Militär: Wofür wir Geld ausgeben

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In der FTD findet sich ein sehr interessanter Bericht über die Kosten neuen Kriegsgeräts für die Bundeswehr. Insgesamt 50 Mrd. Euro werden da für Flugzeuge, Hubschrauber, Schiffe, U-Boote und neue Abwehrsysteme ausgegeben.

Airbus A400M: Die als Erstkunden auftretenden sieben europäischen Länder hatten mit Airbus für den Lieferumfang von 180 Maschinen einen Festpreis von 20 Mrd. Euro vereinbart. Doch die Kosten des Flugzeuges sind nach neuen Schätzungen auf über 30 Mrd. Euro gestiegen. Airbus fordert daher weitere Milliarden von den Bestellländern. Bis Ende Januar wollen die beteiligten Länder darüber entscheiden.

Der Puma, ein Gemeinschaftsprojekt von Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann, gilt als wichtigstes Projekt der Modernisierung der Heeresausrüstung der Bundeswehr. Insgesamt sollen 405 Exemplare im Wert von 3,1 Mrd. Euro beschafft werden.

Eurofighter: Dem Plan zufolge sollten von der von Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien entwickelten Gemeinschaftsproduktion 620 Flugzeuge gebaut werden. Experten taxieren den Preis pro Eurofighter – ohne Waffen und Wartung – auf gut 100 Mio. Euro, der Bundestag hat für die Einführung des Jets bislang insgesamt 14,6 Mrd. Euro bewilligt. Insgesamt sind für das komplette Eurofighter-Programm nach der Bundeswehrplanung 21,7 Mrd. Euro budgetiert.

Fregatte 125: Für das F-125-Programm bewilligte der Haushaltsausschuss des Bundestages trotz Kritik des Bundesrechnungshofes 2,7 Mrd. Euro – rund 656 Mio. Euro pro Schiff.

Hubschrauber NH-90: Das Beschaffungsprogramm für die 38 deutschen Exemplare der NH-90 wird auf 4,03 Mrd. Euro beziffert, allein die Entwicklung der Maschine kostete 2,5 Mrd. Euro.

U-Boote der Klasse 212A: In der Bundeswehrplanung 2009 waren für die Beschaffung von zwei weiteren U-Booten des Typs 212A insgesamt 929 Mio. Euro vorgesehen.

IT-Projekt Herkules: Für Herkules sollen binnen zehn Jahren insgesamt 7,1 Mrd. Euro ausgegeben werden, allein 2009 waren es 622 Mio Euro.

Unbemanntes Aufklärungsflugzeug Talarion: Das gesamte Talarion-Projekt – der Name leitet sich von den Flügeln an den Sandalen des griechischen Götterboten Hermes ab – würde für Entwicklung und Beschaffung 2,9 Mrd. Euro kosten.

Flugabwehrsystem Meads: Allein die Entwicklungskosten stiegen letzten Schätzungen von Mitte 2009 auf 1,25 Mrd. Euro. Einmal einsatzbereit, soll das die Beschaffung des Systems noch einmal 2,85 Mrd. Euro kosten.

Quelle: NachDenkSeiten

Übrigens: Der Afghanistan-Einsatz wird in diesem Jahr auch teurer. Mit 785 Millionen Euro leisten wir uns etwa 215 Millionen Euro mehr als letztes Jahr. Toll. Wie sagte Freigeist zu Guttenberg doch heute so schön im Anschluss an sein Treffen mit Frau Käßmann?

„Wichtig ist es, dass die Soldaten Anerkennung in der Gesellschaft erfahren. Das hat die Frau Bischöfin genauso gesehen.“

Zahlen sind im Krieg halt nicht so wichtig, außer bei dem ebenfalls seit Jahren tobenden inneren Krieg gegen Arbeitslose. Und der Frau Bischöfin ist das inzwischen wohl auch egal.

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Käßmann trifft zu Guttenberg – Na, was da wohl raus kommt?

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Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Margot Käßmann, hatte in ihrer viel beachteten Neujahrsansprache ordentlich auf den noch neuen Putz der Dresdner Frauenkirche gehauen und der politischen Elite dieses Landes gehörig die Leviten gelesen. Unter anderem auch zur Afghanistan-Strategie der Bundesregierung.

„Nichts ist gut in Afghanistan. All diese Strategien, sie haben uns lange darüber hinweggetäuscht, dass Soldaten nun einmal Waffen benutzen und eben auch Zivilisten getötet werden.“

Vor Weihnachten war sie in einem HAZ-Interview (siehe u.a. tagesschau.de) noch deutlicher geworden und sagte wörtlich:

„Auch nach den weitesten Maßstäben der Evangelischen Kirche in Deutschland ist dieser Krieg so nicht zu rechtfertigen.“

Krawumm. Das hatte gesessen im tief religiösen Politikerdeutschland. Nun können wir uns alle sicherlich denken, was bei dem Treffen herauskommt. Man wird sich aufeinander zubewegen. Freigeist zu Guttenberg wird Verständnis heucheln und dennoch nie sagen, dass der Krieg nicht zu rechtfertigen wäre und Frau Käßmann wird ihre Position revidieren und den deutschen Beitrag zum Wiederaufbau des Landes würdigen. Damit wäre die Kuh dann wieder vom Eis.

