Schwarze Null statt Solidarität

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In dieser Woche haben die Haushaltsberatungen im Deutschen Bundestag begonnen. Die Bundesregierung setzt dabei alles auf die Schwarze Null. Zweieinhalb Stunden betete die GroKo gestern das große Nichts an, twitterte Harald Petzold (MdB, Die Linke)

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Chaoten am Werk

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Die Regierung in Griechenland muss weg. Diese zutiefst undemokratische Haltung verbreiten nicht nur Journalisten in ihren als Berichte verkleideten Hetz-Kommentaren, es ist auch das Ziel der Bundesregierung und der übrigen Gläubiger. Die weisen das zwar weit und zum Teil auch empört von sich, doch ist die Sachlage längst klar. Die Bundesregierung hat jeglichen Verhandlungen bis zum Sonntag eine Absage erteilt (Die Ruhe haben wir ja) und der Präsident des EU-Parlaments Martin Schulz (SPD) stellte heute im Morgenmagazin noch einmal klar:

„Wir werden danach dem griechischen Volk helfen, ganz sicher nicht der Regierung.“

Viele Kollegen wie auch Politiker stören sich unter anderem daran, dass die Regierung Tsipras von einem Tag auf den nächsten ihre Meinung ändere. Mal lehne sie die Forderungen der Gläubiger ab und rufe ein Referendum aus, dann wieder signalisiere sie Zustimmung zu den Bedingungen. Es muss also ein chaotischer Haufen sein, der in Athen das Sagen hat und die Menschen ins Unglück stürze. So einfach ist das natürlich nicht.

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Realitäten anerkennen

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Wenn über Griechenland gesprochen wird, ist immer von einem Programm die Rede. Die Griechen sagen, es sei gescheitert. Die Eurogruppe sagt, es sei eine Bedingung. Damit geht es nicht wie vielfach behauptet um verhärtete Fronten, die sich unversöhnlich gegenüberstehen, sondern darum, dass hier jemand die Realität nicht akzeptieren will.

Dass Schäuble und seine aalglatte Sprechpuppe Dijsselbloem die gesellschaftliche Wirklichkeit ausblenden, ist sonnenklar. Sie berufen sich auf eine Vertragsrealität und argumentieren juristisch nicht ökonomisch, wie Thomas Fricke schreibt. Während Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis neben ökonomisch vernünftigen Argumenten auch auf die humanitäre Lage in seinem Land verweist, die es zu beenden gilt, erntet er in diesem Punkt nur kühle Ignoranz. Es scheint fast so, als wollte Schäuble sagen, dass das Leid der Menschen in Griechenland nicht Gegenstand der Verhandlungen in Brüssel sein könne.

Teutonische Selbstüberschätzung

Ihm tun die Griechen trotzdem leid, aber nicht, weil sie leiden, sondern weil sich ihre Regierung (dem deutschen Finanzminister gegenüber) unverantwortlich verhalte. An der verwüsteten griechischen Gesellschaft ist Schäuble nicht sonderlich interessiert. Er hält die Demütigung, die das Eingeständnis, bei der Eurorettung völlig versagt zu haben, mit sich brächte, für weitaus schlimmer. Wie stünde Europa auch da, in dem seit Ausbruch der Krise endlich wieder Deutsch gesprochen werde.

Haushaltsdisziplin, schwarze Null und eine Schuldenbremse mit Verfassungsrang: Das sind die Eckpfeiler, auf denen ein neuer teutonischer Größenwahn beruht und manchen hierzulande glauben lässt, Deutschland sei ein Musterschüler mit Vorbildfunktion. Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis glaubt nicht daran, denn er weiß es aufgrund seiner Ausbildung einfach besser. Er bezeichnet das alte Kürzungsprogramm, an dem Juristen wie Schäuble festhalten wollen als Ursache des Problems und nicht als Lösung.

