Noch einmal Afghanistan: Der Kommentar der Neuen Presse Hannover

Geschrieben von:

Auch die Neue Presse Hannover reagiert völlig überrascht auf die gestrigen Ereignisse. Claus Lingenauber kommentiert heute auf Seite 1.

„Neue Enthüllungen zeigen, dass der Christdemokrat, der vor der Wahl noch Verteidigungsminister war, besser über die tragischen Ereignisse von Kundus hätte informiert sein müssen. Schon einen Tag nach dem Bombenangriff auf zwei von den Taliban entführte Tanklaster, bei dem auch Zivilisten ums Leben gekommen waren, lag ein eindeutiger Bericht von deutschen Feldjägern vor. Doch Jung kannte ihn nicht – oder wollte ihn nicht zur Kenntnis nehmen. Beides wäre fatal – ein Offenbarungseid für einen verantwortlichen Politiker.“

Wie ich bereits gestern schon schrieb, sind die angeblichen Enthüllungen nicht das Interessante an der Geschichte, sondern die Frage, warum Springer gerade jetzt gegen die Bundesregierung schießt. Auch die Frage, warum Herr Jung eigentlich das Ressort wechselte, ist wieder hoch aktuell. Denn das deutet ja nun darauf hin, dass auch Frau Merkel mehr als im Bilde über die Vorfälle in Afghanistan war. Aber Herr Lingenauber will das gar nicht recht zur Kenntnis nehmen und begnügt sich einfach mit der Feststellung, dass Franz Josef Jung nur ein Proporzminister sei, der ansonsten keine fachlichen Qualifikation besitze.

„Zumal der Mann, dem das Wort Krieg nicht über die Lippen kommen wollte, von Beginn an eine krasse Fehlbesetzung war. Schließlich war er nicht wegen seiner Kompetenz dort gelandet, sondern aus Proporzgründen. Weil auch ein Hesse am Kabinettstisch sitzen musste. Selten wirkte jemand dort so deplatziert.“

Also wirklich schlecht, Lingenauber. Dass Hessen am Kabinettstisch sitzen müsse, ist ein wirklich dümmliches Argument und kratzt ja nicht mal an der Oberfläche. Franz Josef Jung sitzt dort, weil er Roland Koch nach dem Bekanntwerden des Spendenskandals der Hessen-CDU im Jahr 2000 einen Gefallen tat und als Chef der Staatskanzlei zurücktrat. Er rettete somit Roland Koch den Arsch, obwohl dieser mit illegalen Parteispenden, die er als jüdische Vermächtnisse deklarierte, den Wahlkampf 1998/99 bestritt. Zum Dank drängte Koch auf einen Kabinettsposten für Jung in der Regierung Merkel. Und die wiederum aktezptierte nur unter der Bedingung, dass der hessische Ministerpräsident bundespolitisch die Füße still hält. Dafür ärgert er ja jetzt das ZDF.

Solche wichtigen Informationen und Zusammenhänge sollte man als Journalist nicht unterschlagen. Dann müsste man nämlich auch nicht wieder so ahnungslos tun und beschreiben, dass Franz Josef Jung eine Fehlbesetzung war und deplatziert wirkte. Der Leser will da mehr wissen. Schließlich konnte doch Lingenauber auch ganz genau erklären, warum Andrea Ypsilanti nicht Ministerpräsidentin von Hessen werden durfte.

Nein, so geht das nicht. Aber das Beste ist ja wieder die Lobeshymne auf den Edel-Baron zu Guttenberg:

„Sein Nachfolger zu Guttenberg ist da von einem anderen Kaliber. Er räumt auf und vermittelt klare Positionen und Entschlossenheit. Mit Generalinspekteur Schneiderhan und Staatssekretär Wichert hat man inzwischen zwei Schuldige gefunden. Beide sind zurückgetreten.“

Auch hier stellt sich die dringende Frage, warum zu Guttenberg das Ressort wechselte. Sollte er mit seiner Popularität, die mit dem kürzlich absolvierten Besuch in Afghanistan und anhand medialer Bilder-Inszenierung noch einmal gesteigert wurde, die miese Vorstellung der Bundesregierung zu einem freudigen Abschluss bringen? Ich kann nur noch einmal daran erinnern, dass die Allzweckwaffe zu Guttenberg nicht das erste Mal zum Einsatz kam. Bereits in seiner Funktion als Wirtschaftsminister reiste er in die USA, um dann mit Hilfe von tollen Fotos der deutschen Öffentlichkeit und vor allem den Wählern zu suggerieren, der Fall Opel sei bei ihm in guten Händen.

