Über Nacht im Schloss

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Die deutsche Wirtschaft steht eher vor einem Ab- denn vor einem Aufschwung. Wer die Fakten richtig liest, weiß das. Jetzt, da die SPD mit an der Regierung beteiligt ist, hätte es auch aus Sicht der Systemmedien eigentlich keinen Sinn mehr, die Lage weiter zu beschönigen. Noch tun sie es aber, weil das gemeinsame Vorgehen gegen die nüchternen Analysen des Auslandes Lustgewinn verspricht. Dennoch: Dass es bergab geht, lässt sich nicht länger leugnen, weshalb vorsorglich gegen einige Punkte des Koalitionsvertrages wie den Mindestlohn oder die Rentenregelung scharf geschossen wird. Es geht schließlich darum, dem bereits begonnenen und in der Zukunft nicht mehr länger zu verheimlichenden Konjunkturwinter eine genehme Ursache zu verpassen.

Sollte beispielsweise das Job-Wunder, das nie eins war, in “sichtbare” Gefahr geraten (die Arbeitslosigkeit steigt übrigens saisonal bereinigt schon seit Monaten wieder), ist natürlich der Mindestlohn Schuld. Ein Wachstum weiter herbeizureden, wird da zunehmend schwieriger, weshalb sich auch die Regierungs-SPD natürlich daran versucht. Für Andrea Nahles, neue Arbeitsministerin, deuten die Zahlen am Arbeitsmarkt auf eine solide wirtschaftliche Lage hin. Dabei hatte sie als Verhandlungsspitze in den Koalitionsgesprächen noch ihre Unwissenheit in Sachen Ökonomie zugeben müssen, als sie sagte, dass sie die Kritik der EU an den Leistungsbilanzüberschüssen nicht verstehe. Wie kann sie dann wissen, was volkwirtschaftlich solide ist?

Das zweite Beispiel ist die gesetzliche Rente, die eine funktionierende Solidargemeinschaft als Grundlage braucht. In den Medien werden Rentenerhöhungen als “soziale Wohltat” diffamiert, während die unsichere und hochsubventionierte private Altersvorsorge nicht als das bezeichnet wird, was sie ist. Ein asoziales Bereicherungsprogramm für die Versicherungskonzerne. Die Journaille spottet derweil über Blüms Satz, “Die Rente ist sicher”, vergisst aber zu erwähnen oder wenigstens zu erkennen, dass dieser richtige Satz seinen Wahrheitsgehalt nur deshalb verliert, weil gleichzeitig ein anderer aus Sicht der Versicherungen und Banken, an deren Lippen die Politik ja bekanntlich hängt, zu gelten hat. Und zwar: “Die Profite sind sicher”.

Es kann gar nicht oft genug erwähnt werden, dass der Oberguru der Drückerkolonnen, Carsten Maschmeyer, die Privatisierung der Altersvorsorge als Ölquelle für seine Branche bezeichnete. “Sie ist angebohrt, sie ist riesig groß und sie wird sprudeln”, sagte er einmal. Das ist auch so ein Satz, der nur stimmen kann, wenn das Vertrauen in die gesetzliche Rente bewusst zerstört wird und Beitragsgelder wie auch Steuermittel auf die Konten der Finanzinstitute umgeleitet werden. Der andere Guru, der sich Wissenschaftler nennt, aber doch bloß ein schlecht verkleideter Versicherungsmakler ist, Bernd Raffelhüschen, hat mal gesagt. “Aus dem Nachhaltigkeitsproblem der Rentenversicherung ist ein Altersvorsorgeproblem der Bevölkerung geworden. Das müssen wir denen [gemeint ist der dumme Michel, Anm. tau] jetzt erzählen.”

Und was soll man sagen. Sie glauben es auch. Rund 12 Milliarden Euro an Steuergeldern und wahrscheinlich das Dreifache an Sozialbeiträgen sind so bereits auf dem Kapitalmarkt gelandet. Warum? Weil alle von der erfundenen demografischen Katastrophe überzeugt sind, einem Banker von Natur aus Vertrauen schenken und nicht verstehen, dass es immer auf das Verhältnis zwischen berufstätigen und nicht berufstätigen Jahrgängen ankommt. Das schließt die Kinder aber mit ein, die wie die Rentner von den Berufstätigen mitversorgt werden müssen. Die abnehmende Zahl der Kinder fließt in die Berechnungen der Renten-Demagogen aber gar nicht erst ein, wenn sie die Entwicklung der Alterspyramide als sich selbst erklärende Powerpoint-Präsentation an die Wand werfen.

