Jörg Asmussen klettert weiter nach oben

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Nachdem Jens Weidmann neuer Bundesbankpräsident werden soll, ist an Merkels Seite, sozusagen im Beratergremium der Staatsratsvorsitzenden, ein Plätzchen freigeworden. Dort darf nun Jörg Asmussen, der zündelnde Feuerwehrmann vor und während der Finanzkrise, Platz nehmen und, wie es heißt, Sherpa spielen.

Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen soll nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel neuer Verhandlungsführer von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Gruppe der 20 größten Industrie- und Schwellenländer (G20) werden. Der Sozialdemokrat solle diese „Sherpa“ genannte Funktion mindestens bis Ende Juni ausüben, und die Chancen auf eine Verlängerung stünden nicht schlecht, hieß es in dem Vorabbericht weiter.

Die Position ist besonders sensibel, weil dafür ein enges Vertrauensverhältnis zur Regierungschefin nötig ist. Merkels bisheriger Wirtschaftsberater und Sherpa Jens Weidmann wechselt an die Spitze der Bundesbank. Eine Regierungssprecherin sagte zu der Personalie am Samstag auf Anfrage, es gebe keine Festlegungen. Dass Merkel ausgerechnet einen SPD-Mann für den Posten ausersehen haben soll, dürfte ihr in den eigenen Reihen nicht nur Zustimmung einbringen. Besonders in der Unionsfraktion gibt es Vorbehalte gegen den Spitzenbeamten, der schon für die SPD-Finanzminister Hans Eichel und Peer Steinbrück arbeitete.

Quelle: Süddeutsche

Ich frage mich nur, warum die Süddeutsche und alle anderen wahrscheinlich auch davon sprechen, dass Asmussen für Merkel arbeiten wird bzw. für Steinbrück und Eichel und übrigens auch für Schäuble gearbeitet hat? Asmussen ist doch der, der die Sätze aufschreibt, die Eichel, Steinbrück, Schäuble und Frau Merkel vortragen dürfen. Es ist also gerade umgekehrt. Alle arbeiten für Asmussen, einen Beamten im Hintergrund, der bestimmt, wo es langgeht und der über eine exzellente Vernetzung in die Finanzwirtschaft verfügt.

Zurecht ist in dem Artikel von der Zusammenarbeit mit Jens Weidmann die Rede. Die kommt nicht von ungefähr und ergibt auch nur dann wirklich Sinn, wenn man weiß, dass der scheidende Bundesbankpräsident Axel Weber akademischer Lehrer der beiden war.

Insofern bleibt im Prinzip alles so wie es war. Es hat sich nichts geändert, außer dass mit Axel Weber jemand von Bord gegangen ist, der jetzt in der Privatwirtschaft richtig Kasse machen will.

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Zu Guttenberg: Pflege einer falschen Wahrnehmung

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Die Causa zu Guttenberg überstrahlt inzwischen alles. Es ist natürlich richtig, den Finger immer wieder in die Wunde zu legen und darauf hinzuweisen, dass es nur noch darum geht, hier einen Betrüger im Amt zu halten, weil er den Herrschenden gleichwohl die Macht erhält. Inzwischen geht das Ganze soweit, dass die scheinbare Beliebtheit des Ministers, jeder misst sie dieser Tage und behauptet, sie auch gemessen zu haben, das einzige ist, was noch als Argument für den Verbleib zu Guttenbergs in der Regierung angeführt wird. Alles andere, das unstreitig gegen ihn spricht, soll mit Verweis auf die Beliebtheit außer Kraft gesetzt werden. Aber das kann weder Anspruch sein, noch zur Realität in einer Demokratie werden, die klare Regeln gegenüber jedermann vorgibt und nicht unterscheidet zwischen denen, die sie unter Sanktionsandrohung zu befolgen haben und jenen, die sie offenkundig brechen dürfen, weil sie einer scheinbar höheren Aufgabe dienen.

Der Betrüger und Hochstapler Karl-Theodor zu Guttenberg muss bestraft werden. So einfach ist das. Alles andere ist nicht hinnehmbar.

Aber was ist mit den Medien? Mit Ausnahme der Springerblätter sind sie alle plötzlich auf erfrischende Distanz zu Herrn zu Guttenberg gegangen. Warum? Weil der Vorwurf des Betruges nicht mehr zu leugnen ist? Weil zu Guttenberg die Hauptstadtpresse als Teil seiner Verteidigungsstrategie zum Feind erklärt hat? Oder weil die Journalisten endlich aufgewacht sind und ihre Aufgabe als Kontrolleure politischer Entscheidungsprozesse wiederentdeckt haben?

Ich kann mich noch gut daran erinnern, als zu Guttenberg die Bildfläche betrat und sämtliche Medien in den Chor einstimmten, hier sei ein großer Könner und Lenker aufgetaucht. Wer erinnert sich zum Beispiel noch an die Geschichte mit dem falschen Vornamen „Wilhelm“? Alle haben sie damals voneinander abgeschrieben und nicht bemerkt, dass die Quelle (wikipedia) eine Fälschung war. Schlimmer als das war aber, dass es chic war, zu Guttenbergs Vornamensalat als Meldung zu verkaufen, anstatt darüber zu berichten, welche Fehlleistungen er schon damals in Funktion des Wirtschaftsministers zu verantworten hatte.

