Trinken Sie viel

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Da das Jahr mit einem albernen Skandal um ein Kinderlied zu Ende geht, erübrigt sich jedweder Rückblick auf die vergangenen 12 Monate. Die Schwelle für anlasslose Empörung liegt mittlerweile sehr niedrig, vermutlich weil auf den „grapschenden Ausländer“ an Silvester kein Verlass mehr ist. Das gilt nicht für die Redaktionen, die chronisch unterbesetzt, jeden Pups aus den sozialen Netzwerken zum medialen Großereignis aufblasen. Dabei gibt es wichtigere Themen.

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Hauptstadtjournalisten nur an Belanglosigkeiten interessiert

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Die Merkel Sommerpressekonferenz ist eine geübte Praxis. Zum 24. Mal ist die Kanzlerin da, erfährt man eingangs von der Moderation. Der Saal platzt einmal mehr aus allen Nähten. Viele Fragen werden gestellt. Verbreitet werden aber nur Belanglosigkeiten wie der Satz, dass Jens Spahn eine Menge wegschaffe oder dass man im Amt einen realistischen Optimismus brauche oder dass es Merkel gerade gutgehe und sie auch nach ihrer Kanzlerschaft gesund leben wolle. Es ist belangloses Zeug. Dabei gäbe es durchaus Grund zum Nachhaken. Das wiederholte Bekenntnis zur Schwarzen Null und zur Schuldenbremse zum Beispiel.

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Abgefärbt: Nachschlag

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Beim vorangegangenen Beitrag „Abfärben“ über virtuelle Säue, die anlässlich der Winterpause gleich reihenweise durchs Social Media-Dorf getrieben werden, ist eine Geschichte über Twitter gänzlich untergegangen. Die Bewegung Aufstehen hat seit heute ein „Grafik-Gate“. Sie soll bei der AfD in skandalöser Weise abgekupfert haben. Das muss wohl Querfront sein, schallt es nun aus allen Rohren.

Die linke Sammlungsbewegung hat ein sogenanntes Meme erstellt, also ein Bild mit einer Botschaft in Textform darauf. Die gesamte Komposition samt weiteren Begleittext, so wird unterstellt, sei nun AfD-nah. Begründung: Die AfD hätte das gleiche Bild in einem ähnlichen Zusammenhang kurz zuvor verwendet. Das mit dem Bild stimmt, das mit dem Zusammenhang aber nicht.

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Kurz notiert: Immer dieselben blöden Fragen

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Nicht nur Politiker wiederholen sich ständig in ihren Aussagen, Journalisten tun das auch. Anton Hofreiter gibt ein Statement, das man so oder so schon einmal gehört hat. Doch die Journalisten stellen dieselben blöden Fragen, die sie in den letzten Tagen schon mehrfach anderen Grünen-Politikern gestellt haben. Stehen die Grünen als Regierungspartner bereit? Würden die Grünen der Kanzlerin das Vertrauen aussprechen? Welche Hürden müssten für eine Regierungsbeteiligung der Grünen aus dem Weg geräumt werden?

Ich hätte ja gefragt, ob die Grünen erleichtert sind, dass Kanzlerin Merkel wegen des frühen Ausscheidens der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-Weltmeisterschaft nun nicht nach Russland reisen wird. Zwinkersmiley!

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Fall Seppelt: Regierung schaltet sich ein

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Quelle: Screenshot aus der Bundespressekonferenz vom 14.05.18

Heute hat sich die Bundesregierung in den Fall Seppelt eingeschaltet. „Wir appellieren an die russische Staatsführung, diesem deutschen Korrespondenten die Einreise zur Berichterstattung über die Fußball-WM zu ermöglichen,“ sagte Regierungssprecher Steffen Seibert auf der Bundespressekonferenz. Seibert forderte sogar die FIFA auf, sich „mit allem Nachdruck“ für Seppelt einzusetzen.