Natürlich geht es auch um den Glauben an den Profit, den aber nur derjenige auch einstreichen kann, der Dumme findet, die dafür bezahlen wie im Falle Prokon, die nun Insolvenz anmelden mussten. Lotto funktioniert ähnlich. Jeder kann Millionär werden, aber nicht alle, sagte Volker Pispers einmal treffend. Sollte Altersvorsorge wirklich als Glücksspiel betrieben werden? Ich denke nicht, denn die Solidargemeinschaft als Ganzes hat andere Erwartungen, die zu erfüllen letztlich auch die Grundlage für eine stabile Wirtschaft bilden, von der alle auch solide profitieren können. An einer funktionierenden Solidargemeinschaft ist die GroKo allerdings nur pro forma interessiert.

Das Kabinettstreffen in Meseberg steht unter der Überschrift Entschleunigung. In der Sache soll nicht viel entschieden werden. Man habe ja noch vier Jahre vor sich, schreibt SpOn. Nicht zu fassen, hieß es doch kürzlich noch, dass die Zeit einer herkömmlichen Legislaturperiode viel zu kurz bemessen sei und unbedingt auf fünf Jahre verlängert werden müsse. Nun wird wieder über Arbeitspläne diskutiert, so als ob die längsten Koalitionsverhandlungen aller Zeiten dringend eine Fortsetzung bräuchten. Über Nacht im Schloss auf Muttis Schoß. Da lacht der Gabriel. Denn auch er sieht die deutsche Wirtschaft wie sein Vorgänger Rösler auf einem soliden Wachstumskurs, egal wie mickrig das Ergebnis auch ausfallen mag.

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Prokon: Eine Pleite mit deutlicher Ansage

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Angesichts der aktuellen Entwicklung um den Windparkbetreiber Prokon, füge ich noch einmal meinen Artikel vom 21. November 2011 als Anlage an. Schon damals war klar, dass das Geschäftsmodell nur solange funktionieren kann, wie es dem Unternehmen gelingt, frisches Kapital einzuwerben. Deshalb auch die aggressive Werbung in Form von Flyern und ähnlichem in den Briefkästen. Insgesamt geht es um zehntausende Anleger, die auf diese Bauernfänger-Methode hereingefallen sind und nun um ihre Einlagen (von über einer Milliarde Euro ist die Rede) fürchten müssen. Eine Pleite mit Ansage.


Anlage: Irreführende Werbung für ein hochriskantes Geschäftsmodell

Eigentlich ist die irreführende Werbung des schleswig-holsteinischen Windparkbetreibers Prokon durch das Landgericht Itzehoe untersagt worden. Dennoch landen weiterhin Werbeflyer in den Briefkästen, auf denen den Verbrauchern eine angeblich sichere Anlage in sog. “Prokon Genussrechten” schmackhaft gemacht wird. Dabei geht es um erneuerbare Energien und eine zukunftsorientierte Kapitalanlage in Windenergie, Biogene Kraftstoffe und Biomasse. Versprochen wird eine Rendite von 8 Prozent im Jahr. Gleichzeitig wirbt man damit, dieses Ziel seit 2006 zuverlässig für die Anleger erwirtschaftet zu haben. Die Unternehmensgruppe kombiniert also inmitten der Finanzkrise geschickt zwei Dinge miteinander, um Vertrauen zu erwecken. Und zwar die nach Fukushima besonders gut bewertete Wachstumsbranche der Erneuerbaren Energien und eine scheinbar gute Bilanz.

Prokon Werbung Prokon_Werbung 2

In Wirklichkeit handelt es sich aber um dreiste Bauernfängerei. Es ist zwar richtig, dass Prokon diese Rendite vorweisen kann. Das liegt aber nicht daran, weil die Windenergie so profitabel ist, sondern weil es dem Unternehmen gelungen ist und immer noch gelingt, ausreichend frisches Kapital einzuwerben, mit dem in neue Windparks investiert werden kann.

Nach dem Motto „alles aus einer Hand“ übernimmt Prokon die Entwicklung seiner Windparks selbst, baut sie mit frischem Geld der Anleger und kann dieses so als Umsatz verbuchen. Mit anderen Worten: Die Unternehmensgruppe aus Dutzenden Gesellschaften bestreitet einen ansehnlichen Teil ihrer Umsätze aus dem steten Nachschub des Anlegergeldes.

