EU-Verpackungsreform: Mogelpackungen, wohin das Auge reicht

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Weniger drin für’s gleiche Geld? Bisher nur ein Gerücht, doch nun gibt es Gewissheit. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat eine Liste mit Produkten veröffentlicht, aus der hervorgeht, wie die Hersteller nach der neuen EU-Verordnung zur Freigabe von Verpackungsgrößen und Inhalten ihre Kunden gezielt in die Irre führen und zum Teil satte Preisaufschläge verstecken.

Die Liste gibt es hier:
http://www.vzhh.de/~upload/vz/VZTexte/TexteErnaehrung/ListeverstecktePreiserhoehungen.pdf

Und einen ausführlichen Bericht finden sie hier:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31485/1.html

Die EU-Vorgabe kann man auch als Deregulierungsmaßnahme begreifen. Ich habe noch im Ohr, wie das verteidigt wurde. Es gäbe halt immer mehr Singles, die kleinere Packungsgrößen wünschen. Oder es müsse auch möglich sein, verderbliche Ware in kleineren Packungen anbieten zu können, weil in größeren Mengen die Ware schneller verdirbt, ehe man sie verbrauchen kann. Bla, bla, bla. Es ist immer dieselbe Leier. Man tut so, als sorgten die Kräfte des Marktes für Ausgleich und Selbstregulation. Genau dieses Denken hat auch in die aktuelle Weltwirtschaftskrise geführt.

Es ist eben nicht so, dass die Hersteller vor allem die Bedürfnisse der Verbraucher im Blick hätten, sondern auf breiter Fläche Kasse machen wollen, wenn man sie auch lässt. Wem muss man diesen Zusammenhang mitten in der Krise eigentlich noch erklären? Wenn ich lese, dass Iglo den Fischanteil bei seinem Schlemmer-Filet à la Bordelaise reduziert und dennoch die gleiche Produktmenge zum gleichen Preis anbietet, frage ich mich, was die da für einen billigeren Dreck dazu packen. Die Erklärung ist ja wohl ein Witz.

Zwar sei Rohstoff Fisch, so die Firma, teurer geworden, doch hätten „repräsentative Tests“ ergeben, dass die Verbraucher das Produkt mit weniger Fett, weniger Salz und „knuspriger“ bevorzugen würden.

Lesen sie sich bitte auch die anderen Erklärungen und Begründungen der Hersteller genau durch und dann fragen sie sich doch einmal selbst, welchen Sinn staatliche Verpackungsverordnungen haben könnten. Zugegeben, über einzelne Regelungen kann man immer streiten. Doch war nun eine fast völlige Liberalisierung notwendig?

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Deutsche Journalisten haben keinen Arsch in der Hose

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Das sagt Volker Bräutigam und liefert dabei eine sehr bissige und treffende Beschreibung über den Zustand der angeblich so freien Presse in diesem Land.
Quelle: http://www.0815-info.de/News-file-article-sid-10588.html

Ein Rechtspopulist, der die lingua franca der internationalen Politik nicht beherrscht, dafür aber umso herrischer teutonisch-arrogant auftritt, wurde Bundesaußenminister. Westerwelle in diesem Amt – gewöhnungsbedürftig, ein Ergebnis formaldemokratischer Wahlen.

Ein Schmiergeld-Kassierer wurde Finanzminister. Ein Heimlichtuer gegenüber dem Parlament, einer, gegen den Ermittlungsverfahren wegen uneidlicher Falschaussage in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss liefen. Verfahren gegen ihn wurden zwar eingestellt, aber nicht wegen erwiesener Unschuld. Schäuble als Kassenwart: gewöhnungsbedürftig. Doch selbst mit Derartigem werden wir zu leben lernen. Wir haben den vor ziviler Strafverfolgung gefeiten Politkriminellen ja schon vier lange Jahre als Hüter der Verfassung erlitten.
Gewählt ist gewählt.

Eine dem zivil-irdischen Alltag entschwebte Kanzlerin, die nur vor dem simplen Volk Machtbewusstsein zeigt, sich bei den Plutokraten aber als servile Hausdame anbiedert, müssen wir ertragen. Dass sie nun ihres sozialdemokratischen Amtsvorgängers öffentlich zelebrierten „Basta!“-Stil auch noch übernimmt, ändert nichts mehr an ihren Bild. Wir haben uns schon an sie gewöhnt.