Die freie Berichterstattung über die Weltmeisterschaft müsse gewährleistet werden. „Wir sind der Überzeugung, es stünde Russland als Gastgeber schlecht an, wenn es so offensichtlich die Presse- und Meinungsfreiheit vor den Augen der Welt beschnitte.“ Starke Worte, aber im Grundsatz sehr verlogen.

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Vernunft muss einkehren

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Vernunft muss einkehren: So verkündet es ein Bahnsprecher zurzeit. Er meint damit die streikenden Mitglieder der GDL, die Millionen Menschen am Reisen über Pfingsten hindern würden. Sie sollen aufhören, an den Verhandlungstisch zurückkehren und einen Schlichter akzeptieren. Das aber würde auch bedeuten, die GDL akzeptiert, dass das Bahnmanagement die geltende Rechtslage weiterhin missachtet. Kann das vernünftig sein?

In der Süddeutschen Zeitung schreiben Detlef Esslinger und Heribert Prantl heute folgendes:

Das Argument Weselskys, „Wir lassen nicht über Grundrechte schlichten“, klingt gut, ist womöglich aber hohl; jede Schlichtung entscheidet auch über die Auslegung des Grundrechts. Der Arbeitsrechtler Michael Kittner, ehemals Justitiar der IG Metall, kritisiert daher ein „autistisches Grundrechtsverständnis“ der GDL. Sie missachte die Forderung des großen Senats des Bundesarbeitsgerichts von 1971, dass vor jedem Streik ein Schlichtungsverfahren stattfinden müsse. Fazit: Es könnte vor Gericht eng werden für die GDL.

Diese Bemerkung ist irreführend, weil sie über entscheidende Urteile des Bundesarbeitsgerichts (BAG) von 2010 hinweg geht, auf die sich die GDL immer wieder und zurecht beruft. Das BAG schaffte in mehreren Entscheidungen die jahrzehntelang geltende Regel der Tarifeinheit ab. Seitdem gilt arbeitsrechtlich das Prinzip „Ein Betrieb – eine Gewerkschaft“ nicht mehr. Der Bahnvorstand missachtet diesen Richterspruch aber konsequent und weigert sich, mit der GDL über Tarifverträge für alle ihre Mitglieder zu verhandeln.

Es geht also nicht um die Frage von Macht oder ein wenig mehr Kompromissfähigkeit, sondern schlichtweg darum, ob ein Arbeitgeber damit durchkommt, geltendes Recht solange zu umgehen, bis der Gesetzgeber, der auch noch Eigentümer des betroffenen Unternehmens ist, die Rechtslage nachträglich und zugunsten der Arbeitgeberseite angepasst hat. Die Frage lautet also, ob wir den Rechtsstaat achten oder es vorziehen in einer Bananenrepublik zu leben, in der die tatsächlich Mächtigen unter dem Applaus der Medien offenbar Gesetze bestellen und bis zur Lieferung geltendes Recht biegen und brechen können.

An die Vorgeschichte denken

Zur Erinnerung: Der Streit um die Tarifpluralität, der 2010 durch das BAG entschieden wurde, hat eine Vorgeschichte. Und zwar gerade die Abschaffung der Tarifeinheit durch die Unternehmen selbst. Sie fanden es eine Zeit lang chic oder opportun, die Tarifeinheit aufzubrechen, um einen Keil zwischen die Arbeitnehmer zu treiben. Die Politik hat die Arbeitgeber dabei tatkräftig unterstützt durch Privatisierung öffentlichen Eigentums, die Zulassung von Öffnungsklauseln, die Lockerung der Leiharbeit und nicht zuletzt durch den Ausbau des Niedriglohnsektors. Kurzum: Alles was unter dem Label „Flexibilisierung des Arbeitsmarktes“ lief, hat zur Entsolidarisierung der Arbeitnehmerschaft beigetragen. Ganz im Sinne der Arbeitgeber, die so leichtes Spiel bei der Umsetzung von innerbetrieblicher Kostenoptimierung hatten. Zunächst.

