TV-Tipp: Wilfried Schmickler feiert 30jähriges Bühnenjubiläum! Es war nicht alles schlecht (Teil 1)

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Am kommenden Samstag, den 5. Dezember 2009, um 21:45 Uhr zeigt das WDR Fernsehen Teil 1 des 30jähriges Bühnenjubiläums von Wilfried Schmickler.
(Teil 2 am 12.12. um 21.45 Uhr)

Pünktlich zum 30jährigen Bühnenjubiläum zeigt der WDR das vierte Solo-Programm von Wilfried Schmickler „Es war nicht alles schlecht“. Aufgezeichnet wurde das Programm in der neu eröffneten Comedia in Köln.

Quelle: WDR

Nicht verpassen! Danach können sie auch noch Schuhe putzen… :D

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Es wird immer toller: Jetzt bekommen wir eine Familienministerin, die unter Verfolgungswahn leidet

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Kristina Köhler wird neue Familienministerin. Ihre soziologischen Fähigkeiten bildeten eine kompetente Grundlage für das Amt, so die Kanzlerin vorhin. Da muss ich aber gleich kotzen. Im Grunde handelt es sich bei Köhler ja um eine Berufskollegin von mir. Sie ist Diplom-Soziologin. Doch was sie so scheinwissenschaftlich vor sich hin erzählt hat, ist kaum noch zu ertragen. Im hessischen Landtangswahlkampf 2007/08, also der ersten neueren Hessenwahl, wandelte sie ihrem Chef Roland Koch zuliebe auf ausländerfeindlichen Pfaden. Sie erfand einfach wissenschaftliche Fakten, die darauf hindeuten würden, dass sog. „deutschenfeindliche Gewalt“ zunähme. Mit dieser These tingelte sie dann durch die Talkshows. Die hessische CDU ist ein einziger und aus meiner Sicht auch braun schimmernder Dreckhaufen.

Frau Köhler wird jetzt also Bundesfamilienministerin. Ich hoffe, jemand hat ihr erzählt, dass sie dann auch für die Kinder von Migranten zuständig ist, die nach Auffassung der Hessen-CDU bereits des Landes verwiesen werden sollten, wenn sie „Scheiß Deutscher“ sagen. Mehr dazu sehen sie in dem noch abrufbaren Panorama Bericht vom 24.01.2008.

http://daserste.ndr.de/panorama/media/wahlkampfhessen2.html

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Afghanistan: Bundesregierung ist der Lüge überführt. Warum erst und gerade jetzt?

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Für viele kritische Beobachter war längst klar, dass der durch den deutschen Oberst Klein befohlene Angriff auf einen Tanklastzug in Afghanistan am 4. September 2009 nicht nur zahlreiche zivile Opfer forderte, sondern auch unangemessen (verbrecherisch!) war, weil Oberst Klein die Lage vor Ort nie und nimmer hätte richtig einschätzen können, um einen derartigen Luftschlag militärisch rechtfertigen zu können. Nun ist kar, dass keine 24 Stunden später die Bundesregierung vollkommen im Bilde über den Vorgang gewesen sein musste. Die Regierung musste wissen, dass es viele zivile Opfer gab und dass ein deutscher Kommandeur ohne ausreichende Kenntnis der Lage einen verheerenden Bombenangriff befohlen hat, bei dem unschuldige Menschen, darunter auch Kinder zu Tode kamen. Die Bildzeitung bezieht sich heute auf einen entsprechenden Bericht und ein Video, die beide bis jetzt zurückgehalten wurden.

Nun ist aber überhaupt nicht interessant, dass die Wahrheit endlich ans Tageslicht gekommen ist, sondern vielmehr die Tatsache, dass sie so lange verheimlicht werden konnte und die Medien, allen voran Bild, brav mitspielten. Wieso greift gerade jetzt Springer die Bundesregierung an? Missfällt Friede Springer etwa die aktuelle Politik von Angela Merkel? Egon W. Kreutzer schreibt in seinem Blog:

„Dass die BILD-Zeitung fast drei Monate nach dem Bombenangriff auf zwei geraubte Tanklastzüge, fast zwei Monate nach der Wahl zum Deutschen Bundestag, mit der Meldung herauskommt, es hätte Beweise gegeben, schon am Tag danach, dass es (viele) zivile Opfer gab, mutet an, also ob der Dompteur in der Manege mit der Peitsche knallt, damit die störrische Löwin endlich wieder auf dem Sockel platz nimmt, der ihr zugewiesen ist.

Jetzt die Frage zu stellen, ob die Spitzen des Verteidigungsministeriums nicht informiert wurden, die Frage zu stellen, ob Franz Joseph Jung vielleicht doch etwas wusste, ist Schmierentheater.