Quelle: Handelsblatt

Die tolle Rendite ist wesentlich vom Kapital Dritter und damit von der Werbung für das Produkt abhängig. Denn sollte der Geldstrom versiegen oder gar abgezogen werden, sinken auch die Renditen und das Risiko eines Totalverlusts nimmt zu. Dagegen sind Anleger nicht geschützt. Denn Prokon bietet weder eine Einlagensicherung, noch eine Garantie auf den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Auf der Unternehmenswebseite verweist der Anbieter auf die Verbraucherinformation, die dem Zeichnungsschein beiliegt. Darin finden sich folgende Passagen, die in den Werbeflyern bewusst unterschlagen werden.

§ 5 Grundverzinsung, Gewinn- und Verlustbeteiligung 2. Das auf das Konto der Emittentin eingezahlte Kapital wird mit einer jährlichen Grundverzinsung in Höhe von 6 % des jeweiligen Nennbetrages verzinst. Durch die Grundverzinsung des Genussrechtskapitals darf sich jedoch kein Jahresfehlbetrag ergeben. Reichen der Jahresüberschuss und die Liquidität der Emittentin zur Zahlung oder Gutschrift (Thesaurierung) gemäß § 6 der Grundverzinsung des Genussrechtskapitals nicht oder nicht ganz aus, reduziert sich der auf das jeweilige Jahr entfallende Ausschüttungs- bzw. Gutschriftsbetrag entsprechend. Für nicht oder nicht vollständig ausgezahlte bzw. gut geschriebene Grundverzinsungsbeträge besteht jedoch ein Nachzahlungsanspruch, vorausgesetzt, der Jahresüberschuss und die Liquidität der Emittentin reichen für die Bedienung des Anspruches aus. […] 5. Weist die PROKON Regenerative Energien GmbH & Co. KG in ihrem Jahresabschluss einen Jahresfehlbetrag aus, wird dieser nach vollständiger Aufzehrung der gesetzlichen und eventuellen gesellschafts vertraglichen Rücklagen zunächst bis zur Höhe des vorhandenen Kommanditkapitals dem Kommanditisten zugewiesen. Sollte die Emittentin darüber hinausgehende Verluste ausweisen, nimmt das Genussrechtskapital daran bis zur vollen Höhe durch entsprechende Verminderung des Genussrechtskapitals teil. Die Rückzahlungsansprüche der Genussrechtsinhaber vermindern sich entsprechend.

Das heißt, die Verzinsung ist nicht garantiert, sondern nach unten variabel. Der Nachzahlungsanspruch läuft ebenfalls ins Leere, wenn die Überschüsse nicht ausreichen. Und im Falle einer Insolvenz werden zuerst die Forderungen der Kommanditisten bedient. Die Genussrechtsinhaber dürfen derweil den Verlust ihrer Anlage genießen.

Zwar verzichtet Prokon inzwischen auf die vom Landgericht Itzehoe beanstandeten Formulierungen wie „Die Alternative zur Bank oder Lebensversicherung“, „Geldanlage, die Sicherheit und Stabilität bietet“, „Sicherheit zum Anfassen“ oder „sichere Einnahmen”, nutzt aber gezielt die Antiatomkraftstimmung nach Fukushima aus, um eine riskante Anlage zu verkaufen, die für Leichtgläubige rasch zu einem Super-GAU werden könnte.


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Irreführende Werbung für ein hochriskantes Geschäftsmodell

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Eigentlich ist die irreführende Werbung des schleswig-holsteinischen Windparkbetreibers Prokon durch das Landgericht Itzehoe untersagt worden. Dennoch landen weiterhin Werbeflyer in den Briefkästen, auf denen den Verbrauchern eine angeblich sichere Anlage in sog. “Prokon Genussrechten” schmackhaft gemacht wird. Dabei geht es um erneuerbare Energien und eine zukunftsorientierte Kapitalanlage in Windenergie, Biogene Kraftstoffe und Biomasse. Versprochen wird eine Rendite von 8 Prozent im Jahr. Gleichzeitig wirbt man damit, dieses Ziel seit 2006 zuverlässig für die Anleger erwirtschaftet zu haben. Die Unternehmensgruppe kombiniert also inmitten der Finanzkrise geschickt zwei Dinge miteinander, um Vertrauen zu erwecken. Und zwar die nach Fukushima besonders gut bewertete Wachstumsbranche der Erneuerbaren Energien und eine scheinbar gute Bilanz.

