Man steht einfach nur fassungslos vor dieser Regierung

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Ich weiß gar nicht mehr, was ich zu diesem Scheiß, den die selbsternannte Volkskanzlerin heute im Bundestag als Regierungserklärung angeboten hat noch schreiben soll. Wenn es nun immer noch jemanden gibt, der nicht merkt, dass diese Regierung und ihre Chefin ahnungslos, konzeptlos und nichtssagend durch die Legislaturperiode stolpern will, dem ist auch nicht mehr zu helfen. Nach der Ansprache heute ist vor allem auch klar, warum die Merkel ihre Regierungserklärung auf den Tag nach dem freudigen Domino-Day legte. Dieses ganze Geschwafel von Freiheit und die mittlerweile schon peinlich wirkende Instrumentalisierung des Mauerfalls treibt einen immer häufiger zur Kotzschüssel, obwohl gar nichts mehr drin ist, im dauerdrehenden Magen.

Ich verstehe auch nicht, wie diese Regierungschefin mit ihrer gequirlten Redescheiße auch noch durchkommt. „Glanzlos wie selten“, kommentiert die FAZ zwar in der Überschrift, doch dann im ersten Absatz mal wieder eine anbiedernde Bewunderung.

„Angela Merkels dramaturgisches Talent beeindruckt. Nur ihr gelingt es, zwischen der (Wieder-)Wahl zur Bundeskanzlerin und der pflichtgemäßen Regierungserklärung sich in Washington von den vereinigten Abgeordneten und Senatoren und in Berlin von den versammelten europäischen Staats- und Regierungschefs feiern zu lassen – und ihren ostdeutschen Landsleuten auch noch das Gefühl zu geben, endlich als die eigentlichen Schöpfer der deutschen Einheit anerkannt zu werden. Nach einem solch virtuosen Zwischenspiel fällt es nicht mehr ins Gewicht, dass das Kanzler-Pflichtprogramm im Bundestag glanzlos wie selten zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik ablief.“

Ich kann es nicht verstehen. Noch schlimmer der Spiegel-Kommentar.

„Angela Merkel demonstriert mit ihrer Regierungserklärung vor allem eines: Entschlossenheit. Sie inszeniert sich als Krisen-Kanzlerin – und macht Anleihen bei Helmut Schmidt. Doch die Macher-Strategie ist in Gefahr.“

Ich kann es nicht verstehen. Auch nicht bei der Zeit.

Merkel gibt die Reformerin light

Angela Merkel bleibt in ihrer Regierungserklärung sehr vage. Und doch könnte sie als schwarz-gelbe Kanzlerin für mehr Veränderung sorgen als viele glauben.“

Ich kann es einfach nicht verstehen. Das waren nur die ersten drei Kommentare, die GoogleNews auf das Stichwort Merkel ausspuckte. Etwas dahinter ein kritischerer Kommentar vom Stern.

Worthülsen en masse

Wie sieht die Politik von Schwarz-Gelb aus? Wer sich von der Regierungserklärung konkrete Antworten erhofft hatte, wurde enttäuscht. Angela Merkel bleibt bei ihrer Vernebelungstaktik.“

Vernebelungstaktik ist genau das richtige Wort. Etwas Greifbares war mal wieder nicht dabei. Eher etwas Verräterisches, wie Oskar Lafontaine erneut scharfsinnig feststellte. Merkel verwendete nämlich die neue NATO-Formulierung vom „Zugriff auf Rohstoffe“, um zu erklären, was sie unter einer Bewältigung der Krise eigentlich versteht.

„Mehr noch: Wir alle müssen verstehen, dass es um weit mehr geht als nur um die Bewältigung der Folgen der Krise in unserer eigenen Volkswirtschaft. Nein, die Karten werden weltweit neu gemischt. Das und nichts anderes ist die Dimension der Krise. Weltweit werden die Karten neu gemischt. Da gibt es eben keine angestammten Marktanteile und Positionen. Wer wird sich den Zugriff auf Rohstoffe und Energiequellen sichern? Wer lockt Investitionen aus anderen Teilen der Welt an? Welches Land wird zum Anziehungspunkt für die klügsten und kreativsten Köpfe?“

Quelle: Vorläufiges Protokoll der 3. Sitzung vom 10. November 2009, Deutscher Bundestag

Das ist schon ein starkes Stück, einen Tag nach der Heuchelei über die Bedeutung einer friedlichen Revolution für die Zukunft. Volker Pispers würde auf Merkel antworten und sagen, dass es der deutschen Regierungschefin offenbar nicht mehr ausreicht, nur die eigenen Rohstoffe und Energiequellen zu sichern, sondern auch jene, die ihr und uns gar nicht gehören. Man könnte Frau Merkel in diesem Punkt auch so verstehen, als wollte sie sagen, dass wir uns künftig auf eine dauerhaft kolonialistisch anmutende Außenpolitik einstellen sollten. Lafontaine warnte in seiner Rede ausdrücklich davor, dass sich Deutschland in solche Kriege zur Sicherung von Rohstoffquellen einspannen lassen könnte.

Bitte die ganze Rede anhören.

Lafontaine bringt mal wieder auf den Punkt, was wirklich geboten wäre. Die Kanzlerin aber begnügt sich mit Allgemeinplätzen, die sie absondern dürfe, während die faktische Kontrolle nach wie vor bei den Akteuren auf den internationalen Finanzmärkten liege, die bestimmen würden, wohin es politisch in diesem Land gehe. Merkel sprach davon, ihre Regierung wolle die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise überwinden. Lafontaine entgegnet deutlich, dass es nicht um die Bewältigung der Folgen gehen könne, wenn man sich gleichzeitig davor verschließe, den Ursachen der Krise auf den Grund zu gehen und entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten.