Wir können sicher sein, dass die BILD-Zeitung ihr Regierungsbeeinflussungs- Pulver noch längst nicht verschossen hat und sollten darauf achten, welche Bewegung jetzt in die Steuer- und Arbeitsmarkt- und Finanzmarktregulierungs- und Klimaschutzpolitik kommt. Ich ahne, dass da eine neue „Chefsache“ auf uns zukommt.“

Übrigens teile ich auch Kreutzers Auffassung, dass das Verschweigen der klaren Informationen zu dem Vorfall in Kunduz ein Wahlgeschenk der Medien an die regierenden Kriegstreiber war, um zu verhindern, dass die einzige Partei, die den Einsatz in Afghanistan ablehnt, gerade weil ein Krieg immer wieder zivile Opfer fordert und darüber hinaus kein Mehr an Stabilität bringt, sondern eher das Gegenteil, keinen weiteren Zulauf erhält.

Im Übrigen rückt das auch die Rolle Steinmeiers im Wahlkampf in ein noch schlechteres Licht. Er hatte eine mögliche Zusammenarbeit mit der Linken vor allem immer deshalb abgelehnt, weil er deren Haltung zum Afghanistan-Einsatz für politisch unverantwortbar hielt. Er wusste mit Sicherheit auch mehr. Jedenfalls sind seine Forderungen nach einem Untersuchungsausschuss als scheinheilig zu bezeichnen. Die hessischen Linken machen es vor. Sie zeigten Franz Josef Jung kurzer Hand wegen Strafvereitelung im Amt an.

Doch auch den Neuen im Amt, Freigeist zu Guttenberg, sollte man nicht schonen. Ich erinnere noch einmal daran, dass der schwarze Baron dem „Red Baron 20“ (Codename von Oberst Klein) angemessenes Verhalten attestierte. Und das, nachdem sich Guttenberg eine Woche Zeit ließ, den immer noch geheimen Nato-Untersuchungsbericht genau zu studieren. Damals kritisierte er nur etwas an den formalen Einsatzregeln, die ihm „keine Tränen der Euphorie“ in die Augen trieben. Zum Luftangriff sagte er:

„Der Militärschlag war vor dem Hintergrund der gesamten Bedrohungslage militärisch angemessen.“

„Selbst ohne Verfahrensfehler hätte es zu einem Luftschlag kommen müssen.“

Quelle: Berliner Zeitung

Genau dasselbe sagte damals auch der heute auf angeblich eigenen Wunsch entlassene Generalinspekteur Schneiderhan. Ein Bauernopfer, wie mir scheint. Und wer tritt nun den Guttenberg zurück?

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Meinungsmache: Wie Bodo Ramelow zum "Badboy" gemacht wurde

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In einem Brief an die NachDenkSeiten nimmt Bodo Ramelow Stellung zu den Vorwürfen, er hätte sich in eine Kampagne gegen den an Krebs erkrankten Oskar Lafontaine einbinden lassen. Sehr eindrucksvoll und ehrlich, wie ich finde, räumt er mit den von den Medien konstruierten Scheinsachverhalten auf. Im Zuge seiner Beschreibung der Ereignisse und insbesondere seiner Kontakte zu den Medien fällt ein Name, bei dem es klingelt. Dieter Wonka von der Leipziger Volkszeitung. Er ist wohl der mutmaßliche Auslöser der Kampagne, weil er Bodo Ramelow ganz gezielt missverstehen wollte.

Dieter Wonka ist der, der auf der Bundespressekonferenz Guido Westerwelle auf altgriechisch eine Frage stellen wollte, weil der sie auf deutsch nicht verstand oder verstehen wollte. Mit Unverständnis hätte Bodo Ramelow wohl letztlich auch reagieren sollen, um nicht Gefahr zu laufen, für eine bewusste Medienkampagne eingespannt zu werden. Sie können aber an den Schilderungen Ramelows sehr schön nachvollziehen, wie das mit der Meinungsmache in diesem Land funktioniert. Dieter Wonka ist im Grunde der Christoph Slangen der Leipziger Volkszeitung und die gehört zu 100 Prozent dem Madsack-Konzern, wie die Neue Presse Hannover auch. Insofern ist es kein Wunder, dass man sich die Bälle zuspielt, wie der Kommentar von Anja Schmiedeke vom letzten Donnerstag in der NP zeigt (siehe hier im Blog).

Auf eine Gegendarstellung können sie lange warten. Wie Bodo Ramelow abschließend schreibt, wird seine Richtigstellung der Ereignisse mit den Worten kommentiert.

„…,nach heftiger Intervention der Bundesspitze rudert Ramelow
zurück“

Ziel der Kampagnen bleibt es, die Linkspartei als streitenden Haufen darzustellen, der sich vor allem an der Person Oskar Lafontaine abarbeitet. Nur gegen Lafontaine sind im Endeffekt diese getarnten Angriffe gerichtet. Am letzten Donnerstag lautete die entsprechende Agenturmeldung in der Neuen Presse:

Linke streitet über Lafontaine-Nachfolge
Darunter findet sich dann ein Text mit Zitaten von Ramelow, die so eingesetzt worden sind, dass man annehmen musste, Ramelow fordere eine Führungsdebatte.

