Was liest man in den Kommentaren zum Weihnachtsfest? Vor allem wieder ein Klagelied darüber, wie schlimm die Welt doch geworden ist. Daher sollen wir wieder mehr miteinander reden oder streiten, empfiehlt der Bundespräsident. Das helfe dann vermutlich gegen die bösen „Entwicklungen“, die überall auf der Welt zu beobachten seien und vor denen auch Deutschland letztlich nicht sicher sei. Schlimm, schlimm. Nur warum das mit diesen „Entwicklungen“ so ist, bleibt einmal mehr ausgespart. Das ist richtig schlimm.
Etwa 3,5 Millionen Protestanten in Niedersachsen und Bremen sind heute aufgerufen, neue Kirchenvorstände zu wählen. Diese Wahlen erfreuten in der Vergangenheit wie auch an dem heutigen in Berlin schönen, aber in Norddeutschland eher trüben bis regnerischen Sonntag kaum einen gläubigen Christen. Weder genügend Kandidaten für die etwa 15.000 zu wählenden Posten noch Wähler scheinen Willens zu sein, an dieser Wahl in den rund 2000 evangelischen Gemeinden Niedersachsens und Bremens teilzunehmen.
Viele Gläubige versammelten sich auch in Hannovers Marktkirche, um eine Predigt der ehemaligen Landesbischöfin und EKD-Ratsvorsitzenden Margot Käßmann zu hören. Sie ist noch immer ein Popstar unter den protestantischen Geistlichen (ein Mann soll sogar wegen des Andrangs einen Schwächeanfall erlitten haben), die an Strahlkraft wohl noch hinzugewinnen können. Der Rest der Kirche leidet aber noch immer an Mitgliederschwund und Desinteresse.
Bei der letzten Kirchenvorstandswahl lag die Beteiligung bei etwa 17 Prozent. Selbst eine Zunahme der Wahlbeteiligung würde nicht darüber hinwegtäuschen können, dass den Menschen in diesem Land die Kirche (gilt für beide Kirchen) egal ist oder zumindest nicht so wichtig, als dass man ihr weiterhin angehören möchte. Diesen Menschen sind demnach auch die Predigten egal oder sie fühlen sich möglicherweise auch gelangweilt. Ganz zentral dürfte aber die Erfahrung sein, einfach nicht mehr nachvollziehen zu können, wofür Religion im Allgemeinen und der Inhalt der Predigten im Besonderen eigentlich stehen.
Bei Joachim Gauck, dem neu gewählten Bundespräsidenten und Oberprediger, ist das ähnlich. Den ganzen Morgen über plapperten seine Unterstützer in die Kameras, dass sie sein Eintreten für Freiheit und Verantwortung sehr schätzen. Von Freiheit der Freiheit war die Rede oder vom neuen Freiheitslehrer, der den Menschen da draußen endlich mal erklärt, wie man das Leben richtig in die eigenen Hände nimmt.
Seltsamerweise wurde auch durch Gaucks kurze Rede Predigt nicht klar, was nun gemeint sein soll. Zumindest vermittelte die Hauptstadtpresse im anschließenden Presseclub diesen Eindruck. Denn für die Elite des deutschen Journalismus ist nun die Frage von Bedeutung, was der Bundespräsident und Prediger Gauck wohl mit seinem Begriffspaar Freiheit und Verantwortung inhaltlich gemeint haben könnte. Sie wissen es offensichtlich nicht, haben ihn aber genau dafür gewählt und unterstützt.
Ich würde sagen, dass die magische Aura, die Gauck im Augenblick noch umgibt recht bald verschwunden sein wird, gerade weil sich die Menschen fragen werden, was der eigentlich meint. Sehr schnell werden sie sich gelangweilt und wahrscheinlich auch genervt von ihm abwenden wie sie sich auch von den Kirchen distanziert haben, weil sie feststellen, dass er wie die organisierte Geistlichkeit zu ihrer Realität überhaupt nichts oder nur sehr wenig zu sagen hat.
Frau Klarsfeld wäre in diesem Zusammenhang kaum eine bessere Wahl gewesen. Sie und die Linkspartei haben es aber immerhin geschafft, noch einmal vor dem Hintergrund der von deutschen Behörden skandalös übersehenen und von rechts motivierten Mordserie darauf hinzuweisen, dass der Kampf gegen die Nazibarbarei keinesfalls als erledigt betrachtet werden kann.