An das Versagen der „Vierten Gewalt“ im Staate, an den Niedergang der freien Presse, dürfen wir uns hingegen nicht gewöhnen. Es ist absolut unerträglich, dass die Creme des bundesdeutschen Journalismus’, versammelt in der Bundespressekonferenz zu Berlin, sich regelmäßig als Pfeifensammlung erweist – und über die eigene Unfähigkeit und Feigheit auch noch lacht und sie im Boulevardstil veralbert.

Den Artikel sollten sie unbedingt auf der oben verlinkten Seite weiterlesen. Rob Savelbergs Einschätzung über den deutschen Journalismus sollte man sich einrahmen.

Im Interview mit DIE WELT kommentierte Savelberg: „Vielleicht haben meine deutschen Kollegen zuviel Respekt. Mir fällt auf, dass es in Holland weniger Berührungsängste gibt. Da sind meine Kollegen härter. Die Regierung besteht nur aus gewählten Volksvertretern. Das sind keine Monarchen.“ Wie höflich der Mann ist, obwohl sich deutsche Mainstream-Journalisten als schamlose Nieten erwiesen. Sie zeigten keinen Mut vor Fürstenthronen, und einer unverschämten Kanzlerin Zunder zu geben trauen sie sich nicht.

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Der zweite Mauerfall ist vorbei, nun ist wieder Schweinegrippe

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Es ist schon lustig. Haben sie nicht auch die Schweinegrippe am Montag vermisst? Die hatte zu diesem Zeitpunkt Pause, weil es ja zum Massenauflauf in Berlin kommen sollte. Da stört die Schweinegrippe nur. Ich will aber noch einmal zur Kenntnis geben, was unser neuer Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler gestern dem PR-Agenten Christoph Slangen im Interview sagte und via Neue Presse Hannover verbreiten ließ.

„Solange Menschen nicht geimpft sind, gilt es ganz besonders die notwendigen, einfachen Hygienemaßnahmen einzuhalten, mit denen man sich und andere schützen kann: Waschen Sie sich mehrfach täglich die Hände, niesen Sie nur in die Ellenbeuge oder in ein Taschentuch, meiden Sie wenn möglich längere Aufenthalte in größeren Menschenansammlungen.

Da kann man ja nur hoffen, dass am Montag nur Geimpfte in Berlin unterwegs waren. Und wenigstens mit Regenschirm. Ich habe gehört, dass so ein naßkaltes Wetter häufig zu Erkältungen führt. Aber egal. Mal was anderes. Sie haben vielleicht mitbekommen, dass die Fallzahlen von Schweinegrippe-Infektionen rapide ansteigen. Da kann man es schon mit der Angst zu tun bekommen, wenn man nicht weiß, wie das eigentlich konkret festgestellt wird. Bitte fragen sie mal ihren Arzt, wie der herauskriegt, ob ein Patient mit dem neuen Virus infiziert ist oder nicht. Sie werden Erstaunliches zu hören kriegen. Raten sie mal. Genau, es wird geraten, aufgrund der eindeutigen Symptome. Ich darf sie ihnen noch einmal zur Kenntnis geben und zitiere aus einem Informationsblatt, das meine Tochter von ihrer Grundschule kürzlich mit nach Hause bekommen hat.

Wie erkenne ich, ob jemand an der Neuen Influenza erkrankt ist?
Bei der neuen Influenza treten in der Regel folgende Krankheitszeichen gemeinsam auf:

  • plötzlich beginnendes Krankheitsgefühl mit Fieber über 38°C, teilweise mit Schüttelfrost
    und
  • Husten

Zusätzlich kann es auch zu Muskel-, Glieder- und/oder Kopfschmerzen oder Halsschmerzen kommen.

Hilfe. Jetzt bin ich aber irritiert und geschockt. Hatte ich die Schweinegrippe etwa schon früher und immer mal wieder und keiner hat es mir gesagt? Nun ja, die Ärzte könnten natürlich auch einen Bluttest machen, um ganz sicher zu gehen. Aber mal im Ernst, halten sie das für wahrscheinlich bei dem relativ harmlosen Krankheitsverlauf? Da reicht doch die Vermutung. Dazu noch einmal ein Zitat aus dem Infoblatt:

Die Neue Grippe verläuft bisher überwiegend milde und oft nur mit einem Teil der oben beschriebenen typischen Krankheitszeichen.