Ich bin auch nicht bereit zu akzeptieren, dass zu Guttenberg über das Ausmaß des Luftangriffs bei Kunduz nicht informiert war. Er hat den immer noch geheim gehaltenen NATO-Bericht eine Woche lang durchgelesen und dann gesagt, dass das Verhalten von Oberst Klein angemessen war und dass es auch zu dem Luftschlag zwingend hätte kommen müssen, wenn die von zu Guttenberg kritisierten Verfahrensmängel nicht aufgetreten wären. Damit lehnte er sich noch weiter aus dem Fenster, als der gefeuerte Generalinspekteur Schneiderhan. Also, was wusste Guttenberg? Und im Zuge dessen Steinmeier, Merkel und die gesamte Bundesregierung? Warum hat die neue Bundesregierung und damit zu Guttenberg als Verteidigungsminister persönlich bei der NATO darauf gedrängt, dass eine Beurteilung des Luftschlags auf Grundlage des Untersuchungsberichts durch das NATO-Kommando zu unterbleiben habe? Wenn man aus dem Bericht nur den Schluss ziehen konnte, dass das Verhalten Kleins korrekt gewesen war, hätte es dafür doch keine Veranlassung gegeben.

Nein, zu Guttenberg musste die NATO zum Stillhalten bewegen, weil bereits klar war, dass Oberst Kleins Befehl zum Angriff, militärisch nicht zu rechtfertigen war. Die angeblich neuen Enthüllungen von gestern, konnte man so schon Ende Oktober lesen, als über den NATO-Bericht geschrieben wurde. Spiegel-Online schreibt zum Beispiel am 31.10.2009:

Der Nato-Bericht über den tödlichen Luftangriff auf zwei Tanklaster in Kunduz weist SPIEGEL-Informationen zufolge auf klare Fehler in der deutschen Operationsführung hin. Oberst Klein, Kommandeur des Wiederaufbauteams in Kunduz, habe sich nicht an das Standard-Einsatzverfahren, die sogenannten Standing Operation Procedures (SOP), gehalten.

So habe er die Luftunterstützung mit der Begründung angefordert, seine Truppen hätten Feindberührung, obwohl sich keine Isaf-Soldaten in der Nähe der Tanker aufhielten. Er habe es abgelehnt, als niedrigere Eskalationsstufe die F-15-Jagdbomber zunächst im Tiefflug über die Tanker fliegen zu lassen. Zudem sei es möglich, dass es angesichts der unübersichtlichen Lage nicht ausreichend war, sich auf eine einzige menschliche Quelle und die Live-Bilder der Luftunterstützung zu verlassen.

Doch erst gestern titelt Bild mit genau denselben Fakten und löst damit eine „Regierungskrise“ aus. Was steckt wohl dahinter? Soll zu Guttenberg geschützt werden und seine Rolle gefestigt? Claus Lingenauber schreibt es ja. Zu Guttenberg vermittle klare Positionen und Entschlossenheit. Ein Witz angesichts der Herumeierei im Fall Opel. Dennoch scheint zu Guttenberg momentan jedenfalls der Gewinner des Krieges an der Heimatfront zu sein.

1

Afghanistan: Bundesregierung ist der Lüge überführt. Warum erst und gerade jetzt?

Geschrieben von:

Für viele kritische Beobachter war längst klar, dass der durch den deutschen Oberst Klein befohlene Angriff auf einen Tanklastzug in Afghanistan am 4. September 2009 nicht nur zahlreiche zivile Opfer forderte, sondern auch unangemessen (verbrecherisch!) war, weil Oberst Klein die Lage vor Ort nie und nimmer hätte richtig einschätzen können, um einen derartigen Luftschlag militärisch rechtfertigen zu können. Nun ist kar, dass keine 24 Stunden später die Bundesregierung vollkommen im Bilde über den Vorgang gewesen sein musste. Die Regierung musste wissen, dass es viele zivile Opfer gab und dass ein deutscher Kommandeur ohne ausreichende Kenntnis der Lage einen verheerenden Bombenangriff befohlen hat, bei dem unschuldige Menschen, darunter auch Kinder zu Tode kamen. Die Bildzeitung bezieht sich heute auf einen entsprechenden Bericht und ein Video, die beide bis jetzt zurückgehalten wurden.

Nun ist aber überhaupt nicht interessant, dass die Wahrheit endlich ans Tageslicht gekommen ist, sondern vielmehr die Tatsache, dass sie so lange verheimlicht werden konnte und die Medien, allen voran Bild, brav mitspielten. Wieso greift gerade jetzt Springer die Bundesregierung an? Missfällt Friede Springer etwa die aktuelle Politik von Angela Merkel? Egon W. Kreutzer schreibt in seinem Blog:

„Dass die BILD-Zeitung fast drei Monate nach dem Bombenangriff auf zwei geraubte Tanklastzüge, fast zwei Monate nach der Wahl zum Deutschen Bundestag, mit der Meldung herauskommt, es hätte Beweise gegeben, schon am Tag danach, dass es (viele) zivile Opfer gab, mutet an, also ob der Dompteur in der Manege mit der Peitsche knallt, damit die störrische Löwin endlich wieder auf dem Sockel platz nimmt, der ihr zugewiesen ist.