Doch zu dem Auseinanderfallen der deutschen Gesellschaft und Europas im Zuge der wohl größten Bankenkrise aller Zeiten, haben weder Gauck noch Klarsfeld etwas beizutragen. In halb Europa wird gerade in einem atemberaubenden Tempo die Demokratie erledigt, um den Preis für die Rettung der Banken zahlen zu können. Aber genau das will der neue Bundespräsident gar nicht zur Kenntnis nehmen, sondern lieber eine Geschichte über Freiheit erzählen, die vielleicht noch gedacht werden kann, aber keinesfalls mehr Realität ist.
In seiner Geschichte war Deutschland immer zu spät. Im Denken aber war es einmal fortschrittlicher als alle anderen. Gerade weil die materiellen Voraussetzungen fehlten, Lammert sprach ja vom 18. März und vor allem vom Scheitern der Nationalbewegung, konnte sich ein Denken entwickeln, dass sehr viel mehr von der Wirklichkeit zu erfassen verstand. Der Blick von außen auf die fortschrittlichsten Gesellschaften des Kontinents, zu denen die deutsche mangels Konstitution nicht gehörte, bot dennoch dem kritischen Denken viel Raum zur Entfaltung. Wobei das Publizieren wiederum die Hürden der Zensur zu überwinden hatte.
Nun hat sich Deutschland Joachim Gauck zum Bundespräsidenten gewählt, der im Denken aber alles andere als fortschrittlich ist und mit seinem Freiheitsbegriff eher die geistige Entwicklungsschwäche der Liberalen teilt. Die wiederum leiden schon seit längerem unter einer sich verschärfenden Wahrnehmungsstörung. Und nicht nur die.
Eigentlich wollte ich nix mehr zu diesem Thema schreiben, aber dieser Medienhype gestern liefert doch Stoff für einige Anmerkungen. Zunächst einmal habe ich gestern im Rahmen meines Anstalt Beitrags darauf hingewiesen, wie ich zur Person Käßmann stehe. Die öffentliche Bedeutung ihres Amtes war und ist mir einfach zuwider. Und sie tat mir auch noch einmal den Gefallen und wies in ihrer Abschiedserklärung darauf hin, dass es zum Selbstvertändnis der evangelischen Kirche Deutschlands gehöre, eine gewichtige politische wie gesellschaftliche Stimme zu sein.
„Aber auch wenn ich ihn bereue, und mir alle Vorwürfe, die in dieser Situation berechtigterweise zu machen sind, immer wieder selbst gemacht habe, kann und will ich nicht darüber hinweg sehen, dass das Amt und meine Autorität als Landesbischöfin sowie als Ratsvorsitzende beschädigt sind. Die Freiheit, ethische und politische Herausforderungen zu benennen und zu beurteilen, hätte ich in Zukunft nicht mehr so wie ich sie hatte.
Ich kann nicht mit der notwendigen Autorität im Amt bleiben. So manches, was ich lese, ist mit der Würde dieses Amtes nicht vereinbar. Aber mir geht es neben dem Amt auch um Respekt und Achtung vor mir selbst und um meine Gradlinigkeit, die mir viel bedeutet.“
Das sehe ich einfach anders. Die Kirchen sollen ihren Glauben unter ihren Gläubigern verbreiten und nicht in einer Öffentlichkeit, zu der auch Menschen zählen, die diesen Glauben nicht teilen und es demzufolge auch nicht hinnehmen müssen, dass die christlichen Kirchen sich anmaßen, eine notwendige Autorität vertreten zu müssen. Allein dieser Satz verstößt gegen die Verfassung. Aber das ist ein anderes Thema.
Sie hatte ja durchaus ihre Autorität positiv zu nutzen gewusst und sich in der Afghanistan-Frage auf der richtigen Seite eingeschaltet. Ich wies aber gestern auch darauf hin, dass die ihr entgegengebrachte Gesprächsbereitschaft seitens der politisch Verantwortlichen nicht auf Grundlage ihrer Aussage geschehen ist, sondern wegen ihrer Autorität, die sie in ihrem Amt als EKD-Vorsitzende ausstrahlt. Für mich ist das jedenfalls äußerst sonderbar, mit anzusehen, wenn mit Theodor zu Guttenberg, ein adliger Vertreter der weltlichen Regierung, und die Chefin der evanglischen Kirche zusammentreffen, um eine politische Sachfrage zu besprechen. Das hat eben mehr mit ancien régime und alter Tradition zu tun, als mit Aufklärung und Demokratie. Vertreter der politischen Opposition in diesem Land werden und wurden in genau dieser Frage als Spinner bezeichnet, während Frau Käßmann voller Respekt und Achtung zu Teil wurde.