Denn die Folge sind nun Spartengewerkschaften, die nur noch ihre eigenen Interessen vertreten und zwar nach dem neoliberalen Grundsatz der freien Konkurrenz. Übrigens haben das auch die Arbeitgeber versucht für sich auszunutzen, indem sie selber Spartengewerkschaften gründeten und zum Nachteil der Beschäftigten Tarifverträge vereinbarten. Allerdings flog das perfide System auf. Der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen (CGZP) ist 2010 – ebenfalls vom BAG – die Tariffähigkeit abgesprochen worden. Konsequenz: Die betroffenen Arbeitnehmer konnten Nachzahlungen einklagen und die geprellten Sozialkassen Beiträge nachfordern.

Über diese skandalöse Entwicklung, die zur Vorgeschichte aktueller Tarifkonflikte hinzu gehört, wird aber kaum nachgedacht oder berichtet, dafür aber über einen mutmaßlich durchgeknallten Ossi, der etwas von Grundrechten erzählt und – ganz schlimm – auch noch auf deren Einhaltung pocht. Manchmal frage ich mich, ob das vereinigte Deutschland, für das so viele auf die Straße gegangen sind und das sich als Sieger über den gescheiterten Osten immer noch feiert, die gepredigte demokratische Grundordnung wirklich ernst nimmt oder nur dekorativ ins Schaufenster gestellt hat.

Vernunft würde herrschen, wenn sich das Bahnmanagement an die geltende Rechtslage hielte. Es liegt nicht im Ermessen der Bahn, der GDL das Recht einzuräumen, über Tarifverträge verhandeln zu dürfen. Die Bahn ist nicht das Gericht, das diese Frage schon entschieden hat. Ein Schlichter ist deshalb überflüssig. Gebraucht wird aber eine Bundesregierung, die das Ausmaß des Versagens ihrer Vorgänger erkennt und die notwendigen Schlüsse daraus zieht. Das wiederum setzt aber voraus, dass die Mehrheitsfraktionen im deutschen Bundestag den Mut finden, jene politischen Zöpfe abzuschneiden, die damals schon gestaltet haben und es jetzt wieder tun.


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Lahmgelegter Verstand

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Die GDL will sechs Tage lang streiken. Eigentlich ein ganz normaler Vorgang, um auf das abwartende Bahnmanagement den Druck weiter zu erhöhen. Doch obwohl Arbeitsgerichte das Vorgehen der Lokführer als verhältnismäßig und gerechtfertigt anerkannten, rollt eine weitere Empörungswelle durch das Land.

Nach der Streikankündigung der GDL rollt eine weitere Welle der Empörung durch das Land. Das Thema ist auf fast jeder Titelseite zu finden. Daneben wie üblich ein Kommentar mit klarer Aussage contra GDL. Denn die kleine Gewerkschaft, die alle anderen nur in Geiselhaft nehmen wolle, bleibe stur, während der, offenbar durch Vernunft geleitete Bahnvorstand, angeblich nur Kompromisse suche. Beides ist falsch.

Misserfolg wird belohnt

Bahn-Vorstände (be)schimpfen nicht, sondern wählen ihre Worte fein. Ihnen geht es ja auch gut. Zuletzt genehmigten sich die Spitzenmanager eine Gehaltserhöhung um 174 Prozent, schrieb das Handelsblatt kürzlich. Trotz verfehlter Umsatz- und Gewinnziele kassieren die Vorstände des Staatsunternehmens doppelte Erfolgsprämien und kurzfristige Boni. Finanziell gut abgefedert, macht der Tarifkonflikt mit der GDL offensichtlich Spaß.

Denn auch aus der Politik kommt Unterstützung für das (Miss)Management der Bahn. Nicht der Vorstand des Konzerns, sondern die GDL stelle eine Gefahr für den Wirtschaftsstandort dar, heißt es aus der parlamentarischen Ecke. Und die Regierung spricht gar von Maßlosigkeit und einem nicht mehr zu vertretenden Schaden, angerichtet durch Streik. Der Schaden, den die Konzernführung seit Jahren anrichtet – Stichwort Börsengang, Stichwort Tarifsystem, Stichwort Verschleiß, Stichwort Unpünktlichkeit, Stichwort Rückzug aus der Fläche – bleibt nebensächlich.