Jetzt die Frage zu stellen, ob die Spitzen des Verteidigungsministeriums nicht informiert wurden, die Frage zu stellen, ob Franz Joseph Jung vielleicht doch etwas wusste, ist Schmierentheater.

Wir können sicher sein, dass die BILD-Zeitung ihr Regierungsbeeinflussungs- Pulver noch längst nicht verschossen hat und sollten darauf achten, welche Bewegung jetzt in die Steuer- und Arbeitsmarkt- und Finanzmarktregulierungs- und Klimaschutzpolitik kommt. Ich ahne, dass da eine neue „Chefsache“ auf uns zukommt.“

Übrigens teile ich auch Kreutzers Auffassung, dass das Verschweigen der klaren Informationen zu dem Vorfall in Kunduz ein Wahlgeschenk der Medien an die regierenden Kriegstreiber war, um zu verhindern, dass die einzige Partei, die den Einsatz in Afghanistan ablehnt, gerade weil ein Krieg immer wieder zivile Opfer fordert und darüber hinaus kein Mehr an Stabilität bringt, sondern eher das Gegenteil, keinen weiteren Zulauf erhält.

Im Übrigen rückt das auch die Rolle Steinmeiers im Wahlkampf in ein noch schlechteres Licht. Er hatte eine mögliche Zusammenarbeit mit der Linken vor allem immer deshalb abgelehnt, weil er deren Haltung zum Afghanistan-Einsatz für politisch unverantwortbar hielt. Er wusste mit Sicherheit auch mehr. Jedenfalls sind seine Forderungen nach einem Untersuchungsausschuss als scheinheilig zu bezeichnen. Die hessischen Linken machen es vor. Sie zeigten Franz Josef Jung kurzer Hand wegen Strafvereitelung im Amt an.

Doch auch den Neuen im Amt, Freigeist zu Guttenberg, sollte man nicht schonen. Ich erinnere noch einmal daran, dass der schwarze Baron dem „Red Baron 20“ (Codename von Oberst Klein) angemessenes Verhalten attestierte. Und das, nachdem sich Guttenberg eine Woche Zeit ließ, den immer noch geheimen Nato-Untersuchungsbericht genau zu studieren. Damals kritisierte er nur etwas an den formalen Einsatzregeln, die ihm „keine Tränen der Euphorie“ in die Augen trieben. Zum Luftangriff sagte er:

„Der Militärschlag war vor dem Hintergrund der gesamten Bedrohungslage militärisch angemessen.“

„Selbst ohne Verfahrensfehler hätte es zu einem Luftschlag kommen müssen.“

Quelle: Berliner Zeitung

Genau dasselbe sagte damals auch der heute auf angeblich eigenen Wunsch entlassene Generalinspekteur Schneiderhan. Ein Bauernopfer, wie mir scheint. Und wer tritt nun den Guttenberg zurück?

3

Rainer Brüderle sollte lieber wieder Weinfeste eröffnen

Geschrieben von:

Davon versteht er nämlich was. Zu seinem Stehvermögen beim Weinsaufen will ich jetzt aber mal nichts sagen, was gegen mich verwendet werden könnte. Aber mich beschleicht doch das Gefühl, als schaue der Bundeswirtschaftsminister manchmal etwas zu tief ins Glas. Ich kann mir nämlich nicht erklären, wie er auf dem Arbeitgebertag in Berlin dazu kommt, gerade jetzt via Rheinische Post die Abschaffung der Erbschaftssteuer zu fordern und eine Schuldenbremse für die Agentur für Arbeit gleich mit.

Sind dem Herrn Brüderle da ein paar Gedächtniszellen im Hirn abhanden gekommen oder versucht er Michel Glos in Sachen Fachkompetenz noch zu unterbieten? Denn wenn ich es recht in Erinnerung habe, hat gerade eben der Wirtschaftsminister seinem Amtskollegen im Arbeitsministerium zugestimmt, die ziemlich teure Kurzarbeitergeldregelung zu verlängern und damit politisch gewollt, das Defizit der Bundesagentur für Arbeit zu erhöhen. Wie kann man da nur eine Schuldenbremse für die Behörde fordern und den Eindruck erwecken, als hätte man mit der Ausgabenexplosion nix zu tun?

Bei der Erbschaftssteuer verstehe ich nun aber gar keinen Spaß mehr und erkläre den Minister einfach für einen Dummschwätzer, weil er dummes Zeug schwätzt. Die Erbschaftssteuer gehört zu den vermögensbezogenen Steuern. Diese Steuern tragen nur zu einem Anteil von 0,9 Prozent des BIP zum Gesamtsteueraufkommen bei. Wer das mal mit anderen Industriestaaten und dem OECD-Durcchschnitt vergleichen will, sollte sich folgende Grafik genau anschauen.

