Wenn der Wecker klingelt

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Bild: ehenergie via pixabay

Die Wahl in Mecklenburg-Vorpommern sei ein Weckruf gewesen. Die Wähler fordern einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik, heißt es auf allen Kanälen. Dabei hat es den schon längst gegeben. Die Asylgesetze sind zweimal verschärft und ein zweifelhafter Deal mit der Türkei ausgehandelt worden. Die Grenzen auf dem Balkan sind dicht. Die Flüchtlinge ertrinken wieder zuhauf im Mittelmeer oder werden in Lagern an der europäischen Peripherie verwahrt. Eigentlich müsste sich Erleichterung bei denen einstellen, die einen Kurswechsel immerzu fordern. Sie heizen die Stimmung aber weiter an und tun so, als strömten immer noch tausende Migranten pro Tag über Deutschlands Grenzen hinweg.

 

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Bekannte Reaktionen

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Vorläufiges amtliches Endergebnis

Die ersten Reaktionen nach der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern zeigen ein bekanntes Muster: Die SPD hat natürlich gewonnen und sagt, die Kanzlerin mit ihrer Flüchtlingspolitik sei Schuld am Erstarken der AfD. Die CDU hat verloren und macht das, was die SPD früher auch gemacht hat. Man müsse die eigene Politik nur besser erklären, sagte etwa der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Michael Grosse-Brömer. Außerdem habe man ja schon viele Dinge im Asylrecht beschlossen, übrigens gemeinsam mit der SPD, die noch gar nicht wirken können, aber ganz sicher das Leben von Migranten in diesem Land noch schwieriger machen werden.

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Die Wahl

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Heute wird in Mecklenburg-Vorpommern ein neuer Landtag gewählt und alles starrt auf das Ergebnis der AfD, so als ob sich etwas verändern würde, wenn die Partei stärker oder schwächer abschneidet. In Wirklichkeit ist das aber egal. Die AfD regiert doch längst mit, wenn man sich die Diskussionen über Asyl-Chaos, Terrorgefahr und Burkaverbot anschaut. Über die Probleme des Landes wird dagegen kaum gesprochen. Der politische Diskurs ist also längst da, wo die AfD und die anderen neoliberalen Parteien ihn haben wollen.

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Volker Pispers zum Wahlausgang in Meck-Pomm

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Es ist endlich wieder “Dienstach” und Kabarettist Volker Pispers zurück aus der Sommerpause. Er beschäftigt sich auch gleich mit dem jüngsten Wahlergebnis in Meck-Pomm. Interessant ist dabei die nüchterne Betrachtung des Geschehens und der Zahlen. Absolut habe nämlich auch die NPD an Wählerstimmen verloren. Der aggressive Wahlkampf der Rechtsradikalen sowie die aussichtslose Situation der Menschen in Meck-Pomm, die unter dem Spardiktat und der Ratlosigkeit von Sozial- und Christdemokraten zu leiden haben, führte eben nicht zu einer Stärkung der Rechten, trotz niedriger Wahlbeteiligung. Für die Demokratie bestehe daher noch Hoffnung, obwohl immer mehr Menschen wegen Euro-, Finanz- und Schuldenkrise zu einem dauerhaften Leben in Armut verurteilt seien.  

Immerhin, sagt Pispers, seien noch über 50 Prozent wackere Demokraten bereit gewesen, kostbare Schulsohlen abzunutzen, um zu einer Wahl zu gehen, deren Ausgang in etwa so spannend gewesen sei, wie die Frage: “Was passiert wenn ich ein rohes Ei gegen eine Betonwand werfe?” Da habe Deutschland eine weitere Schicksalswahl unfallfrei überstanden, spottet Volker Pispers. 

Kurze Notiz am Rande: Trotz des 5,6 Prozent Hinzugewinns auf Seiten der SPD, hat der gut 8 prozentige Rückgang bei der Wahlbeteiligung auch dazu geführt, dass die SPD absolut weniger Stimmen erhalten hat als bei der letzten Landtagswahl im Jahr 2006. Der vermeintliche Wahlgewinner Erwin Sellering kann sich aber jetzt aussuchen, ob er mit den vermeintlich Rechenschwachen aus der Linken oder mit den plakatierenden Analphabeten von der CDU koaliert (Quelle: NachDenkSeiten).

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Wahlen Meck-Pomm: Die SPD gewinnt, weil die größte Minderheit sie für ehrlich hält

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Infratest dimap und ihr ARD-Sprachrohr Jörg Schönenborn haben bei den Wählern etwas sehr schönes abgefragt. Und zwar haben die Wahlforscher gefragt, für wie ehrlich die Wähler jede einzelne Partei halten. Alle Parteien werden jeweils von einer Mehrheit der Befragten als unehrlich bewertet. Die SPD halte aber die größte Minderheit, etwa 37 Prozent, für ehrlich.

Ehrlichkeit_Meck-Pomm

Quelle: infratest dimap

Ich finde, dass erklärt sehr schön das heutige Wahlergebnis in Mecklenburg-Vorpommern. Denn zunächst durften alle wieder feiern. Die SPD sei klarer Wahlsieger mit einem Regierungsauftrag, wobei der beliebte Ministerpräsident Sellering bei der Wahl des Koalitionspartners mehrere Optionen habe. Die Grünen sind jetzt in allen 16 Länderparlamenten vertreten – eine rot-grüne Regierung ist auch noch möglich – und feiern sich ebenfalls als großen Wahlgewinner. Die FDP ist zurecht bei drei Prozent gelandet und liegt nicht mal mehr auf Augenhöhe mit der NPD, der bedauerlicherweise erneut der Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde gelingen wird.

Erst nachdem die erste Parteispitzenrunde vorbei war und jeder seine üblichen Floskeln abgegeben hat, kam Jörg Schönenborn endlich mit der wichtigsten Größe des Abends. Die Wahlbeteiligung ist noch einmal gesunken. Nach den bereits mageren 59,1 Prozent im Jahr 2006 rechnen die Wahlforscher mit dem niedrigsten Wert aller Zeiten, 51,5 Prozent. Vor diesem Hintergrund erübrigt sich eigentlich der Siegestaumel von SPD und Grünen sowie auch die Analysen der Journalisten, die allerhand Grafiken zur Kompetenz, Glaubwürdigkeit und Sympathie bemühten, um das Ergebnis zu erklären. Fast die Hälfte der Wahlberechtigten (48,5 Prozent) ist nicht zur Wahl gegangen. Das ist die eindeutig größte Fraktion.

Meck-Pomm mit Nichtwählern

Quelle: Tautenhahn (Zahlen aus Hochrechnung der ARD 23:53 Uhr)

In den Länderparlamenten sitzen inzwischen nur noch die Vertreter von Minderheiten, die fortwährend behaupten, sie hätten das Vertrauen der Menschen gewonnen bzw. mit dem offiziellen Ergebnis eine Bestätigung ihrer bisheriger Politik erhalten. Es gelingt einfach nicht mehr, die Menschen in diesem Land dazu zu bewegen, wenigstens ihre Stimme bei Wahlen abzugeben. Sie verweigern den Urnengang, weil sie in der Wahlenthaltung wahrscheinlich die einzige Alternative sehen, die ihnen noch bleibt. Das Angebot der Parteien scheint hingegen nicht mehr zu überzeugen. Das ist tragisch für die Demokratie.

EDIT: Neue Zahlen (19:17 Uhr, Wahlbeteiligung auf 52 Prozent gesunken)
EDIT: Neue Zahlen (23:53 Uhr, Wahlbeteiligung auf 51,5 Prozent gesunken)

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