Damals schrieb ich hier:

Zu Guttenberg ist ein Produkt von permanenter öffentlicher Präsenz. In den letzten Wochen guckte mich das Gesicht von mindestens ein Dutzend Titelseiten an. Überall Interviews und großzügiger Platz in den Gazetten dieses Landes. Was war wohl zuerst da. Die Henne oder das Ei? Dass man derart über die Tatsache hinwegschreitet, dass zu Guttenbergs Zustimmung vor allem ein Ergebnis der eigenen PR-Arbeit für ihn ist, kann man ja noch verstehen. Aber dass man nicht mal mehr in der Lage zu sein scheint, die Fakten zu betrachten, stimmt sehr ängstlich.

Noch immer wissen die Opelaner nicht wie es weitergeht. Es wird gerade wieder geprüft im Bundeswirtschaftsministerium. Vergessen scheint auch bereits das Fotoshooting in New York. Außer mit einem aufpolierten Image kam zu Guttenberg mit absolut gar nichts zurück.

Anlass der Hochjubelei durch die Medien waren natürlich die Zustimmungswerte in der Bevölkerung. Platz 1 für den Nichtskönner. Damals noch ein Beleg für Qualität und den Rückschluss darauf, gute Politik abgeliefert zu haben. Seltsamerweise hat diese falsche Einschätzung der politischen Arbeit zu Guttenbergs auch durch die aktuelle Plagiatsaffäre keinen Schaden genommen.

Selbst die inzwischen gegen zu Guttenberg eingestellte Öffentlichkeit unterscheidet zwischen einem Guttenberg, der sich als wissenschaftlicher Betrüger für politische Aufgaben disqualifiziert hat und einem zu Guttenberg, der angeblich gute Arbeit als Minister verschiedener Merkel-Regierungen abgeleistet hat.

Dass Frau Merkel um diese öffentlich betriebene Unterscheidung weiß und sich diese zunutze machte, als sie davon sprach, mit zu Guttenberg keinen wissenschaftlichen Mitarbeiter eingestellt zu haben, sondern einen, der gut Ministern könne, ist, ganz objektiv betrachtet, nur eine logische Fortsetzung einer falschen Wahrnehmung der Person zu Guttenberg.

Die Kritik an zu Guttenberg hätte es schon viel früher geben und mit einer Rücktrittsforderung verbunden werden können. Allein die Medien waren nachsichtig und wie berauscht vom künstlichen Glanz einer Person samt Frau, die auf dem Höhepunkt ihrer Beliebtheit als „fabelhafte Guttenbergs“ betitelt den Probelauf für’s Kanzleramt üben durften.

Vergessen waren Kunduz, die entlassenen Generäle, Opel, Karstadt, die angeblichen Erfahrungen aus der Wirtschaft oder auch die Taliban.

Wer erinnert sich noch an zu Guttenbergs Satz

„Ich kenne niemanden, der je einen vernünftigen Taliban getroffen hätte.“

…und daran, dass derselbe Mann, nachdem die Amerikaner ihre Haltung zu den Taliban geändert hatten, seine Strategie auch änderte, um fortan zu behaupten, mit gemäßigten Taliban nun sprechen zu wollen?

Wenn Guido Westerwelle der erste Versuch einer Handpuppe deutscher Konzerne und bestimmter Interessen ist, welche immer die Meinung des Armes vertritt, der gerade hinten im Loch steckt (Hagen Rether), dann ist zu Guttenberg die gelungene Weiterentwicklung. Bei Westerwelle merkt man nämlich wenn der Arm hinten gewechselt wird, bei zu Guttenberg ist der Zuschauer vom strahlenden Image der Person derart abgelenkt, dass ihm der Austausch gar nicht mehr auffällt.

Insofern gilt es, etwas gegen die Blockade der Wahrnehmung zu unternehmen und zu zeigen, dass die Regierungspuppen hinten ganz große Löcher haben, die für die Penetrationsstrategien der deutschen Wirtschaft weit geöffnet sind.

Um nichts anderes geht es auch bei der Causa zu Guttenberg. Der Umbau der Bundeswehr in eine Söldnertruppe, die bei Bedarf die Handelsinteressen der deutschen Wirtschaft überall auf der Welt schützt und verteidigt, sogar dort, wo heute noch Packeis ist, ist das Ziel des nach wie vor beliebtesten Politikers Deutschlands.

Der Mann beklagte sich jüngst darüber, dass es außer Fußnoten in einer Doktorarbeit, anscheinend nichts Wichtigeres gäbe, mit dem sich die veröffentlichte Meinung derzeit beschäftigen wolle. Dabei sind es genau diese Fußnoten, die eindrucksvoll zeigen, wie unecht die ganze Person zu Guttenberg ist. Wenn man nur endlich damit auffhören würde, in ihm jemanden zu sehen, der einen guten Job als Politiker erledigt hätte, wäre die Einbildung als solche auch für jene erkennbar, die bisher an das Märchen einer Hetzjagd glauben mögen.