Da spricht ein Fachmann, der volkswirtschaftliche Zusammenhänge versteht und daraus seine Schlüsse zieht. Schäuble ist auch Fachmann, aber nicht auf dem Gebiet der Ökonomie. Er ist vielmehr ein Vollstrecker, der einer vorgegebenen politischen Agenda folgt. Davon lässt er sich weder durch Vernunft noch durch sein offenkundiges Scheitern abbringen. Neben Varoufakis wirkt Schäuble aber nicht sonderlich kompetent. Das führt zu kindischen Reaktionen (Ultimatum) oder zu Frechheiten wie der Bemerkung Varoufakis hätte noch Luft nach oben.

Die griechische Regierung ist gespickt mit Wissenschaftlern, die an renommierten Hochschulen der Welt studiert und gelehrt haben. Sie werden trotzdem als Radikale oder Spinner bezeichnet, weil sie einen seit Jahren eingeübten Glauben bedrohen. Die Bundesregierungen bestehen in der Regel aus gelernten Berufspolitikern mit Sprechblasenzusatzausbildung, die ihre akademischen Grade zum Teil erschlichen haben. Die beruflichen wie wissenschaftlichen Abschlüsse werden von diesen Damen und Herren lediglich zur Dekoration getragen. Etwas mit der Praxis zu tun haben, wollen sie lieber nicht, es aber auf jeden Fall immer besser wissen.

Die Zeit läuft für beide Seiten ab

Im Schuldenstreit heißt es, dass vor allem Griechenland die Zeit davon laufe. Dass muss dann aber auch für die Gläubiger gelten, die im gleichen Boot sitzen und im Falle einer Zahlungsunfähigkeit auf Forderungen in Milliardenhöhe verzichten müssen. Schäuble warnt deshalb: Wenn das aktuelle Hilfsprogramm nicht ordnungsgemäß beendet werde, „wird eine schwierige Situation entstehen“. Nur für wen?

Für die Finanzmärkte wohl eher nicht. Denn da hat eine Pleite der Griechen ihren Schrecken offenbar verloren. Dort sitzen auch kaum noch Gläubiger, die um den Wert ihrer griechischen Staatsanleihen bangen müssten. Diese haben sie nämlich, Schäuble sei Dank, zu einem guten Kurs beim ersten Schuldenschnitt an die öffentliche Hand weiterreichen dürfen. Überhaupt hat sich die Dauer der Eurorettungsaktion für den Finanzsektor gelohnt. 77 Prozent der Hilfen gingen direkt dorthin.

Der Spiegel schreibt: “Von den bis Mitte 2013 nach Griechenland geflossenen knapp 207 Milliarden Euro sind gut 77 Prozent direkt (58,2 Milliarden für Bankenrekapitalisierung) oder indirekt (101,3 Milliarden für Gläubiger des griechischen Staates) an den Finanzsektor geflossen. Für den Staatshaushalt blieben aus den Rettungsprogrammen weniger als ein Viertel.” Griechenland war also nur eine Zwischenstation, um die eigentliche Bankenrettung, um die es in Wahrheit immer ging, zu verschleiern.

Auch diese Realität gilt es endlich anzuerkennen.


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Krisengipfel: Immer dieselben dämlichen Fragen

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Vor dem neuerlichen EU-Sondergipfeltreffen in Brüssel hat Bundesfinanzminister Schäuble noch einmal betont, an den Spardiktaten festhalten und gemeinsamen Staatsanleihen eine Absage erteilen zu wollen. Die griechische Wirtschaft sei nicht wettbewerbsfähig und müsse daher tiefgreifende Einschnitte und Reformen akzeptieren, so Schäuble. Ich wundere mich immer wieder, dass Moderatoren und Journalisten nicht einmal die Frage stellen, wo denn die Erfolge der seit Jahren andauernden Reform- und Sparpolitik in Griechenland zu beobachten seien. Es ist doch das Gegenteil von dem eingetreten, was Schäuble permanent predigt.

Trotz aller Bemühungen und des Verzichts hat sich die Krise verschlimmert und der Schuldenstand erhöht. Als objektiver Berichterstatter muss man doch zu dem Ergebnis kommen, dass die Rettungspolitik der Troika krachend gescheitert ist, zumindest mit Blick auf Griechenland. Der Finanzsektor kann sich ja nach wie vor über eine Absicherung seiner Risiken freuen.