Auf tagesschau.de können sie so etwas Ähnliches bereits als Ergebnismeldung lesen. Einfach nur lachhaft.

Alle Teilnehmer seien sich einig gewesen, dass der Dialog weitergeführt werden müsse, sagte EKD-Militärbischof Martin Dutzmann dem Radiosender NDR Info. Zudem wurde vereinbart, dass Guttenberg demnächst auf einer Akademietagung der evangelischen Kirche sprechen und Käßmann ihrerseits eine Rede vor der Führungsakademie der Bundeswehr halten wird.

Und weil der Vorgang nicht schon so absurd genug ist, wird uns heute nach jeder Meldung über das Treffen von Käßmann und Gutti eine weitere Meldung zum Thema Afghanistan um die Ohren gehauen. Eine Umfrage im Auftrag der Sender WDR, ABC und BBC unter der afghanischen Bevölkerung habe tolle Ergebnisse ergeben. „Die Afghanen sehen ihr Land auf dem richtigen Weg.“, heißt es da zusammengefasst. Eine Verbesserung der Stimmung in der afghanischen Bevölkerung wird von den Forschern natürlich so kommentiert:

Dieser Optimismus passt so gar nicht zur Stimmung in den USA und Europa, wo kaum noch jemand auf eine positive Entwicklung am Hindukusch setzt und sich die Debatten deshalb auf einen schnellen Ausstieg aus einem vermeintlich gescheiterten Abenteuer konzentrieren.

Was soll mit dieser Umfrage eigentlich bezweckt werden? In den soeben zitierten Sätzen finden sie wohl die Antwort. Aber lesen sie sich ruhig auch die gesamte Analyse durch. Einfach nur realitätsfremd. Diese Umfrage belegt einmal mehr, dass man die dusselige Fragerei nach der Beliebtheit von Bundespolitikern noch toppen kann.

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Achtung NRW-Wahl! Die Linke wird wieder zum Thema

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Erst war es Bodo Ramelow, der angeblich eine Führungsdebatte lostrat, nun ist es Dietmar Bartsch. Seit gestern wird wieder scharf gegen links geschossen. Denn in Düsseldorf wackelt Schwarz-Gelb. Da müssen die scheinbürgerlichen Medien etwas tun. Der Stern (den Link können sie sich selbst raussuchen bzw. wird das Thema morgen eh überall Nummer 1) will erfahren haben, dass der Bundesgeschäftsführer der Linken Dietmar Bartsch über das Privatleben des an Krebs erkrankten Parteichefs Oskar Lafontaine mit dem Spiegel geplaudert haben soll. Sie wissen schon, die Sache mit Sahra Wagenknecht. Ich dachte immer, den Scheiß hätte sich der Fakten-Markwort zurechtgesponnen. Aber das ist ja auch egal. Nun sollen Briefe aus den Landesverbänden NRW und BaWü aufgetaucht sein, in denen sich über Bartsch beklagt und angeblich dessen Rücktritt gefordert wird.

Darüber hinaus will man beim Stern genau wissen, dass das Verhältnis zwischen Lafontaine und Bartsch zerüttet sei. Offensichtlich gründet man diese Behauptung mal wieder auf eine dünne Faktenlage. Denn es wird darauf Bezug genommen, dass Bartsch einmal gesagt habe, er gehe nicht mit allen Positionen Lafontaines konform. Das klingt natürlich sehr stark nach zerütteten Verhältnissen.

Denken sie sich ihren Teil. Die Glaubwürdigkeit der Linkspartei wird medial in Zweifel gezogen, während Frau Merkel in ihrem Schweigen zu allem unbehelligt bleibt. Ich lese nichts darüber, wie es um ihre Glaubwürdigkeit und die ihrer Regierungen bestellt ist, die es beispielsweise zu verantworten haben, dass die Öffentlichkeit über den Vorfall in Kunduz getäuscht wurde und immer noch wird. Als zu Guttenberg von seiner Partei gar als zweiter Vizekanzler vorgeschlagen wurde, habe ich mich gefragt, ob ich den Freispruch des mehr oder weniger geheim tagenden Untersuchungsausschusses verpasst habe. Aber das ist ja alles kein Thema für unsere Top-Journalisten.

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Hintergrund: "Der Weihnachtsbomber als Kriegsvorwand"

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So lautet der Titel eines aktuellen Artikels im Hintergrund. Die Einleitung klingt einmal mehr sehr verschwörungstherotisch. Als Auftakt für einen Thriller äußerst brauchbar. Taugt das Stück aber auch als Beitrag zur Enthüllung der Realität?

Der vermeintliche Terroranschlag des Nigerianers Umar Farouk Abdulmutallab auf dem Northwest-Flug 253 von Amsterdam nach Detroit am 25. Dezember 2009 kommt der US-Regierung gerade gelegen. Er bietet einen Vorwand für verschärfte Kontrollen bei US-Flügen und eine Ausweitung der technischen Überwachung von Fluggästen durch „Nackt-Scanner“, liefert eine Begründung dafür, die Bürgerrechtseinschränkungen des zum neuen Jahr teilweise auslaufenden Patriot Acts doch noch beizubehalten (1) und stärkt jene Stimmen in der Administration, denen eine Schließung des US-Folterlagers Guantanamo ein Dorn im Auge ist.