Anteil Vermögenssteuern
Quelle: NachDenkSeiten

Deutschland ist diesbezüglich eine Steueroase. Da hilft auch keine altbackene Schwachsinnsbehauptung, wonach Vermögen in diesem Land bereits x-mal versteuert worden sei. Das ist eine glatte Lüge. Die Zusammensetzung des realen Steueraufkommens ist aber nicht nur bei der Vermögensbesteuerung unsolidarisch. Das Steueraufkommen im Jahr 2008 setzte sich bei den beiden größten Einzelposten z.B. wie folgt zusammen. Aus der Einkommenssteuer rund 142 Milliarden Euro. Aus der Mehrwertsteuer 176 Milliarden Euro. Wo ist denn da die Steuergerechtigkeit? Könnte man nicht eher diese Verteilung des Steueraufkommens als ungerecht empfinden?

2

Meinungsmache: Wie Bodo Ramelow zum "Badboy" gemacht wurde

Geschrieben von:

In einem Brief an die NachDenkSeiten nimmt Bodo Ramelow Stellung zu den Vorwürfen, er hätte sich in eine Kampagne gegen den an Krebs erkrankten Oskar Lafontaine einbinden lassen. Sehr eindrucksvoll und ehrlich, wie ich finde, räumt er mit den von den Medien konstruierten Scheinsachverhalten auf. Im Zuge seiner Beschreibung der Ereignisse und insbesondere seiner Kontakte zu den Medien fällt ein Name, bei dem es klingelt. Dieter Wonka von der Leipziger Volkszeitung. Er ist wohl der mutmaßliche Auslöser der Kampagne, weil er Bodo Ramelow ganz gezielt missverstehen wollte.

Dieter Wonka ist der, der auf der Bundespressekonferenz Guido Westerwelle auf altgriechisch eine Frage stellen wollte, weil der sie auf deutsch nicht verstand oder verstehen wollte. Mit Unverständnis hätte Bodo Ramelow wohl letztlich auch reagieren sollen, um nicht Gefahr zu laufen, für eine bewusste Medienkampagne eingespannt zu werden. Sie können aber an den Schilderungen Ramelows sehr schön nachvollziehen, wie das mit der Meinungsmache in diesem Land funktioniert. Dieter Wonka ist im Grunde der Christoph Slangen der Leipziger Volkszeitung und die gehört zu 100 Prozent dem Madsack-Konzern, wie die Neue Presse Hannover auch. Insofern ist es kein Wunder, dass man sich die Bälle zuspielt, wie der Kommentar von Anja Schmiedeke vom letzten Donnerstag in der NP zeigt (siehe hier im Blog).

Auf eine Gegendarstellung können sie lange warten. Wie Bodo Ramelow abschließend schreibt, wird seine Richtigstellung der Ereignisse mit den Worten kommentiert.

„…,nach heftiger Intervention der Bundesspitze rudert Ramelow
zurück“

Ziel der Kampagnen bleibt es, die Linkspartei als streitenden Haufen darzustellen, der sich vor allem an der Person Oskar Lafontaine abarbeitet. Nur gegen Lafontaine sind im Endeffekt diese getarnten Angriffe gerichtet. Am letzten Donnerstag lautete die entsprechende Agenturmeldung in der Neuen Presse:

Linke streitet über Lafontaine-Nachfolge
Darunter findet sich dann ein Text mit Zitaten von Ramelow, die so eingesetzt worden sind, dass man annehmen musste, Ramelow fordere eine Führungsdebatte.

BERLIN. In der Linken ist Streit darüber entbrannt, ob über eine Nachfolge für den an Krebs erkrankten Parteichef Oskar Lafontaine diskutiert werden soll. Linksfraktionschef Gregor Gysi wies Überlegungen des Thüringer Linksfraktionschefs Bodo Ramelow zurück, die Partei müsse sich auf einen Wechsel vorbereiten. Lafontaine ging am Tag vor seiner Operation bei einer Rede in Saarbrücken nicht auf seine Erkrankung ein. Ramelow sagte der „Leipziger Volkszeitung“, die Partei müsse sich unabhängig von der Erkrankung ihres Vorsitzenden gezielt auf die Zeit nach Lafontaine vorbereiten: „Es muss sowieso ohne Lafontaine gehen. Das hat nichts mit seiner Krebsoperation zu tun.“ Zur Frage der Neubesetzung der Parteispitze sagte Ramelow: „Die neue Parteiführung sollte aus einem Ost- und einem West-Vertreter, aus einem Mann und einer Frau bestehen.“ Gysi sagte zu Ramelows Überlegungen: „Herr Ramelow kann ja über alles nachdenken. Aber das ist eine Frage, die mich im Augenblick ehrlich gesagt nicht sonderlich bewegt.“ Am Dienstag war bekannt geworden, dass Lafontaine sich einer Prostatakrebs-Operation unterziehen muss.« afp/dpa»