Gleichzeitig streut die Bundesregierung mit ihrer Haltung der deutschen Öffentlichkeit Sand in die Augen. Wachstum durch Strukturreformen ist ein hanebüchener Unsinn und trotzdem fallen reihenweise Redakteure darauf herein. Strukturreformen heißen doch übersetzt Kürzungen bei den Löhnen und Sozialleistungen. Wie soll das aber, zumal die Kanzlerin ja auch kein Geld für Konjunkturprogramme ausgeben will, zu Wachstum führen. Werden die Menschen in Griechenland, Spanien, Portugal oder Italien mit weniger Geld in der Tasche etwa mehr konsumieren?

Ich begreife einfach nicht, warum Volkswirte und Journalisten immer denselben dämlichen Fragen nachgehen wie die, ob Eurobonds der richtige oder falsche Weg aus der Krise sind. Viel wichtiger ist doch die Frage, warum die Bundesregierung mit der Bemerkung, ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone wäre verkraftbar, die Spekulationen gegen das Land fahrlässig wieder anheizt und die Krise damit insgesamt verschärft.

Könnte man nicht auch einfach kriminelles Kalkül unterstellen, wenn Schäuble am Wochenende mit seinem Statement über den Verbleib Griechenlands in der Eurozone den Grundstein dafür gelegt hat, um heute eine Bundesanleihe von über vier Milliarden am Kapitalmarkt zu platzieren, für die der deutsche Finanzminister keine Zinsen mehr zahlen muss?  

Deutschland profitiert von der Krise. Kann es deshalb ein Interesse an einer schnellen Lösung haben? Die Diskussion um eine Pleite Griechenlands macht deutsche Staatsanleihen immer beliebter, so dass Anleger sogar noch Geld drauflegen, damit sie ihr Kapital an den deutschen Finanzminister verleihen dürfen. Gleichzeitig hat die deutsche Wirtschaft nach einer Meldung des statistischen Bundesamtes im Jahr 2011 den bestehenden Exportüberschuss noch einmal auf 158,1 Mrd. Euro steigern können.

Doch was heißt das? Die richtigen Strukturreformen müsste eigentlich Deutschland vornehmen, das mit seinen wieder zunehmenden hohen Bilanzüberschüssen die Stabilität der gesamten Eurozone gefährdet. Doch über die Überschüsse redet man auf dem Sondergipfel nicht, sie gehören schließlich zum Qualitätsnachweis des selbsternannten Musterschülers, der solange wie möglich von der Krise profitieren will. Die nächste Bundestagswahl rückt schließlich auch immer näher.

Apropos Wahlen. Die Griechen dürfen bald wieder ran, weil der letzte Urnengang keine “stabilen Verhältnisse” zu Stande brachte. Unter “stabilen Verhältnissen” versteht Herr Schäuble zum Beispiel eine Regierung aus jenen Parteien, die der griechischen Bevölkerung über Jahre hinweg den Schlamassel erst eingebrockt haben.   

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Der Tag danach

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Einen Tag nach den für Europa bedeutenden Abstimmungen in Frankreich und Griechenland ist ein absurder und zugleich zu erwartender Zustand eingetreten. Die Börsen, das Sinnbild für Vertrauen, brachen ein und die Warnungen vor allem deutscher Politiker in Richtung Paris und Athen sind nicht zu überhören. Häufigste Floskel dabei ist, das irgendein politischer Hanswurst in Brüssel, nennen wir ihn Graf Lambsdorff, die Wahlen mit Sorge betrachtet habe. „Die wirtschaftspolitische Realität wird auch François Hollande relativ schnell einholen und auch er wird feststellen, dass man an einem Sparkurs nicht vorbei kommt“, sagt der Vorsitzende der Gruppe der FDP im Europäischen Parlament.