Oha, ich stelle erstaunt fest, dass ich schon schwerere grippale Infekte hatte, für die die Pharmaindustrie offenbar keinen angsteinflößenden Tiernamen finden konnte. Jedoch bin ich erfreut über die abschließende Bewertung unserer Grundschule mit Stand vom 05.11.2009:

Anhand der Krankheitszeichen eines fieberhaften Atemwegsinfektes kann man nicht immer zweifelsfrei entscheiden, ob es sich um die Neue Grippe handelt oder um eine normale (saisonale) Grippe oder um einen einfachen grippalen Infekt. Dies ist auch nicht zwingend notwendig.

Genau, weil es eben vollkommen wurscht ist.

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Ich will ja die Feierlaune nicht verderben, aber es gibt wichtigere Nachrichten

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Den ganzen Tag wird nun schon vom heiteren Tag des Mauerfalls berichtet, obwohl das Wetter wirklich beschissen ist. Die Volkskanzlerin stand in der Bornholmer Straße ziemlich im Regen. Das konnte man auf mindestens vier Kanälen gut erkennen. Ich habe zum „glücklichsten Tag der jüngeren deutschen Geschichte“ bereits gestern etwas geschrieben. Wenigstens der Bundeshorst erinnerte auch daran, dass der 9. November 1989 mit dem 9. November 1938 untrennbar verbunden ist. Den „Tag der Freude“ wollte er sich aber nicht ausreden lassen und behauptete, die deutsch-deutsche Teilung hätte vor allem deshalb überwunden werden können, „weil wir Deutsche die nötigen Lehren aus unserer Geschichte zwischen 1933 und 1945 gezogen haben.“

Darüber lässt sich streiten. Die Franzosen waren zunächst einmal nicht der Auffassung, als hätten die Deutschen ihre Lehren gezogen und wollten der Wiedervereinigung nicht zustimmen. Erst unter der Bedingung, die Stärke der Bundeswehr auf 370.000 Soldaten zu reduzieren, gab François Mitterrand in den Zwei-plus-Vier-Gesprächen sein Einverständnis. Und Großbritannien gab seine Zustimmung erst, nachdem klar war, dass Deutschland auch die Oder-Neiße-Linie als Ostgrenze anerkennen würde. In Kohls 10-Punkte-Programm war davon nämlich noch keine Rede.

Überhaupt findet am heutigen Tag und im Vorfeld viel Verklärung statt. Vor allem die Konservativen stilisieren einmal mehr ihre zufällige geschichtliche Anwesenheit zu einer heldenhaften Stunde empor, obwohl es gerade die Union und namentlich Franz-Josef Strauß war, die den wirtschaftlichen Niedergang der DDR durch großzügige finanzielle Hilfen verhinderten und das ideologisch immer bekämpfte System in seinem Bestehen somit wissentlich verlängerten. Aber sei es drum. Die Volkskanzlerin griff gleich zu großen Worten und forderte eine neue globale Weltordnung ein, unter der die Nationalstaaten nach und nach aufgehen sollten.

Das würde dem ostdeutschen Mädsche wohl prima in den Kram passen. Denn so müsste sie nicht mehr fürchten, der politischen Unfähigkeit doch noch überführt zu werden, sondern könnte unter dem Verweis auf das globale Ganze gemütlich ihrer Rolle als beliebte Überdeutsche nachgehen, die zwischen den internationalen Regierungspalästen hin und her jettet. Den wahrhaft Mächtigen in diesem Land wäre das sehr angenehm. Die Allianz AG müsste zum Beispiel nicht erklären, warum sie heute für das dritte Quartal einen Überschuss von 1,3 Mrd. Euro ausweist, obwohl wir in einer sehr tiefen Krise stecken.

Lesen sie mal den Eingangssatz des heutigen Berichts dazu im Handelsblatt:

Befreit von der Dresdner Bank zeigt die Allianz operativ Stärke. Im dritten Quartal übertraf Europas größter Versicherungskonzern mit einem Überschuss von 1,3 Mrd. Euro die Erwartungen der meisten Analysten.

Nun raten sie mal, wer die Allianz von der Dresdner Bank befreit hat? Richtig. Sie waren das mit ihrem Geld und Merkel hat für sie stellvertretend ihre Zustimmung erteilt.