Im Anschluss an die gestrige Pressekonferenz, die in epischer Breite nicht nur im Radio übertragen wurde, sondern auch im Fernsehen – dafür wurde die Übertragung der Aktuellen Stunde im Bundestag unterbrochen – quittierten die anwesenden Journalisten die Rede Käßmanns mit Beifall, und wahrscheinlich hatten sie auch mit den Tränen zu kämpfen. Nachfragen waren ja nicht erlaubt. Dabei hätte ich mir eine Frage dennoch nicht verkneifen können. Und zwar, warum der liebe Gott Frau Käßmann nicht davon hat abhalten können, gleich zwei Fehler zu begehen? Erstens den strafbaren Verkehrsverstoß und zweitens, Alkohol während der christlichen Passionszeit zu konsumieren. Ich kenne mich ja da nicht so aus. Aber ist es nicht so, dass von Aschermittwoch bis Karsamstag auch in der evangelischen Kirche Fastenzeit herrscht?
So weit ich weiß, nennt sich das Programm bei den Protestanten „7 Wochen Ohne“ und beinhaltet den Verzicht auf bestimmte Nahrungs- und Genussmittel, darunter bestimmt auch übermäßiger Konsum von Alkohol. Immerhin nehmen daran schon rund zwei Millionen Menschen jährlich teil. Wieso also verstößt die nunmehr ehemalige Ratsvorsitzende gegen eigene Regeln und Glaubensüberzeugungen und spricht dann in ihrer Abschlusserklärung davon, dass man nie tiefer fallen könne, als in Gottes Hand? Nur zum Verständnis, mir ist wurscht, was Frau Käßmann in ihrer Freizeit macht. Für mich zählt allein der strafbare Verkehrsverstoß, für den sie sich, wie jeder andere auch vor der Öffentlichkeit verantworten muss. Ich finde aber auch, dass die holde Geistlichkeit desöfteren mal die Mauern der eigenen selbstgebauten Kirchen verlassen sollte, um an der Wirklichkeit teilzunehmen. Blöd daherreden kann ja schließlich jeder.
Mal wieder eine grandiose Vorstellung in der ZDF-Anstalt, deren Foyer kurzerhand in ein antikes Theater umgewandelt wurde. Die Anstaltsleitung ist nämlich auch der Meinung, dass die Einlieferung von „Konsul Westerwelle“ unmittelbar bevorsteht. Dabei nahm ich zunächst verschreckt an, dass Urban Priol die Moderation des Themenabends an Thomas Gottschalk abgeben könnte, der in der ersten Reihe neben uniformierten Soldaten Platz genommen hatte. Die Sitzordnung in dieser Ecke war wirklich etwas suspekt und ich wurde den ganzen Abend das Gefühl nicht los, dass es sich bei den Uniformierten um eine schnelle Eingreiftruppe handelte, die auf ein Handzeichen, genauer Daumenzeichen, Gottschalks reagierend, die Bühne stürmen würde, um Georg Schramm in Gewahrsam zu nehmen.
Aber es kam anders. Georg Schramm agierte geschickt und unverfänglich. Er sprach zwar wieder von Aufstand und das man in diesen Zeiten wieder über „sinvolle Gewaltkriminalität und Selbstjustiz“ nachdenken solle, aber er fügte auch hinzu, dass das die Alten tun müssten, während bei den Jungen eh schon alles verloren sei. Hegel hätte da jetzt nicht besser den dummen preußischen Zensor hinters Licht führen können. Aber es kam noch besser. Seine zentrale Botschaft kam am Ende der Sendung, als er die aktuelle Sozialdebatte thematisierte. Ich zitiere:
„Sie rüsten sich! Für den Verteilungskrieg, den sie im Mai eröffnen werden. Die Medienfront steht schon Gewehr bei Fuß. Doch welche Waffen wird die Kirche segnen? Wenn sie noch ganz bei Trost ist die Kirche und nicht von allen guten Geistern verlassen ist, dann kann sie nur die Waffen der Schwachen segnen. Weil etwas anderes im Buch der Bücher ja gar nicht geschrieben steht.“
Gott als Kronzeuge. Dagegen bleibt selbst der Zensor machtlos.