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Zu Guttenberg und Bild, keine Verschwörung, sondern bloß Geschäft

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Politikberater und Ex-Chefredakteur der Bild am Sonntag Michael Spreng im Interview mit dem Deutschlandradio Kultur über zu Guttenberg und die Bild-Zeitung:

„Es ist eine Win-win-Situation. Guttenberg hat sich selbst immer gut verkauft, und mit Guttenberg verkauft man gut. Schlagzeilen mit Guttenberg verkaufen sich besser als Schlagzeilen über Thomas de Maizière, das liegt auf der Hand. Ein ähnlicher Mechanismus ist ja auch zu beobachten nicht nur bei der „Bild“-Zeitung, sondern auch bei bunten Blättern, den Yellow-Blättern und der „Bunten“, die ja auch wahre Guttenberg-Festivals gefeiert haben.“

Es geht eben nur ums Geschäft und nicht um Verschwörungen. Ich hatte bereits hier und hier darauf hingewiesen. Man darf aber nicht den Fehler machen und annehmen, Bild und zu Guttenberg wären gleichberechtigte Partner. Guttenberg bleibt, wie Georg Schramm es einmal sehr trefflich formulierte, nur ein Furunkel am Gesäß des Bösen. Denn für den Chef des Springerkonzerns Döpfner gilt das Prinzip: Wer mit ihr (gemeint ist die Bild) im Aufzug nach oben fährt, der fährt auch mit ihr im Aufzug nach unten. Diese Entscheidung muss jeder für sich selbst treffen (siehe BILDblog).

Und Guttenberg fuhr auch nach unten als Bild die Bundeswehraffäre in drei Akten zum Thema machte. Aber das ist schon Geschichte. Denn wie Guttenberg dem gefeuerten Kapitän der Gorch Fock aus geöffneten Feldpostbriefen von Soldaten aus Afghanistan vorliest, die sich gegenseitig mit der Waffe aufs Korn nehmen, werden wir aus der Bild nicht mehr erfahren.

Dafür wird es im Springer-Blatt exklusive Werbung des Verteidigungsministers geben, natürlich finanziert aus Steuermitteln, bei der es um eine Kampagne zur Anwerbung neuen Kanonenfutters für die ausgesetzte Wehrpflichttruppe geht. Der Springer-Konzern weist diesbezüglich Vorwürfe zurück, dass es dabei zu einer Vermischung von Redaktion und Anzeigenbereich gekommen sei.

Der Sprecher des Medienkonzerns Axel Springer, Tobias Fröhlich, wies die Vorwürfe strikt zurück: „Die Redaktion hat erst heute aus den Medien von der Anzeigenkampagne erfahren.“ Anzeigenbereich und Redaktion arbeiteten bei dem Konzern streng getrennt. „Einen Zusammenhang zwischen der aktuellen Berichterstattung über Minister zu Guttenberg und den Werbemaßnahmen der Bundeswehr herzustellen ist absurd und lächerlich.“ Die von der Bundeswehr beauftragte Agentur sei bereits Ende vergangenen Jahres mit dem Vermarktungsbereich von Axel Springer in Kontakt getreten, sagte Fröhlich.

Quelle: Tagesschau

Das habe ich aber anders in Erinnerung und darf an eine Vertreterinformation des Allianz-Konzerns aus dem Jahr 2005 erinnern, in der die Zusammenarbeit des Versicherungsriesen mit der Bild wie folgt beschrieben wurde:

Klar. Wer mit dem Bild.T-Online.de kooperiert, der ist auch in der Bild-Zeitung vertreten. Und zwar nicht nur als Anzeige, sondern so, wie es sich für eine Kooperation gehört: Rundum.
Die Informationen zur VolksRente werden in zwei Formen aufbereitet – als Anzeige und als redaktionelle Artikel.

Quelle: NachDenkSeiten

Der ehemaligen Pressesprecher der Allianz AG Oliver Santen schrieb zu diesem Zeitpunkt bereits für Bild und tut es, so weit ich weiß, heute immer noch. So klar getrennt, wie der Springer-Konzern behauptet, sind Redaktion und Werbung nicht voneinander, mal abgesehen davon, dass das auch einem Blinden auffallen würde.

Der Springerkonzern muss halt was tun für’s Geschäft. Die Tendenz ist ja immer noch eindeutig.

Bild-Auflage
Quelle: Bildblog

Und weil alles nichts nützt, werden die Kampagnen immer härter und widersprüchlicher im Ton und vor allem gefährlicher. Denn:

„Ein Politiker, der für offensichtlichen Betrug um seiner Selbstverherrlichung willen auch noch Sympathie erntet, ist höchst gefährlich.“

Quelle: Feynsinn

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Zu Guttenberg und die Geschichte mit seinen Kindern

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Zu Guttenberg begründete seine, wie er meinte, fehlerhafte Dissertation unter anderem damit, dass er als junger Vater unter einer enormen Belastung gestanden hätte. Nun ja zu Guttenberg widerlegt man am besten mit zu Guttenberg. In der Sendung Zapp des NDR vom 22.09.2010 wurde über die wundersame Beliebtheit der zu Guttenbergs berichtet. In dem Beitrag wird gleich zu Beginn ein Interview mit Karl-Theodor gezeigt. Er wurde gefragt, wie er denn seine Frau unterstützt. Die Antwort ist natürlich aus heutiger Sicht ganz besonders wertvoll.

