Freiwillig

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Bei der Bundeswehr ist neuerdings alles freiwillig. Die Jugend wird nicht mehr eingezogen, sondern soll für den Dienst begeistert werden. Am 1. Juli war es soweit, die ersten Rekruten kamen freiwillig in die Kasernen und hatten offenbar gehofft, dass ihre mitgebrachte Faszination nun täglich durch den Dienstherrn erneuert würde. Aber der macht unfreiwillig weiter wie bisher. Er lässt um fünf Uhr wecken, um sechs Uhr antreten und prüft Anzug, Körperhygiene sowie die Ordnung in den Stuben.

So haben sich das einige Rekruten offenbar nicht vorgestellt und suchen bereits jetzt schon freiwillig das Weite bevor sie selbst in die Ferne geschickt werden, um die Sicherheit der deutschen Wirtschaft Deutschlands zu verteidigen. Geht das so weiter, könnte die Aussetzung der Wehrpflicht bald zum Bumerang werden und sozusagen ein Ausstieg aus dem Ausstieg drohen. Das ist ja ohne Weiteres möglich, denn abgeschafft ist die Wehrpflicht bekanntlich nicht. Sie ist nur ausgesetzt.  Bei Wiedereinsetzung könnte man freiwillig Gehende auch wieder als Fahnenflüchtige bezeichnen und dem Disziplinararrest im Kasernenknast zuführen.

Nein, so weit wird es natürlich nicht kommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel feiert die Aussetzung der Wehrpflicht als großen Erfolg ihrer Koalition und lässt dabei den Vorwurf, eine Gurkentruppe als Kabinett zu haben, nicht gelten.

ARD: (Zuschauerfrage) Warum haben Sie eine solche Gurkentruppe als Kabinett?

Merkel: “Solche Worte benutzen wir ja nicht wieder. Das haben wir uns ja fest vorgenommen. Und insofern glaube ich, dass wir einiges geschafft haben und über anderes auch noch durchaus streiten. […] Und ich glaube, dass wir auch einiges wirklich auf den Weg gebracht haben. Wir haben eine Gesundheitsreform, die Wehrpflicht ist ausgesetzt.”

Quelle: ARD-Sommerinterview

Vom Aussitzen zum Aussetzen oder beides in Kombination. So könnte man die Regierung Merkel beschreiben. Übrigens, heute nimmt der Bundespräsident, der nur kurz als Urlauber für eine halbe Stunde auf Norderney vor eine Kamera ausgesetzt wurde, aus Anlass des Jahrestages des 20. Juli 1944 an einem feierlichen Gelöbnis der Bundeswehr vor dem Reichstag teil. Es ist das erste Gelöbnis nach dem Aussetzen der Wehrpflicht. Aber auch dann wird es im Chor wieder heißen:

„Ich gelobe, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.“

Nur müsste man diesmal hinzufügen, dass das längstens für die Dauer der sechsmonatigen Probezeit gilt oder bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Rekrut innerhalb dieser Probezeit von sich aus freiwillig geht, was er mit Sicherheit auch täte, wenn von ihm jene Tapferkeit und Verteidigungsbereitschaft plötzlich eingefordert werden würde. Vielleicht tritt ja einer der Soldaten heute freiwillig aus der Formation aus. Und damit meine ich nicht die ordnungsgemäß durchgeführte Ohnmacht infolge langen Stehens, wie sie regelmäßig bei solchen Veranstaltungen vorkommt, sondern mit Blick auf §61, Abs. 2, Satz 3 des Wehrpflichtgesetzes:

Auf schriftlichen Antrag der Soldatin oder des Soldaten ist sie oder er während der Probezeit jederzeit zu entlassen.

Das wäre doch mal was.

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Es ist wieder Zeit für die Sommerinterviews

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Derzeit wird eifrig über einen neuen Skandal diskutiert. Bild am Sonntag hat herausgefunden, dass Bundespräsident Wulff gar nicht auf Norderney Urlaub machte, als er letzte Woche von Bettina Schausten vom ZDF dort interviewt wurde, sondern sich extra für diesen Anlass auf Kosten der Steuerzahler hat einfliegen lassen. Dem Zuschauer sei da etwas vorgegaukelt worden, heißt es gewohnt beleidigt aus dem Springer-Haus.

Was in der Regierung Merkel gang und gäbe ist, man denke nur an den einstigen Bild-Star zu Guttenberg und dessen inszenierte Auftritte zurück, wird nun bei Wulff als Sommerlochskandal ganz groß aufgezogen. Dabei bleibt die inhaltliche Kritik mal wieder auf der Strecke. Man hätte zum Beispiel nachfragen können, ob der Bundespräsident es ernst meinte, als er mit Blick auf Saudi-Arabien und die dortige Menschenrechtssituation zu deren Verbesserung vorschlug, den saudi-arabischen Frauen doch das Fahren von Autos zu gestatten.

Vielleicht dürfen sie ja in Zukunft deutsche Panzer fahren. Diesem Thema wich der Bundespräsident genauso aus wie heute Angela Merkel, die von den beiden Top-Journalisten der ARD, Deppendorf und Becker, abschließend dazu befragt wurde. Die Sache sei aus guten Gründen geheim, antwortete die Kanzlerin wenig überraschend. Sie betonte aber, was seit einer Woche Regierungslinie ist, nämlich dass den Sicherheitsinteressen Deutschlands Vorrang vor den Menschenrechten eingeräumt werden müsse.