Aber nun weg von dem Bibel-Quatsch. Das hat mich übrigens auch gestört. Ich kann mit dem religiösen Schwachsinn einfach nichts anfangen, aber nicht weil ich den Glauben der Menschen nicht respektieren würde, sondern weil ich es einfach nur bescheuert finde, welche gesellschaftliche und politische Aufmerksamkeit man noch immer den Kirchen zubilligt. Wenn Frau Käßmann etwas gegen den Afghanistan-Einsatz sagt, hören ihr alle aufmerksam und würdevoll zu und Freigeist zu Guttenberg lässt sich sogar herab, mit der geistlichen Kritikern ein Gespräch zwecks Gedankenaustauschs zu führen. Geht’s noch? Wo sind wir denn? Immer noch im ancien régime? Wenn andere Menschen hierzulande den total irrationalen Afghanistan-Einsatz geißeln, gelten sie gemeinhin als linke Spinner. (Ich gebe zu, auch das hat man Frau Käßmann zuschreiben wollen.)
Aber wenn man dann feststellt, dass diese moralisierend auftretenden Instanzen auch nur Menschen sind, die ab und zu den gewöhnlichen Freuden des Lebens nachgehen, wirft man ihnen endlos vor, gegen alle möglichen Standards verstoßen zu haben. Dann wird nicht nur die Person beschädigt, wahrscheinlich sogar zu recht, sondern auch, und das völlig zu unrecht, die Sache, wie zum Beispiel die geäußerte Kritik am Afghanistan-Einsatz. Derweil darf eine andere kriminelle Vereinigung mit moralischem Anspruch im Schatten der Käßmann-Story vorerst aufatmen.
Mitglieder der katholische Kirche missbrauchen Kinder und dennoch besitzen diese Gottesdiener die Dreistigkeit, die Gründe dafür an externen gesellschaftlichen Veränderungen festzumachen. Der Vorsitzende der Bischoffskonferenz Robert Zollitsch beschwert sich sogar mit einem Ultimatum bei der Kanzlerin über die Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die völlig richtig an ihrer Kritik gegenüber der katholischen Kirche festhält, weil sie nicht erkennen könne, dass auf deren Seite ein aktives Interesse an einer lückenlosen Aufklärung besteht. Sie erwartet daher nach wie vor,
„dass die Verantwortlichen der katholischen Kirche endlich konstruktiv mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten, Hinweise geben, mitaufklären
Warum so zaghaft, frage ich mich da. Leute die Kinder missbrauchen, sind Dreckschweine und gehören als Verbrecher verurteilt ins Gefängsnis. Außerhalb der Kirche scheut man da ja auch keine härtere Gangart. Wieso also nimmt die Staatsanwaltschaft diesen Laden nicht einfach mit allen ihr zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mitteln auseinander? Im Gegensatz zur Justizministerin finde ich schon, dass man da auch die Konfrontation mit der Institution Kirche suchen muss. Denn offenbar scheinen die Missbrauchsfälle mit dieser Einrichtung und ihrem Auftrag/Unternehmensziel eng verflochten zu sein.
Doch nun wieder back to topic: „Gott sei dank“ waren auch Volker Pispers und Josef Hader da, die beide weniger die Kirche zum Thema hatten. Hader wies nur ganz kurz darauf hin, dass die katholische Kirche kein Patent auf Knabenliebe anmelden könne. Das hätte es nämlich schon im alten Griechenland gegeben, also in jener Zeit, in der noch Religionsfreiheit herrschte. Sein Thema war Humanismus, den man auf keinen Fall mit dem Begriff „human“ verwechseln dürfe. Und nur so ergibt Haders Schlusspointe auch einen Sinn.
„Der Vater von Heinrich Himmler war Mittelschullehrer für altgriechisch.“
Im Saal kam das nicht so an, obwohl Gottschalk da doch hätte aufjohlen müssen. Er gehört doch auch noch zu jener Generation, die die Qual einer humanistischen Ausbildung über sich ergehen lassen musste. Die Jüngeren wie ich, kennen das gar nicht mehr, wissen aber trotzdem darüber bescheid, weil unsere Schul- und Universitätslehrer ständig über die stupide Paukerei von damals klagten. Aber sei es drum.
Zu Volker Pispers sag ich jetzt nix. Den müssen sie sich einfach anschauen. Seine Erklärung zum deutschen Glaubensdogma, dass Steuersenkungen nur Gutes bewirken, ist einfach genial.
