Ein Leyenspiel zwischen Holschuld und Holauftrag

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Die aufgewachte Protestbewegung des über Jahre hinweg eingeschlafenen Bildungsbürgertums kehrt auch am heutigen Ostermontag auf die Straße zurück, um deutschlandweit gegen die Atomkraft zu demonstrieren, 25 Jahre nach der Katastrophe von Tschernobyl. Das ist richtig und wichtig, nur wünschte man sich, dass nicht nur Atomkraftwerke, sondern auch Entscheidungsträger wie Frau von der Leyen endlich abgeschaltet werden.

Das Röschen im Merkel-Kabinett, zuständig für Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, möchte am liebsten einkommensschwache Eltern dazu zwingen, dass sie für ihre Kinder das jämmerliche Bildungspaket der Ministerin beantragen, welches sich völlig unerwartet als weiterer Rohrkrepierer der Bundesregierung entpuppt hat. Dabei geht es um den Versuch, die Schuld für das politische Versagen auf die Betroffenen abzuwälzen, die angeblich zu dumm oder zu stur seien, die Segnungen der schwarz-gelben Giftmutter zu verstehen und anzunehmen. Deshalb will man alle Anspruchsberechtigten informieren, auch mehrsprachig, um darauf hinzuweisen, dass einerseits eine „Holschuld“ bestehe und andererseits eine Verpflichtung, sich für die Bildung der eigenen Kinder zu interessieren.

Frau von der Leyen ignoriert somit auch weiterhin die Tatsache, dass es weder genügend Angebote wie Schulessen gibt, noch die zehn Euro pro Monat ausreichen, um aktiv am Vereinsleben teilnehmen zu können. Es ist kein Wunder, dass das Bildungspaket der Ministerin nicht angenommen wird. Das hat aber weniger mit einem Vermittlungsproblem zu tun, als vielmehr mit einer Ministerin und Mutter, die die Sprache der Betroffenen nicht verstehen will, um ihre auf ganzer Linie gescheiterten Bemühungen rund um das Thema Hartz-IV zu verdecken.

Es ist schon verwunderlich. Eigentlich müsste es nach gängigem Vorurteil einen Run auf das Bildungspaket der Bundesregierung geben, da das Merkmal eines Sozialschmarotzers gerade darin besteht, leistungslos überall dort abzukassieren, wo es etwas zu holen gibt. Viele Familien verzichten aber auf das staatliche Almosen. Wahrscheinlich haben die schon genug. Ganz im Gegensatz zur Berater- und Anwaltszunft, die mit politischer Unterstützung sehr viel größere Summen für nichts aus den nicht vorhandenen Steuermitteln abschöpfen dürfen, um ihre knappen Einkommen aufzustocken.

Der Bundesrechnungshof hat den massiven Einsatz von Beratern bei dem staatlichen Bankenrettungsfonds Soffin kritisiert. Nach Informationen des stern rügte der Rechnungshof den Soffin bereits Ende Dezember in einem vertraulichen Bericht. „Die Vertragsgestaltung“ habe der Soffin „oft im Wesentlichen“ seinen Auftragnehmern überlassen, bemängelte der Rechnungshof. Den Unterlagen habe sich zum Teil „nicht entnehmen“ lassen, warum man für die Aufgaben überhaupt „einen externen Berater benötigte“. Überdies habe der Soffin bei einzelnen Aufträgen „vergaberechtlich fragwürdig“ gehandelt und etwa auf Ausschreibungen verzichtet. Es sei auch „nicht immer“ gelungen, „den Anschein von Interessenkonflikten“ zu vermeiden, kritisierte der Rechnungshof.

Quelle: Stern

Tausende Euro für ein Protokoll und hohe Spesenrechnungen: Der Bundesrechnungshof wirft Ministerien einen nachlässigen Umgang mit Aufträgen an Anwaltskanzleien und Berater vor. Deren Einsatz sei oft nicht ausreichend begründet.

