Bundestagspräsident Lammert brachte in einer Ansprache den Wunsch der Deutschen nach mehr Ökumene zum Ausdruck. „Viele empfinden die Kirchenspaltung als Ärgernis.“
Quelle: Tagesschau
Es gibt sicherlich auch viele Deutsche, die die Kirche an sich als Ärgernis empfinden. Und nicht nur, weil viele, wie ich, überhaupt nicht religiös sind, sondern auch, weil viele, die es sind, keinesfalls nachvollziehen können, warum der zur Neutralität verpflichtete Staat eine Steuer auf den eigenen Glauben erhebt.
Aber der Wunsch auf mehr Ökumene hat sich ohnehin nicht erfüllt, was zu erwarten war, aber nicht erwartet wurde, weil man glaubte, der deutsche Papst würde mit noch mehr zunehmenden Alter weiser und offener. Bezeichnend ist auch, dass der Oberhirte nur bereit war, sich außerhalb seines offiziellen Programms mit den Missbrauchsopfern seiner Glaubensbrüder zur Abgabe von Lippenbekenntnissen zu treffen.
Einigkeit bestand natürlich darin, mehr Religiosität im Alltag zuzulassen. Sowohl von kirchlicher Seite als auch von den gewählten Volksvertretern wurde ein Mangel an Frömmigkeit innerhalb der Gesellschaft beklagt und der Wunsch nach mehr Demut gegenüber dem Herrn und der Religion geäußert, die des Öfteren grundlos mit Häme und Schmutz übergossen werde. Dazu der Karikaturist Klaus Stuttmann:
Quelle: Klaus Stuttmann
Den Höhepunkt der Woche des Glaubens bildete aber nicht der Papst, sondern der EZB-Präsident, Jean-Claude Trichet. In seiner Botschaft an die europäischen Völker sprach er davon, dass an den internationalen Finanzmärkten der Glaube verloren gegangen sei, dass Schlüsselländer nicht pleite gehen könnten.
Die Eurozone ist nach den Worten von EZB-Präsident Trichet das Epizentrum einer globalen Krise der öffentlichen Finanzen. Die Risiken für die Stabilität des Finanzsystems hätten in letzter Zeit drastisch zugenommen, warnte der Chef der Europäischen Zentralbank am Rande der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds in Washington. An den Märkten sei inzwischen der Glaube verloren gegangen, dass Schlüssel-Länder nicht zahlungsunfähig werden könnten. Zugleich warb Trichet um Verständnis für die Entscheidungsprozesse in Europa. Es handele sich um Demokratien, und die Ratifikation des Euro-Rettungsfonds in den nationalen Parlamenten sei im Gange.
Quelle: dradio
So kann der Glaube die Wahrnehmung täuschen. Es gibt nämlich keine Krise der öffentlichen Finanzen, sondern nur eine der Banken, die mit öffentlichen Geldern aus welchem Grund auch immer gerettet werden müssen. Es gibt auch keinen Glaubensverlust in die Zahlungsfähigkeit von Schlüsselstaaten. Das Gegenteil ist der Fall. Staatliche Schuldtitel sind gefragter als vor der Finanzkrise. Die Zinsen auf 10-jährige Anleihen sind gerade in diesen Staaten im Keller.
Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe lag am Abend bei 1,736 Prozent, nachdem sie gegen Mittag auf ein neues Rekordtief von 1,634 Prozent gesunken war.
Quelle: FinanzNachrichten
In den USA ein ähnliches Bild:
Zehnjährige Titel mit einem Kupon von 2,125% verloren 1-2/32 auf 102-20/32 und rentierten mit 1,83%.
Quelle: FinanzNachrichten
Schlüsselstaaten haben kein Problem, sich zu refinanzieren. Allein die Marktgläubigkeit und der politische Wille, als Staat das Vertrauen versagender Märkte zurückgewinnen zu wollen, heizt die Spekulation an, der die Europeripherie zum Opfer gefallen ist. Dabei könnten sich die demokratisch legitimierten Parlamentarier, die dem Papst noch ein Forum gaben, an die heilige Schrift erinnern und mit Blick auf die Finanzmärkte getreu dem Bibelspruch handeln.
Bis hierher sollst du kommen und nicht weiter; hier sollen sich legen deine stolzen Wellen!
Vielleicht hilft aber auch weniger Glaube und mehr Verstand.
24
SEP