Wer darüber hinaus über maßlose Vorstandsgehälter reden möchte, wird schnell mit dem Schlagwort Neiddebatte konfrontiert. Um Geld geht es der GDL nur an zweiter Stelle. Zentral ist für sie die Anerkennung eines Grundrechts, was die empörte Öffentlichkeit nur noch langweilt. Sie hat sich mehrheitlich schon damit abgefunden, dass Regierung und Bahnmanagement die Tarifeinheit durchsetzen wollen. Ein Verstoß gegen das Grundgesetz, natürlich. Aber bis Karlsruhe darüber entscheidet, vergeht Zeit, die sich einplanen lässt. Absehbare Urteile des Bundesverfassungsgerichts werden als Erbe an die Nachfolgeregierung weitergereicht.

Missbrauch der Regierungsgewalt

Missbrauch des Streikrechts? Es wäre an der Zeit über den Missbrauch der Regierungsgewalt zu diskutieren. Seit Jahren kassiert oder beanstandet Karlsruhe Gesetze, bei denen man schon vorher wusste, dass sie gegen das Grundgesetz verstoßen. Konsequenz: Wenig Einsicht bei den Gestaltern, dafür viel Gejammer über eine dritte Gewalt, die angeblich mitregieren wolle. Was ist schon eine Verfassung im Vergleich zu einem mühsam ausgehandelten Koalitionsvertrag. Letzterer muss abgearbeitet werden.

Deshalb kriegt die CSU ihre verfassungswidrige Maut, die CDU ihre verfassungswidrige Vorratsdatenspeicherung und die SPD, ja die Spezialdemokraten bekommen ein verfassungswidriges Tarifeinheitsgesetz, weil das wohl dem DGB gefällt, mit dem man schon beim viel zu niedrigen Mindestlohn gut zusammenarbeitet hat, und der kleinere Gewerkschaften gern vom kuscheligen Markt der geheuchelten Koalitionsfreiheit verdrängen möchte. Schließlich heißt es “Einigkeit und Recht und Freiheit” und nicht “Zu den Waffen, Bürger, Formt eure Truppen”.

Schön wäre es ja, wenn die GDL ein Land lahmlegen könnte. Das passiert aber nicht. Denn die durch Bahnreformen mehr oder weniger kaputt geschrumpfte Bahn hat es geschafft, ihre Kunden weitgehend zu vergraulen. Der Bund als Eigentümer hat es sogar zugelassen, dass alternative Verkehrsmittel immer attraktiver werden, obwohl es eigentlich andersherum sein müsste. Lahmgelegt wird nur der Verstand, der nicht merkt, dass er sich einspannen lässt für Interessen, die niemals die seinigen sein können.


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Griechenland möchte Moscovici-Plan

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Es ist kaum zu glauben. Da melden die deutschen Medien heute, Griechenland habe sich quasi ergeben, weil es nun doch einen Antrag auf Verlängerung des Hilfsprogramms stellen will. Ich bin wirklich entsetzt über diese Fehlleistung der Kollegen, die nicht einmal erklären können oder wollen, wie es zu dem Sinneswandel kam. Einige meinen wohl, das Ultimatum hätte gewirkt. Die Griechen sehen keinen Ausweg mehr. Das ist natürlich alles Quatsch.

Das Ultimatum hat die griechische Seite nicht im Geringsten geschockt. Enttäuscht war man über den Rückzieher der Eurogruppen-Finanzminister, die auf Druck Berlins ein bereits vorliegendes Kompromisspapier des EU-Währungskommissars Pierre Moscovici wieder einkassiert hatten. Diesen Vorgang macht die griechische Regierung nun öffentlich, wie Eric Bonse erfahren hat. Die Zustimmung Athens wird sich dann auch auf dieses Papier beziehen und nicht auf den “Weiter-So-Blödsinn”, den Schäuble und Dijsselbloem erneut vorlegten.