Stattdessen sollten die Bürger ihr Verhältnis zum Staat überdenken. Eine bodenlose Unverschämtheit von einer Frau, die es einen Tag zuvor noch toll und würdig fand, dass Menschen genau das nicht taten und sogar eine allesversperrende Mauer überwanden, um falsche politische Verhältnisse zu beseitigen. Die Bundeskanzlerin sollte nicht anschließend nach dem Anschluss an eventuelle Analysen Konsequenzen aus etwas ziehen, das sie nachweislich selbst mit verursacht hat, sondern konsequenterweise sofort zurücktreten und ihr Schreckenskabinett gleich mitnehmen. Ich kann gar nicht verstehen, warum sich in der Bevölkerung kein Protest regt. Es ist doch aller höchste Zeit.

Écrasez l’infâme!

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Zu Guttenbergs angebliche Kehrtwende

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Bereits gestern hatte ich über das Bild-Zeitungs-Interview von zu Guttenberg berichtet. Und natürlich ist es so gekommen, dass die Neue Presse Hannover den Bild-Müll einfach übernimmt. Von „Kurskorrektur“ ist die Rede und davon, dass zu Guttenberg vom Krieg spräche. Ganz toll ist natürlich die Überschrift des Kommentars zum Thema „zu Guttenberg“ und nicht etwa zu Afghanistan, von „NP-Hardcore-Horst“ Horst Schmuda:

„Entschlossene Kehrtwende des Neuen“

„Nun haben wir einen Neuen, und dessen bekannte, lobenswerte Neigung, die Dinge deutlicher beim Namen zu nennen, hat in die regierungsamtliche Abwehrfront – um Himmels willen, redet nicht von Krieg – eine ziemliche Bresche geschlagen.

Zwar nähert sich auch zu Guttenberg nur scheibchenweise der Wahrheit, für die Soldaten sei es Krieg, aber er trifft damit das Herz der Truppe, weil es als Einleitung für den Kurswechsel in der Beurteilung des Einsatzes gelten kann.“

Zwei aufeinander folgende sich widersprechende Sätze, die einmal mehr zeigen, wie in diesem Land Meinungsmache betrieben wird. Wie kann man von Entschlossenheit eines Ministers faseln, wenn dieser sich nur scheibchenweise der Wahrheit nähert? Und nähert er sich überhaupt der Wahrheit? Zu Guttenberg spricht doch gar nicht vom Krieg, sondern von kriegsähnlichen Zuständen in Teilen Afghanistans. Sicher, im Begleittext aus dem PR-Büro Slangen & Herholz wird das zwar erwähnt, dennoch ist von Abrgrenzung zum Amtsvorgänger Jung die Rede. Dabei sagt zu Guttenberg nichts anderes. Die Bundeswehr führt keinen Krieg, sondern die Taliban. So hat das Jung auch immer gesagt. Es gibt also keine Kehrtwende, sondern vielmehr eine entschlossene Fortführung der Manipulationshaltung zu Guttenbergs.

Ob als Wirtschaftsminister oder neuerdings als „BE-kämpfungsminister“. Er bleibt der Liebling der Medien – egal wie seine Bilanz auch aussehen mag. Er hat Opel und Quelle überlebt, da werden ihm ein paar tote Soldaten mehr sicher auch nichts anhaben können. Denn laut Schmuda trifft zu Guttenberg das Herz der Truppe. So stirbt es sich sicherlich leichter. Einfach widerlich.

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Merkels Rede vor dem Kongress

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Wie ich gerade meiner Tageszeitung, der Neuen Presse Hannover, entnehme, sei der Auftritt der Bundeskanzlerin vor dem Kongress ganz gut gelaufen. Udo Harms hält aber in seinem heutigen Leitkommentar auf Seite 1 scheinbar kritisch fest:

„Merkel ist den komplizierten Fragen lieber aus dem Weg gegangen. Mehr Hilfe für die USA in Afghanistan? Im Anti-Terror-Kampf? Der Druck der Amerikaner auf Deutschland ist gewachsen, seit mit Obama ein Friedensnobelpreisträger regiert, der Unterstützung für seine Visionen fordern kann.“

So wie immer, nüchtern und ausweichend sei die Kanzlerin gewesen. Doch so ganz ausweichend schien sie dann doch nicht gewesen zu sein, wie die Presse uns Glauben machen will. Wolfgang Lieb von den NachDenkSeiten hat sich die Rede der Kanzlerin genauer angeschaut und kommt zu dem Ergebnis, dass sie ausgerechnet zur militärischen Ausrichtung der nun sicheren Reformvertrags-EU konkreter Stellung bezog als zu Hause.