In seiner Klarstellung schreibt Ramelow:

„Zu diesem Zeitpunkt hatte ich eine Anfrage von Herrn Wonka von der Leipziger Volkszeitung, der am Montag, 16. November, über sein Büro ein entsprechendes Interview mit mir vorvereinbart hatte. Dieses Interview markiert Auffassungen von mir, die ich schon Wochen vorher öffentlich immer wieder geäußert habe. Dazu gehört insbesondere die Unterstützung für Oskar Lafontaine zum Vorschlag, in der Parteispitze eine Doppelspitze zu installieren. Darüber hatte ich persönlich mit Oskar gesprochen und im Gegensatz zu vielen ostdeutschen Landesverbandsvertretern bin ich ein vehementer Befürworter der Doppelspitze.

In diesem Zusammenhang ist von mir der Satz gefallen, dass der Vorschlag von Oskar sehr klug gewählt ist, ich ihn sehr unterstützenswert finde, weil damit von ihm ein geordneter Generationswechsel über einen längeren Zeitraum ermöglicht wird. Ich habe auch darauf hingewiesen, dass ein Generationswechsel auf diese Art zeigt, wie Oskar Lafontaine denkt und wie gut es uns tun würde, diese Debatte jetzt offensiv in der Partei zu führen. Das habe ich vor der Krebsdiagnose geäußert und mit wenig Mühe wird man diese Texte von mir in einer Reihe von Zeitungen und meinem längeren Interview im Tagesspiegel nachlesen können.“

Kurzum: Ramelow hat vor Bekanntwerden der Krebserkrankung Lafontaines in Interviews immer wieder gesagt, dass er die Haltung Lafontaines teile, dass die Parteiführung auch in Zukunft mit einer Doppelspitze aus Ost und West und am besten in der Form Mann Frau bestückt sein sollte. Mehr nicht. Was Wonka und die Medienmeute nach Bekanntwerden der Krebserkrankung nun aus den Statements gemacht haben, ist eine perfide und stillose Angelegenheit.

Das muss man sich mal vorstellen. Dieter Wonka ruft am Mittwoch, den 18.11.2009, bei Ramelow an und lässt sich ganz bewusst die bisher getätigten Aussagen zur Doppelspitze noch einmal bestätigen. Und am nächsten Tag erscheint dann die Schlagzeile über eine angeblich stillose Nachfolgedebatte innerhalb der Linkspartei, ausgelöst durch Aussagen von Ramelow, die lange vor Bekanntwerden der Krebserkrankung und in Übereinstimmung mit der Position Lafontaines gemacht worden sind. Ist das nicht verrückt?

Für die offene Schilderung der Vorgänge muss man Bodo Ramelow wirklich dankbar sein. Selten bekommt man so konkrete Einblicke in die schmutzige Welt hinter der publizierten Wirklichkeit. Aber das kennt man ja bereits von Ramelow. Er hat ja auch das Protokoll der letzten Sondierungsrunde mit der SPD in Thüringen veröffentlicht, nachdem die Sozialdemokraten eine sehr eigene Wahrnehmung der Realität verbreiten wollten. Die Matschbirne Matschie stand dann auch sehr ertappt da.

5

Die Zahl des Tages bei der Neuen Presse Hannover

Geschrieben von:

Die Neue Presse Hannover päsentiert jeden Tag eine Zahl und eine kleine Geschichte dazu. Diesmal geht es um die Neue Presse selbst. 5 430 000 lautet die Zahl des Tages.

5 430 000 Treffer landet man bei Google in 0,12 Sekunden, wenn man den Begriff „Neue Presse Hannover“ bei der Internet-Suchmaschine eingibt. Dabei verzeichnet unsere Website Zugriffe aus der ganzen Welt – von Hannoveranern, die sich auch aus dem Ausland über ihre Heimat informieren wollen. Gestern waren sogar Besucher von den Kaiman-Inseln, aus Grönland und Vietnam auf unserer Homepage «neuepresse.de».

Zahl des Tages

Das ist natürlich nicht ganz richtig. Wenn man bei google die Worte Neue Presse Hannover hintereinander eingibt, erreicht man durchaus diese hohe Trefferzahl. Dabei spielt es aber keine Rolle, ob die gesuchten Wörter unter den Suchtreffern in der, von der Neuen Presse suggerierten, Reihenfolge stehen. Es kann also auch sein, dass Seiten gefunden werden, in denen Neue, Presse und Hannover irgendwo im Text vorkommen und mit der Neuen Presse an sich nix zu tun haben.