Von einem Kurswechsel, wie viele Medien nun schnappatmend meinen, kann also keine Rede sein. Eher von der Wiederbelebung eines guten Vorschlags, über den Schäuble im Rahmen der Finanzministerkonferenz nicht einmal diskutieren wollte.

Lustig sind nun die Reaktionen. Sigmar Gabriel begrüßte mit einem Bierglas in der Hand das vermeintliche Einlenken Athens. Das sei eine gute Entscheidung, “weil jetzt offensichtlich die griechische Regierung erkennt, dass es nicht um die Interessen ihrer Partei geht, sondern um die Interessen Griechenlands und der Bürgerinnen und Bürger”, sagte Gabriel am Rande des politischen Aschermittwochs der SPD im niederbayerischen Vilshofen. In Bayern ticken die Uhren halt anders.

Was Griechenland will, kann man unterdessen bei der britischen Financial Times nachlesen.


EDIT: Die FAZ schreibt: Schuldenkrise – Griechenland veröffentlicht Verhandlungsdokumente

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/eurokrise/griechenland/griechenland-veroeffentlicht-rede-von-varoufakis-13435497.html


Ergänzung: Äußerst beschämend ist die weitere Medienleistung. Inzwischen wird gemeldet, dass es ein Papier der EU-Kommission am Montag gegeben hat, dem Griechenland auch zugestimmt hätte. Allerdings sei die EU-Kommission nicht berechtigt, Papiere in der Eurogruppe vorzulegen. Diese Darstellung stützt natürlich die harte Schäuble-Position, kommt wahrscheinlich auch von dort.

Die Wahrheit ist aber wie immer mehr als die Summe einzelner Teile. Demnach ist das Treffen der EU-Finanzminister am Montag ja vorbereitet worden und nicht vom Himmel gefallen. Es gibt immer Vorbereitungen, gerade die gipfelerfahrenen Medien sollten das inzwischen mal gemerkt haben. Vor einer Woche sei vor der Sitzung des Europäischen Rates ein Entwurf formuliert worden, der auch von EZB-Chef Draghi und Christine Lagarde vom IWF begrüßt wurde.

In einer Rede stellt der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras den Verlauf der Verhandlungen wie folgt dar:

„In einem harten Verhandlungsprozess, in dem wir es abgelehnt haben, den psychologischen Erpressungsversuchen der Gläubiger nachzugeben, sind wir mit Jeroen Dijsselbloem am vergangenen Donnerstag, fünfzehn Minuten vor Beginn der Sitzung des Europäischen Rates, zu einer gemeinsamen Erklärung gelangt.

Es handelt sich um die Erklärung, die auch der Europäische Rat angenommen hat und durch welche die Eurozone erstmals Abstand davon genommen hat, das Memorandum zur Bedingung des neuen Verhältnisses zwischen Griechenland und seinen Gläubigern zu machen.

Quelle: NachDenkSeiten

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Das gesprochene Wort gilt wenig

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Griechenlands Finanzminister Giannis Varoufakis ist ein eher lockerer Typ, trägt keine Krawatten und hält auch nicht viel von einer Powerpoint-Präsentation, wie man in dieser Woche aus aufgeregten Pressemitteilungen erfuhr. Vor den Kollegen der Eurogruppe referierte der Grieche in Brüssel frei und ohne übliches Handout. Das wirkte auf einige Teilnehmer offenbar so befremdlich, dass sie sich hörbar darüber pikierten. Das gesprochene Wort gilt in Europa wenig.

Der Modus Vivendi fehlt

Was in Europa etwas zählt, sind die von Bürokraten und Unterhändlern vorher ausgehandelten schriftlichen Erklärungen, hinter denen sich die politischen Vorturner gern verstecken, damit sie dann vor die Kameras treten und Erfolge verkünden können, auch wenn die Probleme für jeden sichtbar einfach fortbestehen. Mündlich geht hier gar nichts. Ein Wunder, dass die Teilnehmer kein Dokument vorlegten, in dem sie erklären, dass sie mit dem papierlosen Vortrag des griechischen Finanzministers nicht einverstanden sind.