Fakt ist, dass eine Sicherheitsdebatte im vollen Gange ist, die durch den neuen PR-Gag von al-Qaida mit Namen „Terror in der Unterhose“ ausgelöst worden ist. Inwiefern nun ein Zusammenhang darin besteht, dass Teile des Patriot Acts auslaufen und die Schließung von Guantanamo allmählich zu einem nimmer endenden Schrecken zu werden droht, kann keiner wissen. Auch der nun vorliegende Vorwand, gegen terroristische Kräfte im Jemen vordergründig aktiv zu werden, um hintergründig die Kontrolle über den Zugang zum Roten Meer zu erhalten, um damit wiederum den Iran zu schwächen, klingt nicht sehr überzeugend. Dazu müsste man ja gerade Beweise anführen, dass der verrückte Unterhosen-Bomber mit den amerikanischen Behörden gemeinsame Sache gemacht habe. Doch es bleibt eher bei Vermutungen, die zwar geschickt ins Bild gerückt zu den Fakten passen, aber eben nicht automatisch sich selbst verifizieren.

Viele Anzeichen sprechen dafür, dass es sich bei dem Anschlagsversuch möglicherweise wieder einmal um eine Operation eines der US-Geheimdienste unter falscher Flagge gehandelt hat. Sicher ist auf alle Fälle: Obwohl den Diensten alle persönlichen Daten des nigerianischen Studenten längst bekannt waren, wurden Warnungen im Vorfeld des Anschlags einfach ignoriert.
Die CIA hat zugegeben, dass sie bereits seit August erste Warnungen erhalten hatte. Sie kannte Namen und Passnummer des Mannes, nachdem sein Vater, ein nigerianischer Banker und Ex-Minister, die US-Botschaft in Nigeria vor terroristischen Absichten seines Sohnes bei dessen anstehender US-Reise gewarnt hatte.

Vielleicht sind die amerikanischen Behörden auch einfach nur zu dusselig oder schlicht überfordert, wie man heute wieder sehen konnte.

Chaos nach Sicherheitspanne an US-Flughafen

Eine Sicherheitspanne am New Yorker Flughafen Newark hat ein stundenlanges Chaos ausgelöst. Nach Angaben der amerikanischen Flugsicherheitsbehörde war ein Mann in den Sicherheitsbereich gelangt, möglicherweise ohne vorher kontrolliert worden zu sein. Das betroffene Abfertigungsgebäude wurde geschlossen, tausende Passagiere mussten erneut durch die Kontrollen.

Quelle: Zeit-Online

Bei dem Unterhosen-Bomber war es doch auch nicht einfach nur so, dass er den Behörden bekannt sein musste, weil er auf einer Liste stand und sein Vater im Vorfeld Warnungen über die Gefahr, die von seinem Sohn ausgehen würde, aussprach. Ein Sprecher sagte damals, dass diese zahlreichen schwarzen Listen einfach viel zu viele Namen enthielten und es schier unmöglich sei, jeden potenziell Verdächtigen auf dem Abwehrschirm zu behalten. Das ist auch einleuchtend wenn man übertriebenes Sicherheitsdenken mit Begriffen wie Finanzkrise und Personalnot kombiniert. Der Hintergrund zaubert aber ein, wie ich zugeben muss, schönes Stück aus viel Rauch und ein wenig Feuer. Spannend zu lesen, aber auch der Wahrheit entsprechend? Ich bleibe da eher skeptisch.

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Warum es nicht "Krieg" heißen darf

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Bundestagspräsident Norbert Lammert hat nun erklärt, warum die Regierung den Afghanistan-Krieg nicht als Krieg bezeichnet. Weil die Lebensversicherungen der Soldaten nicht zahlen würden, wenn es offiziell ein Kriegseinsatz sei.

Der Parlamentspräsident verwies auf die rechtlichen Auswirkungen, die sich aus der Begrifflichkeit einer kriegerischen Auseinandersetzung ergäben. Lammert nannte als Beispiel Lebensversicherungsansprüche, die für Soldaten entfallen könnten.

Deshalb wünsche er sich «auch von den Medien etwas mehr Sorgfalt in der zu schnellen Kritik vermeintlich verschleiernder Begrifflichkeiten».

Quelle: Open Report

Da hat der Lammert aber einen tollen Grund gefunden. Die Versicherungen zahlen doch schon längst nicht mehr. Im letzten Sommer konnte man bereits lesen, dass mindestens in 21 Fällen die Versicherer die Auszahlung unter dem Verweis auf die sog. Kriegsklausel verweigerten und der Bund einspringen musste. So viel ich weiß, wurde zu diesem Zeitpunkt offiziell weder von Krieg noch von kriegsähnlichen Zuständen gesprochen. Schon der Versager Jung hatte mal darauf hingewiesen, dass versicherungstechnische Gründe seine Zunge leiten würden. Wenn sie mich fragen, klingt das alles total bescheuert und verlogen. Falls sich der Bund aus seiner Verantwortung stehlen und sich die Versorgung von Hinterbliebenen sparen will, ist das zutiefst zu verabscheuen wie der ganze Kriegseinsatz überhaupt.