Und der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), mahnte die neuen radikalen und euroskeptischen Parteien die Versprechen für das 130 Mrd. Euro Hilfspaket einzuhalten. „Wenn da eine neue Regierung, ein neues Parlament die griechischen Zusagen zum Sparen und Umbauen des Staates zurücknimmt, dann geraten wir sicher in eine ganz schwere Krise“, sagt er. Mal angenommen die Faschisten treten in eine “stabile Dreiparteienregierung” ein und trügen das Sparpaket mit, hätte der Sozialdemokrat Schulz offenbar kein Problem damit.

Die Furcht vor dem Ende der Sparpolitik

Denn allgemein gehe in Europa die “Furcht vor einem Ende der europäischen Sparpolitik um”. Das muss man sich einmal vorstellen. Furcht vor dem Ende der Sparpolitik. Was sind denn das für Luxusprobleme? Wie kann man sich vor dem Ende einer Sparpolitik fürchten, die überall in Europa nicht nur Angst und Schrecken verbreitet, sondern gnadenlos die Volkswirtschaften sowie die Perspektiven von Menschen zerstört? So bescheuert ist wohl nur der Deutsche. Er fürchtet sich mehr vor dem Ende der Sparpolitik, einer Phantominflation und dem Russen, als vor dem wirklichen ENDE, das durch die von ihm wieder und wieder unterstützte Sparorgienpolitik immer wahrscheinlicher wird.

Sollten die Griechen ihre unter Zwang abgegebenen Versprechen nicht einhalten, sei das der Beginn vom Rausschmiss aus der Eurozone poltern die nächsten Deppen, die völlig verkennen, was so ein Schritt für die deutsche Wirtschaft und deren Arbeitsplätze bedeuten würde. Diese Hornochsen glauben doch immer noch, ein Austritt aus der Eurozone käme den deutschen Steuerzahler irgendwie billiger oder sei umsonst zu haben. Außerdem ist überhaupt nicht einzusehen, warum das griechische Volk für Maßnahmen artig Beifall klatschen soll, die ihnen von einer fernen Troika aufgenötigt wurden, und die alles unter dem bis zur Unkenntlichkeit deformierten Begriff “Reformen” kaputtmachen – demokratische Grundrechte eingeschlossen.

Wer kann an so einen Mist nur ernsthaft glauben? Der Fiskalpakt ist offenbar zu einer Religion geworden. Nur ist es bei den Deutschen die Lust am Untergang, die Lust an der eigenen Qual und der Bestrafung anderer oder ist es einfach nur Dummheit? Ich weiß es nicht. Schon allein die Feststellung, dass das Wahlergebnis in Griechenland Besorgnis auslöse, weil die Fortführung des Sparkurses gefährdet sei und nicht, weil zum Beispiel eine faschistische Partei deutliche Gewinne verbuchte und ins Parlament einzog, spricht für diese verschrobene Wahrnehmung.

Es darf keine Alternative zur Alternativlosigkeit geben

Nein, der Sparkurs muss fortgesetzt werden und die griechische Bevölkerung Opfer bringen, weil Europas Steuerzahler ebenfalls schwere Opfer als Gegenleistung erbringen würden, meint Rolf-Dieter Krause, Leiter des Brüsseler ARD-Studios. Auch er stellt sich nicht im Ansatz die Frage, wer in dieser Finanzkrise keine Opfer erbringen muss, obwohl er oder sie zu den Verursachern derselben gehören. Es ist diese arrogante Ignoranz, mit der deutsche Medien durch diese Krise stolpern und zuweilen chauvinistische Ratschläge erteilen. Leute wie Krause würden wahrscheinlich Rechtspopulisten oder gar Faschisten, aber auch die Linken in einer Regierung akzeptieren, wenn nur die vereinbarten Maßnahmen eingehalten würden, die als Voraussetzung für Europas Solidarität gelten. Es darf keine Alternative zur Alternativlosigkeit geben.