Das Maulen haben die Fachpolitiker nicht verlernt, denen man sonst jeden Satz aufschreiben muss. Einig sind sie sich jedoch darin, dass ohne schriftliche Vorschläge nichts Konkretes existieren könne. Deshalb müsse Varoufakis erst noch etwas abliefern, hieß es zerknirscht im Anschluss an die Brüsseler Konferenz. Vermutlich hat nur niemand hingehört, wie so oft, wenn es um Griechenland geht. Varoufakis jedenfalls wirbt um Verständigung, einen Modus Vivendi, wie er kürzlich in einem Interview sagte.

Es gibt da einen großen Unterschied zwischen dem „was wir meinen und sagen und der Behauptung anderer, was wir meinen oder sagen“, so Varoufakis. Es ist also zunächst einmal falsch anzunehmen, der griechische Finanzminister hätte nur herum gelabert und die Geduld der Gipfelteilnehmer mit Vorträgen überstrapaziert. Dem Vernehmen nach soll er keine neuen Vorschläge, sondern nur Altbekanntes wiederholt haben, kritisieren die politisch Empörten, die ihrerseits auf die Einhaltung bestehender Vereinbarungen pochten.

Moralische Pflicht, sich zu verstehen

Dass möglicherweise an dem Wiederholten etwas dran sein muss, von dem Varoufakis annimmt, es könne zu einer Lösung beitragen, wird offenbar gar nicht erst in Erwägung gezogen. Europas Retter aus dem Norden wollen lieber neue Vorschläge hören oder vielmehr lesen. Damit ist auch klar, dass sie das „Wiederholte/Altbekannte“ einfach ablehnen, ohne Diskussion. Wer sorgt nun also für den Eklat? Der, der kommunizieren will oder der, der nur auf schriftliche Vorlagen wartet und ansonsten nach dem Motto verfährt: „Dann ist es eben vorbei“.

So radikal geht es natürlich nicht, eine Lösung muss her, das ist allen klar. Und deshalb soll es aus Sicht der Euroretter auch wieder so laufen wie immer. Am bestehenden Kurs nichts verändern, aber es so aussehen lassen, als hätte man ein Zugeständnis gemacht. Möglicherweise hat Varoufakis diese Taktik im Kreise der Finanzminister durchschaut und deshalb einen Rückzieher gemacht, den die Medien hierzulande mit der Überschrift quittieren „Die Griechen brüskieren Europa“.

In dem oben zitierten Interview sagte Varoufakis „Es ist unsere moralische Pflicht als Europäer, uns zu verstehen.“ Was ist aber, wenn es den Rettungskräften in Brüssel und Berlin gar nicht ums Verständnis geht, sondern nur um ein Programm, dessen Umsetzung sie immer noch für richtig halten? Würden sie etwas verstehen wollen, wüssten sie, dass es in Griechenland keine Finanzkrise gibt, sondern eine humanitäre Katastrophe stattgefunden hat, die nichts anderes als eine Diskussion darüber verlangt, wie wir alle in Europa in Zukunft noch zusammenleben wollen.


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Alltäglicher Wahnsinn

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Ein Deutscher Journalist (DJ) fragt einen griechischen Journalisten (GJ) nach dessen Einschätzung:

DJ: Warum stellt die Athener Regierung wieder Beamte ein?

GJ: Weil ein Verwaltungsgericht die Entlassung der Staatsbediensteten für illegal erklärt hat.

DJ: Aber die Beamten kosten doch Geld, das Griechenland gar nicht hat?

Merke: Die marktkonforme Demokratie, die der Deutsche Journalist (DJ) längst verinnerlicht hat, kennt keine demokratische Gewaltenteilung mehr. Der Dialog hat sich soeben bei NDR-Info zugetragen.

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