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Wie sie die feierlichen Ansprachen verstehen müssen

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An dieser Stelle möchte ich gar nicht so sehr auf den belanglosen Inhalt der beiden Ansprachen unserer politischen Gallionsfiguren Köhler (Weihnachten) und Merkel (Silvester) eingehen, sondern einfach mal Formulierungen gegenüberstellen, die sozusagen zum Grundgerüst feierlicher Ansprachen im Jahr 2009 zählten. Es geht um die Verwendung der Wortpaare Mauerfall und Freiheit und ihre Funktion im Kontext der Aussagen.

Zunächst bei Köhlers Weihnachtsansprache: Dort findet sich zu Beginn folgende Formulierung.

„Wir hatten gemeinsam Freude an der Erinnerung an den Mauerfall vor zwanzig Jahren. „Wir sind das Volk!“ Der Ruf von damals ist bis heute Auftrag für jeden von uns. Denn die Demokratie, das sind wir alle. Und wir können alle etwas tun für unser Land.“

Und nun bei Merkels Neujahrsansprache: Dort findet sich zu Beginn folgende Formulierung.

„Bereits zum fünften Mal darf ich Ihnen diesen Wunsch an einem Silvesterabend übermitteln. Doch heute ist für mich kein Silvesterabend wie jeder andere. Denn der heutige Abend weckt bei mir unmittelbare Erinnerungen, und zwar an Silvester vor genau 20 Jahren. Das habe ich gemeinsam mit meinem Mann in Hamburg gefeiert.

Denn wenige Wochen zuvor, am 9. November, war die Berliner Mauer gefallen. Ohne den Mauerfall hätten mein Mann und ich den 31. Dezember 1989 niemals gemeinsam in Hamburg mit meinen westdeutschen Verwandten verbringen können. Ohne den Mauerfall wäre mein Leben wie das aller DDR-Bürger völlig anders verlaufen.

Mein erstes Silvester in Freiheit nach 35 Jahren meines Lebens in der DDR – es war einmalig. Es war wunderbar. Schon wenige Monate später, am 3. Oktober 1990, war unser Land in Freiheit wieder vereint. Daran denke ich heute Abend.“

By the way: Gestern hätte Frau Bundeskanzlerin in Hamburg mal feiern sollen. Da ging es ja hoch her, wie man hört.

Man könnte auch die zahlreichen Reden der schwarz-gelben Regiereungvertreter im Bundestag anführen und sie werden sehr häufig den Bezug zum Mauerfall vor zwanzig Jahren und den daraus abgeleitenden Freiheitsbegriff als zentrales Muster wiederfinden. Er soll als Stütze dienen, um den eigenen politisch zu verantwortenden Wahnsinn zu rechtfertigen. Merkel verteidigt auf dieser Grundlage den Afghanistan-Einsatz und ihre Politik, die Deutschland im Jahr 2010 aus der Krise führen soll. So als ob ihr politisches Handeln dem Willen des Volkes entspräche. Merkel nimmt sie, liebe Leserinnen und Leser, in Geißelhaft. Lesen sie die Sätze genau:

„Es war die Kraft der Freiheit, die die Berliner Mauer zu Fall gebracht hat. Und es ist diese Kraft der Freiheit, die uns heute Mut für das neue Jahr und das nächste Jahrzehnt machen kann.

Sie trägt uns gerade auch bei den Aufgaben, die uns im neuen Jahr viel abverlangen.“

Mit anderen Worten und wie es bei Köhler oben schon verschlüsselt steht, geht es darum, dass das Volk dann schon etwas für das Land tut, wenn es den politischen Kräften Vertrauen entgegenbringt, wachsam gegenüber dem eigenen Nachbarn ist und die Füße nur dann in Bewegung setzt, wenn sich Verdachtsmomente ergeben. Gegenüber den Mächtigen im Land aber, heißt es Klappe halten, weil die über das Führungswissen verfügen, das ständig und in jeder Talkshow gepredigt wird und das der Pöbel seit Jahren nicht begreifen will. Da spricht im Grunde die nackte Angst mit Blick auf das gloreich angekündigte Agenda Jahr 2010. Bei Merkel kommt das ziemlich am Ende deutlich zum Ausdruck, als sie jenen gesellschaftlichen Zusammenhalt beschwört, den sie gerade durch ihre und die fortgesetzte Schröder-Politik grundlegend zerstört hat:

„Gelingen wird dieser Umbau zu mehr Nachhaltigkeit, wenn wir uns gleichzeitig weiter um eines kümmern: darum dass der gute Geist des Zusammenhalts, den ich in diesem Jahr der Krise so oft erlebt habe, auch im kommenden Jahr erhalten bleibt, dass die Erfahrung des Miteinanders von Starken und Schwachen, Jungen und Alten, Ost und West, Einheimischen und Zugewanderten uns auch im kommenden Jahr trägt.“

Sie ahnt wohl etwas. Wahrscheinlich ahnt sie auch, dass man sie der Untauglichkeit auch offiziell überführen und anklagen könnte. Im Fall Kunduz hat man ja gesehen, was Georg Schramm in der Anstalt einmal voraussagte (siehe hier im Blog):

„Ein Handstreich von Friede Springer würde reichen, und ihre Tintenknechte schreiben die Kanzlerin vom Thron herunter und werfen sie ihrer eigenen Partei zum Fraß vor.“

In ihrer letzten Neujahrsansprache sagte sie ja noch, die weltweite Krise berühre auch Deutschland, so als ob das Unheil einfach so über uns kam und andere daran Schuld wären. Sie sagte auch, dass die Bundesregierung umfassend und entschlossen handeln würde und dass sie persönlich nicht danach entscheide, wer gerade am lautesten ruft. Angesichts des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes, das der wohl ziemlich laut rufenden Hotelbranche mitten in „der größten weltweiten Finanzkrise unserer Zeit“, wie die Kanzlerin gestern selbst sagte, einen dicken Bonus zuschanzen wird, muss sich Frau Merkel doch sehr ertappt fühlen.