Merkel gibt ein uneingeschränktes Bekenntnis zur NATO ab, ohne ein Wort darüber zu sagen, wie die Weiterentwicklung des Sicherheitskonzeptes dieses Militärbündnisses aussehen soll. Sie gibt eine Blankovollmacht, dass Europa sich militärisch noch stärker engagieren wird. Es ist schon bemerkenswert, dass sie ein heikles Thema, das im Rahmen der Diskussion über den EU-Verfassungsvertrag stets verschwiegen wurde, nun gerade im Ausland anspricht: nämlich dass dieser Vertrag militärische Kampfeinsätze zum integralen Bestandteil künftiger europäischer Außenpolitik macht (Art. 42 EUV). Merkel sagte unverblümt: „Wir Europäer können dazu (zur NATO) in Zukunft sogar noch mehr beitragen. Denn wir Europäer sind in diesen Wochen im Begriff, unserer Europäischen Union eine neue vertragliche Grundlage zu geben.“

Beim Thema Iran griff Merkel sogar zu unsinnigen Drohgebärden, obwohl sich doch nun endlich eine fruchtbare Dialogbereitschaft auch von Seiten Irans abzuzeichnen begann, die gerade von Deutschland unter Merkel 1.0 auch immer wieder eingefordert wurde. Nun also andere, schärfere Töne. Das hätte man schon mal ansprechen können in der Berichterstattung. Für die Neue Presse berichtete, na sie dürfen raten, richtig, das PR-Büro Slangen und Herholz. Andreas Herholz war mit in Washington und fand nichts Wichtigeres als die rührselige „American Dream-Story“ eines ostdeutschen Mädchens, das nach dem Mauerfall zur Kanzlerin aller Deutschen aufstieg, wiederzukäuen. Okay, ihr Image als Klimaretterin musste auch wieder aufgewärmt werden.

Hier noch mal das Foto mit Merkel vor den Gletschern Grönlands im Jahr 2007, damit wir das vor lauter Krieg und Krise auch ja nicht wieder vergessen.

Die Klimakanzlerin auf Grönland 2007

Jedenfalls dürfen wir auf die erste Regierungserklärung von Merkel am kommenden Dienstag gespannt sein. Ob es da dann auch so viel Freiheitsgebrabbel ohne den Begriff „Soziale Marktwirtschaft“ zu benutzen geben wird oder ein klares Bekenntnis zur neuen Militärmacht Europa?

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Ein Jahr "Écrasez l’infâme!"

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Seit einem Jahr schreibe ich nun hier in diesem Blog. Am 3. November 2008 eröffnete ich noch fröhlich mit einem Beitrag „Der November rockt…„, in der Hoffnung, dass sich vielleicht mal was ändert. Damals konnte man noch mit einer gewissen Heiterkeit an die Verarbeitung des alltäglichen Wahnsinns herangehen. Heute aber weiß man schon gar nicht mehr, was man schreiben soll. So absurd ist die Realität inzwischen geworden.

Nehmen sie das Beispiel zu Guttenberg. Zum Nato-Bericht will er ja nix sagen. Da hat er erstmal jemanden mit beauftragt, den genau zu studieren. Dass die Bundesregierung Druck ausgeübt hat, was den Inhalt betrifft, sei’s drum. Zu Guttenberg hat Wichtigeres zu tun. Zum Beipsiel medienwirksam via Bild-Zeitung zu verkünden, was alle bereits wissen, nur die bisherige Bundesregierung nicht wahrhaben wollte.

„In Teilen Afghanistans gibt es fraglos kriegsähnliche Zustände“.
Quelle: Bild-Interview

Da werden jetzt aber wieder mit einem großen Nichts Punkte gesammelt und die staunende Öffentlichkeit klatscht reflexhaft Beifall, weil sie sich in ihrer wahrscheinlich unsicheren Annahme nun endlich bestätigt sieht.

Der Bundeswehrverband reagierte umgehend positiv auf Guttenbergs Äußerung. Verbandschef Ulrich Kirsch sagte der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Halle/Mittwoch): „Wir sind dem Minister sehr dankbar, dass er die Dinge beim Namen nennt. Dadurch wird der Ernst der Lage deutlich. Unsere Frauen und Männer, die täglich dort im Kampf stehen, sagen, das ist Krieg.“ Der „Leipziger Volkszeitung“ (Mittwoch) sagte Kirsch, Guttenberg sei „eine Chance für die Bundeswehr“. Der Minister zeige, “dass er den Puls der Truppe fühlt“. Dazu gehöre die Erkenntnis, „dass die Soldatinnen und Soldaten, die in Kundus jeden Tag im Kampf stehen, dabei Tod und Verwundung erleben und selber töten müssen, diese Situation als Krieg empfinden“.

Quelle: Focus

Geht’s noch? Aber lesen sie mal das Statement von zu Guttenberg im Wortlaut bis zum Ende.

„Ich will ganz offen sein: In Teilen Afghanistans gibt es fraglos kriegsähnliche Zustände. Zwar ist das Völkerrecht eindeutig und sagt: Nein, ein Krieg kann nur zwischen Staaten stattfinden. Aber glauben Sie, auch nur ein Soldat hat Verständnis für notwendige juristische, akademische oder semantische Feinsinnigkeiten? Und: Manche herkömmliche Wortwahl passt für die Bedrohung von heute nicht mehr wirklich. Ich selbst verstehe jeden Soldaten, der sagt: „In Afghanistan ist Krieg, egal, ob ich nun von ausländischen Streitkräften oder von Taliban-Terroristen angegriffen, verwundet oder getötet werde.“ Der Einsatz in Afghanistan ist seit Jahren auch ein Kampfeinsatz. Wenigstens in der Empfindung nicht nur unserer Soldaten führen die Taliban einen Krieg gegen die Soldaten der internationalen Gemeinschaft.“

Stabsunteroffizier der Reserve zu Guttenberg sagt ziemlich deutlich versteckt, dass die Bundeswehr in Afghanistan keinen Krieg führt, sondern nur die Taliban. Das hat vorher der Jung doch auch gesagt? Nur zu Guttenberg spielt sich als Schein-Intellektueller auf, der in die Niederungen des Alltagsverständnisses hinabsteigt und uns wie den Soldaten eigentlich sagen will, ihr seid alle einfach zu doof, um die juristischen, akademischen oder semantischen Feinsinnigkeiten auch nur ansatzweise zu kapieren. Es ist zwar kein Krieg, aber wenn euer Gefühl halt was anderes sagt, weil ihr nunmal im Gefecht nicht in der Lage seid, den deutlichen Unterschied zwischen schießenden regulären Feindstreitkräften und Taliban-Teroristen zu erkennen, hat von nun an keiner mehr was dagegen. Haften bleibt nun aber die große Geste des telegenen Politstars.