Auf die Frage einer Fernsehreporterin, inwiefern er seine Frau dabei unterstütze, meint Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU): „Zum einen natürlich viel zu wenig zu Hause, weil ich selbst zu wenig zu Hause bin. Aber wann es immer irgendwie geht, versuche ich natürlich auch mal die Kinder zu übernehmen und ähnliches. Das klingt jetzt ein bisschen blöd, aber es gelingt auch manchmal.“

Nein, das ist kein Blödsinn, sondern sicherlich die Wahrheit… :>> :>> :>>

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Schuldenrekord trotz Schuldenbremse

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Gestern hatte ich über die Meldung des statistischen Bundesamts berichtet, wonach die öffentliche Verschuldung im letzten Jahr um 18 Prozent auf rund 2 Billionen Euro zugenommen habe. Dabei schlage vor allem die Bankenrettung zu buche. Von den 304,4 Mrd. Euro entfallen allein 232,2 Milliarden Euro, also über 76 Prozent der Neuverschuldung, auf Maßnahmen zur Stabilisierung maroder Finanzinstitute.

Das ist natürlich ein Pfund, weil über diese unglaublichen Summen, die die Staatsverschuldung nach oben getrieben haben, bei weitem nicht so lange gestritten und verhandelt wurde, wie über die läppische Hartz-IV-Erhöhung im Umfang von ein paar Hundert Millionen Euro pro Jahr.

Aber das ist jetzt gar nicht so interessant, vielmehr stellt sich doch die Frage, wie die Rekordneuverschuldung mit dem Anpreisen der deutschen Schuldenbremse in Europa in Einklang zu bringen ist. Die soll doch nach dem Willen Merkels und des abgebrochenen Franzosen-Duce Sarkozy überall in der EU per Zwang eingeführt werden, nach dem Motto, am deutschen Wesen sollen auch die anderen genesen. Oder untergehen, denn wie will Frau Bundeskanzlerin die Schuldenbremse den europäischen Partnern schmackhaft machen? Was kann sie denn anbieten, auf was verweisen?

Okay die Schuldenbremse greift ja erst in diesem Jahr, dennoch ist überhaupt nicht klar, wie das funktionieren soll. Ein Abbau der Neuverschuldung ist nicht in Sicht, weil keiner genau sagen kann, wie viel Geld noch bereit gestellt werden muss, um Banken und inzwischen ja auch ganze Staaten vor dem Untergang zu retten. Kürzlich ist bekannt geworden, dass die Bundesbank klammheimlich Milliardenhilfen an Mitglieder der Eurozone gewährt hat. Sollten diese Forderungen aber nicht mehr bedient werden können, hafte natürlich der deutsche Steuerzahler.

Allein die Forderungen an nationale Notenbanken in Euro-Ländern belaufen sich auf 326 Milliarden Euro. 2006, also vor Ausbruch der Finanz- und folgender Euro-Schuldenkrise, lagen die Forderungen insgesamt bei nur 18 Milliarden Euro.

Dieser ungebremste Anstieg der Schulden des Euro-Raums gegenüber der Bundesbank „macht Fachleute fassungslos“, sagt ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. „Wenn Länder, deren Banken die Kredite gegeben wurden, zahlungsunfähig werden, haftet Deutschland.“ Diese Haftung wurde aber weder demokratisch legitimiert – etwa durch den Bundestag – noch von der Bundesregierung beschlossen.

Quelle: Wirtschaftswoche

Da hat der Professor (Un)Sinn einmal recht. Für die unterstellte Funktion der Schuldenbremse bedeutet das aber ein ziemlich hohes Ausfallrisiko. Denn in Artikel 115 GG, in dem die Schuldenbremse festgeschrieben wurde, fällt die Rettung von Banken und Staaten unter den Passus „außergewöhnliche Notsituationen“, „die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen“.

D.h., sollte die Bundesbank auf den dreistelligen Mrd. Forderungen sitzen bleiben, weil zum Beispiel die Schuldnerstaaten nach deutschem Vorbild sparen müssen, dann fällt dieses finanzielle Desaster in die gleiche Kategorie wie eine Naturkatastrophe und die Schuldenbremse somit spiegelbildlich ins Wasser.

Bleiben also nur die regulären Ausgaben im Staatshaushalt und da betrifft es vornehmlich jene Posten, die im Sozial-, Bildungs- oder Kulturetat angesiedelt sind. Eine sparsame Haushaltsführung definiert sich also immer über die Kürzungsbereitschaft in Bereichen, von denen Millionen Staatsbürger unmittelbar betroffen sind, sofern diese keine Großaktionäre oder Großgläubiger von Banken, AKW oder Hotelbesitzer sind, die auf der anderen Seite auch weiterhin großzügig beschenkt werden.

Unterm Strich soll von dieser Form der Schuldenbremse und einer Reihe weiterer Maßnahmen, wie die Erhöhung des Renteneintrittalters auf einheitlich 67 Jahre oder dem Kürzen von Löhnen ein Wachstumsschub ausgehen, von dem dann alle innerhalb der EU profitieren. Deutschland macht es gegenwärtig schließlich vor, so Merkel verheißungsvoll. Aber genau in der Frage, woher das Wachstum eigentlich kommen soll wenn alle gleichermaßen sparen und nur die Bedienung von Schulden erlaubt und erwartet wird, stellen sich Merkel und Sarkozy, also die neue Wirtschaftsregierung, einfach dumm.