Und zum Schluss doch noch etwas Religion: „Monty Pythons – Das Leben des Brian“ mit der Originalszene über die Geschichte mit Schwanzus Longus und Inkontenentia Popos und natürlich dem Purschen auf dem Poden. Den Film müssen sie mal im Kölner Dom vorspielen. Da könnten sie dann unter Umständen Fundamentalisten kennenlernen, meinte einmal Hagen Rether sehr treffend. :>> :>> :>>
Liegt das nun am Wahlkampf? Westerwelle dreht durch, Rüttgers lügt, Carstensen und Stegner dreschen wieder aufeinander ein, die Kanzlerin hält nach wie vor ihre Klappe und die EKD-Ratsvorsitzende Bischöfin Käßmann wird mit 1,5 Promille im Blut, also umgerechnet eine Flasche Rotwein auf ex, am Steuer ihres Dienstfahrzeugs erwischt. Was kommt als nächstes? Der Staatsbankrott. Immerhin liegt die deutsche Staatsverschuldung gemessen am BIP auch schon bei rund 70 Prozent. Nur zum Vergleich, Griechenlands Staatsverschuldung, das ja gezwungenermaßen auf der europäischen Pleiteanklagebank Platz nehmen musste, liegt im Augenblick bei 113 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Die Verbindlichkeiten der zweitstärksten Volkswirtschaft der Welt Japan belaufen sich übrigens auf knapp 190 Prozent des BIPs. Und die USA werden auch bei über 100 Prozent des BIPs landen. Haut man denen auch auf die Finger?
Na ja, ich denke Griechenland und die anderen PIIGS-Staaten reichen erst einmal aus, um die nötigen öffentlichen Backpfeifen zu verteilen, die dann vom Versagen der etablierten großen EU-Wirtschaften ablenken. Wissen sie übrigens, wie die Anklageschrift in Bezug auf Griechenland lautet?
Vettern- und Klientelwirtschaft, Steuerhinterziehung, Korruption und Verschwendung!
Klingt doch ganz vertraut oder? Aber ausgerechnet Deutschland schimpft am lautesten über Griechenland. Also genau jenes Land, das zulässt, dass reiche Staatsbürger rund 485 Milliarden Euro unversteuert im Ausland verstecken dürfen, das auch offen Klientelpolitik betreibt und immer mehr korrupte Politiker in Amt und Würden nicht nur entlarvt, sondern auch weitermachen lässt. Da kann man wirklich nur noch mit dem Kopf schütteln. Offenbar merken das auch langsam die handelnden Akteure und bringen mal wieder den Gutti ins Spiel. Der kommt schließlich noch am besten von allen Flachpfeiffen an.
Freigeist zu Guttenberg verkündet heute, den Kampf gegen die Piraterie am Horn von Afrika zu verstärken. Man müsse der Piraterie auch auf dem Land begegnen, so der Vertreidigungsminister. Schließlich sei die Seeräuberei inzwischen zu einer Geldquelle geworden, die auch verstärkt von Terroristen angezapft würde (Quelle: derNewsticker.de). Aha, daher weht also der Wind. Denken sie sich ihren Teil und ich mir meinen. Gutti will wohl die Trefferquote im Kampf gegen den internationalen Terrorismus wieder erhöhen, um an der Heimatfront für Ruhe zu sorgen. Da man in Afghanistan zuletzt immer weniger Terroristen und immer mehr unschuldige Menschen militärisch getroffen hat, ist ein Wechsel des Schauplatzes vielleicht gar nicht so verkehrt.
Man will sich auch nicht ständig für Kollateralschäden entschuldigen müssen, so mein Eindruck. Nicht das es am Ende noch heißt, dass Aufnahmerituale in deutschen Kasernen mit Saufen bis zum Abwinken und dem Essen von roher Schweineleber, Rollmöpsen und Frischhefe die Kampfmoral nachhaltig beeinträchtigen würden. Zu diesem Thema stellt der Verteidigungsminister heute übrigens ganz klar fest, dass er sich jedes Pauschalurteil in dieser pikanten Angelegenheit ausdrücklich verbitte. Das gibt dann wieder Pluspunkte beim ZDF-Politbarometer. Zumindest im Vergleich zur jäh abgestürzten Bischöfin Käßmann, die einst noch Standhaft der bayerischen Wortgirlande Paroli bot. Vielleicht haben die beiden ja gemeinsam am Wochenende gesoffen und eins kam dann zum anderen. Ich weiß es nicht.
In der FTD findet sich ein sehr interessanter Bericht über die Kosten neuen Kriegsgeräts für die Bundeswehr. Insgesamt 50 Mrd. Euro werden da für Flugzeuge, Hubschrauber, Schiffe, U-Boote und neue Abwehrsysteme ausgegeben.
Airbus A400M: Die als Erstkunden auftretenden sieben europäischen Länder hatten mit Airbus für den Lieferumfang von 180 Maschinen einen Festpreis von 20 Mrd. Euro vereinbart. Doch die Kosten des Flugzeuges sind nach neuen Schätzungen auf über 30 Mrd. Euro gestiegen. Airbus fordert daher weitere Milliarden von den Bestellländern. Bis Ende Januar wollen die beteiligten Länder darüber entscheiden.