Ist das nun ein Paradigmenwechsel, wie die Bild-Zeitung behauptet und in ihrem Namen zahlreiche andere Medien wohl auch? Sicher nicht. Wie schrieb Egon W. Kreutzer doch so treffend in seinem letzten Paukenschlag:

Da ist er wieder, der windelweiche Abwäger und OPEL-Rettungs-Insolvenz-Prüfer Karl Theodor von und zu Guttenberg, der mit wohlgesetzten Worten solange alles sagt, was das Publikum daraus zu hören glaubt, bis die hinter den Kulissen herangepäppelte normative Kraft des Faktischen „alternativloses“ Regierungshandeln erzwingt – die Aufstockung des deutschen Truppenkontingentes in Afghanistan, zum Beispiel.

Und wie Kreutzer möchte ich im November 1 nach Start dieses Blogs sagen. Mich gruselt.

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Die Neue Presse Hannover und der "FDP-Shootingstar"

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Die heutige Ausgabe der Neuen Presse ist wirklich das Allerletzte. Ich habe bereits einen Beitrag dazu geschrieben. Nun führt auf Seite 3 auch noch Heiko Randermann ein Interview mit dem neuen „Shootingstar“ Philipp Rösler. Beim Lesen der Überschrift verspürt man nun kein misstrauischen Ton oder eine gewisse skeptische Haltung zur von Rösler beabsichtigten Gesundheitspolitik.

Philipp Rösler neuer Shootingstar: „Es ist ein Riesenschritt und kam für mich absolut plötzlich“

Irgendwie scheint Herr Randermann, zuständig für die Landespolitik, den Knall noch nicht vernommen zu haben. Man kennt sich halt, hat lange vertrauensvoll zusammengearbeitet und deshalb ist es nur konsequent, den netten Herrn Rösler auch nicht nach der Radfikalreform zu befragen, sondern danach, ob er nun in Hannover bleiben oder lieber nach Berlin ziehen möchte. Schließlich könnte es ja sein, dass der nette Herr Rösler den sicherlich netten Herrn Randermann irgendwann einmal anspricht, weil er die Zusammenarbeit intensivieren möchte. Könnte ja sein. Denn für deutsche Journalisten ist es nicht sonderlich erstrebenswert, bei einem Politiker kritisch nachzufragen, wie das der niederländische Kollege in der Bundespressekonferenz tat, sondern vielleicht einmal einen Vertrag als Pressesprecher oder Redenschreiber zu unterzeichnen.

Toll fand ich auch einen Nebenkasten zum Interview von einem Mitarbeiter der NP mit dem Kürzel „dir“.

Anfangs etwas Bammel

Noch am Freitagvormittag hatte Philipp Rösler in einem Interview erklärt, er gehe definitiv nicht nach Berlin. Eine Stunde später war alles anders. Um 12 Uhr erfuhr der 36-jährige Hannoveraner, dass er Bundesgesundheitsminister wird. „Der schwierigste Job in der neuen Bundesregierung“, sagt Walter Hirche. Rösler hatte seinen Förderer, der ihn 2000 zum Generalsekretär der Niedersachsen-FDP gemacht und ihm 2006 den Landesvorsitz und vor acht Monaten das Amt des Wirtschaftsministers übertragen hatte, um Rat gefragt. Da war es 17 Uhr. Hirche bat um Bedenkzeit und riet ihm zehn Minuten später, die Chance als erster FDP-Bundesminister aus Niedersachsen zu nutzen. Rösler hatte etwas Bammel. Inzwischen, so Hirche gestern, „hat er die Angst überwunden“. Geholfen hat dabei auch eine personelle Unterstützung: Der Gesundheitsexperte der FDP-Bundestagsfraktion, Daniel Bahr (32), wird sein Staatssekretär. Gespräche der beiden Liberalen könnten schwarz geprägt sein: Beide haben eine Schwäche für Lakritz.

Ist das nicht nett. Bammel, Wortbruch, Lakritz und der „Gesundheitsexperte“ Daniel Bahr, der doch nicht deshalb einer ist, weil er im Beirat der ERGO Versicherungsgruppe und des privaten Versorungsunternehmen DUK.e.V. sitzt? Ich würde jedenfalls nicht widersprechen, wenn man solch einen „Experten“ schlicht als verlängerten Lobbyistenclown bezeichnen würde. Aber egal, der Jugendwahn scheint ausgebrochen. Und mit ihm der Versuch, scheinbare Sympathieträger zu erfinden, unter derem künstlichen Glanz jeder noch so bekloppte politische Scheiß Platz finden soll. Freiherr zu Guttenberg wird künftig den Krieg und die Taliban einfach weggrinsen und einem Philipp Rösler werden wir eine grausame Gesundheitsreform abkaufen, weil uns seine persönliche Lebensgeschichte fast zu Tränen rührt. Und dank Heiko Randermann von der Neuen Presse Hannover wissen wir jetzt auch, dass er seine Frau Wiebke beim Abendessen in zweiter Verhandlungsrunde noch überzeugen musste.