Oder haben sie gelesen, dass die Bundesregierung Merkel I bereits im August darüber Bescheid wusste, dass General Motors Opel behalten will, aber heute so tut, als sei sie von der Entscheidung der Amerikaner überrascht worden (siehe The Economist)? Kennen sie auch die spezielle Rolle des feinen Herrn zu Guttenberg, der in seiner Funktion als Bundeswirtschaftsminister dafür sorgte, dass sich General Motors den Deal mit Magna noch einmal durch den Kopf gehen ließ (siehe Spiegel Online)? Und wussten sie, dass immer mehr Experten mit einem rassanten Anstieg der Arbeitslosigkeit rechnen (siehe Handelsblatt)?

Mich würde brennend interessieren, wie die neue Bundesregierung zu diesen aktuellen Fragestellungen Position bezieht. Als ich hörte, dass das neue Wachstumsbeschleunigungsgesetz, welches heute im Kabinett verabschiedet wurde, bereits als Konjunkturprogramm bezeichnet wird, habe ich mir vorgestellt, wie es wäre, wenn man das Bundeskabinett hinter einer Mauer einsperren würde. Verdient hätten es einige ja wohl.

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Die FDP will die Rente mit 60 und die Neue Presse Hannover nutzt das für Propaganda

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Ja richtig, die Rente mit 60 ist eine Schnappsidee, weil sich das keiner leisten kann. Schließlich müsse derjenige, der mit 60 in Rente gehen will, nach derzeitiger Lage mit einem Abschlag von rund 25 Prozent rechnen. Das könne man mit Zusatzjobs, wie im FDP-Modell vorgesehen, nicht dauerhaft ausgleichen. Der PR-Agent Christoph Slangen ist also durchaus auf der richtigen Spur, wenn er den FDP-Vorstoß kritisiert. Doch Slangen wäre nicht der, der er ist, wenn er die Gelegenheit verstreichen lassen würde, die bisherige Rentenpolitik und insbes. die Rente mit 67 zu verteidigen.

„Die Senioren von heute leben glücklicherweise länger, was allerdings die Rentenkassen belastet. Dieser Rechnung kann sich niemand entziehen. Die Rente mit 67 war deshalb ein unpopulärer, aber richtiger Schritt. Taugliche Regelungen für flexible Übergänge werden zwar benötigt, aber keine Rente mit 60.“

Wieder einmal lügt Christoph Slangen dreist in seinem Kommentar. Die Rentenkassen werden nicht durch eine höhere Lebenserwartung belastet, sondern durch eine falsche Rentenpolitik. Wer deckelt denn die Beiträge zur Rentenversicherung? Und wer entlässt bestimmte Gruppen aus der solidarischen Gemeinschaft? Wer betreibt denn eine Wirtschaftspolitik, die auf Lohndumping und prekäre Beschäftigungsverhältnisse setzt, so dass die Einnahmen der Sozialversicherungen immer geringer werden? In diesem Zusammenhang gibt es heute zum zweiten Mal in diesem Blatt eine zynische Kommentarbemerkung zu lesen.

„Schmalspurrente plus Zusatzjob könnten vielleicht ausreichen, solange man noch fit ist.“

Die Mehrheit der Bevölkerung lehnt die Rente mit 67 ab. Aus sehr guten Gründen. Und der Wichtigste dabei ist, dass die meisten Menschen in diesem Land längst wissen, dass sie ihre reguläre Arbeit, wenn sie denn noch eine haben, nicht bis zum Renteneintrittsalter verrichten können. Die Statistik belegt das auch. Im Schnitt gehen die Menschen mit 63 Jahren in den Ruhestand.

Durchschnittsalter beim Renteneintritt
Quelle: Böckler-Boxen

Die willkürliche Erhöhung des Renteneintrittsalters war demnach kein richtiger Schritt, wie Slangen mal wieder gegen jedes Gebot der Sachlichkeit behauptet, sondern eine brutale Rentenkürzung, mit dem Ziel, die Menschen in die geldgeilen Hände der Privatvorsorge zu treiben. Doch zurück zum zynischen Satz. Der Zusatzjob ist genau das, was die FDP will. Es soll für die Unternehmen weiterhin möglich sein, ältere Menschen aus dem Arbeitsmarkt legal hinauszudrängen, um sie dann als billige Arbeitskräfte wieder einzustellen, damit sie ihre gekürzte Rente aufpolieren können und müssen. Asoziale Klientelpolitik ist das, nichts anderes.