BERLIN. In der Linken ist Streit darüber entbrannt, ob über eine Nachfolge für den an Krebs erkrankten Parteichef Oskar Lafontaine diskutiert werden soll. Linksfraktionschef Gregor Gysi wies Überlegungen des Thüringer Linksfraktionschefs Bodo Ramelow zurück, die Partei müsse sich auf einen Wechsel vorbereiten. Lafontaine ging am Tag vor seiner Operation bei einer Rede in Saarbrücken nicht auf seine Erkrankung ein. Ramelow sagte der „Leipziger Volkszeitung“, die Partei müsse sich unabhängig von der Erkrankung ihres Vorsitzenden gezielt auf die Zeit nach Lafontaine vorbereiten: „Es muss sowieso ohne Lafontaine gehen. Das hat nichts mit seiner Krebsoperation zu tun.“ Zur Frage der Neubesetzung der Parteispitze sagte Ramelow: „Die neue Parteiführung sollte aus einem Ost- und einem West-Vertreter, aus einem Mann und einer Frau bestehen.“ Gysi sagte zu Ramelows Überlegungen: „Herr Ramelow kann ja über alles nachdenken. Aber das ist eine Frage, die mich im Augenblick ehrlich gesagt nicht sonderlich bewegt.“ Am Dienstag war bekannt geworden, dass Lafontaine sich einer Prostatakrebs-Operation unterziehen muss.« afp/dpa»

In seiner Klarstellung schreibt Ramelow:

„Zu diesem Zeitpunkt hatte ich eine Anfrage von Herrn Wonka von der Leipziger Volkszeitung, der am Montag, 16. November, über sein Büro ein entsprechendes Interview mit mir vorvereinbart hatte. Dieses Interview markiert Auffassungen von mir, die ich schon Wochen vorher öffentlich immer wieder geäußert habe. Dazu gehört insbesondere die Unterstützung für Oskar Lafontaine zum Vorschlag, in der Parteispitze eine Doppelspitze zu installieren. Darüber hatte ich persönlich mit Oskar gesprochen und im Gegensatz zu vielen ostdeutschen Landesverbandsvertretern bin ich ein vehementer Befürworter der Doppelspitze.

In diesem Zusammenhang ist von mir der Satz gefallen, dass der Vorschlag von Oskar sehr klug gewählt ist, ich ihn sehr unterstützenswert finde, weil damit von ihm ein geordneter Generationswechsel über einen längeren Zeitraum ermöglicht wird. Ich habe auch darauf hingewiesen, dass ein Generationswechsel auf diese Art zeigt, wie Oskar Lafontaine denkt und wie gut es uns tun würde, diese Debatte jetzt offensiv in der Partei zu führen. Das habe ich vor der Krebsdiagnose geäußert und mit wenig Mühe wird man diese Texte von mir in einer Reihe von Zeitungen und meinem längeren Interview im Tagesspiegel nachlesen können.“

Kurzum: Ramelow hat vor Bekanntwerden der Krebserkrankung Lafontaines in Interviews immer wieder gesagt, dass er die Haltung Lafontaines teile, dass die Parteiführung auch in Zukunft mit einer Doppelspitze aus Ost und West und am besten in der Form Mann Frau bestückt sein sollte. Mehr nicht. Was Wonka und die Medienmeute nach Bekanntwerden der Krebserkrankung nun aus den Statements gemacht haben, ist eine perfide und stillose Angelegenheit.

Das muss man sich mal vorstellen. Dieter Wonka ruft am Mittwoch, den 18.11.2009, bei Ramelow an und lässt sich ganz bewusst die bisher getätigten Aussagen zur Doppelspitze noch einmal bestätigen. Und am nächsten Tag erscheint dann die Schlagzeile über eine angeblich stillose Nachfolgedebatte innerhalb der Linkspartei, ausgelöst durch Aussagen von Ramelow, die lange vor Bekanntwerden der Krebserkrankung und in Übereinstimmung mit der Position Lafontaines gemacht worden sind. Ist das nicht verrückt?

Für die offene Schilderung der Vorgänge muss man Bodo Ramelow wirklich dankbar sein. Selten bekommt man so konkrete Einblicke in die schmutzige Welt hinter der publizierten Wirklichkeit. Aber das kennt man ja bereits von Ramelow. Er hat ja auch das Protokoll der letzten Sondierungsrunde mit der SPD in Thüringen veröffentlicht, nachdem die Sozialdemokraten eine sehr eigene Wahrnehmung der Realität verbreiten wollten. Die Matschbirne Matschie stand dann auch sehr ertappt da.

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Rauchverbote in Gaststätten

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Aus aktuellem Anlass weise ich auf einen Bericht des NDR hin, der sich mit dem Rauchverbot in niedersächsischen Gaststätten beschäftigt. Bis zum Ende des Jahres muss die Landesregierung eine Bilanz über die Auswirkungen des „Niedersächsischen Nichtraucherschutzgesetzes“ vorlegen (siehe NDR-Info).