Zu Röslers eigentlicher Aufgabe fragt Randerman nix. Er darf aber auf die Frage nach dem Gefühl, wenn er unter den zu erwartenden Lobbydruck gerät, antworten, dass „wir“ für 80 Millionen Menschen ein vernünftiges und robustes Gesundheitssystem auf den Weg bringen müssen. Worin die Vernunft und die Robustheit nun konkret besteht, will weder Randermann wissen, noch Rösler wahrscheinlich bekannt geben. Gut zu wissen, dass es da aber noch andere Journalisten gibt, die ihren Beruf noch ernst nehmen und sich fern ab von der Personalie Rösler Gedanken darüber machen, was uns mit dem Kopfprämienmodell Schlimmes blühen könnte.

Hörfunkkorrespondent Peter Mücke vom NDR hat dazu einen, wie ich finde, sehr guten Kommentar verfasst, den sie auf tagesschau.de nachlesen können. Kurz, knapp und auf den Punkt. Man hätte natürlich noch deutlicher die von Zensursula von der Leyen getätigte unsinnige Behauptung widerlegen können, dass ein Solidarausgleich übers Steuersystem sozial gerecht sei. Und zwar über die Zusammensetzung des Steueraufkommens insgesamt und die Tatsache, dass der Staat seine Einnahmen immer mehr aus den für alle Einkommensgruppen gleich hohen indirekten Steuern bezieht, denn aus direkten Steuern, die zudem, wie Peter Mücke richtig schreibt, auch noch gesenkt werden sollen und zwar bei den Besserverdienenden sehr viel deutlicher als bei den unteren Einkommensgruppen.

Weitere kritische Kommentare zur gesundheitspolitischen „Wählertäuschung“ aus deutschen Tageszeitungen finden sie zusammengefasst hier.

http://www.netzeitung.de/presseschauen/1500459.html

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Der 11. September hat die Welt nicht verändert…

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Heute jähren sich die Anschläge auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington zum achten Mal und immer wieder wird man mit der Floskel konfrontiert, der 11. September habe die Welt verändert. Der Kampf gegen den internationalen Terrorismus, eine neuerliche Spirale der Gewalt, die Wandlung westlicher Staaten zu Hochsicherheitsgebilden, in denen Bürgerrechte mehr und mehr in Frage gestellt werden, seien Folgeentwicklungen dieser unfassbar dramatischen Ereignisse. Und weil man der Überzeugung ist, der 11. September sei ein epochaler Einschnitt, sprießen auch die Zweifler aus dem Boden, die glauben, in den Anschlägen von New York und Washington ein Muster zu entdecken, das auf eine Verschwörung hinweist.

So berechtigt viele Fragen derer auch sein mögen, die an einen inszenierten Terrorismus glauben, so berechtigt der Drang nach Aufklärung der Widersprüche auch ist, um etwas über die Hintergründe in Erfahrung zu bringen, so unbrauchbar sind diese Bemühungen dann aber auch im Ergebnis. Es spielt nämlich überhaupt keine Rolle, wer für die Anschläge verantwortlich zeichnet. Denn nicht der 11. September veränderte die Welt, sondern die Jahre 1989/90. Das Ende der bipolaren Welt war ein viel größerer Schock, als es der 11. September je hätte sein können. Der Politologe Francis Fukuyama sprach in seinem Buch „Das Ende der Geschichte. Wo stehen wir?“ in Anlehnung an den großen Hegel sogar vom Ende derselben, meinte aber genauer das Ende totalitärer Systeme.

Der Kabarettist Volker Pispers sagte einmal sehr treffend, den USA sei mit der Sowjetunion und dem Ostblock als Ganzes 1990 einfach so der Feind davon gelaufen und mit dem nun neu ausgerufenen Kampf gegen den internationalen Terrorismus würde das so schnell nicht wieder passieren. Entscheident ist aber nicht der 11. September 2001, sondern die Entwicklung einer Gesellschaft unter der Bedingung globaler Gleichzeitigkeit seit 1990. Mit der Auflösung der Sowjetunion mussten nicht nur Militärbündnisse neu definiert werden, sondern auch ein Verständnis von Geschichte.

Die Tatsache, dass Deutschland heute aktiv im Kampf gegen den Terrorismus sogar den Abwurf von Nato-Bomben in einem Land irgendwo auf der Welt befehligen kann, rührt nicht daher, dass es ein bestimmtes Bedrohungsszenario gibt, auf welches man zu reagieren habe, sondern daher, dass in das neue vereinigte Deutschland nach 1990 ein Stück Normalität zurückkehren konnte, die glaubhafter zu sein schien, „als jene, die Ludwig Erhard in den sechziger Jahren oder Helmut Kohl in den achtziger Jahren herbeireden wollten.“ (zit. nach Franziska Augstein: Deutschland. Nationalsozialismus und zweiter Weltkrieg – Berichte zur Gegenwart der Erinnerung)

Die direkte Folge von Auschwitz, die deutsch-deutsche Teilung war Geschichte und nur allzugern startete man den Versuch, auch die Bewältigung der nationalsozialistischen Vergangenheit gleich mit zu entsorgen. Nach 1990 trat ein neues politisch zur Schau getragenes Selbstbewusstsein zu Tage, aus dem heraus sich in der Ära Rot-Grün schließlich auch der Drang nach einem ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen äußern sollte. Eine neue Souveränität sozusagen, die es erlaubte, mit den Weltmächten nunmehr auf Augenhöhe zu sein. Unkritisch übernahm man 1992 zum Beispiel die Änderungen zum NATO-Vertrag und erklärte sich damit einverstanden, innerhalb des Bündnisses auch an so gennannten „Out of Area“ Einsätzen teilzunehmen. Erst diese Vereinbarung machte den Krieg unter NATO-Flagge im Kosovo 1999, der weder durch die Feststellung eines Bündnisfalls, noch durch ein UN-Mandat gedeckt war, möglich.

