Ich stehe noch immer unter dem Eindruck des grandiosen Viertelfinalsiegs der deutschen Nationalmannschaft über Argentinen bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika. Bisher galt ja die 72er Europameister-Elf um Beckenbauer, Hoeneß, Netzer und Gerd Müller, als die spielstärkste deutsche Mannschaft, die es je gab.
Inzwischen muss man sagen, dass das aktuelle Team besser ist! Die Geschichte muss also neu geschrieben werden und hoffentlich verschwinden dann auch Netzer und Beckenbauer endlich von der Bildfläche. Bereits nach dem ersten Spiel gegen Australien wurde die Stärke des jungen Teams überdeutlich. Offensichtlich kann man die Deutschen nur mit gelben Karten für harmlose Fouls bezwingen. Ansonsten sieht es ziemlich gut aus, was den WM-Titel anbelangt. Da braucht man sich nur die Champions Road anzuschauen. Die Kracher England und Argentinien hoch geschlagen und nun der Europameister Spanien im Halbfinale. Da braucht der Trainer keinen mehr zu motivieren.
Die Euphorie im ganzen Land ist also absolut berechtigt, wenn da nicht die Politik wäre, die auf der Welle des sportlichen Erfolgs gerne mitreiten möchte, um von ihrem Tsunami des Versagens abzulenken. Das ging schon bei der Bundespräsidentenwahl los, als sich die Koalitionäre in Berlin ein besseres Teamspiel á la Jogi Löw wünschten und mündet nun in der wie immer an dieser Stelle angebrachten Forderung der dusseligen Familienministerin Schröder, den angeblich unverkrampften Patriotismus der Deutschen nach der WM fortleben zu lassen. Und das Verbrecherblatt Bild betreibt wieder Volksverhetzung mit Schlagzeilen wie „Heute kriegt Messi auf die Fressi“.
Bisher waren die Fans in ihrer Mehrheit immer weiter, als die Politik und hetzende Medienblätter sie gerne gesehen hätte. Die kollektive Massenbeflaggung wurde immer dann wieder eingestellt, sobald der sportliche Event vorbei war und es galt, zur Tagesordnung überzugehen. Politisch verordneter Patriotismus ist in der Vergangenheit des Nachkriegs-Deutschland meist kläglich gescheitert. Das muss aber nicht ewig so bleiben, bei dem depperten Personal in Berlin. Bei Frau Schröder ist es ja so, dass sie als 12-Jährige für den Einheitskanzler Helmut Kohl schwärmte, während sich ihre Klassenkamaradinnen für Pferde interessierten. Komisch ist dabei nur, dass Frau Schröder neben all der Begeisterung für Helmut Kohl und für die Geschichte des Mauerfalls nicht bemerkt haben will, dass die Beflaggung in der DDR zu besonderen Anlässen obligatorisch war. Da hat jeder sein Fähnchen aus dem Fenster gehangen, wenn das von oben angeordnet wurde. Vielleicht sollte sich der Verfassungsschutz näher mit Frau Schröder beschäftigen. Die scheint ja nun schon recht lange einen gehörigen Dachschaden zu haben.
Aber zurück zum Viertelfinale, bei dem es der deutschen Mannschaft gelang, das Spiel des Gegners zu unterbinden und den Weltfußballer des Jahres Lionel Messi an der Entfaltung seines Könnens zu hindern. Das schafft nicht jeder und verdient Respekt. Aber alles konnte die deutsche Mannschaft dann doch nicht verhindern. Angela Merkel bahnte sich unaufhaltsam den Weg in die Kabine und hielt eine Rede, von der nur überliefert ist, dass die Kanzlerin auf der Tribüne ganz lange ganz unsicher gewesen sei. Erst als das 3:0 für Deutschland fiel, meinte der südafrikanische Präsident Jacob Zuma zu Merkel, dass Deutschland nun gewonnen habe. Erst ab dann habe sie sich sicher gefühlt. Wer sich das Spiel im ZDF angeschaut hat, wird vielleicht bemerkt haben, wie sich die Frau Merkel unsicher freute. Oft genug eingeblendet war sie ja nun.
Genauso ist auch ihre Politik. Sie klatscht, guckt nach links und nach rechts, versichert sich, was die anderen machen, wartet ab und folgt dann ihrer nicht vorhandenen Intuition. Eigentlich hätte ja der neue Präsidentenversuch Wulff nach Süafrika reisen müssen. Aber die Staatsratsvorsitzende Angela Merkel soll ihr Veto eingelegt haben. L’État c’est moi! Schließlich ging es ja bei dem Besuch nicht nur um Fußball, sondern auch um ein mit deutschen Mitteln gefördertes städtebauliches Gewaltpräventionsprojekt, welches sich die Kanzlerin eilig noch anschaute, nachdem man ihre Reisepläne hierzulande scharf kritisiert hatte. Der Hilfs-Niebel im FDP-Abwicklungsministerium dürfte darüber nicht sonderlich amüsiert gewesen sein, weil er sich selbst nun einen Besuch bei der Fußball-WM abschminken kann. Oder gibt’s noch andere Hifsprojekte in Südafrika, die man als Vorwand missbrauchen könnte?
JUL