Und Europa ist natürlich Deutschland, das nur ganz bescheiden das Vertrauen der Finanzmärkte wiederherstellen möchte, so Krause weiter. “Niemand will den Griechen mehr Geld leihen, weil man nicht darauf vertraut, dass man es zurückbekommt. Vertrauensbildung wäre also jetzt das wichtigste. Da schadet es, wenn die griechische Regierung nicht eindeutig zu den Vereinbarungen der vergangenen Monate steht.” Da spricht einer, der offenbar keine Ahnung davon hat, dass das mangelnde Vertrauen durch Äußerungen der deutschen Bundesregierung selbst immer wieder neu entsteht. Griechenland ist nicht Herr über seine eigene Währung, sondern abhängig davon, ob Frau Merkel es für wahrscheinlich hält, dass Griechenland seine Sparziele erreicht.

“Beide – Samaras und Hollande – müssen eine entscheidende Frage beantworten: Woher soll das Geld kommen, das sie nicht mehr einsparen wollen?” Hier zeigt sich die ganze Blödheit des ARD-Studioleiters. Haben denn die bisher eingesparten Milliarden in Griechenland zu einer Verringerung der Schuldenlast geführt? Oder ist es nicht eher so, dass mit dem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts, hervorgerufen durch die Sparmaßnahmen, die relative Schuldenlast gemessen am BIP gestiegen ist? Warum sollten also Einsparungen vorgenommen werden, wenn sich der Sparerfolg als Anstieg des Defizits entpuppt?

Warum ist es so schwer, sich die französische Position zum Thema Wachstumspolitik einmal genauer anzuschauen? Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel entschied sich im Krisenjahr 2009 nicht für Strukturreformen, sondern ganz bewusst für Konjunkturprogramme mit der Bemerkung , antizyklisch gegensteuern zu müssen, weil man aus der Geschichte und hier vor allem aus dem Fehler Heinrich Brünings, der in die Krise prozyklisch hineinsparte, gelernt habe. Daran erinnert sich heute von den Premium-Journalisten keiner mehr, weil sie die Milliarden für die Banken permanent mit den Milliarden für Konjunkturprogramme verwechseln und die höheren Schuldenstände der europäischen Staaten allein einer zügellosen Ausgabenpolitik zuschreiben, wohingegen die geretteten Privatvermögen einiger Weniger überhaupt keine Rolle zu spielen scheinen.

Das kann doch nicht wirklich das geistige Niveau sein, auf dem über die Zukunft und das Leben von Menschen diskutiert und entschieden wird.

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Oh Schreck: Griechenland hat keine Verwaltung mehr

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Das Geheule der deutschen Wirtschaft und der Presse über die plötzlich entdeckten Defizite in der griechischen Verwaltung ist skandalös und zynisch zugleich. Keine Woche ist es her, da haben alle noch auf die Durchsetzung des Sparpaketes bestanden, in dem klar vorgesehen ist, 15.000 Staatsangestellte sofort zu entlassen. Bis 2015 soll die Zahl der Entlassungen im öffentlichen Dienst auf 150.000 steigen.

Heute Morgen beklagte sich BDI-Präsident Keitel im Deutschlandfunk über mangelnde Verwaltungsstrukturen. Deutsche Unternehmen würden gern in Griechenland investieren, fänden aber mit Blick auf Steuerverwaltung und Katasterwesen kein funktionstüchtiges Staatswesen mehr vor. Deutsche Unternehmer bräuchten aber Planungssicherheit und verlässliche Rahmenbedingungen, so Keitel weiter.

Zum bisherigen Rettungsverfahren sagte der BDI-Präsident aber, dass die Voraussetzungen für eine Sanierung geschaffen worden sein. Da fragt man sich doch entsetzt, wer hier wen für dumm verkaufen will. Von außen müsse sichergestellt werden, dass Griechenland die versprochenen Anstrengungen auch tatsächlich unternehme. Die ganze Hilfe nütze dann ja nichts, hält der BDI-Präsident fest.

Und da hat er Recht, denn die 130 Mrd. Euro nützen den Griechen und ihrer Wirtschaft auch nichts, weil sie ohne Umweg zur Schuldentilgung eingesetzt werden müssen. Dafür soll zudem ein Sperrkonto sorgen, auf dessen Einrichtung bei den Verhandlungen vor allem der deutsche Finanzminister bestanden hat.