Damit in Zukunft der Einsatz deutscher Soldaten in Krisengebieten vermieden werden kann, müsse man dafür sorgen, dass die entsprechenden Regionen selbst für Stabilität sorgen können und dass gehe wahrscheinlich nur mit Waffen und militärischem Gerät aus Deutschland. Die Armseligkeit dieser Rechtfertigungslogik wurde schließlich noch dadurch getoppt, dass Merkel vorschlug, mit den Verbündeten reden zu wollen und sich mit ihnen darüber zu verständigen, was eigentlich genau die Sicherheitsinteressen sind, die es zu schützen gilt.

Deppendorf und Becker haben es nicht verstanden, sondern sich brav verabschiedet, bevor sie der Regen hätte nass machen können. Dabei muss man sich das mal vorstellen. Die Bundesregierung tätigt Waffengeschäfte und begründet das mit der Wahrung von Sicherheitsinteressen, von denen sie überhaupt noch nicht weiß, worin diese genau bestehen. Aber gut, dass man bald darüber sprechen will. Das macht es leichter, über die Vorstellung des Bundespräsidenten hinweg zu kommen, was in der arabischen Welt unternommen werden müsse, um die dortige Menschenrechtssituation zu verbessern.

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Wer im Sandkasten mit Panzern spielt

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Das offene Geheimnis über Panzerlieferungen nach Saudi-Arabien wird weiter heiß diskutiert. Frau Merkel stellte klar, dass geheime Absprachen auch dann geheim bleiben müssen, wenn sie von Teilnehmern des Gremiums, in dem sie gefällt worden sind, an Journalisten ausgeplaudert wurden. Und überhaupt, hieß es aus der zweiten schwarz-gelben Reihe, die Opposition habe, als sie noch das Sagen im Sandkasten hatte, auch mit Panzern gedealt. Gleiches Recht für alle. Jawohl.

Wer erinnert sich da noch, dass die gesamte schwarze Kassenunion einst über dubiose Waffengeschäfte mit einem gewissen Lobbyisten Schreiber stolperte. Damals gab es von diesem Herrn Schmiergelder für entsprechende politische Entscheidungen in diese Richtung. Mit den saudischen Freunden gab es auch Geschäfte. Lange ist es her. Das Gedächtnis ist kurz und Schäuble immer noch oder schon wieder Minister. Denjenigen, der nach eigenen Angaben einen Umschlag mit 100.000 Mark von Schreiber in seiner Schublade vergessen haben will, feiert die Presse derzeit für angebliche Glanzleistungen im Finanzressort.

Die Ironie der Geschichte kann schon grausam sein. Aber zurück zu den aktuellen Panzern, deren mögliche Lieferung nicht im Zeichen der Menschenrechte stehe, wohl aber im Interesse der Sicherheit erfolge. Thomas de Maizière, Bundesverteidigungsminister, hat das im Hamburger Abendblatt so formuliert:

“Die Entscheidung über Rüstungslieferungen ist zunächst eine sicherheitspolitische. Menschenrechtsüberlegungen müssen eine Rolle spielen, doch überwiegen die internationalen Sicherheitsinteressen.” 

Quelle: Abendblatt

Im Sandkasten wird in der Regel allerhand Unsinn erzählt. Doch diese Damen und Herren meinen es ernst, besonders de Maizière, der das Töten und Sterben innerhalb der Bundeswehr als normal bezeichnet und dauerhafte Einsätze der Truppe in Krisengebieten als Teil seiner aristokratischen Politikvorstellung begreift.

Das alles ist aber nichts im Vergleich zum lautesten Sandkastenschreihals aus der Lederhosengruppe, die bekannt dafür ist, besonders trinkfeste Raufbolde hervorzubringen. Hans-Peter Friedrich, verantwortlich für Inneres, fordert für alles Respekt. Für die Polizei, die Pfaffen, die Lehrer und die Beamten. Der Bild am Sonntag sagte er:

„Früher waren Pfarrer, Polizisten, Lehrer und Beamte Respektspersonen. Diese Respektspersonen sind vor 40 Jahren unter dem Schlachtruf `Demokratisierung` mutwillig demontiert worden.”

Quelle: euronews

Ja vor über 40 Jahren gab es noch Respekt. Das war nämlich die Zeit von Franz-Josef Strauß, dem großen Bundesminister, Ministerpräsidenten und Parteivorsitzenden. Dabei ist der nicht als Millionär gestorben, weil seine öffentlichen Bezüge so üppig waren, sondern weil er respektvolle Geschäfte gemacht hat und Journalisten, die Näheres darüber erfahren wollten, auch schon mal wegen Landesverrats respektvoll inhaftieren lies.

Franz-Josef Strauß hat zum Beispiel von dem amerikanischen Rüstungskonzern Lockheed dafür Geld bekommen, dass er als Verteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland eine beträchtliche Anzahl von Schrottflugzeugen der Firma gekauft hat. Der deutsche Starfighter schlug dann auch ein wie eine Bombe, fiel 292 mal vom Himmel und kostete 115 Piloten das Leben. In der Bevölkerung der Zeit wurde das Kampfflugzeug dann auch mit dem respektvollen Namen “Witwenmacher” versehen.

Aber ich war ja noch bei den Panzern und Saudi-Arabien. Denn Innenminister Friedrich befürwortet als Respektsperson natürlich auch die Lieferung von deutschen Leopard 2-Kampfpanzern an den befreundeten Golfstaat, damit die dortige Führung selbst dafür sorgen kann, sich Respekt zu verschaffen. Man fragt sich bloß, warum Friedrich bei der kürzlich stattgefundenen Vorstellung des Verfassungsschutzberichts die islamistische Bedrohung besonders betont hat und vor einer Stärkung der salafistischen Bewegung in Deutschland warnte.

