Zum Thema lesen sie bitte den heutigen Beitrag von Albrecht Müller auf den NachDenkSeiten. Dort finden sie vieles von dem wieder, was ich Sonntag bereits schrieb. Besonders auffallend ist die positive Deutung des Konzernumbaus zu einem weltweiten Logistikunternehmen. Diesen Satz habe ich zig mal gehört und gelesen. Und keiner fragte zurück, worin der Sinn dieses Umbaus bestand und welcher Erfolg damit nun verknüpfbar sei. Deshalb wird auch behauptet, Mehdorn scheiterte an sich selbst, an seiner Sturheit, wie Claus Lingenauber in seinem Leitkommentar heute auf Seite 1 der Neuen Presse Hannover erklärt. Dabei lenkt Lingenauber gezielt von der Sachfrage ab. Mit Sätzen wie…
„Er war Macher, kein Konfliktlöser.“
rundet Lingenauber den verklärenden Blick auf einen Mann ab, dessen Unternehmenspolitik der Bahn noch lange Probleme bereiten dürfte. Albrecht Müller beschreibt das heute mit einer objektiven Leistungsbilanz und anhand von Beispielen sehr schön. Das ist von der Qualität her schon etwas anderes, als dieser geistige Müll, den die Neue Presse heute wieder anbietet. Allein diese Widersprüche. Der Traum von der Privatisierung wird Mehdorns Macher-Image zugerechnet und weiter unten schreibt Lingenauber dann, dass der Nachfolger aber unbedingt von der Privatisierung Abstand nehmen müsse und begründet das wie folgt…
„Denn in Zeiten, in der viele Unternehmen Staatshilfen brauchen, wäre es das falsche Signal, einen halbwegs gesunden Staatskonzern an die Börse zu bringen.“
Das ist also der Grund, die Privatisierung jetzt abzulehnen? Der Leser bleibt entweder verwirrt oder manipuliert zurück. Denn Lingenauber spricht nicht gegen eine Privatisierung, wie es den Anschein hat, sondern schiebt sie nur auf die lange Bank. Die Frage des „ob“ stellt sich für Lingenauber, der mir hier wie ein PR-Erfüllungsgehilfe ohne Hirn und Verstand erscheint, überhaupt nicht. Denn der Traum vom privat geführten Globalplayer gehört ja zur Erfolgsgeschichte des Hartmut Mehdorn. Der Umbau zum Logistikkonzern bedarf somit keiner kritischen Analyse.
Okay, kundenfreundlicher soll es wieder werden, sagt Lingenauber. Aber was bedeutet so ein Satz, wenn man nicht bereit ist, die Gründe kritisch aufzuarbeiten und sich lieber damit zufrieden gibt, eine Charaktereigenschaft („Sturkopf“), die ja menschlich ist, als Lösungsformel anzubieten? Das vernebelt den Blick auf strategische Entscheidungen in der Vergangenheit, die weniger mit persönlichen Eigenarten, denn mehr mit berechnendem Kalkül sowie fachlichem Versagen zu tun haben.
Übrigens, die Neue Presse zählt zum Nachfolgerkreis unter anderem auch Utz Claassen, der erst kürzlich bei Hart aber (Un)Fair im Ersten einer staunenden Öffentlichkeit erläutert hat, warum er seine üppigen Pensionsansprüche gegen seinen Ex-Arbeitgeber EnBW einklagt. Weil es im Vertrag einfach drin stand und ihm zustünde. Schließlich habe er den Wert des Unternehmens doch deutlich gesteigert.
Herr Claassen hat auch ein Buch geschrieben, mit dem Titel Mut zur Wahrheit und sich darin beklagt, dass die Deutschen über ihre Verhältnisse leben. Das fand ich 2007 schon recht interessant. Denn Herr Claassen war da bereits mit 44 in Frührente und hätte bis zu seinem 63. Lebensjahr rund sieben Millionen Euro Übergangsgeld von seinem Ex-Arbeitgeber gezahlt bekommen, nachdem er in der Zeit von 2003 bis 2007 als Vorstand bei EnBW schon rund 12 Millionen Euro eingestrichen hat. Nach 2026 würden die Rentenzahlungen von EnBW dann weiter gehen. Immerhin 400.000 Euro pro Jahr. Steht ja so im Vertrag.
Dieser Frührentner war übrigens schon im Gespräch, als es darum ging den Chefsessel der neuen DB Mobility & Logistics AG zu besetzen. Sie wissen schon, dass ist der Teil der Bahn, der an die Börse sollte. Und da schließt sich der Kreis. Lassen sie sich nicht verarschen. Bleiben sie kritisch oder wie Albrecht Müller sagt…
„Wir alle müssen wieder lernen, skeptisch zu sein, wir brauchen wieder kritische Medien. Das ist wesentlich.“
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