Diesen Unsinn müssen sie eben glauben. Damit es für sie einfacher wird, darf beispielsweise der oben zitierte Professor Unsinn seinen ifo-Geschäftsklimaindex weiter präsentieren und der Öffentlichkeit irgend welche bedeutungslosen Rekorde vermelden sowie die Gesellschaft für Konsumforschung im Auftrag der Bundesregierung, die nun wirklich schon abgehangene und bereits übel stinkende Botschaft verbreiten, die Deutschen befänden sich in irgend einer Art von Kauflaune.

Sogar den Anhängern des Ölprinzen zu Guttenberg müsste auffallen, dass hier etwas nicht stimmt. Nur von denen zieht keiner mehr die Notbremse.

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Das Guttenberg Geschäft

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Über welche Frage diskutiert Deutschland derzeit am meisten? Natürlich darüber, ob die Beliebtheit des Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg durch die Plagiatsvorwürfe Schaden genommen hätte. Zu Guttenberg selbst kokettiert mit seiner Beliebtheit und im Verbund mit der Bild-Zeitung unternimmt er alles, sich als Opfer einer Kampagne zu positionieren. Zu diesem Zweck ändert er mal wieder seine Meinung. Zuerst waren die Vorwürfe gegen ihn „abstrus“, jetzt, nach dem eigenhändigen Durchblättern seiner Doktorarbeit am Wochenende sei diese plötzlich geschriebener „Blödsinn“ mit gravierenden Fehlern. Auf einer Wahlkampfveranstaltung im hessischen Kelkheim hielt er die Öffentlichkeit, nicht die Anwesenden, erneut zum Narren, als er verkündete, dauerhaft auf den akademischen Grad verzichten zu wollen.

Um seine für den Boulevard so kostbare Haut zu retten, instrumentalisiert zu Guttenberg nun auch die in Afghanistan getöteten Bundeswehrsoldaten. Er kritisierte die Medien für deren Berichterstattung. Statt über die gefallenen Soldaten zu schreiben, hätten diese das Thema wegen falscher Fußnoten in seiner Doktorarbeit nahezu vollständig ausgeblendet. Es gebe eben Wichtigeres als seine Doktorarbeit, meinte der Minister bagatellisierend. Richtig, zum Beispiel für den Führer zu Guttenberg im sinnlosesten aller Kriege sein Leben zu verlieren.

Dabei war es doch zu Guttenberg selber, der sich kurzerhand nach Afghanistan absetzte, als die Vorwürfe gegen ihn publik wurden und eine Stellungnahme des Ministers angebracht gewesen wäre. Die Schießerei, bei der letztlich drei Bundeswehrsoldaten getötet wurden, ereignete sich unmittelbar nach der Abreise zu Guttenbergs und auf dem Stützpunkt, den der Minister besucht hatte.

Man könnte auch sagen, immer wenn der deutsche Verteidigungsminister zu eigenen PR-Zwecken, für Fotos etwa, ins Kriegsgebiet reist, steigt das Risiko, dass Soldaten ihr Leben verlieren oder verletzt werden.

Zu Guttenberg ist etwas mehr als ein Jahr Verteidigungsminister und schon neun Mal nach Afghanistan gereist. Im April 2010 starben vier Soldaten bei einem Raketenangriff im Raum Baghlan etwa 100 Kilometer südlich von Kunduz. Einige Tage zuvor hatte zu Guttenberg die deutschen Truppen in Afghanistan besucht. Während seiner Amtszeit als Verteidigungsminster stieg die Rate im Kampf getöteter deutscher Soldaten sowie im Kampf verwundeter Kammeraden deutlich an. In den Jahren 2002 bis 2008 starben insgesamt 19 Soldaten bei Kampfhandlungen. Seit 2009 sind es bereits 15. Zwischen 2002 und 2008 wurden insgesamt 103 Soldaten im Kampf verwundet, seit 2009 sind es auch schon 103. (Siehe Wikipedia: Zwischenfälle der Bundeswehr in Afghanistan)

Ich frage hier ganz bewusst und zornig:

Welchen Erfolg hat dieser aufgeblasene Minister Hochstapler denn nun vorzuweisen?

Für sein Image verkauft zu Guttenberg eben nicht nur seine Frau und seine Kinder, sondern auch die Soldaten, die bis heute gar nicht wissen können, für wen oder was sie in Afghanistan Krieg spielen müssen. Und alles nur, weil der Sprachwahrer so toll reden kann, charismatisch ist und so ansehnlich aus der Masse der farblosen Politiker herausragt.

Das gefällt der Masse, deshalb schreibt die Bild den „Plagiator“ auch nicht mehr nach unten, sondern in die andere Richtung wieder nach oben. Kurzerhand wird die latente Theoriefeindlichkeit der Deutschen benutzt, um den Volkszorn ein weiteres Mal gegen etwas zu mobilisieren. Ja gegen was eigentlich? Gegen die Wegnahme eines Messias, einer Lichtgestalt, eines Gottes, eines Führers, auf den man so lange gewartet hat?