Seit August 2007 gilt in Niedersachsen ein Nichtraucherschutzgesetz, das das Rauchen in Gaststätten, Cafés, Bistros, Eiscafes und Festzelten grundsätzlich untersagt. Das Rauchen ist, sofern gewünscht, nur noch in einem gesondert gekennzeichneten abgeschlossenen Nebenraum erlaubt. In Kneipen, die nicht größer als 75 qm sind und in denen keine Speisen angeboten werden sowie Jugendliche unter 18 Jahren keinen Zutritt haben, darf ebenfalls geraucht werden, sofern ein Schild am Eingang die Kneipe als Rauchergaststätte ausweist.

Im Vorfeld der Regelungen gab es viel Streit und Diskussionen darüber, ob ein Rauchverbot in Gaststätten zu Umsatzeinbußen der Betreiber führen würde. Nun aber geht aus einem internen Bericht des Sozialministeriums hervor, dass keinerlei Umsatzeinbußen erkennbar seien. Im Grunde bestätigt sich also das, was man in anderen Ländern längst studieren konnte. Das Rauchverbot in Gaststätten wird durch die Bevölkerung akzeptiert.

Nun hindert diese Erkenntnis den niedersächsischen Gaststättenverband und die lobbyhörige Schnöseltruppe von der FDP nicht daran, weitere Lockerungen beim Rauchverbot einzufordern. Völlig grundlos und zum Schaden der Mehrheit. Aber so sind sie halt, immer für den eigenen Geldbeutel unterwegs.

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Nachtrag zum verregneten Domino-Day im Fernsehen

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Das Fernsehen und die Inszenierung des 9. November. Im Tagesspiegel finden sie dazu einen tollen Beitrag von Rüdiger Schaper.

„War es Marx, der gesagt hat, dass sich die Tragödie als Farce wiederholt? Und wenn das stimmen sollte, dann wäre die nächste Frage, als was sich ein friedlicher Umsturz wiederholt.

Nun, das ZDF weiß Antwort. Im Fernsehen kennt man sich mit Wiederholungen aus. Sie sind das Rückgrat der Programmstruktur. Marx konnte noch nichts ahnen von der Revolution im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit.

Im ZDF hat sich am Montagabend der Fall der Berliner Mauer als Außenwette wiederholt. Allerdings unter Sauwetterbedingungen. So viel Schirmdamen und -herren sah man nie. Angela Merkel machte ein Gesicht wie zwanzig Jahre Regenwetter. „Der Himmel weinte vor Freude“, titelte ein Boulevardblatt, das sich gern in den Feldherrenmantel der Geschichte hüllt. Wetten, dass die Grenze verschwindet? Man durfte noch einmal mitzittern. Den Part von Günter Schabowski, der damals in der Ursendung das Geschehen moderierte, übernahm Thomas Gottschalk, der letzte Quotenbringer. Auch die öffentlich-rechtlichen Sender leiden unter Zuschauerschwund, wie einst das SED-Regime.“

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Zur Steuerschätzung und zur gestörten Wahrnehmung der Medien

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Der Arbeitskreis Steuerschätzung hat seine Prognose bekannt gegeben. Und? Es geistert die Zahl 2,9 Mrd. Euro weniger Einnahmen durch alle Schlagzeilen. Doch da stimmt etwas mit der journalistischen Wahrnehmung nicht. Denn bei den 2,9 Mrd. handelt es sich um den Rückgang zur letzten Steuerschätzung vom Mai diesen Jahres. Für 2010 wird dann auch mit einem Plus von 1,1 Mrd. gerechnet. Also wieder im Vergleich zur Mai-Schätzung. Das ist doch Volksverarsche ersten Ranges, wenn man sich beispielsweise die FAZ anschaut. Warum vergleicht man Steuerschätzung mit Steuerschätzung und nicht Steuerschätzung mit den tatsächlich eingenommenen Steuern des Vorjahres?

Wenn man das nämlich tut, sieht es ziemlich katastrophal aus, auch für 2010. Im Vergleich zum Vorjahr würde der Staat laut aktueller Schätzung 37 Mrd. Euro weniger an Steuern einnehmen und 2010 12,6 Mrd. weniger als 2009. Die Netzeitung berichtet darüber z.B. korrekt. Vielleicht will man ja der neuen Koalition in ihrem Steuersenkungswahn nicht die totale Unsinnigkeit ihrer Vorhaben vor Augen führen oder dem rollenden Schwarzgeld-Schäuble die Unsinnigkeit von beabsichtigten Sparaktionen. Zum begehrten Sparhammer soll die Regierung nämlich zurückkehren, weil das in der Vergangenheit immer so prima geklappt hat. Schließlich hätte Steinbrück beinahe den so lang ersehnten ausgeglichenen Haushalt vorlegen können, ja wenn die blöde Finanzkrise nicht vom Himmel gefallen wäre.