Der Puma, ein Gemeinschaftsprojekt von Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann, gilt als wichtigstes Projekt der Modernisierung der Heeresausrüstung der Bundeswehr. Insgesamt sollen 405 Exemplare im Wert von 3,1 Mrd. Euro beschafft werden.
Eurofighter: Dem Plan zufolge sollten von der von Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien entwickelten Gemeinschaftsproduktion 620 Flugzeuge gebaut werden. Experten taxieren den Preis pro Eurofighter – ohne Waffen und Wartung – auf gut 100 Mio. Euro, der Bundestag hat für die Einführung des Jets bislang insgesamt 14,6 Mrd. Euro bewilligt. Insgesamt sind für das komplette Eurofighter-Programm nach der Bundeswehrplanung 21,7 Mrd. Euro budgetiert.
Fregatte 125: Für das F-125-Programm bewilligte der Haushaltsausschuss des Bundestages trotz Kritik des Bundesrechnungshofes 2,7 Mrd. Euro – rund 656 Mio. Euro pro Schiff.
Hubschrauber NH-90: Das Beschaffungsprogramm für die 38 deutschen Exemplare der NH-90 wird auf 4,03 Mrd. Euro beziffert, allein die Entwicklung der Maschine kostete 2,5 Mrd. Euro.
U-Boote der Klasse 212A: In der Bundeswehrplanung 2009 waren für die Beschaffung von zwei weiteren U-Booten des Typs 212A insgesamt 929 Mio. Euro vorgesehen.
IT-Projekt Herkules: Für Herkules sollen binnen zehn Jahren insgesamt 7,1 Mrd. Euro ausgegeben werden, allein 2009 waren es 622 Mio Euro.
Unbemanntes Aufklärungsflugzeug Talarion: Das gesamte Talarion-Projekt der Name leitet sich von den Flügeln an den Sandalen des griechischen Götterboten Hermes ab würde für Entwicklung und Beschaffung 2,9 Mrd. Euro kosten.
Flugabwehrsystem Meads: Allein die Entwicklungskosten stiegen letzten Schätzungen von Mitte 2009 auf 1,25 Mrd. Euro. Einmal einsatzbereit, soll das die Beschaffung des Systems noch einmal 2,85 Mrd. Euro kosten.
Übrigens: Der Afghanistan-Einsatz wird in diesem Jahr auch teurer. Mit 785 Millionen Euro leisten wir uns etwa 215 Millionen Euro mehr als letztes Jahr. Toll. Wie sagte Freigeist zu Guttenberg doch heute so schön im Anschluss an sein Treffen mit Frau Käßmann?
„Wichtig ist es, dass die Soldaten Anerkennung in der Gesellschaft erfahren. Das hat die Frau Bischöfin genauso gesehen.“
Zahlen sind im Krieg halt nicht so wichtig, außer bei dem ebenfalls seit Jahren tobenden inneren Krieg gegen Arbeitslose. Und der Frau Bischöfin ist das inzwischen wohl auch egal.
Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Margot Käßmann, hatte in ihrer viel beachteten Neujahrsansprache ordentlich auf den noch neuen Putz der Dresdner Frauenkirche gehauen und der politischen Elite dieses Landes gehörig die Leviten gelesen. Unter anderem auch zur Afghanistan-Strategie der Bundesregierung.
„Nichts ist gut in Afghanistan. All diese Strategien, sie haben uns lange darüber hinweggetäuscht, dass Soldaten nun einmal Waffen benutzen und eben auch Zivilisten getötet werden.“
Vor Weihnachten war sie in einem HAZ-Interview (siehe u.a. tagesschau.de) noch deutlicher geworden und sagte wörtlich:
„Auch nach den weitesten Maßstäben der Evangelischen Kirche in Deutschland ist dieser Krieg so nicht zu rechtfertigen.“
Krawumm. Das hatte gesessen im tief religiösen Politikerdeutschland. Nun können wir uns alle sicherlich denken, was bei dem Treffen herauskommt. Man wird sich aufeinander zubewegen. Freigeist zu Guttenberg wird Verständnis heucheln und dennoch nie sagen, dass der Krieg nicht zu rechtfertigen wäre und Frau Käßmann wird ihre Position revidieren und den deutschen Beitrag zum Wiederaufbau des Landes würdigen. Damit wäre die Kuh dann wieder vom Eis.