Quelle: Spiegel Online

In den bildungsnahen Schichten geht das eben reibungsloser mit der „Holschuld“. Da wartet ein Anwalt wie Friedrich Merz, ehemaliger Hoffnungsträger der Union, eben nicht erst darauf, dass die Politik mit Geldgeschenken zu ihm kommt, sondern bietet sich und seine zweifelhafte Beratungsdienstleistung permanent an, um vor, während und nach nicht erbrachter Leistungen völlig überhöhte Zahlungen zu kassieren. Solche Leute haben in Wirklichkeit einen regelrechten „Holauftrag“.

Im Gegensatz dazu, sind bildungsferne Familien laut Ursula von der Leyen ganz anders gestrickt.

“Weil die Familien unterschiedlich sind, brauchen wir auch eine gestufte Ansprache. Eine Alleinerziehende, die sich ohnehin für die Bildung ihrer Kinder krummlegt, kommt vielleicht schon mit den Kontaktdaten des Ansprechpartners auf dem Amt zurecht. Bildungsfernere Familien erreichen wir erfolgreicher, wenn wir dorthin gehen, wo die Kinder sind. Die wirklich schwierigen, bildungsfernen Eltern, die weder auf Briefe reagieren noch bei einem Elternabend in Schule oder Kita auftauchen, trifft man ganz sicher im Jobcenter, wo sie sich zur Arbeitsvermittlung melden müssen. Diese Chance können wir nutzen, damit auch diese Kinder das Bildungspaket bekommen.”

Quelle: Sozialticker

Friedrich Merz müsste man sein, der als Veräußerungsbeauftragter der nordrhein-westfälischen Landesbank WestLB 5000 Euro pro Tag (100.000 pro Monat) einsackt für eine Aufgabe, die er nach Sachlage gar nicht erbringen kann.

Um bei einem Verkauf „Verluste für den Bund zu vermeiden“, so der Rechnungshof, müsste der Erlös „mindestens das ausgewiesene Eigenkapital erreichen“. Dafür bräuchte die WestLB „nachhaltig renditestarke Geschäftsfelder“ – was unsicher erscheint. Schon im Juli 2010, kurz nach der Auftragserteilung an Merz, formulierte der Finanzvorstand der Landesbank Zweifel an deren „Veräußerbarkeit“. Investoren würden eine zweistellige Eigenkapitalrendite erwarten, so Vorstand Hans-Jürgen Niehaus – doch die könne die Bank auch 2011 nicht bieten. Ähnlich urteilte vor wenigen Wochen eine sechsköpfige Expertenkommission, die die Bundesregierung eingesetzt hatte. „Für einen Verkauf im Ganzen“, wie ihn Merz versucht, seien die Chancen „sehr begrenzt“, schrieben die Fachleute unter dem Vorsitz des Bonner Professors Daniel Zimmer.

Quelle: Stern

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TV-Tipp: Neues vom Drückerkönig Carsten Maschmeyer

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Der Panorama-Reporter Christoph Lütgert kommt in der Sache Maschmeyer weiter voran. Heute Abend um 22:35 Uhr im Rahmen der Sendung „Panorama – die Reporter“ im NDR Fernsehen gibt es bereits den dritten Film über den schillernden Versicherungsvertreter zu sehen.

Carsten Maschmeyer umgibt sich gerne mit Spitzenpolitikern und Medienstars. Doch der frühere AWD-Chef wird zunehmend von seiner Vergangenheit eingeholt. Seit Christoph Lütgerts Film „Der Drückerkönig und die Politik“ haben zahlreiche Medien, zuletzt der Spiegel, über den Aufstieg, die Geschäftspraktiken und die engen politischen Kontakte Carsten Maschmeyers berichtet. Jetzt könnten neue Dokumente das selbstgezeichnete Bild des seriösen Geschäftsmannes weiter stören. Christoph Lütgert geht erneut auf Spurensuche.