Das Mantra deutscher Journalisten wie Hobbyhaushaltspolitiker lautet: Ausgeglichener Haushalt, koste es, was es wolle. Seit 1991, als das Haushaltsdefizit erstmalig bei drei Prozent des BIP lag, wurde der ausgeglichene Haushalt zur wichtigsten Aufgabe deutscher Finanzminister. Doch was war die Folge? Stagnierende Inlandsnachfrage, steigende Arbeitslosigkeit, höhere Staatsverschuldung und ein Haushaltsdefizit, das sich kaum von jenen drei Prozent des BIP entfernte. Dafür hat man es geschafft die Staatsquote vor Ausbruch der Krise auf einen historischen Tiefstand zu reduzieren. Selbst in kurzen Aufschwungphasen würgte man durch prozyklische Ausgabenpolitik die Konjunktur einfach ab. Jörg Bibow, Ökonomieprofessor am Skidmore College im US-Bundesstaat New York, sagte dazu in der Financial Times Deutschland:

„Das Grundmuster der deutschen Makropolitik ist klar erkennbar: sinnloses Drosseln der heimischen Nachfrage durch Sparmaßnahmen, kombiniert mit der Hoffnung, bei den Exporten schmarotzen zu können.“

Dabei wäre eine Sparpolitik in der jetzigen Lage fatal. Doch die Schuldenbremse wirft ihre Schatten auch schon voraus. Aber wie ich gerade auf NDR 2 höre, glaubt Schäuble an die verabredeten Steuersenkungen, weil die Schätzung mit den 2,9 Mrd. Euro weniger ja nicht so schlimm ausfiel wie erwartet. Da kann man nur mit dem Kopf schütteln. Über NDR 2 meine ich jetzt. Den Schäuble können sie komplett vergessen. Hören sie lieber auf Leute wie den Ökonomen Jörg Bibow, die von der Sache auch was verstehen.

„Offensichtlich war die derzeitige Krise noch nicht schlimm genug, damit Deutschland das Modell des exportorientierten Wachstums einer gründlichen Korrektur unterzieht. Das tatsächliche Problem ist, dass das Land zu einer Politik neigt, die Importe drosselt. Handelsbilanzüberschüsse dienen dabei dem geradezu moralischen Kreuzzug für einen ausgeglichenen Staatshaushalt. Die nächste Gelegenheit, diese dringend nötige öffentliche Debatte zu führen, kommt vielleicht in naher Zukunft. Hoffentlich ist dann eine Bundesregierung im Amt, die nicht auf Kollisionskurs zur europäischen Integration liegt.“

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Die Reaktion der Neuen Presse Hannover auf den Koalitionsvertrag

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Dass Philipp Rösler Gesundheitsminister wird, ist für die Neue Presse Hannover ein Grund zum Feiern. Ein weiterer Niedersachse in der Bundesregierung. Vizechef Bodo Krüger kommentiert auf Seite eins am Samstag und spricht bei der Personalie Rösler vom zu Guttenberg der Liberalen.

„Philipp Rösler, der junge Hoffnungsträger aus Hannover, soll Gesundheitsminister werden. Ein deutliches Signal der FDP, dass sich Leistung wirklich wieder lohnen soll, und zugleich ein Zeichen, dass es ein Weiter-so in der Gesundheitspolitik nicht geben wird. Philipp Rösler ist so etwas wie der zu Guttenberg der Liberalen. Klug, unverbraucht und beliebt.“

Allein diese Einschätzung wäre schon eine Beschwerde wert, weil der Autor gar nicht die Qualifikation Röslers bemisst, sondern mit dem zu Guttenberg-Vergleich sagen will, dass er sich aufgrund seiner Aura, wie auch immer sie entstanden sein mag, für jedes Amt empfehle. Man hat ohnehin ein wenig das Gefühl, als würden in Berlin die Posten ausgewürfelt. Zu Guttenberg durfte sogar zwischen zwei Ressorts wählen. Geht’s noch? Nach fachlichen Qualifikationen fragt in diesem Zusammenhang wohl keiner?

Im Gegenteil, am Schluss kommen noch als Journalisten getarnte PR-Mitarbeiter wie Krüger, schreiben alles schön und faseln von Leistungen, die sich bei den Personalentscheidungen nun niederschlagen würden. Dabei fällt zum Beispiel völlig unter den Tisch, was ein schmieriger Typ wie Rösler in Interviews der jüngeren Geschichte so von sich gab. Mit seiner Entscheidung für Berlin begeht der „kluge“ Rösler nämlich einen astreinen Wortbruch. Am 17. Februar diesen Jahres antwortete er in der Süddeutschen Zeitung auf die Frage, ob er sich denn nicht bald in Berlin sähe, klipp und klar mit nein (siehe Süddeutsche Zeitung).

SZ: Da sind Sie längst in Berlin, wo die großen Aufgaben locken.
Rösler: Nein, ich habe ja auch gesagt, dass ich nie nach Berlin gehe.

SZ: Weil die Politik den Menschen zu sehr verändert?
Rösler: Mein Vater sagt immer: Gute Schauspieler und Politiker haben eins gemeinsam. Sie gehen, wenn noch jemand klatscht. Es ist bedrückend, dass Politiker mit einer großen Lebensleistung, wie Helmut Kohl oder Heide Simonis, den richtigen Absprung verpasst haben. Man muss irgendwann was anderes machen.