Richtigerweise setzt man einen Begriff, der aus mehreren Wörtern besteht daher in der google-Suchmaske in Anführungszeichen. Damit weist man die Suchmaschine an, nur diesen kompletten Begriff im Internet zu suchen. Und siehe da, schon reduziert sich die Anzahl der Treffer auf 9700. Übrigens steht der tautenhahn.blog dann bereits auf der ersten Seite an neunter Stelle. :p :p :p :D

1

Annette Schavan und ihr Bildungs-Riester oder Meinungsmache, wie Botschaft B die Botschaft A transportiert

Geschrieben von:

Gestern staunte ich nicht schlecht, als Bundesbildungsverweserin Annette Schavan mit dem Vorschlag aufwartete, privates Sparen für die Ausbildung der Kinder staatlich fördern zu wollen. In nahezu allen Medien kam dann folgende Meldungskonstruktion.

Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) will die Förderung von Studenten aus einkommensschwachen Haushalten langfristig um ein Bildungssparen ergänzen, vergleichbar der Riester-Rente oder dem Bausparen.

Weil, so die Ministerin, sich gezeigt habe, dass solche Modelle in der Praxis gut funktionierten. Also Botschaft B ist die Ankündigung in Sachen Bildung etwas tun zu wollen, weil man die Probleme erkannt zu haben scheint. Doch diese Botschaft B dient nur einem Zweck, die Botschaft A, dass nämlich staatlich gefördertes privates Sparen wie die Riester-Rente ein Erfolgsmodell sei, zu transportieren.

Dabei ist genau das Gegenteil richtig. Die staatlich geförderte Riester-Rente ist ziemlich deutlich gescheitert, vor allem auch deshalb, weil einkommmensschwache Haushalte nichts vom Ersparten im Alter haben werden, da die Riester-Rente mit der Grundsicherung verrechnet wird.

4

Die Vorbereitungen zur neuen Kaufrauschkampagne laufen an

Geschrieben von:

Es wird langsam weihnachtlich, finden jedenfalls die Klimaforscher der GfK und haben mal wieder rumgefragt, wie viel Geld die Deutschen für Geschenke dieses Jahr ausgeben wollen. Also ich kann mich da jetzt noch zurückhalten, aber nicht die Medien, die dringend wieder eine positive Schlagzeile gegen die Krise setzen wollen.

Die Welt am Sonntag titelt mal wieder:

Weihnachten kennt keine Krise

GfK-Umfrage für die „Welt am Sonntag“: Die meisten Deutschen wollen nicht an den Geschenken sparen.

Unter dem Christbaum wird in zwei von drei Haushalten von der Wirtschaftskrise nichts zu spüren sein: Fast 60 Prozent der Deutschen wollen für Weihnachtsgeschenke in diesem Jahr ebenso viel Geld ausgeben wie 2008. Dies ergab eine exklusive Umfrage des Marktforschungsunternehmens GfK für die „Welt am Sonntag“. Sieben Prozent planen sogar, trotz der Krise tiefer in die Tasche zu greifen, während 26 Prozent der Geschenkekäufer diesmal sparen wollen. Insgesamt zeigen sich die Männer spendabler als die Frauen.

Dass zwei Drittel der Befragten trotz der Serie von Negativschlagzeilen aus der Wirtschaft und Sorgen um den Arbeitsplatz zumindest nicht weniger in die Päckchen unterm Weihnachtsbaum investieren wollen, dürfte den krisengeschüttelten Händlern wie Glockengeläut in den Ohren klingen.

Diese Jubelmeldung ist in doppelter Hinsicht schwachsinnig. Erstens kann man auf die Messungen der GfK getrost verzichten, weil die nur Absichten feststellen und keine real verwertbaren Daten messen und zweitens könnte man die Jubelaussage, dass die Menschen mindestens so viel ausgeben wollen, wie letztes Jahr, mal mit den realen Zahlen vom letzten Weihnachtsgeschäft vergleichen.

Das statistische Bundesamt ermittelte für den Dezember 2008 folgende Daten:

Im Dezember 2008 erzielte der Einzelhandel in Deutschland nominal 0,6% mehr und real 0,3% weniger Umsatz als im Dezember 2007.

Insgesamt sanken die Umsätze im Jahr 2008 real um 0,4 Prozent gegenüber 2007. Damals titelte die Welt zum Weihnachtsgeschäft ähnlich euphorisch, Grund war ebenfalls eine wirklichkeitsfremde Klimamessung der GfK:

Die Deutschen sind immun gegen Rezessionsangst

Ich berichtete in diesem Blog letztes Jahr unter anderem hier.