Auf tagesschau.de können sie so etwas Ähnliches bereits als Ergebnismeldung lesen. Einfach nur lachhaft.
Alle Teilnehmer seien sich einig gewesen, dass der Dialog weitergeführt werden müsse, sagte EKD-Militärbischof Martin Dutzmann dem Radiosender NDR Info. Zudem wurde vereinbart, dass Guttenberg demnächst auf einer Akademietagung der evangelischen Kirche sprechen und Käßmann ihrerseits eine Rede vor der Führungsakademie der Bundeswehr halten wird.
Und weil der Vorgang nicht schon so absurd genug ist, wird uns heute nach jeder Meldung über das Treffen von Käßmann und Gutti eine weitere Meldung zum Thema Afghanistan um die Ohren gehauen. Eine Umfrage im Auftrag der Sender WDR, ABC und BBC unter der afghanischen Bevölkerung habe tolle Ergebnisse ergeben. „Die Afghanen sehen ihr Land auf dem richtigen Weg.“, heißt es da zusammengefasst. Eine Verbesserung der Stimmung in der afghanischen Bevölkerung wird von den Forschern natürlich so kommentiert:
Dieser Optimismus passt so gar nicht zur Stimmung in den USA und Europa, wo kaum noch jemand auf eine positive Entwicklung am Hindukusch setzt und sich die Debatten deshalb auf einen schnellen Ausstieg aus einem vermeintlich gescheiterten Abenteuer konzentrieren.
Was soll mit dieser Umfrage eigentlich bezweckt werden? In den soeben zitierten Sätzen finden sie wohl die Antwort. Aber lesen sie sich ruhig auch die gesamte Analyse durch. Einfach nur realitätsfremd. Diese Umfrage belegt einmal mehr, dass man die dusselige Fragerei nach der Beliebtheit von Bundespolitikern noch toppen kann.
Zwei Röcke gehen durch Deutschland. Den Satz hörte ich gerade von einer Radiopastorin auf NDR 2. Dabei treten beide, Angela Merkel und Margot Käßmann, in der Regel gar nicht in Röcken auf. Im Alltag tut es doch noch immer der Hosenanzug? Aber sie teilen noch mehr. Eine fragwürdige politische Einstellung, die Religion und eine Scheidung. Ist das nicht lustig? Beide haben den Namen ihrer Ex-Männer behalten. Warum nur? Aus Marketinggründen? Zumindest bei Frau Schulze, äh Käßmann, ist das wohl anzunehmen. Ihre Ehe scheiterte im Jahr 2007. Also mitten im beruflichen Aufstieg. Bei Frau Kasner, äh Merkel, liegt der Fall anders. Ihre Ehe ging bereits 1982 baden und erst 1984 lernte sie, nach Wikipedia-Informationen, ihren jetzigen Mann, Joachim Sauer, kennen.
Okay, dessen Name hätte jetzt zwar zu ihrem Gesicht gepasst, aber vielleicht nicht zu einer ambitionierten Karriereplanung. Schließlich mussten ihr mit einem Studienaufenthalt in Moskau und als FDJ-Freundschaftsratsvorsitzende sowie als FDJ-Leitungssekretärin alle sozialistischen Türen offen stehen. Agitation und Propaganda haben ihr zum Beispiel immer sehr viel Spaß gemacht, wie sie selbst 1992 bestätigte. Sie behauptet zwar immer noch, dass sie die ihr vorgelegte Verpflichtungserklärung, als IM für die Stasi tätig zu werden, nie unterzeichnet habe, doch ich persönlich glaube das nicht. Nur zum Verständnis: Hier geht es ja im engeren Sinne um einen Glaubenstext. Also glauben sie doch, was sie wollen. Ich jedenfalls glaube das deshalb nicht, weil ihr engstes Umfeld, also Familie und ihr Lover vor dem Sauer, der auch ihr Arbeitskollege war, nachweislich Stasi-Spitzel gewesen sind.
Doch die Unterlagenbehörde tut sich bei Mitgliedern von CDU und FDP recht schwer für Klarheit und Transparenz zu sorgen. Althaus, Tillich und Merkel sind offenbar Leute, denen man nachweisen könnte, dass sie mit dem DDR-Regime leidenschaftlich zusammengearbeitet haben, doch weil sie in der CDU sind, ist das kein Problem.