Doch wer ist zu Guttenberg? Mit wem hat man es zu tun? Ich fand eine schöne Stelle in einem Artikel auf stern.de:

Als Wirtschaftsminister hat er bei der Debatte um die Opel-Subventionen seinen Rücktritt angeboten – und danach einfach weitergemacht. Den Luftangriff von Kundus nannte er erst angemessen, dann unangemessen. Den Kapitän der Gorch Fock nahm er in Schutz, dann feuerte er ihn. Die Wehrpflicht erklärte er für heilig, dann schaffte er sie ab. Sparen wollte er bei der Bundeswehr, jetzt heißt es, das sei unmöglich. Forsch voran, und forsch zurück. Hin und her. Doktor gehabt, Doktor weg.

Zu Guttenberg ist nur eins. Vor allem ein gutes Geschäft. Sogar wenn Menschen dafür sterben müssen und das Stehlen geistigen Eigentums zum Kavaliersdelikt verkommt.

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Hans-Ulrich Jörges bei Anne Will über zu Guttenberg

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Gestern habe ich zufällig bei Anne Will reingeschaltet und Herrn Jörges vom Stern gegen Ende der Sendung schimpfen hören. Er beklagte sich über die Guttenberg-Kritiker, die bisher keine Argumente gegen ihn gehabt hätten, dagegen aber glaubten, dass das gegelte Haar des Ministers als Beweis gegen die Person zu Guttenberg taugen würde. Jörges behauptete, dass die Guttenberg-Gegner ein Vorurteil pflegten und zwar wenn jemand gegeltes Haar hätte, sei er unglaubwürdig, ein Schleimer und so weiter.

Man muss wissen, dass Jörges von Anfang an vom „Baron der Herzen“ begeistert war. In seinem Internet Video-Blog vom 4. Juni 2009 können sie das nachhören und sehen. Ich habe mich darüber damals schon gewundert und mich gefragt, ob Jörges einen an der Waffel hat, sich vor eine Kamera zu setzen und mit kleinen Pappfigürchen von zu Guttenberg und Merkel herumzuspielen und dabei die Frage zu erörtern, ob zu Guttenberg Kanzler werden könne.

Wenn sie die Web-TV-Kolumne über zu Guttenberg genau verfolgen, werden sie festsstellen, dass es nur Herr Jörges ist, der mit den gegelten Haaren Scheinargumente konstruiert. So behauptete er zum Beispiel, dass den Wahlkampfstrategen der SPD ein gegelter adeliger Schopf mit feinen Manieren prima passen würde. Wortwörtlich sagte er dann über zu Guttenberg:

„Ein Mann mit Rückgrat. Das suchen die Leute. Aufrecht und authentisch. Und es zeigt sich eben, auch unter einem gegelten Haarschopf kann ein kluges Hirn und ein klarer Charakter stecken.“

Warum sagt er das? Weil er selber unter einem gegelten Haarschopf einen unglaubwürdigen Schleimer vermuten würde?

Anfang 2010 ist auch die ZDF Satire Sendung „heute-show“ auf Jörges seltsamen Online-Zwischenruf aufmerksam geworden und hatte das Mitglied der Stern-Chefredaktion wegen des Hypes um zu Guttenberg eingeladen. Hier der Ausschnitt.

Bei Hans-Ulrich Jörges wundere ich mich immer wieder über die Starrheit, mit der er zum Teil vollkommen idiotische Meinungen verteidigt, bis ihn – ganz plötzlich – die Erfahrung der Wirklichkeit als überraschende Offenbarung ereilt. Dann rudert er zurück und tut so, als hätte man die Missstände nicht schon vorher erkennen können. Das war zum Beispiel bei der Geschichte mit dem Skandal um die Berliner S-Bahn so. Auch darüber habe ich im Blog berichtet:

Rote Kelle für den Börsengang der Bahn, sagt stern-Redakteur Hans-Ulrich Jörges in seiner WebTV-Kolumne

Hans-Ulrich Jörges macht die Erfahrung einer Erfahrung und tut endlich mal das, was Journalisten eigentlich immer tun sollten. Reflektieren, sogar selbstkritisch. Seine aktuelle WebTV-Kolumne vom Berliner S-Bahnhof Hackescher Markt finden sie hier.

Darin fällt folgendes beachtliches Statement:

„Ich war bisher, muss ich gestehen, ein Anhänger des Börsengangs, weil ich geglaubt habe, nur dadurch kann die Bahn modern bleiben und sich Kapital verschaffen. Ich bin inzwischen dagegen, wegen dieser Berliner Erfahrung. Ich muss einsehen, die Gegner hatten immer recht. Hier wird gespart auf Kosten der Menschen.“

Hans-Ulrich Jörges ist ein toller Unterhalter, für Talkshows ideal, aber ein mieser Journalist, dem einfach die Fähigkeit zur Reflexion fehlt, obwohl er immer vorgibt, ganz nah am politischen Geschehen dran zu sein.

In seinem Video-Beitrag von 2009 und auch gestern meinte er, dass zu Guttenberg eine große Zustimmung in der Bevölkerung hätte, die man nicht einfach ignorieren könne. Im Jahr 2009 sei diese erst entstanden, weil zu Guttenbetg bei der Opelrettung mit Rücktritt gedroht habe. Das hätte den Menschen imponiert. Wenn das wirklich stimmen sollte, müsste man sich doch fragen, warum der feine Herr jetzt so an seinem Stuhl klebt. Er könnte doch einfach gehen.