Anlässlich seiner Präsentation des aktuellen Berichts des Verfassungsschutzes hatte Friedrich gegenüber der Frankfurter Allgemeinen noch Anfang Juli betont: „Salafisten streben eine völlige Umgestaltung des Staates, der Gesellschaft und unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung an“.

Benno Köpfer vom Verfassungsschutz in Baden Württemberg sagte gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: „Die salafistische Bewegung in Deutschland wäre ohne den saudischen Einfluss niemals so groß geworden“. Er verwies auf die finanzielle und logistische Unterstützung deutscher Salafisten in Form von Missions-Büros, Islam-Seminaren, Info-Tischen und der Verbreitung kostenloser Literatur und resümiert: „Saudi-Arabien gibt dafür sehr viel Geld aus“.

Quelle: Jacob Jung

Was soll man dazu noch sagen? Jacob Jung meint, dass entweder Gerissenheit, Schizophrenie oder einfach nur Einfältigkeit ursächlich seien. Ich denke da eher an Idiosynkrasie.

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Als Guido Westerwelle den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat übernahm

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Der Kabarettist Georg Schramm hat auch am 1. Juli sein aktuelles Programm vor Publikum gespielt und mit der Bemerkung begonnen, dass heute ein schwarzer Tag sei.

„Wir haben den 1. Juli, heute übernimmt Guido Westerwelle den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat.“

Quelle: fudder

Und er sollte wie immer Recht behalten. Denn neben dem Start des Bundesfreiwilligendienstes, nahm sich auch der Herr Außenminister die Freiheit, im geheim tagenden Bundessicherheitsrat freiwillig neuen Waffenexporten in unfreie Diktaturen, welche sich zudem in Krisengebieten befinden, zuzustimmen. Getreu dem Motto der Bundesregierung, wonach eine Enthaltung im Sicherheitsrat, sie erinnern sich an die Libyen-Resolution, auf keinen Fall mit Neutralität zu verwechseln sei.

Deutschland vertickt Kampfpanzer der einheimischen Premiummarke “Leopard” nach Saudi-Arabien, also dem Land, das so heißt, wie die Familie, die es in Besitz genommen hat und dort ohne Einschränkung und Kontrolle ihrer absoluten Macht über Land und Leute herrscht. Das ist der ideale Geschäftspartner für die selbsternannte Freiheitsstatue einer deutschen Splitterpartei.    

Quelle: Klaus Stuttmann

Ach übrigens. Guido Westerwelle in seiner Regierungserklärung vom 16. März 2011:

„Wir wollen und dürfen nicht Kriegspartei in einem Bürgerkrieg in Nordafrika werden. Wir wollen nicht auf eine schiefe Ebene geraten, an deren Ende dann deutsche Soldaten Teil eines Krieges in Libyen sind.“

Quelle: AA

Es reicht ja aus, wenn sich die deutsche Rüstungsindustrie an Kriegen beteiligt. Möglichst neutral und für jede Partei offen.

Der neue Vorturner der Liberalen, Philipp Rösler meinte kürzlich, dass die FDP eine eigenständige Partei sei. Unanständig wäre vielleicht das passendere Adjektiv.

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Verbindungsbüro und Vermittlungsprobleme in Libyen

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Guido Westerwelle und Dirk Niebel, beides Bundesminister, die keiner mehr zu kennen braucht, haben in Bengasi, Libyen, ein deutsches Verbindungsbüro eröffnet. An dieser Stelle ließ der ehemalige Vizekanz-Nicht verlauten, der libysche Machthaber Gadaffi möge den Krieg gegen die eigene Bevölkerung unverzüglich einstellen und endlich seinen Posten räumen.

„Der Diktator steht auf der falschen Seite der Geschichte.“

Quelle: Spiegel Online

Ja, aber, entgegneten die Gaddafi-Gegner, auf welcher Seite stehen denn die Deutschen und die beiden Minister mit der großen Klappe? Im Sichherheitsrat der UN habe sich Deutschland als nichtständiges Mitglied der Stimme doch enthalten und anschließend durch seine geistige und weltliche Führerin Merkel erklären lassen, man dürfe Enthaltung nicht mit Neutralität verwechseln.

Dabei wurde die Wahl in den UN-Sicherheitsrat beworben, erhofft und schließlich gefeiert. Vor allem Westerwelle gefiel sich darin, persönlich etwas geleistet zu haben, dass mit Verantwortung, Verlässlichkeit und Weitblick zu tun hätte.

Möglicherweise habe man deshalb auch ein Verbindungsbüro eingerichtet, um die deutsche Außenpolitik den Menschen vor Ort besser erklären zu können. Man kennt das ja von zu Hause. Vermittlungsprobleme gehören hier schließlich zur Tagesordnung. FDP, Union, SPD und Grüne erklären damit gern ihre Maßnahmen gegen die eigenen Wähler und die Mehrheit der Bevölkerung. Wieso sollte das in Libyen nun anders sein?

Zum Beispiel könnte man in solch einem Büro der Frage nachgehen, ob deutsche Soldaten vielleicht Angst davor haben, in die Mündungsrohre ihrer eigenen Waffen zu blicken, die ihre Regierung an den ehemaligen Freund Gadaffi in der Vergangenheit gern und reichlich verkauft hat.