SZ: Warum wollen Sie Berlin meiden?
Rösler: Weil ich das misstrauische Klima dort nicht für gesund halte. Wenn ich hier meine zwei Stellvertreter zusammen Kaffee trinken sehe, denke ich: Das sind nette Kerle – und setze mich dazu. In Berlin muss ich mich fragen, ob die gerade überlegen, wer von beiden mich ablöst.

SZ: Sie sind aber doch regelmäßig beim FDP-Präsidium in Berlin.
Rösler: Das ist in Ordnung. Aber hier in Hannover ist meine Welt, alles sehr familiär. Niemand würde sagen, da kommt der Herr Doktor Rösler, unser Vorsitzender. Ich bin der Philipp.

SZ: Wer passt jetzt auf, dass Sie nicht werden, wie Sie nie werden wollen?
Rösler: Meine Mitarbeiter. Das sagt zwar jeder Chef, aber wir sind hier ein sehr junges Team. Außerdem mein Vater. Und natürlich meine Frau. Die sagt, wenn ich nach Hause komme, schon mal: Jetzt ist erst mal gut, kümmere dich mal um deine Kinder, danach kannst du von deinen Heldentaten berichten.

Wäre Rösler jetzt Oskar Lafontaine, hätte NP-Vizechef Bodo Krüger aber sofort den Wortbruch parat gehabt und behauptet, der Mann sei verrückt, unberrechenbar und ein tricksender Demagoge. Aber da gibt es noch eine andere Sache. Der Wechsel kommt wohl zur rechten Zeit. Denn beim Cabriospezialisten Karmann in Osnabrück steht eine Pleite unmittelbar bevor. Im Ergebnis hätte der niedersächsische Wirtschaftsminister Rösler ziemlich blöd dagestanden. Der „kluge“ Rösler sagte nämlich am Tag der Karmann-Insolvenz am 8. April 2009 laut Nachrichtenagentur ddp Folgendes:

„Das Land steht mit seinen Instrumenten der Wirtschaftsförderung bereit. Eine Insolvenz muss jetzt für die geordnete Fortführung der überlebensfähigen Teile des Unternehmens genutzt werden.“

Das klang souverän und vielversprechend, genau wie beim zu Guttenberg. Wahrscheinlich nutzen die beiden auch denselben PR-Berater.

Aber all das interessiert unserern Vizechef der Neuen Presse Hannover scheinbar nicht. Er schreibt völlig realitätsfern von „Richtigen Signalen“.

„Vom erwarteten Kälteschock keine Spur, stattdessen wärmen die schwarz-gelben Koalitionäre das Wahlvolk mit Wohltaten. Mehr Geld für Familien, Erleichterungen für Hartz-IV-Empfänger, Steuersenkungen und gute Nachrichten für alle. Selbst jetzt, da der Koalitionsvertrag ausgehandelt ist, lässt sich kaum erkennen, dass die nächste Regierung eigentlich eine schwere Finanzkrise bewältigen muss.“

Für wie dumm hält Herr Krüger eigentlich seine Leser? Besser hätte das ein offiziell für die neue Regierung tätiger PR-Berater nämlich auch nicht hinschreiben können. Gerade bei der Behauptung, dass Familien mehr Geld zu erwarten hätten, lässt sich die Manipulationsabsicht klar erkennen. Denn mit einer deutlichen Anhebung des Grundfreibetrags und einer moderaten Erhöhung des Kindergeldes werden Kinder von besserverdienenden Eltern deutlich stärker gefördert als andere Kinder. Auf die politisch gewollte Ungleichbehandlung habe ich bereits an anderer Stelle im Blog hingewiesen (siehe hier).

Was bedeutet denn die Erhöhung des Kinderfreibetrags von von 6024 auf 8004 Euro, die mit drei Milliarden Euro zu Buche schlagen wird, da bereits fest vereinbart? Von dieser Maßnahme profitieren rund ein Fünftel der Familien, die über ein entsprechend hohes Haushaltseinkommen verfügen.

Also drei Milliarden fix für ein Fünftel!

Die Erhöhung des Kindergeldes, die laut den Koalitionären, abhängig von der Haushaltslage des Bundes, die Herr Solms von der FDP übrigens „überraschend“ als entsetzlich beschrieb, höchstens sieben Milliarden Euro kosten soll, beträfe aber die restlichen vier Fünftel der Familien, die nicht über ein für den Kinderfreibetrag relevantes hohes Einkommen verfügen.

Also unsichere sieben Milliarden für vier Fünftel!

Ist das gerecht? Sozial? Sozial gerecht? Nach Dreisatzrechnung müsste die Entlastung für Normal- und Geringverdiener mindestens 12 Milliarden Euro betragen und nicht maximal sieben.

Die Erleichterungen für Hartz-IV-Empfänger sind auch keine. Ein höheres Schonvermögen nutzt den Wenigsten. Viele Betroffene verfügen schlicht über kein Vermögen. Zudem wurde bekannt, dass die verfassungswidrige Mischverwaltung in den JobCentern einfach beendet werden soll und künftig die kommunale Verwaltung für Leistungen zur Unterkunft und die Arbeitsagenturen für die Leistungen zum Lebensunterhalt zuständig sein sollen. All das ignoriert Bodo Krüger, um seinen Lesern am Schluss die Wahnsinnsentscheidung Schäuble als künftigen Finanzminister teuer wie möglich zu verkaufen. Diese Lobhudelei ist nicht zum Aushalten.