Um eine funktionierende Verwaltung wiederherstellen zu können, die nach Keitels Aussage auch in der Vergangenheit schon nicht bestanden habe,

“Nur das ganze ist unter der Staatsverkrustung irgendwo aus unserem Blick verschwunden.”  

braucht es Personal, dass sich durch die vielen Aktenberge wühlt und für die sprichwörtliche Ordnung sorgt, auf die vor allem die Deutschen so erpicht sind. Das ändert nur nichts an der Tatsache, dass mit den Sparpaketen das Gegenteil bewirkt wird. Dennoch versuchen Schäuble und Co. der deutschen Öffentlichkeit weiszumachen, dass diese Maßnahmen notwendig seien, um die beliebten Strukturreformen durchführen zu können.

Absurderweise wurde vor dem Bekanntwerden der Missstände, die angeblich unter einer “Staatsverkrustung” verborgen lagen, immer behauptet, die griechische Staatsverwaltung sei viel zu überdimensioniert. In feinstem neoliberalen Neusprech sollte der Eindruck vermittelt werden, der öffentliche Dienst in Griechenland stünde beispielhaft für ein Leben über den Verhältnissen. Nun stellt Keitel selbstkritisch fest, dass man die Begebenheiten in Griechenland wohl eher als charmantes Mittelmeerproblem betrachtet habe. Dennoch bleibt er dabei, dass sich ein Land keine Verwaltung leisten könne, die sich nur mit sich selbst beschäftige.

Das ist auch richtig. Allerdings bedarf es mit Sicherheit einer Verwaltung, in der auch Menschen beschäftigt sind.

EDIT: Das Interview kann hier nachgelesen werden:
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1683495/

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Griechische Wirtschaft bricht dramatisch ein – Finanzministertreffen abgesagt

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Gerade eben wurden noch härtere Sparmaßnahmen beschlossen, die angeblich zu einer geringeren Verschuldung und zu mehr Wettbewerbsfähigkeit führen sollen. Dabei entfalten die bisher umgesetzten Kürzungen in Griechenland weiter ihre brutale und verheerende Wirkung. Die griechische Wirtschaft bricht um 6,8 Prozent im vierten Quartal 2011 ein. Zudem sind mehr als eine Million Griechen (Quote: 20,9 Prozent) ohne Job. Nach dem Willen der EU-Sparfetischisten um Kanzlerin Angela Merkel sollen es in diesem Jahr noch mehr werden, um die Arbeitslosigkeit nachhaltig wieder zu senken.

Deutlicher kann das Scheitern der aufgezwungenen Sparorgie nicht belegt werden. Immer mehr Steuereinnahmen brechen weg, das Staatsdefizit und die Verschuldung des Landes nehmen weiter zu denn ab, wie von denen weißgesagt, die immer noch daran glauben, einen volkswirtschaftlichen Sparerfolg durch das Kürzen von staatlichen Ausgaben erreichen zu können. Angela Merkel sollte zu Recht und persönlich für dieses Desaster verantwortlich gemacht werden.

Sie war es, die Hilfen an Griechenland lange mit der Begründung verweigerte, erst härtere Einschnitte durchsetzen zu wollen. Mit dieser destruktiven Politik stürzte die deutsche Kanzlerin nicht nur die Griechen in eine bedrohliche Situation, die sich nun auch mit Hilfe von Gewalt entlädt, sondern sie verteuerte mit ihrer zögerlichen Haltung das gesamte Rettungsmanöver für alle übrigen Eurozonenmitglieder.

Unterdessen wurde das ursprünglich für morgen angesetzte Gipfeltreffen der Eurozonen-Finanzminister mit der Begründung abgesagt, dass Athen die Bedingungen für ein zweites Hilfspaket noch immer nicht erfüllt habe. Deshalb seien weitere Gespräche zwischen Troika, EZB, IWF und den griechischen Behörden erforderlich.

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Was hat das Senken von Löhnen mit sparen zu tun?