Aber wie ich höre und lese, kommt der PR-Quatsch mit einem in Erwägung gezogenen Rücktritt gerade wieder in die Medien. Jetzt können sich endlich alle hinter ihrem Liebling versammeln und ihm demonstrativ den Rücken stärken. Einfach widerlich…

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Merkel und das Hartz-IV-Wort zum Sonntag

Geschrieben von:

Eigentlich hatte ich nicht vor, den Vorschlag der drei alten Ministerpräsidenten Beck, Böhmer und Seehofer weiter zu kommentieren. Allein schon der Gedanke an eine stufenweise Anhebung der Regelsätze um zunächst fünf und ab Mitte des Jahres um weitere drei Euro ist so albern, dass man sich fragt, ob die das wirklich ernst meinen. Aber jetzt kommt zu Tick, Trick und Track auch noch Fuck Merkel mit folgender Bemerkung hinzu:

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte vor einer überhasteten Einigung im Streit um höhere Hartz-IV-Sätze. Wenn die Union einer stärkeren Anhebung des Regelsatzes zustimmen würde, wären dadurch alle Steuerzahler zusätzlich belastet: „Hartz IV ist nicht dafür gedacht, dass man mit einer Kombination von Arbeitslosengeld II und ein bisschen Schwarzarbeit eigentlich für das ganze Leben drauf verzichten kann, wieder einen richtigen Job zu machen“, sagte die CDU-Vorsitzende.

Quelle: Spiegel Online

Ach ja, die Steuerzahler werden zusätzlich belastet. Das stimmt. Wo kämen wir hin, wenn der Deutsche neben der Bankenrettung, die den Bankern erneut Spitzenboni verschafft hat, auch noch schwarz arbeitende Sozialschmarotzer finanzieren müsste.

Aber was ist eigentlich mit der Kombination aus ALG II und ein bisschen Schwarzarbeit gemeint? Die Ein-Euro-Jobs? Schließlich müssen etwa 224.000 Menschen so überleben. Will Mutti Merkel diesen Betroffenen mit einem Mindestlohnvorstoß oder einem regulären Jobangebot im öffentlichen Dienst aus der gesetzlich angeordneten Schwarzarbeit helfen? Man weiß so wenig.

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Über den Seher zu Guttenberg

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Weil es gerade passt, zitiere ich mal aus einem Bericht der FAZ vom 17.10.2010. Es ging um den kometenhaften Aufstieg von Karl-Theodor zu Guttenberg und darum, ob er nicht nur das Kanzleramt erstürmen, sondern auch Horst Seehofer vom Thron des CSU-Chefs stoßen könnte. Die Personaldebatte in der Union war auf dem Höhepunkt und die seltsam seherischen Fähigkeiten des schwarzen Barons werden erst jetzt wirklich deutlich:

„Kanzler der Reserve“ – künftiger CSU-Chef? Was derzeit über ihn berichtet werde, sei „fern aller realistischen Betrachtungen“, sorgt sich Verteidigungsminister zu Guttenberg. In solchen „Retter-Betrachtungen“ liege immer „die Gefahr der Überschätzung“.

Und ja, endlich begreifen viele, wie sehr sie ihn doch überschätzt haben. Man hätte ihn nur beim Wort nehmen müssen und nicht dem Glanz seiner Erscheinung erliegen dürfen. Seit dem rechnete zu Guttenberg stündlich mit dem Absturz, doch niemand glaubte ihm.

Der Verteidigungsminister sagte nun der Zeitschrift „Der Spiegel“, solche Berichte seien „bizarr“. Er betonte mit Blick auf seinen rasanten politischen Aufstieg: „Ein gewisser Absturz hätte bei mir längst kommen müssen. Weil er bislang nicht gekommen ist, kann er stündlich kommen.“

Nun sind Wochen und Monate daraus geworden. Wahrscheinlich war Guttenberg selbst so überrascht darüber, dass er seine letzte seherische Botschaft, nämlich die, mit der Politik einfach aufhören zu können, vergessen oder verdrängt hatte.

Im „Spiegel“ äußert Guttenberg Zweifel, ob er überhaupt für längere Zeit in der Politik bleiben werde. Er sei „von Beginn an mit dem vollen Bewusstsein in die Politik gegangen, dass ich jederzeit aufhören könnte.“ Die Möglichkeit eines plötzlichen Endes der politischen Karriere bereite ihm keine Angst. Er verspüre keine „Lust des Klammerns“ an dem, was er habe. Im Gegenteil sei „die Lust, andere Brücken zu bauen“ in letzter Zeit größer geworden.

Und wie er klammert. Aber er hat ja keine Schuld, sondern Seehofer, der für sich reklamierte, den Guttenberg erfunden zu haben.

Der bayerische Ministerpräsident betonte mit Blick auf seine Entscheidung, Guttenberg im Jahr 2008 zum CSU-Generalsekretär zu küren: „Immerhin habe ich den Karl-Theodor erfunden und geholt.“ Darauf sei er stolz.

Da greift dann ein Rädchen in das andere. Der Erfinder des „Lügenbarons“ ist gleichzeitig der Vorsitzende jener Partei, von der die Universität in Bayreuth wohmöglich finanziell abhängig ist. Schließlich ist der „Plagiator“ selbst Werbemaskotchen der juristischen Fakultät, an der er seinen Doktor geschenkt bekam.

