Im Bundestag soll es heute heiß her gegangen sein. Die Reform des Hartz-IV-Gesetzes stand auf der Tagesordnung und Arbeitsministerin von der Leyen schritt gleich zweimal ans Rednerpult, nachdem die SPD überraschend ihren letzten Redner gegen Parteichef Sigmar Gabriel ausgetauscht hatte, der zum Rundumschlag ausholte. Das konnte sich die ehemalige Unions-Barbie und Zensursula natürlich nicht gefallen lassen und wechselte sich kurzerhand gegen den letzten Redner der Union noch einmal selbst ein.
Wütende Proteste hüben wie drüben. Auf Antrag der Linken wurde die Sitzung dann unterbrochen und später wieder fortgesetzt. Am Ergebnis hat der inszenierte Zoff natürlich nichts geändert. Hartz-IV bleibt Armut per Gesetz und zwar ganz unabhängig davon, ob die SPD ihren Mindestlohn bekommt oder nicht. Rot-Grün steckt in einer Glaubwürdigkeitsfalle, weil sie die Arbeitsmarktreformen buchstäblich zu verantworten haben und das immer noch toll finden. Union und FDP können der Opposition somit genüsslich die Beteiligung und das Versagen während ihrer eigenen Regierungszeit vorhalten und jeder kann dem spontan zustimmen.
Dass Union und FDP die Arbeitsmarktreformen von Schröder selber mitbeschlossen haben, als damals SPD und Grüne die Zustimmung im Bundesrat brauchten, ist nur eine Randnotiz, aber auch ein entscheidender Hinweis auf die Gegenwart, die unter veränderten Vorzeichen genauso schäbig abzulaufen droht wie damals. Jetzt brauchen Union und FDP halt die Zustimmung von der SPD oder nur von den Saarland-Grünen, um ihr Gesetz im Bundesrat zu verabschieden.
Gregor Gysi wies in seiner Rede darauf hin und betonte noch einmal die seltsame Rolle der Grünen mit Blick auf Hamburg und das Saarland sowie auf die Tatsache, dass die große Hartz-IV-Konsenssoßenvereinigung im deutschen Bundestag einmal mehr ein verfassungswidriges Gesetz beschließen wird.
Die neue Chefmathematikerin der Union Ursula von der Leyen wurde am Ende ihres zweiten Auftritts, bei dem sie schon eigenartige Schüttelsätze von sich gab, frenetisch gefeiert und mit minutenlangem Applaus bedacht. Das war im Prinzip der zweifelhafte Höhepunkt dieser geschmacklosen Show. Die Frage aber, warum man für die Rechnung fünf Euro mehr fast ein ganzes Jahr braucht und damit jene Frist, die das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber gesetzt hat, bis zum Schluss ausnutzen muss, bleibt weiterhin ein Rätsel.
Bei der Ablösung des kriminellen Vorstands der HSH-Nordbank, Dirk Jens Nonnenmacher, sind die Politiker offenbar bereit, zwei Millionen Euro Abfindung unter Vorbehalt zu zahlen.
Der Bankchef soll nach dem Willen der Eigentümer – vor allem Hamburg und Schleswig-Holstein – die zwei Millionen Euro nur unter Vorbehalt bekommen, wie die „Süddeutsche Zeitung“ weiter berichtete. Sie wollen vertraglich festlegen lassen, dass Nonnenmacher das Geld zurückzahlen müsse, falls er wegen Straftaten verurteilt werden sollte oder noch Sachverhalte bekannt würden, die eine fristlose Kündigung gerechtfertigt hätten.
Und wie soll die „vertragliche Festlegung“ dann heißen. Ausgliederungsvereinbarung? Und wieso sagt man nicht einfach, dass Nonnenmacher sein Vermögen zunächst aufbrauchen müsse, bevor der Steuerzahler, der schon seine Bank und sein Gehalt gerettet hat, ihm noch einen Abschiedsbonus hinterschiebt? Die Schnösel von der FDP meinen ja, dass man diese beiden Dinge, also Eingliederungsvereinbarung und Ausgliederungsvereinbarung nicht miteinander vergleichen könne.
Wenn aber Gabriel den Vergleich in seiner Rede gezogen und auf die Schieflage innerhalb der Gesellschaft hingewiesen und Vorschläge zur Abhilfe unterbreitet hätte, dann wäre ihm vielleicht auch die Zuschauertribüne applaudierend zur Seite gesprungen, obwohl die Besucher des Bundestags das eigentlich gar nicht dürfen.
DEZ