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In Athen wird immer noch über das Sparpaket verhandelt. Wie absurd dessen Inhalt ist, zeigen die Details, die Stück für Stück die Öffentlichkeit erreichen. So soll Griechenland vor allem zustimmen, die Löhne von Arbeitnehmern zu kürzen. Die Rede ist von einem drastisch sinkenden Mindestlohn und von einem Einfrieren der Einkommen in der Privatwirtschaft. Ziel der Übung soll sein, dadurch die Arbeitslosenquote von derzeit mehr als 19 Prozent auf 10 Prozent zu drücken.

Verlangt wird also das Einsparen von Arbeitslosigkeit. Denn für sich genommen, hat das Kürzen von Mindestlöhnen und Einkommen in der Privatwirtschaft überhaupt nichts mit der Haushaltkonsolidierung zu tun, die permanent als Ziel aller Bemühungen ausgegeben wird. Indirekt erhöht sich sogar die Belastung der öffentlichen Kassen, weil niedrigere Löhne ganz konkret auch niedrigere Steuereinnahmen bedeuten. Der Gedanke, der dieses Treiben bestimmt, entspringt zweifelsfrei dem neoliberalen Kartoffelmarktdogma, wonach das drastische Absenken der Löhne die Kosten der Unternehmen vermindere, den Wettbewerb dadurch verbessere und zudem Beschäftigung auf wundersame Weise gefördert werde.

Das Problem dabei ist nur, dass die griechische Wirtschaft wie auch alle anderen in der Eurozone an einer sich verstärkenden Nachfrageschwäche leiden, die politisch vor allem von Deutschland aus befördert wird. Denn wer an Einkommen und öffentlichen Ausgaben spart, spart auch an jenem Motor, der eine Volkswirtschaft antreibt. 

Insgesamt ist von Einsparungen in Höhe von 3,3 Milliarden Euro die Rede. Das Senken von Löhnen hat damit aber nun gar nichts zu tun und soll wohl davon ablenken, dass der Staat vor allem bei den Ausgaben für Renten und Sozialleistungen einsparen soll, die er ja der Logik nach erbringen muss, wenn er das Existenzminimum seiner Bürger garantieren will. Das Senken der Löhne soll dabei die Notwendigkeit eines Konjunkturprogramms ersetzen, für das nach herrschender Lehre kein Geld ausgegeben werden darf.

Am Ende wird der griechische Staat sich aber noch höher verschulden müssen, um das weitere Schrumpfen seiner Volkswirtschaft gegenfinanzieren zu können. Das ist nicht zuletzt auch als Ergebnis der ersten Sparmaßnahmen festzustellen, die das Land schon vorgenommen hat.

Deutscher Staatssekretär schiebt Frust

Für deutsche Bürokraten wie Thomas Steffen sind die andauernden Verhandlungen über den griechischen Selbstmord nur noch frustrierend. Sie wünschen sich einen zügigen Beschluss und stellen fest, dass seit dem Beginn der Krise kaum Fortschritte gemacht worden seien.

“Ich glaube, dass wir heute sagen können, dass wir seit 2010 wenig Fortschritte gemacht haben bei Griechenland”, sagte Steffen am Mittwochabend in Berlin, “erschreckend wenig Fortschritte”.

Quelle: Spiegel Online

Die Führung des Landes sei deutlich verbesserungsfähig und manchmal nicht auf dem “Niveau eines europäischen Landes”, meint der Staatssekretär, dessen Geist offenbar unterhalb des für diese Angelegenheit notwendigen Sachverstandsniveau schwebt. Sonst würde sich Herr Steffen an die Rolle seiner Chefin erinnern, die eine rechtzeitige Lösung der griechischen Misere aus innen- und parteipolitischem Interesse – es galt Landtagswahlen zu bestreiten – lange Zeit verweigerte und somit die Spekulation auf eine Pleite Griechenlands immer weiter anheizte.

Nun sollen nach dem Willen Deutschlands die Löhne in Griechenland sinken oder eingefroren werden. Wahrscheinlich aus der tiefen Überzeugung heraus, dass die Tarifautonomie ein wesentlicher Bestandteil der sozialen Marktwirtschaft ist.

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