Prokon Werbung

Prokon_Werbung 2

In Wirklichkeit handelt es sich aber um dreiste Bauernfängerei. Es ist zwar richtig, dass Prokon diese Rendite vorweisen kann. Das liegt aber nicht daran, weil die Windenergie so profitabel ist, sondern weil es dem Unternehmen gelungen ist und immer noch gelingt, ausreichend frisches Kapital einzuwerben, mit dem in neue Windparks investiert werden kann.

Nach dem Motto „alles aus einer Hand“ übernimmt Prokon die Entwicklung seiner Windparks selbst, baut sie mit frischem Geld der Anleger und kann dieses so als Umsatz verbuchen. Mit anderen Worten: Die Unternehmensgruppe aus Dutzenden Gesellschaften bestreitet einen ansehnlichen Teil ihrer Umsätze aus dem steten Nachschub des Anlegergeldes.

Quelle: Handelsblatt

Die tolle Rendite ist wesentlich vom Kapital Dritter und damit von der Werbung für das Produkt abhängig. Denn sollte der Geldstrom versiegen oder gar abgezogen werden, sinken auch die Renditen und das Risiko eines Totalverlusts nimmt zu. Dagegen sind Anleger nicht geschützt. Denn Prokon bietet weder eine Einlagensicherung, noch eine Garantie auf den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Auf der Unternehmenswebseite verweist der Anbieter auf die Verbraucherinformation, die dem Zeichnungsschein beiliegt. Darin finden sich folgende Passagen, die in den Werbeflyern bewusst unterschlagen werden.

§ 5
Grundverzinsung, Gewinn- und Verlustbeteiligung

2. Das auf das Konto der Emittentin eingezahlte Kapital wird
mit einer jährlichen Grundverzinsung in Höhe von 6 % des
jeweiligen Nennbetrages verzinst. Durch die Grundverzinsung
des Genussrechtskapitals darf sich jedoch kein Jahresfehlbetrag
ergeben. Reichen der Jahresüberschuss und die
Liquidität der Emittentin zur Zahlung oder Gutschrift (Thesaurierung)
gemäß § 6 der Grundverzinsung des Genussrechtskapitals
nicht oder nicht ganz aus, reduziert sich der
auf das jeweilige Jahr entfallende Ausschüttungs- bzw. Gutschriftsbetrag
entsprechend. Für nicht oder nicht vollständig
ausgezahlte bzw. gut geschriebene Grundverzinsungsbeträge
besteht jedoch ein Nachzahlungsanspruch, vorausgesetzt,
der Jahresüberschuss und die Liquidität der Emittentin
reichen für die Bedienung des Anspruches aus.
[…]
5. Weist die PROKON Regenerative Energien GmbH & Co. KG
in ihrem Jahresabschluss einen Jahresfehlbetrag aus, wird
dieser nach vollständiger Aufzehrung der gesetzlichen und
eventuellen gesellschafts vertraglichen Rücklagen zunächst
bis zur Höhe des vorhandenen Kommanditkapitals dem
Kommanditisten zugewiesen. Sollte die Emittentin darüber
hinausgehende Verluste ausweisen, nimmt das Genussrechtskapital
daran bis zur vollen Höhe durch entsprechende
Verminderung des Genussrechtskapitals teil. Die Rückzahlungsansprüche
der Genussrechtsinhaber vermindern
sich entsprechend.

Das heißt, die Verzinsung ist nicht garantiert, sondern nach unten variabel. Der Nachzahlungsanspruch läuft ebenfalls ins Leere, wenn die Überschüsse nicht ausreichen. Und im Falle einer Insolvenz werden zuerst die Forderungen der Kommanditisten bedient. Die Genussrechtsinhaber dürfen derweil den Verlust ihrer Anlage genießen.

Zwar verzichtet Prokon inzwischen auf die vom Landgericht Itzehoe beanstandeten Formulierungen wie „Die Alternative zur Bank oder Lebensversicherung“, „Geldanlage, die Sicherheit und Stabilität bietet“, „Sicherheit zum Anfassen“ oder „sichere Einnahmen”, nutzt aber gezielt die Antiatomkraftstimmung nach Fukushima aus, um eine riskante Anlage zu verkaufen, die für Leichtgläubige rasch zu einem Super-GAU werden könnte.

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