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Merkels gute Figur

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Ein etwas seltsamer Titel, zugegeben. Aber es ist irgendwie die Zeit von Angela Merkel. Sie überstrahlt alles. Sogar die neuen radioaktiven Rekordwerte über Fukushima 1 bis 6. Ihre 180 Grad Wende bei der Kernenergie wird allseits gelobt. Sie mache eine gute Figur, hieß es. Dabei galt sie vor gut acht Monaten noch als Ikone einer Revolution. Ein Abstieg in der Wahrnehmung, sicherlich. Aber selbst Brandbriefe der AKW-Betreiber prallen an ihr ab. Was soll man auch ausrichten gegen eine echte Verdienstordensträgerin?

Aus der Hand des Friedensnobelpreisträgers Barack Obama erhielt sie heute die medal of freedom, die Freiheitsmedaille des Präsidenten. In der Heimat, der Uckermark, fühlte man sich spontan an die Verleihung des Sterns der Völkerfreundschaft erinnert und die wütenden Protestnoten der Energiebosse von Eon, RWE und Co. sowie die Aufregung um eine spurlos verschwundene heiße EHEC-Spur verhallen zur Stunde. Es dominiert der neuerliche Glanz der Kanzlerin. Bleibt also nur der Gang in den Kühlkreislauf der eigenen Atomkraftwerke, um langsam abzuklingen. Dagegen fällt die überwiegend mit Atomstrom betriebene ICE-Flotte der Deutschen Bahn als mobiles Kühlsystem abermals aus.

Obama lobte dann auch Merkels „Intelligenz und Offenheit“. Klar, denn wer regelmäßig offen zum Gegenteil dessen steht, was er oder in dem Fall sie vor kurzer Zeit noch vehement verteidigt hat, kann natürlich nicht dumm sein. Gleichzeitig verlangte Obama für seine Auszeichnung künftige Gegenleistungen, damit das mit den intelligenten Wechselmeinungen etwas berechenbarer wird. Die Deutschen sollen ihn beim Kampf für den Weltfrieden unterstüzten. So, wie sich das für Demokraten gehört, die unter Frieden und Freiheit auch das tägliche Bombardement von fremden Staaten verstehen.

Aber damit hat die gute Figur, äh, die Kanzlerin natürlich kein Problem. Über gezielte Tötungen von Kriminellen kann sie sich bekanntlich auch besonders freuen.

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blogintern: Statistik 05/11

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Gestern hatte ich leider keine Zeit, mich mit Frau Merkel zu befassen, die am Himmel über der Türkei um sich selbst kreiste und wahrscheinlich darüber nachdachte, wie viele Kampfflugzeuge sie den Indern verkaufen muss, um den Ausfall der Griechen als Abnehmer von deutschen Waffen zu kompensieren. Der Iran hatte ihrer Maschine die Überfugsrechte entzogen. Eine tolle Geschichte. Der Seibert twitterte:

Ungewöhnlicher Beginn der Indienreise: Iran verweigert Maschine der #Kanzlerin zeitweilig den Überflug. Verspätete Landung in Delhi.

Was hätte er wohl geschrieben, wenn man das Flugzeug einfach abgeschossen hätte?

„Ungewöhnlicher Beginn der Indienreise: Iran schießt auf Maschine der Kanzlerin. Möglicherweise frühere Ankunft als erwartet.“

Offiziell soll es um die Verbesserung der wirtschaftlichen Beziehungen gehen. Deshalb ist auch das halbe Kabinett mitgereist oder besser gesagt, vorausgeflogen. Zwei Maschinen waren nötig, um die große intellektuelle Leere von Ministern wie de Maizière, Hans-Peter Friedrich, Annette Schavan und Peter Ramsauer zu transportieren. Wenn da der Ahmadinedschad die Luft rausgelassen hätte, wäre aber was los gewesen. Dem de Maizière hätte man dann hinterrufen können, dass töten und sterben halt dazu gehört, wenn man nationale Interessen auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen versucht.

Aber das soll jetzt nicht weiter Thema sein, sondern wie immer die Blogstatistik am Monatsanfang. Der Mai lief wieder etwas besser. Wenn ich es richtig sehe, sind Artikel von mir auch unter NetNews Express gelistet worden. Vielen Dank dafür. Leider scheint die Blog.de Plattform zur Zeit eine Schnecke zu sein. Unter langen Ladezeiten leidet natürlich dann auch dieser Blog.

Wie immer möchte ich mich bei allen Leserinnen und Lesern dieses Blogs sowie den Mitdiskutanten bedanken, die im abgelaufenen Monat dennoch fleißig gelesen und kommentiert haben. Falls ihnen der Blog gefällt, empfehlen sie ihn ruhig weiter. :D

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Vom Minister Schamlos zum Minister Ahnungslos

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Vom Minister Schamlos zum Minister Ahnungslos. So könnte man den Wechsel im Verteidigungsministerium treffend bezeichnen. Das äußerlich gegeelte Haar zu Guttenbergs trägt Thomas de Maizière nach innen toupiert und zwar da, wo bei normalen Menschen das Gehirn sitzt.

Man muss es so deutlich sagen, weil es zum Kotzen ist, mit welcher journalistischen Einfalt einem weiteren adeligen Vollidioten im schwarz-gelben Horrorkabinett auf den Leim gegangen wird. Was waren sie alle froh, den zu Guttenberg losgeworden zu sein. Nach der Lichtgestalt, die jäh über ihre eigene Dreistigkeit stolperte und jene beinahe mit sich riss, die in ihr den nächsten Kanzler sehen wollten, trat nun an deren Stelle der Anti-Held de Maizière, Merkels Mann für alles und nichts.