1

Die Kampagne gegen Lafontaine geht weiter

Geschrieben von:

Es ist schon bemerkenswert wie heute Anja Schmiedeke ihren Kommentar in der Neuen Presse Hannover überschreibt:

„Eine stillose Nachfolge-Debatte“

Es ist ja erst zwei Tage her, als die Neue Presse selbst recht stillos den Boulevard-Scheiß über eine angebliche Liaison Lafontaines mit Sahra Wagenknecht auf Seite 1 abdruckte (siehe hier im Blog). Nun also mokiert sich die Redaktion über die in der Linkspartei entbrannte Debatte über die Nachfolge Lafontaines, falls dieser nicht mehr zurückkehren sollte. Nur zur Info für Frau Schmiedeke. Lafontaine selbst hat in seiner Presseerklärung klar mitgeteilt, dass seine politische Zukunft vom Ausgang der Operation einerseits und von der Prognose der behandelnden Ärzte andererseits abhinge. Dass sich nun Bodo Ramelow öffentlich darüber Gedanken macht, wer Lafontaine nachfolgen könnte, ist nicht weniger stillos als bei jenen Führungsdebatten anderer Parteien.

Ich kann mich zum Beispiel nicht erinnern, dass die Neue Presse Hannover den mutmaßlichen Abgang Kurt Becks am Schwielowsee als stillos bezeichnet hätte. Wenn ich mich recht entsinne, wurde das sogar gefeiert und die Rückkehr Münteferings mit Applaus begrüßt. Aber zurück zur Linken. Durch Ramelows Vorstoß findet nun wieder allerhand Kaffeesatzleserei statt. Anja Schmiedeke meint:

„Man mag den Vorstoß stillos finden, er ist aber auch verblüffend ehrlich. Er verrät, wie groß die Unzufriedenheit mit dem dominanten Vorsitzenden trotz seiner Wahlerfolge sein muss. Im Osten stieß Lafontaines Fundamentalopposition zuletzt so manchem Landespolitiker auf. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass Lafontaine versucht haben soll, die rot-rote Koalition in Brandenburg zu verhindern. Grund: Die Linke solle nicht Mitschuld tragen an Personalabbau, sich also nicht beschädigen durch unsoziale Maßnahmen.

Das sehen viele Ost-Linke anders. Sie übernehmen seit Jahren Verantwortung, angefangen in den Kommunen, bis hin zu den Landeskabinetten. Und sie wollen wie Ramelow wieder stärker im Erscheinungsbild der Linken vorkommen.“

In diesem Absatz findet die alte Kampagne gegen Lafontaine ihre Fortsetzung. Lafontaine selbst hat zu der Kampagne gegen ihn am vergangenen Donnerstag in der Berliner Kulturbrauerei bei einer Podiumsdiskussion mit Hans-Ulrich Jörges (Chefredakteur Stern) und Albrecht Müller (NachDenkSeiten) und der Moderatorin Sabine Adler vom Deutschlandfunk Stellung bezogen und gesagt, ich zitiere:

„Wenn linke Parteien auftreten, in welcher Form auch immer, dann werden sie in der jetzigen Öffentlichkeitsstruktur wie folgt bearbeitet. Wer jetzt linke Positionen vertritt, also ein Linker in meinem Sinne ist, der ist unvernünftig, ein Spinner, ein Populist oder ein Fantast. Wer sich anpasst, also aus diesen Parteien und die herrschende Lehre vertritt, ist vernünftig, der ist Reformer, der ist gut. Also der ist auf den Boden der Tatsachen.“

Genau diesen von Lafontaine richtig beschriebenen Mechanismus der Zuschreibung von guten und bösen Linken, unternimmt auch Anja Schmiedeke, indem sie mal wieder Ost und West gegenüber stellt. Insbesondere Bodo Ramelow wird seit geraumer Zeit die Rolle des Reformers innerhalb der Linken zugeschrieben. Das ist wirklich witzig und absurd zugleich, weil Bodo Ramelow bisher immer als derjenige Linke galt, dem man eine verfassungsfeindliche Haltung nachsagte und ihn deshalb auch durch den Verfassungsschutz überwachen ließ. Darüber hört man in letzter Zeit komischerweise nix mehr. Ramelow ist auch kein klassischer Ostpolitiker, sondern stammt aus Niedersachsen und Hessen. Er trat erst 1999 der PDS bei und wurde dann in den thüringischen Landtag gewählt.

Dass es sich hierbei um eine gewandelte Kampagnenstrategie handelt, können sie sich sehr schön an der Gegenüberstellung von Linke-Ost und Linke-West verdeutlichen. Während man ja in Hessen Horden kommunistischer SED-Altkader vermutete, die niemals an der Regierung in Wiesbaden hätten beteiligt werden dürfen und mit Wortbruch schon mal gar nicht, habe sich die Linke im Osten seit neuestem zu einer modernen Reformpartei entwickelt. Mit dem so produzierten Widerspruch lässt sich viel besser Meinung machen, als mit der schon übel riechenden Rote Socken Kampagne von vorvorgestern, die ohnehin keinen mehr beeindruckt hat.