Neben der militärischen Entwicklung seit 1990 sollte man aber auch die Neuausrichtung ökonomischen Handelns zur Kenntnis nehmen, für das die militärische Option nach dem Wegfall eines gleichstarken Gegeners nunmehr als Werkzeug zur Verfügung steht. Die derzeitig stattfindende Weltwirtschaftskrise ist ebenfalls ein Produkt der Jahre 1989/1990. Denn ohne den Zusammenbruch der sowjetischen Hegemonie, ist die gleichzeitige globale Vernetzung, aus der die Regierungen dieser Welt, unter dem Schlagwort „Globalisierung“, konstruierte Sachzwänge herleiteten, um mit Hilfe angeblich notwendiger Reformen, einem globalen Finanz-Kasino die benötigten Barmittel zu verschaffen, nicht vorstellbar. Die soziale Marktwirtschft ist unter diesen neuen Bedingungen wahrhaftig an ihr Ende geraten. Ihre Beschwörung zum Zwecke der Täuschung indes noch lange nicht.

Fukuyama hatte also unrecht, indem er den alten Hegel-Satz vom Ende der Geschichte bemühte. Er konnte auch nicht richtig sein, weil Hegel selbst schon falsch lag, als er die bürgerliche Gesellschaft erkannte und nach den unvernünftigen Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnissen nun die Vernunft in der Dämmerung heraufziehen sah. Marx widerlegte Hegels Gedanken vom „Ende der Geschichte“, in dem er die bürgerliche Gesellschaft zu sezieren und deren Widersprüchlichkeit und Krisenhaftigkeit anhand des Klassenbegriffs zu bescheiben begann. Während der Teilung der Welt in Ost und West hatte die Auseinandersetzung mit Marx Hochkonjunktur. Nach 1989/1990 galt er mit dem Scheitern des sozialistischen Versuches als widerlegt und seine Theorie ging mal wieder verloren.

Der 11. September 2001 ist kein Datum, von dem ausgehend man die jetzige Wirklichkeit beschreiben könnte. Die Chiffre 9/11 überstrahlt die gesellschaftliche Realität und blendet das Auge des Betrachters, dem unter Umständen die Frage nach den Steuermännern in den Flugzeugen wichtiger erscheint, als die Frage nach dem gesellschaftlichen Prozess. Die schockierende Orientierungslosigkeit nach 1989/1990 ist aber das bestimmende Ereignis, das den Anschlägen vom 11. September vorausgeht. Hegels Theorie lässt sich auf den Begriff, das Ganze ist das Wahre und immer mehr als die Summe seiner Teile, verdichten. Die Teilwahrheit, so richtig sie auch erscheinen mag, ist immer falsch.

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Neues aus der Anstalt – Oberstleutnant Sanftleben und die Tassenfrage

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Die gestrige Sendung Neues aus der Anstalt war mal wieder ein Highlight. Für mich besonders herausstellenswert war der Auftritt von Oberstleutnant Sanftleben, der mit Erwin Pelzig zunächst ein kleines Bilderrätsel veranstaltete. Richtig oder Falsch? Die Kanzlerin verlieh am 6. Juli 2009 zum ersten Mal die neue Tapferkeitsmedaille der Bundesrepublik, die Verteidigungsminister Jung am 13. August 2008 gestiftet hatte, unter anderem an einen Hauptfeldwebel der Bundeswehr. Welcher Fehler verbirgt sich nun in diesem Bild?

Anstalt

Pelzig wusste es nicht, bekam darüber hinaus aber einen köstlichen Anfall, bei dem er sich über den Militäreinsatz in Afghanistan aufregte. Frage an Sanftleben: „Wie war das denn mit den Tanklastzügen.“ Pelzig habe immer gedacht, die Bundeswehr bohre in Afghanistan Brunnen, doch nun sei man wohl auf Öl gestoßen. Vor dem Bild der Orden verleihenden Kanzlerin verlangt Pelzig vom Oberstleutnant eine Erklärung für den siebenjährigen Einsatz, der viel Geld kostet, viele Soldaten benötigt und zahlreiche Opfer fordert. Schließlich müsse man ja aktuell erfahren, dass eine Wahl dort total gefälscht wurde und ein korruptes Regime von uns Unterstützung erhält. Mit der Aufforderung endlich Antworten zu geben, reißt Pelzig dem Oberstleutnant vor Wut die Knöpfe vom Anzug und geht ab.

Sanftleben sieht die Heimatfront bröckeln und klärt dann erst einmal in Ruhe das Bilderrätsel auf. Falsch an dem Bild sei die Kanzlerin. Denn die Verleihung militärischer Ehrenabzeichen obliegt in Friedenszeiten ausschließlich dem Bundesverteidigungs-minister. Die Kanzlerin dürfe solche Orden nur im Kriegsfalle verleihen, weil sie dann den Oberbefehl über die Streitkräfte inne hätte. Mit dem Satz: „Das Bild kann weg.“ beendete Sanftleben dann die Tassenfrage, um dann etwas über den Kriegsbegriff im Verständnis unserer Verfassung zu referieren. Einfach genial, wie der Oberstleutnant erklärt, warum sich der Verteidigungsminister so sehr scheut, das Wort Krieg zu benutzen. Weil er keine Eier hat, wie Oli Kahn sagen würde.