Ihm schrieb man sofort die vermisste Ruhe, Unaufgeregtheit sowie Geradlinigkeit zu, die es brauchte, um der Regierung den Anschein von Sachkompetenz zurückzugeben. Dabei ist de Maizière ein ahnungsloser Trottel, der mit seinem Neusprech nur vorgibt besonders kompetent zu sein. Das verbindet ihn mit dem Rest im Kabinett und der bereits politisch entsorgten ehemaligen Amtsträger.

Der FAZ gab der Minister ein Interview, in dem er das Töten und Sterben als normale Alltagsrealität der Bundeswehr beschrieb:

“Es kann dazugehören, und man muss vorher damit rechnen, dass das bei Soldaten dazugehört: Sterben und Töten. Wer die Bundeswehr bejaht, muss sie im Ganzen bejahen. Umso mehr ist bei einem Einsatz immer auch zu prüfen, wie gefährlich ist er, wie sind die Ziele, kann man die Ziele mit angemessenen Mitteln erreichen, ist es verantwortbar? Es kann aber nicht das Kriterium sein: Gefährliche Einsätze Nein, ungefährliche Einsätze Ja. Dann müsste man auf Streitkräfte – und übrigens auch auf Polizei – verzichten.”

Der Minister lenkt ab. Es geht gar nicht um gefährliche oder ungefährliche Einsätze der Bundeswehr, sondern einzig und allein um die Frage, ob Einsätze, ob Kriege oder kriegsähnliche Zustände als Mittel der Außenpolitik überhaupt zulässig sind. Das Grundgesetz kennt so etwas nämlich nicht. Mit Ausnahme des Verteidigungsfalls.

Um seine abstruse Vorstellung zu untermauern, die vor ihm immerhin einen Bundespräsidenten zu Fall brachte, beruft sich de Maizière auf Artikel 24 GG, wonach durch die Einbindung des Landes in Bündnisse zur Sicherung des Weltfriedens auch die militärische Optionen durchaus zulässig sein kann.

“Zunächst ist klar, dass Streitkräfte im nationalen Interesse eingesetzt werden. Dazu gehört auch die Landesverteidigung als Bündnisverteidigung. Wir sind aus nationalem Interesse im Bündnis. Aber nach dem Ende der deutschen Teilung und wegen der Rolle Deutschlands in der Welt kann es auch zu Einsätzen kommen, wo wir kein unmittelbares Interesse haben, sondern wo sich die Frage stellt: Beteiligen wir uns aus internationaler Verantwortung? Das handhaben längst viele Nationen in der Welt so.”

Krieg, Chaos, Leid, Tod und Verletzung seit nunmehr zehn Jahren in Afghanistan nennt de Maizière also internationale Verantwortung, die sich mit der Forderung des Grundgesetzes vereinbaren ließe, eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeizuführen und zu sichern. Das ist einfach nur Bullshit.

Noch schlimmer wird es, wenn er den Clausewitz einmal mehr falsch zitiert und versteht.

“Aber wenn der Einsatz von Streitkräften im Ausland immer auch Instrument der Außenpolitik ist, dann heißt das, dass Politik nicht endet, wenn Soldaten da sind. Das besagt auch die Clausewitz’sche Formulierung „Krieg ist die Fortsetzung von Politik mit anderen Mitteln“. Das wird oft so ausgelegt, als wäre die Politik dann am Ende. Nein, Soldaten sind Teil der Außenpolitik, und ein politischer Prozess muss begleitend zum Einsatz von Soldaten stattfinden – nicht nur klassische Außenpolitik, sondern auch Wirtschaftspolitik, Entwicklungszusammenarbeit, gegebenenfalls Finanzpolitik, Sanktions- und Nachbarschaftspolitik.”

Clausewitz schrieb in seinem unvollendeten Werk “Vom Kriege”:

„Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik unter Einbeziehung anderer Mittel”

D.h., dass die Politik selbst entscheidet, ob sie Krieg führen will oder nicht. Es gibt eine Alternative, nämlich keinen Krieg zu führen. Aber bei dieser Bundesregierung ist es genau so, wie de Maizère behauptet, dass es nicht ist. Die Politik hat sich der militärischen Gewalt untergeordnet und akzeptiert, dass sie zur Durchsetzung von ökonomischen Interessen automatisch und an der Verfassung vorbei eingesetzt werden kann. Das Militär als Instrument der Außenpolitik zu betrachten, ist eine schändliche Tat der politischen Lenker, die sich gern als Gestalter, denn als Gestalten verstanden wissen wollen.

Mit der Annahme der Änderungen zum NATO-Vertrag 1992 erklärte sich die Bundesregierung zum Beispiel damit einverstanden, innerhalb des Bündnisses auch an so gennannten „Out of Area“ Einsätzen teilzunehmen. Erst diese Vereinbarung machte den Krieg unter NATO-Flagge im Kosovo 1999, der weder durch die Feststellung eines Bündnisfalls, noch durch ein UN-Mandat gedeckt war, möglich.

Heute ist das alles einfacher. Bündnisfälle sind schnell ausgerufen und UNO-Resolutionen mit dem Teufelswort “Mandat”, das auch de Maizière im Munde führt, gibt es im weltweiten Geschacher um Kohle und Wählerstimmen auch recht zügig geliefert. Die Menschenrechte bleiben dabei auf der Strecke, von der Moral mal ganz zu schweigen. Selbst die Grünen haben so gesehen, auch kein Problem mit Krieg und militärischen Kapazitäten, die es für solche Fälle vorzuhalten gilt.