Das gleiche wurde ja auch mit dem ehemaligen Europaabgeordneten André Brie versucht, den man gegen Lafontaine als vernünftigen reformerischen Linken in Stellung gebracht hat. Auch hier ist das eigentlich nicht zu verstehen wenn man sich vor Augen hält, dass André Brie seit 1969 SED-Mitglied und wissenschaftlicher Berater einer DDR-Delegation war. Medien wie der Neuen Presse Hannover geht es also nach wie vor darum, Lafontaine mit allen stillosen Mitteln zu bekämpfen, weil sie in ihm die größte Gefahr für den Bestand der herrschenden Verhältnisse sehen. Da wird sogar noch weiter geschossen, obwohl sich Lafontaine aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr wehren kann.

1

Wie mit unscheinbaren Meldungen die öffentliche Meinung manipuliert wird

Geschrieben von:

Diesmal zum Thema elektronische Gesundheitskarte. Zu Beginn des Monats wurde ja bekannt, dass der neue Gesundheitsminister Philipp Rösler, entgegen des FDP-Wahlversprechens, die Gesundheitskarte stoppen(!) zu wollen, diese nun doch passieren lassen würde. Zwar mit Einschränkungen wie es hieß, aber die bezogen sich auf einen Verzicht der Aktivierung von entsprechenden Funktionen, die mit der neuen Karte möglich sind, wie die Online-Funktion, mit der Dritte auf die gespeicherten Daten zugreifen könnten. (Ich berichtete hier im Blog darüber)

Seit zwei Wochen ruhte das Thema. Wahrscheinlich haben die PR-Agenturen getagt und sich überlegt, wie sie aus dem Bruch des Wahlversprechens doch noch einen Erfolg für Rösler machen können. Und die Lösung war ganz simpel. Man behauptet einfach, Rösler hätte die Gesundheitskarte gestoppt. So lese ich das zum Beispiel in einer Meldung der Neuen Presse Hannover von heute.

Rösler stoppt Gesundheitskarte

Man beachte den Satz, Rösler verhänge über die anderen Funktionen, die zweifelsfrei auch mit der Rösler-Karte gehen würden, ein „unbefristetes Moratorium“. Damit hat er doch nichts verhindert oder gestoppt, sondern nur ausgesetzt bzw. aufgeschoben. Aktivieren kann man die Funktionen immer noch. Lassen sie sich nicht verarschen. ;)

1

Schmierenjournalismus

Geschrieben von:

Es war abzusehen, dass der dümmlich bis dämliche Schmierenjournalismus gegen Oskar Lafontaine irgendwann einmal die Quittung serviert bekommt. Als das, pardon, Arschloch Helmut Markwort angefangen hat, über eine vermeintliche Liaison zwischen Lafontaine und Sahra Wagenknecht zu witzeln und sich die Geschichte zwischen Spiegel und FAZ schließlich hochzuschaukeln begann, dürften dann heute zahlreiche Blätter diesen Boulevard-Stuss ebenfalls abgedruckt haben. Nicht zuletzt auch deshalb, weil das PR-Büro Slangen & Herholz einen entsprechenden Beitrag für Seite 1 lieferte. In der Neuen Presse Hannover sah das dann so aus.

Lafontaine-Wagenknecht

Und all das nur, um dem Rückzug aus der Bundestagsfraktion einen negativen Grund zuschreiben zu können. Paranoid ist das. Allein schon der Anlass ist ein Witz. Immerhin ist Lafontaine noch Parteivorsitzender und hat entschieden, nicht mehr der Fraktion vorzustehen. Wo ist da das Problem? Als Stoiber 2002 und 2005 seinen Leichtmatrosenschwanz einzog und sich nach Bayern verpisste, ist von diesen Qualitätsjournalisten auch keiner auf die Idee gekommen, daraus eine Hetzkampagne zu machen.

Dieser selbstgerechte Medienzirkus kotzt einen nur noch an. Vor allen Dingen spricht das mal wieder Bände. Die schreibende Berliner Schleimer- und Schmierenfraktion scheint genau zu wissen, mit wem Lafontaine ein Verhältnis haben könnte, aber nicht, dass er wegen einer ernsten Krankheit behandelt werden muss. Schämen sollten sich diese Vollidioten. Alle miteinander.

_________________________________

Siehe auch den Spiegelfechter…
http://www.spiegelfechter.com/wordpress/1171/wenn-der-spiegel-mit-dem-oskar-und-der-sahra-%E2%80%A6

4
Seite 35 von 55 «...1020303334353637...»