Ihre gestrigen Ankündigungen wie…

„Aber wir können mit guten Gründen hoffen, dass Deutschland diese Krise meistern wird; dass unser Land stärker aus ihr hervorgehen wird, als es in sie hinein gegangen ist; dass sich eine solche Krise nie mehr wiederholt.

Dazu müssen und werden wir als Bundesregierung alles tun, um Wachstum zu schaffen. Denn wir wollen mit mehr Wachstum klug aus der Krise kommen.“

…müssen angesichts der jüngsten politischen Entscheidungen, die Merkels neue Regierung zu verantworten hat, bei jedem Leser oder Zuhörer auf Unverständnis und Ablehnung stoßen. Und weil Merkel das Unbehagen und den Widerstand in der Bevölkerung zu spüren scheint und wenn sie es nicht spürt, so müssen sie und ihre Einflüsterer aber doch damit rechnen, appelliert sie am Ende ihrer Rede nicht nur an einen virtuellen Geist des Zusammenhalts, sondern erinnert daran, dass etwas auf dem Spiel steht.

„Die Kraft der Freiheit und die Erfahrung des Miteinanders, 60 Jahre Grundgesetz und 20 Jahre wiedervereintes Deutschland – das zeigt: Unser Land hat schon ganz andere Herausforderungen bewältigt. Deshalb können wir auch die Herausforderungen unserer Generation meistern.“

Die Frage ist nur, ob Merkel und ihr Tigerentenclub, die auf der Bühne am Ende der Fäden hängen, die von den Mächtigen in diesem Land gelenkt werden, Teil der „Meisterung“ sein sollen oder ob das korrupte Theater durch den Souverän endlich geschlossen wird.

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Noch einmal Afghanistan

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Langsam regt mich die nahezu kritik- und hirnlose Berichterstattung, auf Zuruf wie mir scheint, gehörig auf. Gestern konnten sie wohlmöglich verfolgen, wie die Medien darüber berichteten, dass Ex-Außenminister und aktueller Oppositionsführer Frank-Walter Steinmeier in die Kritik geraten sei, weil sein Haus direkt nach dem Angriff bei Kunduz über tote Zivilisten unterichtet worden war.

Die schwachsinnige Diskussion darüber, ob diesmal neben den Unions-Deppen mit FJS nun auch ein SPD-Depp in der Regierung was wusste, geht erneut von vorne los. Dabei ist das überhaupt nicht mehr interessant. Die Regierung log damals geschlossen und lügt noch heute geschlossen unter Einbeziehung eines Teils der Opposition. Die Medien sollten das endlich mal zur Kenntnis nehmen, auf den Scheinausschuss spucken und anfangen, den Einsatz in Afghanistan genauer zu betrachten, wenn sie der Regierung schon nicht kontrollierend auf die Finger gucken wollen. Also fernab von Schlagworten wie „Taliban“, „Terror“ oder „Luftschlag“. Der Konflikt in diesem Land ist etwas komplexer als die gängige Darstellung dauernd zu vermitteln versucht.

Im Freitag findet sich dazu ein sehr schöner Artikel von Hans Wallow, in dem er die jämmerliche deutsche Berichterstattung über den Afghanistan-Krieg beschreibt.

Es ist hauptsächlich das öffentlich-rechtliche Fernsehen, das die Klischees über Afghanistan zementiert, zum Beispiel die ARD-Sendung Hart, aber fair: Ein völlig ahnungsloser Frank Plasberg diskutierte über den Einsatz der Bundeswehr. Mitten im verbalen Schlagaustausch sah sich Jürgen Todenhöfer, Kritiker des deutschen Militäreinsatzes, Afghanistan-Kenner und ehemaliges Mitglied des Bundestags, mit einer Film­einblendung konfrontiert, in der lachende Mädchen Fußball spielten.

Die Aussage des nur sekundenlangen Streifens strotzte vor Einseitigkeit, die Botschaft der Bilder war: Mit dem Militäreinsatz im Jahre 2002 begann für Afghanistan die moderne Zeitrechnung. Todenhöfer war angesichts der platten Manipulation sichtlich sprachlos. Fair wäre es wohl gewesen, einen der 3.012 afghanischen Flüchtlinge, die allein in den ersten 11 Monaten des Jahres 2009 Asyl in der Bundesrepublik beantragt hatten, zu fragen.

Insgesamt leben in der Bundesrepublik Deutschland 48.437 anerkannte afghanische Asylflüchtlinge. Sie stammen nicht allein aus den ärmeren Schichten, sondern sind oftmals in akademischen Berufen ausgebildet und werden in Afghanistan zum Aufbau benötigt. In ihrer Mehrheit sind sie der Auffassung, dass das ausländische Militär nur eine korrupte, völlig marode Regierung, kriminelle Warlords und Drogenbarone in Staatsfunktionen schützt. Zu Verhandlungen mit den gemäßigten Taliban sehen sie keine Alternative.