Die Politik macht sich überhaupt nicht mehr die Mühe, über andere Optionen auch nur nachzudenken. Der Krieg ist einfach zu leicht zu haben. Dafür kann man sogar den Friedensnobelpreis verliehen bekommen. Ganz schlimm wird es aber, wenn unsere demokratischen Vordenker und Wahrer des Grundgesetzes, die andere gern als Verfassungsfeinde bezeichnen, selbige nicht einfach nur brechen, sondern schlichtweg ignorieren. Soll das Bundesverfassungsgericht doch urteilen und anmahnen wie und was es will. Soll es doch Fristen setzen, bis dahin ein verfassungswidriger Zustand beseitigt sein soll, es ist ihnen inzwischen egal.

In einem weiteren Interview sagte de Maizière bedeutungsschwanger:

„Deutschland ist bereit, als Ausdruck nationalen Selbstbehauptungswillens und staatlicher Souveränität zur Wahrung seiner Sicherheit das gesamte Spektrum nationaler Handlungsinstrumente im Rahmen des Völkerrechts einzusetzen. Dies beinhaltet auch den Einsatz von Streitkräften.“

Quelle: Phoenix

Wenn de Maizière, als er noch Innenminister war, den Artikel 24 GG genau gelesen hätte, wüsste er, dass der Einsatz von Streitkräften im Rahmen des Völkerrechts und auf Basis von Bündnispflichten gerade nicht die staatliche Souveränität besonders zum Ausdruck bringt. Diese wird nämlich vorher zum Teil abgegeben.

Artikel 24 GG, Abs. 2

Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei in die Beschränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und sichern.

Quelle: Bundestag

Und in einer der nächsten Folgen erklärt Herr de Maizière dann die freiheitlich demokratische Grundordnung, die es zu verteidigen gilt, wenn Terroristen den Rechtsstaat bedrohen. Dabei sind es nicht die Terroristen, die ihn bedrohen, sondern Regierungsteilnehmer wie de Maizière. Aber da steht der Vorzeigeminister in einer Linie mit Schily, Schäuble, Friedrich und Co.

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Volker Pispers: "Obama hat als Fiedensnobelpreisträger eine Bringschuld"

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Diesen Satz sollte sich Volker Pispers patentieren lassen. In seiner heutigen Dienstagsbotschaft auf WDR2 meint er:

„Obama aber kann sich entspannen. Er hatte ja als Friedensnobelpreisträger eine Bringschuld. Kissinger befahl die Ermordung Allendes. Arafat und Begin waren erfolgreiche Terroristen. Nur Obama hatte doch noch nichts auf die Beine gestellt. Jetzt hat er sich seinen Friedensnobelpreis nachträglich verdient.“

Was wirklich in Abbottabad geschah, konnte man am letzten Freitag in der ZDF heute-show sehen.

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Die Woche: Im Zeichen der Krisen

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An Reaktor 3 sieht es so aus, als könnte da etwas mehr kaputt sein, heißt es heute in den Nachrichten, die uns aus Fukushima erreichen. Wenn es nicht so fürchterlich schlimm wäre, könnte man über eine derart naive Berichterstattung lachen. So aber bleibt es beim Kopfschütteln. Anzunehmen, dass nach Explosionen, Bränden und unkontrolliertem Bewerfen mit Meerwasser, keine Schäden entstanden seien, grenzt schon an große Dummheit. Jetzt wird aber mit Süßwasser gekühlt. Das beruhigt.

Die Woche stand erneut unter dem Eindruck der Atomkatastrophe in Japan. Nicht zuletzt die bevorstehenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg und mit Abstrichen Rheinland-Pfalz werden dadurch bestimmt. Am Sonntag wird im Ländle gewählt und man hat den Eindruck, als hätte sich alles dieser Regionalwahl unterzuordnen, sogar die deutsche Außenpolitik. Mit einem klaren sowohl als auch positionierte sich die Bundesregierung zu dem Angriff der westlichen Wertegemeinschaft auf Libyen.

„Ziel dieser Mission teilen wir uneingeschränkt. Unsere Enthaltung ist nicht mit Neutralität zu verwechseln.“

Quelle: Focus Online

Das ist wohl die sprichwörtliche deutsche Bündnistreue und politische Zuverlässigkeit, die international so geschätzt wird und derentwegen Deutschland in den UN-Sicherheitsrat gewählt wurde.

Gestern nun verabschiedete der Bundestag mit den Stimmen der Koalition und der SPD eine Ausweitung des Afghanistanmandats. Künftig darf die Bundeswehr noch mehr AWACS-Aufklärungsflüge übernehmen, damit die Amerikaner ihr Personal für den Libyen-Einsatz abziehen können. D.h. auch, dass nicht nur der zivile Luftverkehr überwacht, wie immer behauptet, sondern auch militärisch aufgeklärt werde, um die Kämpfe gegen Aufständische aktiv zu unterstützen. In der Aussprache begründete der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Gernot Erler die Haltung seiner Partei wie folgt:

Herr Außenminister Westerwelle, ich habe den Eindruck, dass Sie ein Problem nicht verstehen. Wir alle haben in der Vergangenheit versucht, miteinander eine auf möglichst breitem Konsens gestützte Afghanistan-Politik zu verabreden. Das ist für sich schon ein schwieriges Thema. Das, was wir Ihnen vorwerfen, ist, dass Sie uns im Grunde genommen dazu zwingen, jetzt bei einer so wichtigen Abstimmung wie dieser über den AWACS-Einsatz zu überlegen, ob unsere Zustimmung nicht auch als eine Zustimmung zu Ihrer völlig verfehlten Libyen-Politik missverstanden werden kann.