Vielleicht gelingt es der aktuellen CSU und Guttenberg, den Übervater Strauß an krummen Dingern noch zu überbieten. Und es soll ja keiner sagen, man hätte das nicht vohersehen können – bei der guten Quellenlage…

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Zu Guttenberg: Der Kampf des Sprachwahrers

Geschrieben von:

An der Berichterstattung über den neuen „Plagiator“ Karl-Theodor zu Guttenberg stört mich vor allem der alberne Wettbewerb der Medien, nach noch mehr geklauten Stellen in Guttenbergs Dissertation zu suchen, um ihm ein Fehlverhalten nachweisen zu können, das dazu dienen könnte, die Forderung nach einem Rücktritt des Ministers zu begründen. Gleichzeitig wird die scheinheilige Frage formuliert, ob denn die akademische Schluderei die bisher geleistete politische Arbeit zu Guttenbergs in den Schatten zu stellen vermag. So als ob zu Guttenberg eine erfolgreiche politische Arbeit vorweisen könnte.

Warum zum Teufel fordert man nicht den Rücktritt zu Guttenbergs, weil er als Verteidigungs- und früher als Wirtschaftsminister gescheitert ist? Er lebt doch nur von seinem Image und nicht von inhaltlicher Leistung. Insofern passt das wieder. Die Person selbst ist genauso inhaltsleer und aufgeblasen wie die Doktorarbeit, die nun aufwändig geprüft werden soll. Warum? Das geht doch kurz und knapp.

Dagegen wäre es schöner, endlich zu erfahren, was Karl-Theodor, dem Geistesblitz, dazu bewogen haben könnte, den auf deutschen Befehl hin geflogenen Bombenangriff auf afghanische Zivilisten einmal als militärisch angemessen zu bezeichnen und dann wieder nicht. Auch da sollte geprüft und aufgeklärt werden. Das dauert jetzt schon zwei Jahre. Wie lange soll die Aufklärung beim Zitateklau nun dauern? Was ist mit der Verletzung des Grundrechts auf Postgeheimnis bei der Bundeswehr? Was ist überhaupt in der Truppe los, wenn sich die Kameraden beim Säubern ihrer Waffen selber abschießen und das Verteidigungsministerium diesen Vorfall vertuscht?

Statt diese Fragen zu klären, warten wir lieber monatelang auf die Rückkehr der Gorch Fock.

Es ist wie immer. Die Öffentlichkeit wird jetzt wieder tagelang mit einem Thema gelangweilt, das vom Prinzip her ganz klar ist und das keiner weiteren Untersuchung, die dem Ertappten ja nur Zeit verschaffen soll, bedarf. Guttenberg hat betrogen. Das ergibt sich allein schon aus der Tatsache, dass die Autoren, deren geistiges Eigentum gestohlen wurde, sich selbst in der Arbeit zu Guttenbergs, ohne entsprechend zitiert worden zu sein, wiedergefunden haben. Über den ersten Absatz der Einleitung, der nun glasklar kopiert worden war, will ich gar nicht erst reden und auch nicht darüber, dass Guttenberg offenbar gar nicht weiß, was er überhaupt geschrieben hat. Vielleicht weil er es gar nicht selber geschrieben hat?

Wer ernsthaft davon spricht, dass die Täuschungsabsicht noch nicht erwiesen sei, hat entweder ein ernsthaftes Wahrnehmungsproblem oder er will die Öffentlichkeit mit einer Verschleppungstaktik dazu bringen, dass sie glaubt, zu Guttenberg sei nur ein Opfer einer Hetzkampagne.

Bezeichnend ist dann auch die unter Politikern übliche Entschuldigungsfloskel, die zu Guttenberg vor ausgewählten Journalisten! (den Tipp hat er wahrscheinlich von Mutti Merkel) in Berlin abgab. Er sehe bei sich kein Fehlverhalten und weise die Vorwürfe entschieden zurück, räume aber ein, dass es Fehler gegeben habe. Er entschuldige sich dafür, wenn sich andere durch die bedauerlichen Fehler, also nicht durch ihn und seine Arbeitsweise, verletzt fühlten.

Das ist in etwa so, wenn sie mit ihrem Auto einen Fußgänger überfahren, der gerade die Straße auf einem Zebrastreifen überquert hat und dann jeden Vorwurf eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr scharf zurückweisen und lediglich ihr Bedauern darüber zum Ausdruck bringen, dass beim Autofahren Fehler passieren, durch die sich andere Verkehrsteilnehmer verletzt fühlen könnten.

Zu Guttenberg will vorübergehend seinen Doktortitel nicht führen, also, um im Bild zu bleiben, ohne Führerschein einfach weiterfahren.

Eine wache demokratische Öffentlichkeit kann sich so etwas nicht bieten lassen. Zu Guttenberg muss gehen, aber nicht weil er in seiner Doktorarbeit betrogen hat, sondern weil er als Person in führender Funktion versagt hat. Eine substanzlose Gestalt, deren einzige Leistung darin besteht, ein Motiv der politischen PR-Fotografie zu sein.

Ach, den Sprachwahrer habe ich noch vergessen. Wo wären wir nur ohne den umgangssprachlichen Krieg?

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