Und witzigerweise hat Freigeist zu Guttenberg seine Afghanistan-Strategie eben erst angepasst. Unter Umständen würde er auch mit den „Taliban“ sprechen (siehe Welt). Das ist vor allem deshalb sonderbar und verlogen, weil derselbe zu Guttenschnösel 2007, als der damalige SPD-Vorsitzende Kurt Beck einen ähnlichen Vorschlag unterbreitete, abfällig sagte:

„Ich kenne niemanden, der je einen vernünftigen Taliban getroffen hätte.“

Der Guttenberg dackelt da ja nur der neuen Linie der Amerikaner hinterher, die seit Sommer des Jahres gilt. Der geölte „Raubritter-Abkömmling“ aus dem Bayerischen hat eben keine eigene Meinung oder gar ein querdenkerisches Profil, das ihm seit seinem NEE zur Opelrettung zugeschrieben wurde. Damals hat er ja sogar mit Rücktritt gedroht, es aber dann doch sein lassen, weil, wie er fand, seine ablehnende Position sich in der Schlusserklärung der gesamten Regierung niederschlug. Darauf reagierte auch Urban Priol in seinem satirischen Jahresrückblick mit Unverständnis und fügte süffisant hinzu:

Früher habe der Adel nach so einer Niederlage noch Anstand besessen und beschlossen: „Schublade auf – Beretta raus – Feierabend“.

Ein politisches „Kaltstelllen“ würde mir persönlich ja schon genügen. Das träfe dann allerdings auch auf den Frank-Walter Steinmeier zu. Denn wenn die SPD in Sachen Afghanistan wirklich ein Stück Glaubwürdigkeit zurückgewinnen will, reicht es nicht aus, jetzt auf einmal für einen baldigen Abzug zu sein. Um Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen, muss die Partei ihren Fraktionsvorsitzenden Steinmeier mit entschiedener Haltung vom Thron stoßen. Das wird aber nicht passieren. Und so nimmt das öffentlich inszenierte Theater um die Schuldfrage, die durch Zuruf der PR-Agenturen, ein wenig zwischen den Seiten hin und her schwankt, kein Ende. Und die dummen Medien folgen diesen Brocken auch weiterhin meist kritiklos.

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Georg Schramms Solo in: Neues aus der Anstalt – Folge 30

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Georg Schramm sollte eigentlich einen Stollen für das Krippenspiel in der Anstalt beisteuern, lieferte stattdessen aber einmal mehr eine messerscharfe Zusammenfassung der aktuellen Lage, die ihn nach destruktiven Kräften sehnen ließ. Gott sei dank war mit Leo Bassi der „gefährlichste Clown der Welt“ in die Anstalt gekommen, um mit einem Hammer ein paar Bankerfiguren zu zertrümmern und die Weihnachtseinrichtung gleich mit.

Aber zurück zur Lage. Schramm verstand es köstlich, den als „ehrbar“ geltenden Namen Guttenberg, gehörig durch den Kakao zu ziehen, als er somalische Piraten mit dem geölten bayerischen Adelsgeschlecht verglich. Die Piraten müssten ihren Lebensunterhalt eben mit eingefangenen Schiffen verdienen, weil die großen, sich auf ihren Menschenrechten ausruhenden, „ehrbaren“ Nationen, die afrikanischen Küsten leerfischen und billige Lebensmittel aus der europäischen Überproduktion nach Afrika exportieren würden und damit den dort lebenden Menschen jede Möglichkeit nähmen, eine eigene wirtschaftliche Existenz zu begründen und zu behalten. Dann hat man sich halt dazu entschlossen Pirat zu werden.

Bei den Guttenbergs lief das ja ähnlich ab, so Schramm. :>>

Die sollen im Mittelalter als Raubritterbande angefangen haben – als mittelständisches Familienunternehmen, die sich mit Wegelagerei und mit Lösegeld für gekidnappte Kaufleute in der damals schweren Zeit über Wasser gehalten hätten. :>>

Damals gab es eben keinen starken Staat so wie auch heute in Somalia, der mit ordnender Hand hätte eingreifen können. Damals in Bayern wie heute in Somalia herrschte und herrsche ein Zustand wie ihn sich die FDP idealerweise vorstellt. Um das auch an einem konkreten Beispiel aus der westlichen Welt zu demonstrieren, verwies Schramm auf Kalifornien, dem US-amerikanischen Vorzeigestaat bisher. Dort sei die konsequenteste FDP-Steuersenkungspolitik betrieben worden, die man sich überhaupt nur vorstellen konnte. Das wurde so extensiv getrieben, dass nicht einmal Terminator Schwarzenegger das verottende Gemeinwesen noch retten könne.