Quelle: Bundestag

Die SPD sorgt sich also um ihr Image. Es soll der Eindruck vermieden werden, die Sozialdemokraten seien nur ein Wurmfortsatz der schwarz-gelben Koalition. Dabei entspricht genau das der Wirklichkeit. Wenn morgen in Baden-Württemberg gewählt wird und das Ergebnis so ausfällt, wie derzeit prognostiziert, dann kann man doch nicht ernsthaft glauben, dass die SPD einen Grünen zum Ministerpräsidenten wählt. Sie wird als Juniorpartner in einer große Koalition eintreten und einen möglichen Verzicht von Mappus auf den Posten des Regierungschefs als Erfolg verkaufen. Wer eine andere Regierung will, muss auch anders wählen.

Ein weiterer Beleg für die Selbstliquidierung der SPD war der Auftritt von Peer Steinbrück bei der am Donnerstag stattgefundenen Aussprache um die Ausweitung des Euro-Rettungsmechanismus‘. Allein schon die Benennung Steinbrücks als Redner spricht Bände. Der Mann, der einer Fortsetzung der großen Koalition auch gegen die Beschlusslage seiner Partei immer das Wort geredet hatte und auf eine harmonische Zweisamkeit mit Angela Merkel zurückblicken kann, die bekanntlich immer nur an seinen Lippen gehangen haben soll, wird nun von der Opposition in Stellung gebracht, um der Kanzlerin Paroli zu bieten.

Und wieder steht dabei nur der Effekt im Vordergrund und nicht die Sache. Steinbrück ist ein glänzender Unterhalter mehr nicht. Seine ökonomischen Fähigkeiten sind kaum messbar. Als Brandstifter war er zusammen mit seinem immer noch in der Regierung sitzenden Mitarbeiter Jörg Asmussen (jetzt persönlicher Berater von Merkel) erfolgreich und als Feuerwehrmann ein großer Versager. In seiner Rede sagte er dann auch:

Das im Europäischen Rat jetzt anstehende Paket ist richtig.

Ihr Paket für Wettbewerbsfähigkeit, Frau Merkel, ist ebenfalls prinzipiell richtig,.

Quelle: Bundestag

Gregor Gysi verglich die Verschärfung der Sanktionen gegen Staaten mit Defiziten mit der Politik von Versailles. Wenn man nur die Absicht sieht, ist das sicherlich richtig, aber praktisch ist dieser Vergleich natürlich falsch, weil die europäische Union oder besser gesagt die Gläubigerbanken keine militärische Option verfolgen können. Der Ackermann wird eben nicht in Irland, Griechenland oder Portugal mit einem Heer einmarschieren, um sicherzustellen, dass die Zinsen auch bezahlt werden. Realistisch ist eben etwas anderes. Nämlich der sprichwörtliche Zerfall der Eurozone und der gesamten Union. Am Ende bleiben die Gläubiger auf ihren Forderungen sitzen und die Bundesregierung muss erklären, warum der jahrelange Verzicht deutscher Arbeitnehmer zu Gunsten der Exportstärke umsonst gewesen war.

Was soll auch passieren, wenn betroffene Staaten sagen, sie halten sich nicht an die vorgegebenen Maßnahmen zur Konsolidierung ihrer Haushalte? Strafe zahlen? Wovon? Die neue irische Regierung verhandelt bereits die Bedingungen neu, die Portugiesen haben im Parlament die Sparvorschläge einfach abgelehnt und die Griechen boykottieren im Alltag die steigenden Gebühren für Fahrkarten im öffentlichen Nahverkehr, die Verpflegung in Kindergärten und Horten sowie die Krankenhausgebühr.

Den Rücktritt des portugiesischen Premierministers Sócrates sowie die Ablehnung seines Sparpakets nannte Guido Westerwelle eine besorgniserregende Entwicklung. Für ihn sei klar, dass Solidarität keine Einbahnstraße sei und Portugal seine Hausaufgaben erledigen müsse, wahrscheinlich ungeachtet der demokratischen Mehrheitsmeinung. Es gilt der neue Slogan, Solidarität nur gegen Solidität, auch um den Preis der Demokratie. Schließlich gehe es ja um die Stabilität der Gemeinschaftswährung, beteuerte Westerwelle, aber nicht nur er. Immer wieder wird behauptet, die Maßnahmen dienten der Rettung des Euro, dabei geht es schlicht darum, die Forderungen der Gläubiger zu retten, die sonst Abschreibungen in größerem Umfang vornehmen müssten.

Politiker wie Westerwelle und Merkel halten schlechtere Bankbilanzen für schlimmer als schlechtere Lebensbedingungen der EU-Bürger. Sie akzeptieren den unausweichlichen Ruin ganzer Volkswirtschaften, damit die systemrelevanten Ackermänner ihre Renditeversprechen auf Kosten der Allgemeinheit erfüllen können. Denn nicht sie, die ihren Reichtum trotz Krise immer weiter vergrößern konnten, leben über ihre Verhältnisse, sondern jene Völker, die den deutschen Exporterfolg auf Pump finanzieren durften, ohne das ein Ausgleich stattgefunden hätte. Denn während der Konsum der Südeuropäer den Absatz deutscher Waren und Dienstleistungen befeuerte, verordnete die deutsche Politik und Wirtschaft dem eigenen Volk Verzicht und Rücklagenbildung fürs Alter.