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Die Chefsache Opel ist ja mal gründlich in die Hose gegangen

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Eigentlich fast wie auf Bestellung kommt die Nachricht von GM, dass Opel nun doch nicht verkauft werden soll. Ein Jahr nach dem vollmundigen Bekenntnis der Kanzlerin, Opel helfen zu wollen, steht sie und die Bundesregierung nun vor einem Scherbenhaufen. Erst die monatelange Verzögerungstaktik, um dann im Wahlkampf mit dem Thema ordentlich punkten zu können. Dann ein zu Guttenberg als Wirtschaftsminister, der beinahe zurück getreten wäre, weil er die Opel-Rettung nie wollte, sondern schon immer ein Fan der geordneten Insolvenz war, deren angeblich heilsame Wirkung für einen Neuanfang gerade am Beispiel Quelle sehr schön studiert werden kann.

Vergessen war auch schon wieder, dass die Einigung zwischen der Bundesregierung und GM vom Juni 2009 auf der Grundlage eines Memorandum of Understanding fußte, zu deutsch, einer Absichtserklärung. Für beide Seiten war somit ein toller Kompromiss zu Stande gekommen. Merkel und Steinmeier konnten im Wahlkampf die angebliche „Opel-Rettung“ auf ihre jeweiligen Fahnen schreiben. Und GM hatte es auch nach der Insolvenz in der Hand, wie mit Opel verfahren werden könne. Nun kommt es für die Opel-Beschäftigten knüppeldick. Der Autobauer GM, der sich in den USA gesund insolvenziert hat, plant nun ein radikales Steichkonzert. Rund 10.000 Stellen sollen wegfallen und Claudia Brebach kommentiert das heute in der Neuen Presse Hannover dann so…

GM bleibt die bessere Wahl

GM bleibt die bessere Wahl. Denn es hilft niemandem, allein nach dem Prinzip Hoffnung auf eine wackelige Zukunft mit Magna zu setzen. GM bietet nach seiner Insolvenz neue Stärke, hat finanzielle Potenz und mit Fritz Henderson einen Chef, der Opel wohl kaum niederwirtschaften will. Auch markttechnisch ist GM die bessere Wahl – weil die Amerikaner erfahrene Autobauer sind.

Die Opelaner müssen ihren Wert als Technologieschmiede jetzt selbstbewusst gegenüber der neuen alten Mutter vertreten. Trotzige Empörung ist da wenig zielführend.

Man kann sich ja darüber streiten, welche Lösung nun tatsächlich besser sei, doch eines sollte man sich verkneifen. Eine arrogante Bemerkung an die Adresse der Opelaner zu richten, die nicht erst seit einem Jahr immer wieder um ihre Jobs bangen müssen. Den Beschäftigten eine trotzige Empörung vorzuwerfen, wie Claudia Brebach das in ihrem letzten Satz macht, ist nicht nur zynisch, sondern auch ziemlich dumm. Denn Frau Brebach erkennt mal wieder nicht, wie mitten in der Krise international gepokert und erpresst wird. Das konnte sie schon bei den Banken nicht durchschauen und bei Opel nun noch weniger.

Der nach einer Riesenpleite in den Augen von Brebach immer noch erfahrene Autobauer GM sitzt nun am längeren Hebel. In Europa werden Regierungen und Opelstandorte nun erpressbar. Hinter Brebachs Aufforderung an die deutschen Opelaner den „Wert als Technologieschmiede“ herauszustreichen, steckt nicht weniger, als das immer gleiche anbiedernde Motiv, welches sich aus einer abartigen Vorstellung von Wirtschaft speist. Es geht nämlich gar nicht um irgendwelche Qualitäten, das ist Volksverdummung, sondern um Lohnverzicht und Zumutungen, die die Opelaner akzeptieren sollten, statt trotzig Empörung zu schieben. Nichts anderes meint Frau Brebach. Sie hätte ja auch zum Protest aufrufen können, angesichts des quälend langen Martyriums, das die Beschäftigten von Opel seit wenigstens einem Jahr zu ertragen haben. Der Frau Brebach scheint das aber völlig egal zu sein.