Und bei uns gäbe es dagegen ein anderes Phänomen zu beobachten. Die Landesbank der bayerischen Einheitspartei CSU hat unter der Woche mal eben vier Mrd. Euro versenkt, weil man mit der österreichischen Bank Hypo Alpe Adria vor zwei Jahren tief ins Klo gegriffen hatte. Neben dem hemmungs- und hirnlosen Steuersenken komme nach Schramm in Deutschland auch noch hirn- und hemmungsloses Geld aus dem Fenster raus und in die nächste Bank reinwerfen. Für einen symbolischen Euro hatte man die Bank am Montag verkauft. Die vier Mrd. sind futsch bzw. lasten auf den Schultern der Steuerzahler. Schramm sehr treffend dazu:

„Für das Geld kann Bayern seinen gesamten Nachwuchs von Kinderkrippe bis zum Examen ganztags in Kleingruppen betreuen lassen, inklusive einer Schulspeisung von Feinkost „Käfer“!

Was da getrieben wurde und wird, dagegen ist sozialistische Misswirtschaft in seinen besten Zeiten nur mühsam drangekommen. Aber alles immer unter der Führung der christlichen Union, die sonst immer so stolz drauf ist, dass man ihr die größte Kompetenz in Wirtschafts- und Finanzfragen zubilligt.“

Doch die Abrechnung komme eine Tages, so Schramm weiter. Und zwar genau an dem ersten Tag nach der NRW-Wahl. Für diesen Tag hat Schwarz-Geld nämlich die Verkündung der nächsten Steuerschätzung anberaumt. Und dann passiere statt einer Klage vor dem Verwaltungsgericht wegen Wahlbetrugs, wie neulich bei der OB-Wahl in Dortmund geschehen als die SPD einen ähnlichen Trick probierte, möglicherweise etwas ganz anderes:

„Wenn die wahren Ausmaße unserer Schuldenmisere erstmal zusammengekommen und offen auf dem Tisch liegen und wir dann noch im afghanischen Morast versunken sind, dann endlich die Umfragewerte abstürzen, wissen sie was dann passiert? Dann kommt der große Befreiungsschlag der Kanzlerin.

Sie tritt feierlich ans Rednerpult des Bundestages, zieht eine Regierungserklärung aus der Tasche und sagt:

‚Meine sehr veehrten Damen und Herren, wir müssen ehrlich gegenüber dem deutschen Volk sein und zugeben, wir stehen im Krieg in Afghanistan. Das sind wir unseren tapferen Soldaten und unseren amerikanischen Verbündeten schuldig. Ich bitte sie deshalb, mir die Zustimmung zu geben, dass wir offiziell den Kriegsfall für Afghanistan erklären.‘

Und wenn dann die Kanzlerin dafür eine Mehrheit bekommt, wird automatisch § 114 des Grundgesetzes in Kraft treten (gemeint war aber Artikel 115 h des GG, Anm. at), das da sagt, dass fortan sämtliche Bundestags- und Landtagswahlen abgesetzt werden, bis der Krieg zu Ende ist.

Auf diese Art und Weise könnte Frau Merkel unter Kriegsrecht zusammen mit der FDP noch viele Jahre weiter machen, verteidigt von unseren tapferen Soldaten, die dann endlich wüssten, wofür sie kämpfen.“

Und hier der Video zur besprochenen Szene:

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Wolfgang Neskovic wird nicht ins Parlamentarische Kontrollgremium gewählt

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Der frühere Bundesrichter und gegenwärtig Abgeordneter der Linken im Deutschen Bundestag Wolfgang Neskovic ist bei der Wahl in das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) gescheitert. Damit wurde durch eine Mehrheit im Bundestag die Wahl eines Mitglieds aus den Reihen der Linken verhindert. Neskovic saß bereits in der letzten Legislaturperiode im PKG. Warum das nun nicht mehr der Fall sein soll, obwohl es zur parlamentarischen Gepflogenheit gehört(e), den Personalvorschlägen der einzelnen Fraktionen zu folgen, bleibt zunächst im Dunkeln.

Ich vermute mal, dass eine Mehrheit im Deutschen Bundestag der Meinung ist, dass Neskovic zu gefährlich ist. Er hat ja zu Beginn des Monats klar gegen die Umwandlung des Verteidigungs- in einen Untersuchungsausschuss votiert und gesagt, dass eine öffentliche Tagung des Gremiums gegen die Verfassung verstoße und somit auch nicht einklagbar wäre.

„Wir könnten also eine öffentliche Verhandlung nicht einmal gerichtlich durchsetzen, sondern würden uns im Grunde an einer verfassungswidrigen Aktion beteiligen“

Quelle: Süddeutsche

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Die Kunduz-Affäre (2)

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Was wusste Merkel? Die Frage stellen sich einige. Die Süddeutsche (siehe „Angela Ahnungslos“) will zum Beispiel herausgefunden haben, dass das Verteidigungsministerium Informationen zurückgehalten oder erst später dem Bundeskanzleramt zugeleitet hat. Ich glaube solchen Entlastungsversuchen nicht. Ich bin dafür, den eigenen Kopf zu benutzen und die heutigen Stimmen mit dem zu vergleichen, was unmittelbar nach dem Angriff bei Kunduz gesagt wurde. Nehmen sie sich die Regierungserklärung der Kanzlerin vom 8. September 2009 zur Hand und lesen sie noch einmal die Äußerungen der Regierungschefin.

