschen Denkern. Und nach dieser ist es eben vernünftig, in einer solchen Wirtschaftskrise nicht mit Sparorgien zu antworten, um den Glauben zu erneuern, sondern aktiv etwas gegen die Verschärfung der Rezession zu tun, um die Wirklichkeit zu retten.

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Vermögende wollen mehr Steuern zahlen

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Eine Gruppe wohlhabender Unternehmer will etwas gegen die Steuerungerechtigkeit in Deutschland tun und fordert eine Anhebung der Steuern auf Vermögen. Ihr Vorschlag würde fast 40 Milliarden in die Staatskasse spülen.
„Es ist ein Skandal, dass Deutschland im internationalen Vergleich die niedrigste Besteuerung für Vermögensbestände hat. Fasst man Grundsteuer, Erbschafts-, Schenkungs- und Vermögenssteuer zusammen, ist Großbritannien mit einem Anteil von 4,3 Prozent am Bruttosozialprodukt Spitzenreiter; es folgen Frankreich mit 3,3, die USA mit 3,2, Japan mit 2,8 Prozent. Und Deutschland: 0,8 Prozent! Folgt Deutschland dem Beispiel von Großbritannien und passt die Besteuerung u. a. von Vermögen um weitere 3 Prozent an das Bruttosozialprodukt an, so ergäbe dies die Summe von 66 Milliarden Euro.” Bereinigt um steuerliche Abzüge, so die Initiatoren seinerzeit, blieben dem Fiskus 38 Milliarden Euro zur sinnhaften Verwendung.

Quelle: Der Westen

An alle Journalisten mit Brett vorm Kopp, die noch immer meinen, die Linke hätte kein Lösungskonzept anzubieten, um aus dieser Krise herauszukommen. Genau diese Rechnung, die im obigen Zitat angeführt wird, hat Oskar Lafontaine immer und immer wieder vorgetragen.

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