„Merkels größter Coup: Wolfgang Schäuble bekommt das Finanzministerium. Dieser erfahrene und selbstbewusste Minister im Zentrum der Macht – vielleicht ist das der wichtigste Hinweis darauf, was Deutschland von Schwarz-Gelb in Zukunft wirklich zu erwarten hat.

Denn irgendwann wird die „Wir-haben-im-Wahlkampf-nicht-gelogen-Strategie“ nicht mehr durchzuhalten sein. Irgendwann werden sich die Wohltäter mit der Wirklichkeit befassen müssen, und dann braucht es einen, der dem Wähler die Zumutungen erklärt. Einen, der dafür sorgt, dass der Schuldenberg nicht in den Himmel wächst, und den Menschen begreiflich macht, dass der Staat nicht mehr ausgeben kann, als er hat. Es braucht einen, der seinen Kabinettskollegen entschlossen die Stirn bietet. Und einen, der für die Banken nicht nur Schutzschirme aufspannt, sondern den nadelgestreiften Herren in den gläsernen Türmen auch klar macht, dass Gier keine Tugend ist. Schäuble könnte der Richtige dafür sein.

Denn was auch immer man vom bisherigen Innenminister halten mag: Er ist ein Mann, den die Politik bereits in viele Ämter und auch in existenzielle Grenzbereiche geführt hat. Ein Mann, der keine Kompromisse mehr eingehen und nichts mehr versprechen muss, weil die nächste Wahl bevorsteht. Schäuble ist einer für die Überraschungen.“

Oder einer aus dem Gruselkabinett. Ausgerechnet einem Herrn Schäuble zu bescheinigen, dass er den Banken die Stirn bieten könne und klar machen würde, dass Gier keine Tugend sei, kann wirklich nur ein schlecht gemeinter Scherz vom Vizechef der Neuen Presse Hannover sein. Hat Bodo Krüger völlig vergessen, welche Rolle Dr. Wolfgang Schäuble im CDU-Spendenskandal gespielt hat? Wer hat 100.000 Mark in bar vom Waffenlobbyisten Schreiber angenommen? Ob gierig oder nicht, spielt dabei ja keine Rolle.

Also manchmal frage ich mich, wer schlimmer ist. Unsere Regierung oder die Medien. Bodo Krüger sollte jedenfalls seinen Posten räumen und als PR-Berater auch offiziell tätig werden. Dass er sich als Journalist bezeichnen darf und als Vizechef einer Zeitung lange Schwachsinnskommentare schreibt, geht über die Grenze des Erträglichen weit hinaus. Aber Krüger scheint seinen ganz persönlichen existenziellen Grenzbereich weiter ungehindert ausloten zu können. Pfui Teufel.

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Eine private Zwangs-Pflegeversicherung

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Da hat sich der Tigerentenclub ja was Tolles ausgedacht mit der privaten Zwangs-Pflege-Zusatzversicherung. Arbeitnehmer sollen künftig einen Beitrag von ihrem Einkommen an eine private Versicherungsgesellschaft abführen, um für’s Alter vorzusorgen. Die Medien begleiten das Thema durchaus kritisch, aber unter völlig falschen Annahmen. Kritisiert wird nämlich nur der Bruch des Wahlversprechens „Mehr Netto vom Brutto“. In der Neuen Presse Hannover kommentiert heute Udo Harms. Sein Text trägt die bezeichnende Überschrift „Zwangsabgabe statt mehr Netto“. Darin stellt Harms fest, dass das bisherige Modell der Umlagefinanzierung bei Union und FDP auf wenig Gegenliebe stoße. Dort setze man statt dessen lieber auf Privatisierung und Kapitalbildung. Mit Blick auf die einseitige Zwangsabgabe für Arbeitnehmer fragt Harms dann aber:

„Rätselhaft bleibt, warum nicht einfach beide Seiten, Beschäftigte und Arbeitgeber, gemeinsam mehr zahlen sollen.“

Falsch, denn rätselhaft bleibt, warum es eine Privatversicherung sein muss. Was unterscheidet eine private Absicherung des Pfegerisikos von einer gesetzlichen? Das ist die entscheidende Frage, der sich die Redaktion der Neuen Presse mal wieder konsequent verweigert. Denn Harms dreht im Grunde nur die Lügenstory weiter, die der PR-Agent Christoph Slangen vor gut einer Woche geliefert hat (siehe hier). Am vergangenen Freitag hatte Slangen eine Allensbach-Umfrage im Auftrag der Marseille-Kliniken, eine Aktiengesellschaft, die Alten- und Pflegeheime betreibt, präsentiert, aus der hervorgeht, dass jeder Zweite Angst davor habe, später einmal zum Pflegefall zu werden. Ganz konkret wurde zum Umfrageergebnis folgender Satz gleich mitgeliefert:

„Aber nur zwölf Prozent sorgen zusätzlich zur gesetzlichen Pflegeversicherung noch privat vor.“

Slangen nutzte diese von wirtschaftlichen Interessen geleitete Umfrage, um Werbung für die private Pflegeversicherung zu machen und seine Leser auf kommende angeblich alternativlose Schritte der neuen Regierung einzustimmen. Er schrieb unter dem Titel Gute Versorgung wird teurer werden folgenden Absatz:

„Dass drei Viertel der Befragten fürchten, nicht ausreichend versorgt zu sein, spiegelt die Realität wider: Die Pflegeversicherung war nie eine Rundum-Leistung. Wer im Alter auf einen Heimplatz mit stationärer Versorgung angewiesen ist, muss zumeist privat Geld zuschießen, nur notfalls springt der Staat ein. Die neue schwarz-gelbe Koalition wird wohl auf mehr private Finanzierung setzen, um das derzeitige Versorgungsniveau in Zukunft zu halten. Die Pflege wird teuer für den Einzelnen.

Udo Harms beginnt mit derselben Botschaft seinen heutigen Kommentar:

„Drei Viertel aller Deutschen haben Angst davor, einmal ein Pflegefall zu werden. Und die meisten fühlen sich von der Politik allein gelassen. Jetzt will die neue Koalition handeln. Ihr Rezept: Die Arbeitnehmer sollen mehr privat vorsorgen. Die Grundeinsicht ist richtig: Die Pflegeversicherung wird langfristig nicht mit ihrem Geld auskommen. Da immer mehr alte Menschen immer weniger jüngeren Beschäftigten gegenüberstehen, ist klar, dass die Kosten stetig steigen werden – während die Einnahmen eher sinken.“

Hier sehen sie beispielhaft, wie unsere Medien Meinungsmache betreiben und gezielt manipulieren. Die Ergebnisse der Allenbach-Umfrage, die nachgewiesenermaßen eine unseriöse und damit falsche Quelle ist, fließen bei Harms als feststehende Fakten ein. Der Leser wird gar nicht mehr darüber aufgeklärt, sondern mit einer Scheinwahrheit konfrontiert.

  • Irreführung Nr.1: Private Vorsorge sei richtig, da die gesetzlichen Sozialsysteme kein Geld mehr hätten.
    Für die Pflegeversicherung stimmt das nicht. In den Kassen existieren gegenwärtig Überschüsse. Für das Jahr 2009 wird bisher ein Plus von einer halben Milliarde verzeichnet. Bis Ende des Jahres rechnet man mit 800 bis 900 Millionen Euro Überschuss. Die Rücklage würde dann 4,7 Mrd. Euro betragen. Mitten in der Wirtschaftskrise behauptet sich die gesetzliche Sozialversicherung. Gegenwärtig gibt es also kein Finanzierungsproblem.
  • Irreführung Nr.2: Die Bevölkerung wird immer älter. Weniger jüngere Menschen würden sehr viel mehr älteren Menschen gegenüberstehen, damit sei klar, dass die Kosten steigen und die Einnahmen sinken.
    Was ändert nun der angeblich „richtige Weg“ Privatisierung an der demografischen Entwicklung? Auch bei der privaten Versicherung werden Beiträge eingesammelt und umverteilt und zwar unter denselben demografischen Bedingungen. Das Demografieargument ist also eine totale Lachnummer und begründet überhaupt nicht, warum man von dem gesetzlich betriebenen und günstigen Umlagesystem auf ein renditegesteuertes Verteilungssystem umsteigen sollte. Wie Harms mit seiner Überschrift ja selbst beweist, steigen auch mit der privaten Zwangsversicherung die Beiträge. Wem nutzt also der Systemwechsel wäre die Frage, die sich einem Journalisten „zwangsläufig“ stellen müsste.

Udo Harms führt also ein Gefecht am eigentlichen Thema vorbei. Statt sich die Frage zu stellen, warum die kapitalgedeckte Vorsorge in einer Zeit sinnvoll sein soll, in der die Gesellschaft auf schmerzliche Weise erfährt, was es heißt, für eine Finanzkrise, die am Kapitalmarkt entstanden ist, bezahlen zu müssen, trällert Harms fröhlich weiter das Lied der Privatisierung der Sozialsysteme. Wahrscheinlich baut er auf die Regulierungsabsichten des Tigerentenclubs. Wissen sie, wann die da das erste Mal bei ihren Koalitionsverhandlungen darüber gesprochen haben? Gestern! Ergebnis? In Zukunft soll die Bankenaufsicht bei der Bundesbank konzentriert werden. Einzelheiten? Fehlanzeige.

Ausgerechnet bei der Bundesbank. Da erscheinen Thilo Sarrazins Äußerungen doch in einem ganz anderen Licht. Vielleicht ein Ablenkungsmanöver? Schließlich hätte Axel Weber, die Veröffentlichung des unsäglichen Interviews verhindern können, wie der Spiegel herausfand. Er tat es aber nicht. Warum nur?

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