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Zu Guttenbergs angebliche Kehrtwende

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Bereits gestern hatte ich über das Bild-Zeitungs-Interview von zu Guttenberg berichtet. Und natürlich ist es so gekommen, dass die Neue Presse Hannover den Bild-Müll einfach übernimmt. Von „Kurskorrektur“ ist die Rede und davon, dass zu Guttenberg vom Krieg spräche. Ganz toll ist natürlich die Überschrift des Kommentars zum Thema „zu Guttenberg“ und nicht etwa zu Afghanistan, von „NP-Hardcore-Horst“ Horst Schmuda:

„Entschlossene Kehrtwende des Neuen“

„Nun haben wir einen Neuen, und dessen bekannte, lobenswerte Neigung, die Dinge deutlicher beim Namen zu nennen, hat in die regierungsamtliche Abwehrfront – um Himmels willen, redet nicht von Krieg – eine ziemliche Bresche geschlagen.

Zwar nähert sich auch zu Guttenberg nur scheibchenweise der Wahrheit, für die Soldaten sei es Krieg, aber er trifft damit das Herz der Truppe, weil es als Einleitung für den Kurswechsel in der Beurteilung des Einsatzes gelten kann.“

Zwei aufeinander folgende sich widersprechende Sätze, die einmal mehr zeigen, wie in diesem Land Meinungsmache betrieben wird. Wie kann man von Entschlossenheit eines Ministers faseln, wenn dieser sich nur scheibchenweise der Wahrheit nähert? Und nähert er sich überhaupt der Wahrheit? Zu Guttenberg spricht doch gar nicht vom Krieg, sondern von kriegsähnlichen Zuständen in Teilen Afghanistans. Sicher, im Begleittext aus dem PR-Büro Slangen & Herholz wird das zwar erwähnt, dennoch ist von Abrgrenzung zum Amtsvorgänger Jung die Rede. Dabei sagt zu Guttenberg nichts anderes. Die Bundeswehr führt keinen Krieg, sondern die Taliban. So hat das Jung auch immer gesagt. Es gibt also keine Kehrtwende, sondern vielmehr eine entschlossene Fortführung der Manipulationshaltung zu Guttenbergs.

Ob als Wirtschaftsminister oder neuerdings als „BE-kämpfungsminister“. Er bleibt der Liebling der Medien – egal wie seine Bilanz auch aussehen mag. Er hat Opel und Quelle überlebt, da werden ihm ein paar tote Soldaten mehr sicher auch nichts anhaben können. Denn laut Schmuda trifft zu Guttenberg das Herz der Truppe. So stirbt es sich sicherlich leichter. Einfach widerlich.

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Ein Jahr "Écrasez l’infâme!"

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Seit einem Jahr schreibe ich nun hier in diesem Blog. Am 3. November 2008 eröffnete ich noch fröhlich mit einem Beitrag „Der November rockt…„, in der Hoffnung, dass sich vielleicht mal was ändert. Damals konnte man noch mit einer gewissen Heiterkeit an die Verarbeitung des alltäglichen Wahnsinns herangehen. Heute aber weiß man schon gar nicht mehr, was man schreiben soll. So absurd ist die Realität inzwischen geworden.

Nehmen sie das Beispiel zu Guttenberg. Zum Nato-Bericht will er ja nix sagen. Da hat er erstmal jemanden mit beauftragt, den genau zu studieren. Dass die Bundesregierung Druck ausgeübt hat, was den Inhalt betrifft, sei’s drum. Zu Guttenberg hat Wichtigeres zu tun. Zum Beipsiel medienwirksam via Bild-Zeitung zu verkünden, was alle bereits wissen, nur die bisherige Bundesregierung nicht wahrhaben wollte.

„In Teilen Afghanistans gibt es fraglos kriegsähnliche Zustände“.
Quelle: Bild-Interview

Da werden jetzt aber wieder mit einem großen Nichts Punkte gesammelt und die staunende Öffentlichkeit klatscht reflexhaft Beifall, weil sie sich in ihrer wahrscheinlich unsicheren Annahme nun endlich bestätigt sieht.