Denn in unserem Grundgesetz steht im Artikel 26 das Verbot, einen Angriffskrieg zu führen oder an einem solchen teilzunehmen. Zuwiderhandlungen sind unter Strafe zu stellen. Die Bundesregierung müsse nun halt die Eier haben, dass Verbot entweder abzuschaffen oder sich stolz hinter diesen Artikel zu stellen. Dann müssten die Soldaten auch nicht blöd als Feiglinge auf dem Gefechtsfeld herumeiern, sondern könnten sagen, sie seien die Vertreter eines Verfassungsauftrages. Die Regierung könne aber auch den Verteidigungsfall nach Artikel 115 Grundgesetz ausrufen, um von Krieg sprechen zu können. Dann fielen aber solange die Bundestagswahlen aus, wie der Verteidigungsfall andauere. Da könne man sich gut vorstellen, so Sanftleben, dass der Abzugsbefehl für Afghanistan recht zügig ausgestellt würde. :)) :)) :)) :)) :))

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Die deutsche Afghanistan-Politik passt nicht zur beabsichtigten deutschen Innenpolitik

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Immer wieder tauchen Vorschläge auf, die Bundeswehr auch im Innern einzustzen. Und damit ist jetzt Deutschland gemeint und nicht Afghanistan. Zuletzt wurde auf eine kleine Anfrage der Linkspartei im deutschen Bundestag durch die Bundesregierung bestätigt, dass man sich in Zukunft durchaus das Szenario vorstellen könne, die Bundeswehr zum Beispiel auch bei Streiks oder Massendemos im Rahmen der zivil-militärischen Zusammenarbeit (ZMZ) einzusetzen. (Anmerkung at: Leider fehlt in dem oben verlinkten Dokument die Antwort der Bundesregierung. Da sind nur weiße Blätter gespeichert. Ich hoffen nicht mit Absicht. Alternativ können sie sich beispielsweise auf der Hintergrund-Seite über die Antwort der Bundesregierung informieren.)

Irgendwie passt das nicht zur Afghanistan-Politk. Im Bundestag wird gerade darüber debattiert. Da schwafeln die Verantwortlichen plus Opositionsführer Westerwelle einvernehmlich davon, dass man in Afghanistan unbedingt den Aufbau ziviler Sicherheitsstrukturen, will sagen Polizei, weiter unterstützen müsse. Diese Aufgabe sei die Wichtigste überhaupt. Schließlich müsse Afghanistan so schnell wie möglich selbst für Stabilität sorgen können, was schlussendlich der Sicherheit und Freiheit Deutschlands zu Gute käme.

Wenn man sich dann aber die Absichten derselben Leute vor Augen führt, in Deutschland bestehende zivile Sicherheitsstrukturen eben nicht zu verbessern, um sie dann aber bequem durch militärische zu ergänzen, ist das schon ein starkes Stück bzw. eine gewaltige Glaubwürdigkeitslücke innerhalb des eigenen Weltbildes. Diesen Widerspruch müssen die Hardliner in der Bundesregierung mal erklären. Insbesondere Wolfgang Schäuble, der einerseits für die innere Sicherheit Deutschlands und für den Aufbau einer inneren Sicherheit in Afghanistan Verantwortung trägt.

Wirklich beschämend. Hoffentlich kommt kein anderes Land auf die Idee, bei uns den Aufbau und eine Verfestigung von zivilen Strukturen mit Hilfe militärischer Absicherung umsetzen zu wollen. Man weiß ja nie, wohin sich diese verrückte Welt noch dreht. ;)

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TV-Tipp: Neues aus der Anstalt – Folge 27

Geschrieben von:

Heute ist mein 30. Geburtstag und ich habe mich gestern gefragt, was mir der heutige Tag so bringen würde. Bei Wikipedia zum Beispiel schlägt man dann nach, um zu schauen, welch große Ereignisse es an diesem Tag in der Weltgeschichte gegeben hat. Da fand ich auf Anhieb nichts Spannendes. Dann fiel mir natürlich wieder ein, dass heute der Deutsche Bundestag abschließend über die Korrektur des Begleitgesetzes zum EU-Reformvertrag abstimmen wird und damit auch formal den Weg für die endgültige Ratifizierung eines Vertrages frei macht, der noch immer Regelungen in zahlreichen Zusatzprotokollen enthält, die meiner Meinung nach nicht mit dem Grundgesetz und der Demokratie vereinbar sind. Davor will unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Regierungserklärung noch etwas zu der durch einen deutschen Befehl angeordneten Bombardierung eines Tanklastzuges in Afghanistan sagen. Das passt dann auch irgendwie alles zusammen.

