Sind sie auch davon überzeugt, dass der Iran an einer Atombombe baut? Die korrekte Meldung lautet ja, dass die internationale Atomenergiebehörde (IAEA) laut einem Bericht der Washington Post über Beweise verfügen würde, dass der Iran mit Hilfe von ausländischen Spezialisten an der Entwicklung von Kernwaffen arbeite.
Natürlich legt die IAEA und auch die Washington Post keine Beweise vor. Man beruft sich wie immer auf diplomatische Quellen.
Gemäß der Angaben der Geheimdienste von namentlich nicht genannten Ländern, die in den letzten Jahren bei der IAEO eingehen, habe ein gewisser sowjetischer Spezialist für die Entwicklung von Waffen den iranischen Kollegen Ratschläge zur Ausarbeitung von Zündern gegeben, wie sie in der Kernmunition zur Initiierung der Spaltreaktion genutzt werden können.
Quelle: RIA Novosti
Das muss genügen, damit alle durchdrehen. Dabei hat sich an der Einschätzung und der Faktenlage seit dem Jahr 2003 nichts geändert. Zu diesem Zeitpunkt waren vor allem amerikanische Sicherheitsbehörden zu dem Ergebnis gekommen, der Iran habe sein nukleares Waffenprogramm eingestellt.
Seitdem machen Gerüchte und Mutmaßungen die Runde. Vor einem Jahr stützte die IAEA ihre Annahmen auf Berichte der US-Geheimdienste, in denen aber wortwörtlich stand, dass keine Erkenntnisse vorliegen, aber die Größe von entsprechenden Anlagen es theoretisch ermögliche, waffenfähiges Uran anzureichern. Nun ist die IAEA schlauer und behauptet einfach, dass sie sich auf Angaben von gleich mehreren Geheimdiensten stütze, deren Namen man aber nicht preisgebe.
Die Amerikaner, die aufgrund dieser wagen Andeutung erneut mit dem Säbel rasseln, dürften wohl nicht zu den namentlich nicht genannten Ländern gehören und damit als Quelle ausscheiden. Denn in deren Geheimdienstberichten an den Kongress steht immer noch kein konkreter Beweis, der eine Anklage rechtfertigen würde.
In dem letzten mir bekannten Bericht der CIA zur weltweiten Bedrohungslage vom 10. März 2011 steht zum Thema Iran sinngemäß: Wir haben keine Ahnung, ob sich der Iran dazu entschließen wird Atomwaffen zu bauen.
Dabei beruft sich der Geheimdienst wiederum auf die IAEA, die einen Anstieg der installierten und verwendeten Zentrifugen zum Anreichern von Uran gezählt hat. Daraus schließen die Analytiker nun, dass der Iran aufgrund genügender Kapazitäten technisch in der Lage sei, eine Atombombe zu bauen. Aber diesen Vorwurf könnte man wahrscheinlich jedem Staat machen, der mittels Atomkraftwerken auf Kernenergie setzt und Strom erzeugt.
Außerdem ist es geradezu absurd, dass eine Wiener Behörde, die als Teil der UN fungiert mehr weiß als die CIA. Bekannt ist hingegen, dass der US-Geheimdienst Druck auf die IAEA ausgeübt hat, entsprechende Belege für ein Atomprogramm des Iran zu liefern. Der frühere Generaldirektor der IAEA und Friedensnobelpreisträger Mohammed el-Baradei weigerte sich aber beharrlich, die Existenz eines geheimen iranischen Atomwaffenprogramms zu bestätigen. Er warnte gar vor einem militärischen Eingreifen wie gegen den Irak, das auf Grundlage gefälschter Beweise erfolgte. Von der US-Regierung wurde er wohl auch deshalb systematisch belauscht.
Nun scheint es aber so, als würde das Zusammenspiel zwischen US-Regierung und IAEA wieder bestens funktionieren. Es macht sich natürlich gut, wenn eine Behörde außerhalb der US-Sicherheitskreise nebulöse Warnungen formuliert. Ob die nun stimmen oder nicht, spielt zunächst keine Rolle. Die festgefahrenen Verhandlungen zwischen Iran und der sogenannten Sechsergruppe sollen anscheinend wieder in Schwung gebracht und die Position des Westens mit unfairen Mitteln verbessert werden.
Denn bisher lautet der Kompromiss mit den Vermittlerstaaten Brasilien und Türkei, dass der Iran einen Teil seines Uranbestandes (1200 Kilogramm leicht angereichertes Uran) im NATO-Land Türkei zwischenlagern und aufbereiten lassen soll. Im Gegenzug hätte die Türkei Brennstäbe für einen iranischen Forschungsreaktor geliefert. Ungeachtet dessen wollte Iran aber auch weiter an einer eigenen Urananreicherung festhalten, was genau betrachtet auch verständlich wäre, falls der Westen sich dazu entschließen sollte, den Iran um das herausgegebene Uran zu bescheißen. Eine Art Rückversicherung sozusagen.
Der Westen sieht das natürlich anders und vermutet weiterhin ein geheimes Atomwaffenprogramm. In der Folge drehte sich die Diskussion dann auch um den Punkt, dass der Iran von der eigenen Anreicherung Abstand nehmen müsse, um die gegen ihn erhobenen Vorwürfe, er wolle eine Bombe bauen, zu entkräften. Und weil die Vorwürfe des Westens bei näherer Betrachtung haltlos sind, müssen Beweise her, die zu den bekannten Fakten passen.
Daher auch die Geschichte eines Spezialisten, der iranischen Kollegen Ratschläge zur Ausarbeitung von Zündern gegeben haben soll. Dumm nur, dass ein iranischer Kollege, der mit dieser Information etwas hätte anfangen können, der 35-jährige Wissenschaftler und Universitätsdozent Dariusch Rezaie, vor dem Kindergarten seiner Tochter durch Schüsse zweier Täter im Sommer diesen Jahres getötet wurde. Und auch andere Wissenschaftler, die dem iranischen Atomprogramm zugerechnet werden, fielen Attentaten zum Opfer.
Es stellt sich also die Frage, in wie fern vom Iran Gefahr für die Sicherheit in Nahost und für die Welt ausgeht. Bei näherer Betrachtung, der sich unsere Medien natürlich einmal mehr verweigern, dürften zumindest Zweifel an der offiziellen Darstellung angebracht sein.
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NOV