Der Bundeswehrverband reagierte umgehend positiv auf Guttenbergs Äußerung. Verbandschef Ulrich Kirsch sagte der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Halle/Mittwoch): „Wir sind dem Minister sehr dankbar, dass er die Dinge beim Namen nennt. Dadurch wird der Ernst der Lage deutlich. Unsere Frauen und Männer, die täglich dort im Kampf stehen, sagen, das ist Krieg.“ Der „Leipziger Volkszeitung“ (Mittwoch) sagte Kirsch, Guttenberg sei „eine Chance für die Bundeswehr“. Der Minister zeige, “dass er den Puls der Truppe fühlt“. Dazu gehöre die Erkenntnis, „dass die Soldatinnen und Soldaten, die in Kundus jeden Tag im Kampf stehen, dabei Tod und Verwundung erleben und selber töten müssen, diese Situation als Krieg empfinden“.

Quelle: Focus

Geht’s noch? Aber lesen sie mal das Statement von zu Guttenberg im Wortlaut bis zum Ende.

„Ich will ganz offen sein: In Teilen Afghanistans gibt es fraglos kriegsähnliche Zustände. Zwar ist das Völkerrecht eindeutig und sagt: Nein, ein Krieg kann nur zwischen Staaten stattfinden. Aber glauben Sie, auch nur ein Soldat hat Verständnis für notwendige juristische, akademische oder semantische Feinsinnigkeiten? Und: Manche herkömmliche Wortwahl passt für die Bedrohung von heute nicht mehr wirklich. Ich selbst verstehe jeden Soldaten, der sagt: „In Afghanistan ist Krieg, egal, ob ich nun von ausländischen Streitkräften oder von Taliban-Terroristen angegriffen, verwundet oder getötet werde.“ Der Einsatz in Afghanistan ist seit Jahren auch ein Kampfeinsatz. Wenigstens in der Empfindung nicht nur unserer Soldaten führen die Taliban einen Krieg gegen die Soldaten der internationalen Gemeinschaft.“

Stabsunteroffizier der Reserve zu Guttenberg sagt ziemlich deutlich versteckt, dass die Bundeswehr in Afghanistan keinen Krieg führt, sondern nur die Taliban. Das hat vorher der Jung doch auch gesagt? Nur zu Guttenberg spielt sich als Schein-Intellektueller auf, der in die Niederungen des Alltagsverständnisses hinabsteigt und uns wie den Soldaten eigentlich sagen will, ihr seid alle einfach zu doof, um die juristischen, akademischen oder semantischen Feinsinnigkeiten auch nur ansatzweise zu kapieren. Es ist zwar kein Krieg, aber wenn euer Gefühl halt was anderes sagt, weil ihr nunmal im Gefecht nicht in der Lage seid, den deutlichen Unterschied zwischen schießenden regulären Feindstreitkräften und Taliban-Teroristen zu erkennen, hat von nun an keiner mehr was dagegen. Haften bleibt nun aber die große Geste des telegenen Politstars.

Ist das nun ein Paradigmenwechsel, wie die Bild-Zeitung behauptet und in ihrem Namen zahlreiche andere Medien wohl auch? Sicher nicht. Wie schrieb Egon W. Kreutzer doch so treffend in seinem letzten Paukenschlag:

Da ist er wieder, der windelweiche Abwäger und OPEL-Rettungs-Insolvenz-Prüfer Karl Theodor von und zu Guttenberg, der mit wohlgesetzten Worten solange alles sagt, was das Publikum daraus zu hören glaubt, bis die hinter den Kulissen herangepäppelte normative Kraft des Faktischen „alternativloses“ Regierungshandeln erzwingt – die Aufstockung des deutschen Truppenkontingentes in Afghanistan, zum Beispiel.

Und wie Kreutzer möchte ich im November 1 nach Start dieses Blogs sagen. Mich gruselt.

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Schwarz-gelber Sozialstaat bei Anne Will

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Gestern konnte man bei Anne Will sehr schön die hässliche Fratze der schwarz-gelben Sozialpolitik bestaunen. Ich hoffe, dass sich viele CDU und FDP Wähler die Sendung angeschaut haben. Am Widerlichsten war dabei der Vergleich der Kfz-Versicherung mit der gesetzlichen Krankenversicherung. Da fühlte man sich gleich an den Wahlkampf 2005 erinnert. Der FDP-Schmierlappen Martin Lindner und die CSU Frau Haderthauer reagierten auf einen Einspieler, in dem Autofahrer die Höhe ihre Kfz-Prämie nannten und provokativ gefragt wurden, warum sie denn nicht auch Geld in eine Krankenvericherung investieren würden.