Wie froh war ich dann, als ich gestern bei Freunden erfuhr, dass mir das ZDF heute ein wirklich tolles Geschenk macht. Die Kabarett-Sendung „Neues aus der Anstalt“ mit Urban Priol und Georg Schramm kehrt aus der langen Sommerpause zurück. Wie gewohnt live um 22:15 Uhr direkt nach dem heute-journal. Neben dem unerwartet schönen Wetter, ist das die beste Nachricht am heutigen Tage. Zu Gast sind Malmsheimer, Schmickler und Pelzig. Eine Topbesetzung würde ich sagen. Als kleinen Vorgeschmack auf den zu erwartenden cholerischen Anfall von Schmickler hänge ich hier mal einen Beitrag von ihm vom 5. September an. In der Sendung Mitternachtsspitzen im WDR-Fernsehen hat er einen ganz besonderen Wahlaufruf gestartet:

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Erbärmliches im heutigen Presseclub der ARD

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Heutiges Thema waren rot-rote Bündnisse – SPD und Linke nähern sich an, so der Untertitel der Sendung, die gerade zu Ende gegangen ist. Und man fragt sich verwundert, ob die versammelten Journalisten irgend wann mal zum Kern des Problems vorstoßen werden. In der anschließenden Nachgefragt-Sendung mussten dann schließlich die Zuschauer entscheidende Fragen stellen, auf die die versammelte Gehirnmasse beim Wälzen taktischer Analysen nicht zu kommen schien. Ab wann sei denn eine Wahl überhaupt noch legitim, wenn die Wahlbeteiligung stetig abnehme und warum akzeptiere man den Wählerwillen nicht und insbes. die Linkspartei als normale Machtalternative nicht, wenn man denn nun schon durch die Behandlung der Grünen weiß, dass eine Ausgrenzung nichts bringt.

Heraus kam leider nur die plumpe Aufforderung an die Nichtwähler doch zur Wahl zu gehen bzw. die Feststellung, dass es auf Bundesebene nun einmal ganz große Unterschiede zwischen SPD und Linkspartei gäbe, die unüberwindbar seien. Außenpolitik, Agenda 2010 und Rente mit 67 wurde da genannt. Da müsse sich die Linkspartei erst noch bewegen, so die irrige Botschaft. Zunächst einmal gibt es vielmehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Über den Mindestlohn wurde überhaupt nicht gesprochen. Gebührenfreier Bildungszugang, Besteuerung der Reichen etc. Das spielte alles in der Sendung keine Rolle. Eine wirklich erbärmliche Aufbereitung der Wirklichkeit. Und wieso sollte sich die Linkspartei auf die SPD zubewegen, wenn eine breite Mehrheit der Bevölkerung die aufgeworfenen Sachfragen der Linkspartei unterstützt.

Lustig fand ich die bescheurte Frage des Moderators, was denn nun, theoretisch gedacht, geschehen würde, wenn es am 27. September zu einer rot-rot-grünen Mehrheit reichen sollte. Würde dann die Machtgeilheit zu diesem Bündnis führen. Daraufhin mussten sogar die Journalisten einräumen, dass es diese Konstellation schon längst gibt. Und da hätte man in der Runde endlich mal eine Diskussion darüber führen können, ob das Gerede über ein rot-rotes Schreckgespenst auf Bundesebene in der Vergangenheit nicht völlig an der Realität vorbeigegangen ist. Oder man hätte schließlich danach fragen können, warum die SPD wesentliche Punkte ihres Wahlprogramms, wie die Durchsetzung des Mindestlohns nicht schon längst mit der zur Verfügung stehenden Mehrheit im Bundestag beschlossen hat.

Aber nein. Es wird weiter das absurde Spiel Wählertäuschung betrieben. Selbst beim Thema Außenpolitik hätte man sich mal kritisch hinterfragen sollen, ob angesichts eines von der Bundeswehr angeordneten Bombardements in Afghanistan, bei dem auch zivile Opfer zu beklagen sind, die Position der Linkspartei völlig abwegig ist. Wer hat denn im Wahlkampf 2002 mit seiner vernünftigen Forderung „NEIN zum Irak-Krieg“ die Wahl gewonnen? Dann hätte man noch einen Widerspruch bei der SPD in Bezug auf die Abgrenzung zur Linkspartei hinsichtlich des Verständnisses über den EU-Vertrag aufwerfen können. Egon W. Kreutzer hat das mal gemacht und Erstaunliches in seinem Paukenschlag festgestellt.

„Wenn Frank Walter Steinmeier einerseits, in Unkenntnis (schlimm, schlimm!) oder unter Missachtung hört, hört!) geltenden EU-Rechts im Wahlkampf erklärt, an die OPEL-Rettung müsse die Standortgarantie für alle vier deutschen Standorte geknüpft werden, dann vertritt FWS damit durchaus in einer wünschenswerten Weise einen patriotischen Standpunkt.

Wenn die LINKE andererseits, in Kenntnis der unsäglichen Details des Vertragswerks von Lissabon vor dem Verfassungsgericht gegen dieses Vertragswerk klagt und die Annahme dieser noch weitergehenden Auflösung deutschen Rechts von einer Volksabstimmung abhängig machen will, und damit ebenfalls in einer wünschenswerten Weise einen patriotischen Standpunkte vertritt —

der gleiche Frank Walter Steinmeier diese LINKE aber genau deshalb auf Bundesebene für nicht koalitionsfähig erklärt – und damit nicht weniger tut, als den von einer Mehrheit der Wähler angestrebten Politikwechsel schon vor der Wahl zu blockieren, dann vertritt FWS damit einen Standpunkt, der zu einem seiner anderen Standpunkte in so grobem Widerspruch steht, dass man sich fragt, ob hinter diesen gegensätzlichen Standpunkten wirklich und wahrhaftig die gleiche Person stehen kann.“

Man muss sich also die Frage stellen, für wen arbeitet die SPD-Führung.

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