„Die lückenlose Aufklärung des Vorfalls vom letzten Freitag und seiner Folgen ist für mich und die ganze Bundesregierung ein Gebot der Selbstverständlichkeit. Die Bundeswehr wird mit allen zur Verfügung stehenden Kräften genau dazu beitragen. Den Ergebnissen kann und will ich heute nicht vorgreifen. Ich stehe dafür ein, dass wir nichts beschönigen werden, aber ich stehe genauso dafür ein, dass wir Vorverurteilungen nicht akzeptieren werden. Ich sage nach dem, was ich in den letzten Tagen erlebt habe, ganz deutlich: Ich verbitte mir das, und zwar von wem auch immer, im Inland genauso wie im Ausland. Genau darüber habe ich auch mit dem NATO-Generalsekretär Rasmussen gesprochen, und zwar sehr unmissverständlich. Eine umfassende Bewertung des Angriffs und seiner Folgen ist mir, ist dem Bundesminister der Verteidigung, ist der Bundesregierung insgesamt absolut wichtig. Auf der Grundlage aller Fakten wird sie erfolgen: offen und nachvollziehbar.“

Seit dem 8. September ist nichts von Seiten der Regierung unternommen worden, um den Vorfall lückenlos aufzuklären. Dabei lagen die Fakten längst auf dem Tisch. Es interessierte nur keinen. Die Medien nur am Rande. Es war ja Wahlkampf. Erst die Bild-Zeitung zog das Thema völlig überraschend drei Monate nach dem Vorfall ganz nach oben und startete eine anklagende Kampagne gegen die Bundesregierung (siehe hier im Blog). Der Bundesregierung haben die Erkenntnisse zu dem Luftangriff bereits nach 24 Stunden vorgelegen. Die Fakten waren mindestens so belastbar, dass Frau Merkel in ihrer Regierungserklärung darauf hätte konkreter eingehen können, statt davon zu reden, etwaigen Untersuchungsergebnissen nicht vorgreifen zu wollen.

Einen weiteren Beleg für den Vorwurf, Merkel stecke mit drin, liefert eine andere Stelle in ihrer Regierungserklärung von damals.

„Wie in einem Brennglas werden uns die drei Grundprinzipien vor Augen geführt, die die deutsche Außenpolitik seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland leiten:

  • Deutschland ist dem Dienst für den Frieden in der Welt verpflichtet; so steht es in der Präambel unseres Grundgesetzes.
  • Deutschland ist eine wehrhafte Demokratie; wir schützen unsere Bürger, ihr Leben und ihre Unversehrtheit mit den zu Gebote stehenden rechtsstaatlichen Mitteln.
  • Deutschland steht in dieser Welt in festen Bündnissen und Partnerschaften; deutsche Sonderwege sind grundsätzlich keine Alternative deutscher Außenpolitik.

Gerade der letzte Punkt in ihrer Aufzählung ist nach gegenwärtigem Kenntnisstand gelogen. Denn offenbar ist es so, dass Deutschland mit einer nicht öffentlich kommunizierten Strategieänderung im Sommer (gemeint ist die Änderung der so genannten Taschenkarte: Erlaubnis von Präventivmaßnahmen) nicht nur gegen die Bündnisvereinbarungen verstoßen hat, sondern auch auf einen Sonderweg einschwenkte, der in keinster Weise durch das Bundestagsmandat gedeckt ist.

Dazu der ehemalige UN-Sonderbeauftragte in Afghanistan und Grünen-Abgeordnete im Bundestag, Tom Koenigs, in der Süddeutschen:

„Deutschland hat darauf hingearbeitet, dass das Mandat sich von dem Ziel, Taliban zu bekämpfen, löst und mehr in Richtung Schutz der Zivilbevölkerung geht. Diese Änderung der Zielsetzung betraf nicht nur die Isaf, sondern auch die Operation Enduring Freedom. Von Stanley McChrystal, dem neuen Isaf-Kommandeur unter US-Präsident Barack Obama, ist dies auch als neue Strategie verkündet worden. Und dann sind es die Deutschen, die als Erste gegen die neue Strategie verstoßen.“

Derweil keilt der entlassene Generalinspekteur der Bundeswehr Schneiderhan zurück und bezichtigt zu Guttenberg der Lüge. Vielleicht wird zu Guttenberg noch fallen. Ich weiß es nicht. Für Frau Merkel allerdings läuft die PR-Medienmaschinerie wieder an. Allein die unwichtige Tatsache, dass Berichte über den Vorfall etwas später dem Kanzleramt überstellt worden sind, wirkt in den Artikeln bereits entlastend. Dabei könnte man ihr genausogut vorwerfen, unwissend gewesen zu sein, obwohl sie als Regierungschefin dafür sorgen muss, dass ihr alle Informationen vorliegen.

Denn sollte es stimmen, dass ihr wichtige Berichte erst später vorgelegt wurden, hätte sie Konsequenzen ziehen und den verantwortlichen Minister entlassen müssen. Das tat sie aber nicht. Sie stellte sich demonstrativ hinter ihren Minister und damit auch hinter sein Fehlverhalten. Zu diesem muss es auch aus Sicht der Kanzlerin zwingend werden, wenn sie sich selbst verteidigend darauf berufen sollte, zu spät informiert worden zu sein. Eins von beiden trifft in jedem Falle zu. Entweder war Merkel von Anfang an vollständig im Bilde über den verheerenden Angriff oder sie hat sich wider besseren Wissens vor einen Minister gestellt, der eine katastrophale Informationspolitik zu verantworten hatte. Beides ist nicht tolerierbar. Die Regierungschefin müsste zurücktreten.

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