So entstanden entgegen der europäischen Stabil
itätsidee enorme Handelsungleichgewichte, die die Bundesregierung und die EU nun dadurch bekämpfen wollen, in dem es die Defizitländer dem deutschen Vorbild gleichtun. Das hieße im Klartext einen Wettbewerb um die Leidensfähigkeit der Völker in Gang zu setzen, um eine Antwort auf die Frage zu finden, wessen Gürtel sich am engsten schnallen lässt?

Aber das kann keine Lösung sein, wie es auch keine ist, die Rettung von Banken zur Daueraufgabe zu erklären. Gerade die Katastrophe von Japan führt vor Augen, um welches Ausmaß es eigentlich geht. Der durch Erdbeben und Tsunami angerichtete Schaden beläuft sich nach ersten Schätzungen auf 235 Mrd. Euro. Jeder hat die Bilder der Zerstörung gesehen. Wenn man nun die Gelder dagegenstellt, die allein für die Rettung von Banken in Europa und speziell Deutschland bereitgestellt werden, bekommt man eine Vorstellung über die Verhältnismäßigkeit. Allein die kleine Münchner Hypo Real Estate musste mit über 100 Mrd. Euro gerettet werden. Der deutsche Rettungsschirm beträgt 500 Mrd. Euro, der europäische nun schon fast eine Billion Euro (950 Mrd. Euro).

Insgesamt setzt sich der dauerhafte ESM also aus folgenden drei Bestandteilen zusammen:

  • 80 Milliarden Euro werden von den Mitgliedstaaten direkt einbezahlt (die Zahlungen fließen ab dem Jahr 2013 in fünf Raten zu jeweils 16 Milliarden Euro) und stehen dem ESM unmittelbar zur Verfügung.
  • 420 Milliarden Euro werden von den Mitgliedstaaten als Kreditgarantien für ESM-Anleihen bereitgehalten. Um für ESM-Anleihen insgesamt ein AAA-Rating zu erzielen, muss jeder Mitgliedstaat allerdings für mehr als nur seinen eigenen Anteil bürgen. Die Garantiesumme ist damit insgesamt höher, nämlich rund 620 Milliarden Euro.
  • 250 Milliarden Euro stellt gegebenenfalls weiterhin der IWF als Kredit zur Verfügung.

Quelle: Wikipedia

Hier werden Gelder für etwaige Schäden vorgehalten, die das Ausmaß von Naturkatastrophen bei weitem übersteigen, ohne dass auch nur eine Bank deswegen neuaufgebaut werden müsste. Hier wird weiter frech umverteilt und die Verursacher der Krise geschont. Diese unglaublich hohen Mittel müssen natürlich an anderer Stelle erspart werden. Was folgt, ist also eine Zerstörung von Wirtschaft, gesellschaftlichen Einrichtungen ganz ohne Erdbeben und Tsunamis. Man muss kein Prophet sein, um den nächsten Crash vorauszusehen. Nur dann müssen die Regierungen erklären, wieso es ihnen nicht gelungen ist, das Finanzkasino zu schließen, als die Gelegenheit dazu bestand, sondern sich damit begnügten, ein paar windelweiche Auflagen zu erteilen.

Die Finanztransaktionssteuer wurde von allen gefordert, auch von Merkel, Steinbrück und Schäuble. Betont haben sie aber immer, dass diese nur international durchgesetzt werden könne. Ein durchschaubares Manöver, welches nun wieder mit Blick auf die vorübergehende Aussetzung der Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken angewendet wird. Auch die Abschaltung von AKWs sowie der Übergang in das Zeitalter der erneuerbaren Energien könne nur gemeinschaftlich geschehen, nationale Alleingänge brächten hingegen nichts.

Nach Brüderles Fauxpas fühlt sich in Baden-Württemberg Stefan Mappus in der Atom-Frage sogar schon wieder so sicher, die Wiederinbetriebnahme derzeit abgeschalteter Meiler unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit zu diskutieren.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) gibt dem Atomreaktor Philippsburg 1 Chancen, nach der dreimonatigen Auszeit wieder ans Netz zu gehen. „Ich schätze Philippsburg 1 rentabler ein als Neckarwestheim 1“, sagte der Politiker der Financial Times Deutschland. Beurteilen müsse dies jedoch am Ende der Betreiber EnBW.

Quelle: FTD

Und Chef des Betreibers ist er neuerdings selber. Da hat dann wohl nicht der besorgte Ministerpräsident gesprochen, der sich um die Sicherheit der schwäbischen Hausfrau sorgt, sondern der Unternehmer, dessen Interesse der Rentabilität seines Investments gewidmet ist. Persönlichkeitsspaltungen in der Union. Spätestens seit zu Guttenberg ist das augenscheinlich in Mode gekommen.

Man kann nur hoffen, dass es bei soviel innerer Spaltung nicht zur plötzlichen und unkontrollierten Schnellabschaltung kommt, wie im Atomkraftwerk Isar 1.

Eon hatte Isar1 nach eigenen Angaben am Donnerstag gegen 16 Uhr vom Netz genommen. Fünf Stunden später sank der Kühlwasserstand im Reaktordruckbehälter so rapide ab, dass sich die automatische Schnellabschaltung auslöste. „Beim Herabfahren eines Reaktors kommt es immer zu Schwankungen des Kühlwasserstandes“, erklärte die Eon-Sprecherin zu dem Vorfall. „Aber das Sicherheitssystem hat wie erwartet reagiert.“ Anschließend sei das Kühlwasser wieder auf Normalmaß angehoben worden.

Quelle: Süddeutsche

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