„Man kann wirklich sagen, was man will. Die CDU/CSU hat kein Stasiproblem, oder hat sie einfach nur kein Problem mit CDU-Stasileuten?“
Warum schreibe ich das? Weil ich heute gesehen habe, wie eine Regierungsmannschaft vereidigt wurde, in der so einige Mitglieder eine Aufarbeitung ihrer zum Teil kriminellen Vergangenheit bitter nötig hätten. Als Dr. Wolfgang Schäuble zum Mikrofon rollte und seinen bereits fünften Amtseid seiner Karriere schwor, wenn ich mich nicht verzählt habe, konnte einem wirklich schlecht werden. Das Thema Spendenaffäre ist ja hinlänglich bekannt. Für alle die das noch nicht wieder richtig auf dem Schirm haben, hier noch einmal zur Auffrischung Volker Pispers mit einem sehr guten Referat. :DD
Wenn sie noch Ekelreserven haben, können sie aus Merkels Gruselkabinett jetzt auch den Franz-Josef „nie wieder Krieg aus meinem Mund“ Jung nehmen, dessen politische Lebensleistung darin besteht, seinem wirklichen Boss, Roland Koch, zu Zeiten der Schwarzen Kassen, den Arsch gerettet zu haben.
Als Chef der Staatskanzlei in Hessen organisierte er die Unterschriftenkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, mit der sein Freund Roland Koch (CDU) zum Ministerpräsidenten des Landes aufstieg. Später dann, als Ende 1999 die schwarzen Kassen des ehemaligen Bundesinnenministers Manfred Kanther entdeckt werden, ist es Jung, der in der CDU-Spendenaffäre um die vermeintlichen jüdischen Vermächtnisse zurücktritt und Koch den Kopf rettet. Hessens Regierungschef zeigte seine Dankbarkeit, indem er seinen treuen Freund 2005 ins Bundeskabinett bugsierte. Angela Merkel konnte dies nicht ablehnen, weil Koch nach ihrem schlechtem Wahlergebnis den Mund hielt.
Na ja und über Dirk Niebel muss man nichts mehr sagen. Über ihn hat heute der ganze Bundestag gelacht, als Norbert Lammert ihn als Minister für „Ab“, äh Entwicklunghilfe und so vorstellte. Ich verstehe gar nicht, warum sich Lammert auch noch darüber beschwert, dass ARD und ZDF lieber Spielfilme und Seifenopern zeigen, als das Geschehen im Bundestag. Wenn man sich künftig diese „Wunschkoalition“ anschauen muss, der es am Ende doch nicht gelang, alle freudetaumelnden Mitglieder bei der Wahl der Bundeskanzlerin mitzunehmen, dann kann man das Fernbleiben der öffentlich rechtlichen Hauptsender nur begrüßen. Auch deshalb, um nicht noch ein blödsinniges Kommentatorenduo ertragen zu müssen, wie heute auf Phoenix.
Da war Christoph Schwennicke vom Spiegel am Co-Mikrofon. Eine wichtige Frage, die ihn unheimlich beschäftigte, war, welchen wirklichen Grund Oskar Lafontaine für sein heutiges Fernbleiben gehabt haben könnte. Der von Petra Pau im Interview vorgebrachte Urlaub, klang für Schwennicke wenig glaubhaft. Nun ja, vielleicht war ihm angesichts der Tagesordnung und den zahlreich vorgeheuchelten Amtseiden mit Gottesformel einfach nur schlecht geworden. Verständlich wäre es jedenfalls. Schwennicke hingegen hatte keine Bauchschmerzen, als er die Merkelsche Nietentruppe beobachten und sprachlich begleiten durfte. Geredet wurde unter anderem über zu Guttenbergs neue Sturmfrisur und Röslers erkennbar ehrliche Freude, die er aber nicht mit Sigmar Gabriel teilte, wie von den beiden Schwachköpfen in der Kommentatorenkabine vermutet, sondern mit Patrick Döring. Dieses markant schelmische Grinsegesicht kennt man wohl außerhalb Hannovers noch nicht.
Gerade eben lese ich noch, dass der neue kriminelle Finanzminister Dr. Wolfgang Schäuble, den ebenfalls als kriminell zu bezeichnenden Steinbrückschen Staatssekretär Jörg Asmussen (SPD) einfach übernimmt. Der darf einfach weitermachen. Die bürgerliche Presse spricht bereits von einer dicken Überraschung. Ich würde das bitter böse Kontinuität nennen. Die gute Vernetzung von Asmussen will auch Schäuble für sich nutzen. Die Interessen der Finanzindustrie bleiben damit gewahrt. Doch was ist mit den Interessen der Bevölkerung? Die können sich nun Trost holen, bei der neuen Heulmutti der Nation von der Evangelischen Kirche Deutschlands. Herzlichen Glückwunsch.