Lindner und Haderthauer meinten dann auch unverblümt, dass derjenige, der viel Geld im Jahr für die Versicherung seines Autos übrig hat, auch einen Beitrag abführen könne, um sich selbst vor den Krankheitsrisiken abzusichern. Da fiel dann auch das zu Beginn geheuchelte Sozialausgleich-über-Steuern-Getue der beiden. Besonders amüsant fand ich Martin Lindners Argument. Der wollte doch den Zuschauern allen Ernstes weißmachen, dass das alte Bismarcksche Sozialsystem deshalb nicht mehr zeitgemäß sei, weil sich die Bevölkerungspyramide verändert habe. Zu Bismarcks-Zeiten hätte es viel mehr Jüngere Menschen gegeben, die mit 17 Jahren angefangen hätten zu arbeiten und weniger ältere Menschen, die mit 60 gestorben seien. Heute hätten wir dagegen eine Alterspyramide, die sich umdrehe. Darauf müsse man dann halt „radikal positiv“, wie er es selbstlobend nannte, reagieren.

Bei so einem wirren Scheiß von jemanden, der als bekennender, bereits einmal geschiedener, Katholik einmal vorschlug, ein Sitzrecht für Kirchensteuerzahler in Weihnachtsgottesdiensten zu gewähren, dreht sich mir der Magen um. Zu Bismarcks Zeiten muss es den Menschen ja richtig gut gegangen sein, weil die Bevölkerungspyramide so toll aussah. Aber nein, in dieser Zeit herrschte große Armut, es gab noch Kinderarbeit. Erst 1904 trat das Kinderschutzgesetz in Kraft, das gewerbliche Arbeit für Kinder unter 12 Jahren verbot. Und 60 Jahre alt wurden die damaligen Beitragszahler auch nicht, wie Märchenonkel Lindner uns erzählen will. Die meisten starben mit 40. Das Renteneintrittsalter lag unter Bismarck aber bei 70. Und eine Rente bekam nur der, der auch 30 Jahre eingezahlt hat, bei einer 60 Stunden Arbeitswoche.

Die Veränderung der Bevölkerungspyramide scheidet als Argument für eine Privatisierung der Sozialversicherung aus, weil nicht eine höhere Anzahl jüngerer Menschen im Vergleich zu den Alten entscheidend für das Generationensystem ist, sondern die Frage, wie viel von der volkswirtschaftlichen Leistung, ugs. Kuchen, verteilt wird. Wenn es aber dann so ist, dass sich Reichtum zunehmend in den Händen weniger ansammelt, während der Mehrheit Verzicht gepredigt wird, sollte man doch eher nach der wirklichen „Hirnverbranntheit“ der FDP fragen, als diesen gelben Versicherungsvertretern in ihrem „radikalen Zerstörungswillen“ auch noch freudig zuzujubeln. Angesichts der Wirtschaftskrise bleibt mir die Reaktion des Publikums ein Rätsel.

Aber sehen sie sich die Sendung selbst an.
http://daserste.ndr.de/annewill/videos/annewill1428.html

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Die Umsätze im Einzelhandel sinken auch im September 2009 deutlich um real 3,9%

Geschrieben von:

Von Januar bis September 2009 wurde im deutschen Einzelhandel nominal 2,6% und real 2,2% weniger als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum umgesetzt.

Quelle: destatis

Die Binnennachfrage geht immer weiter zurück. Dramatisch könnte man sagen. Doch das sehen nicht alle so. Die GfK zum Beispiel. Am Montag kommt sie für den September zu folgendem Ergebnis:

Konsumklima erhält nur leichten Dämpfer

Das Konsumklima hat im Herbst einen leichten Dämpfer erhalten. Sowohl die Einkommenserwartung als auch die Anschaffungsneigung müssen Einbußen hinnehmen. Die Konjunkturerwartung dagegen kann ihren Aufwärtstrend auch im Oktober fortsetzen.

Im Zuge sinkender Einkommenserwartungen muss auch die Anschaffungsneigung Einbußen hinnehmen. Ein Grund dafür ist sicher auch die Ende September ausgelaufene Abwrackprämie

Der von mir unterstrichene Satz lässt ja beinahe auf wissenschaftliches Fachwissen schließen. Doch gemach, gemach. Alles nur ein leichter Dämpfer. Die Neue Presse Hannover druckte am Dienstag, 27.10.2009 dazu folgenden Kasten ab.

Konsumklima_NP_27.10.2009

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