Quelle: NDR

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Noch einmal zu Axel Weber

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Dem Spiegel hat Axel Weber die Begründung für seinen Rücktritt genannt. Dabei hat er gar nicht über seine Position als Bundesbankchef geredet, sondern darüber, warum er nicht EZB-Präsident werden wolle. D.h., Weber begründet seinen Rücktritt als Bundesbankchef damit, dass er einen anderen Job nicht antreten wolle, der ihm bis jetzt aber keinesfalls sicher war. Allein das ist schon ein Ausdruck purer Anmaßung und Arroganz. Aber es kommt noch besser:

Dem Präsidenten komme eine Sonderstellung zu, sagte er dem SPIEGEL. „Wenn er jedoch zu wichtigen Fragen eine Minderheitsmeinung vertritt, leidet die Glaubwürdigkeit dieses Amts.“ Er habe bei einigen wichtigen Entscheidungen in den vergangenen zwölf Monaten klare Positionen bezogen. „Die Positionen mögen für die Akzeptanz meiner Person bei einigen Regierungen nicht immer förderlich gewesen sein“, so Weber. Seither sei seine Überzeugung gereift, dass er das Amt des EZB-Präsidenten nicht anstrebe.

Quelle: Spiegel Online

Das er mit seiner Minderheitsmeinung vielleicht deshalb vollkommen alleine dasteht, weil sie grundsätzlich falsch ist, kommt dem selbsternannten Währungshüter und notorischen Inflationsbekämpfer, in dessen Amtszeit gerade die größte Finanzkrise mit sich abzeichnender Deflationsspirale fällt, natürlich nicht in den Sinn. Den Medien im übrigen auch nicht. Sie feiern Axel Weber als einen kompetenten Finanzmarktkenner und bedauern den Verlust eines standhaften Experten sowie wichtigen Beraters der Kanzlerin.

Viele Journalisten haben noch immer Tomaten auf den Augen und die Ursache sowie das Ausmaß der Finanzkrise noch immer nicht verstanden. Eine schöne Zusammenfassung der Weberschen Fehlleistungen im Amt des Bundesbankpräsidenten finden sie beispielsweise auf den NachDenkSeiten:

  • Weber ist mitverantwortlich für die miserable Makropolitik Deutschlands, die Vernachlässigung der Binnennachfrage und das Auseinanderlaufen der Leistungsbilanzen und der Wettbewerbsfähigkeit der Euro Länder.
  • Weber hat die Finanz- und die Bankenkrise verschlafen. Die Bundesbank hätte viel früher und öffentlich Alarm schlagen sollen. Sie ist mitverantwortlich für die unseriösen Geschäfte im Finanzcasino. Sie hat nicht gewarnt vor der Umwandlung des Deutschen Finanzmarktes unter der Parole Stärkung des Finanzplatzes Deutschland.
  • Er hat den Banken in die Taschen gearbeitet und uns trotz sonstigen Spar-Getöses nicht vor dem unendlich teuren Bankenrettungsschirm bewahrt. Wenn er bei der Deutschen Bank unterkommt, dann hat er das mit Sicherheit verdient. Denn: Er hat zulasten der deutschen Steuerzahler die Deutsche Bank und die deutschen Banken begünstigt. Er ist ein Hüter ihrer Interessen und nicht ein Währungshüter.
  • Schon die Nominierung und Ernennung Webers zum Bundesbankpräsidenten war ein Zeichen der miserablen Kür für wichtige Funktionen in Deutschland. Schröder wollte 2004 eigentlich Professor Bofinger zum Bundesbankpräsidenten machen, der damalige Finanzminister Eichel legte sich – vermutlich auf Betreiben seines damaligen Mitarbeiters Jörg Asmussen – quer und präsentierte Weber als Kandidaten.

Axel Weber tritt also nicht deshalb ab, weil er keine Chance für die Durchsetzung seiner Weisheiten sieht, sondern weil er auf ganzer Linie versagt hat. Weber ist ein klassischer neoliberaler Verpisser, den man natürlich nie als Hinschmeißer bezeichnen und sein Weglaufen aus der Verantwortung vorhalten würde. Im Gegenteil. Wenn er behauptet, noch keine Pläne hinsichtlich zukünftiger Beschäftigung zu haben, dann ist es wahrscheinlich genau umgekehrt.

Würde er aber zugeben, einen lukrativen Job bei einer privaten Geschäftsbank in Aussicht zu haben, dann stünde sein Rücktritt natürlich unter einem ganz anderen Licht. Denn als Bundesbanker war es ja seine Aufgabe, die private Kreditwirtschaft zu überwachen und zu prüfen, ob die Bilanzen der Banken in Ordnung sind. Die Sicherung der Stabilität des Finanzsystems war sein Job. Die Finanzkrise und das finanzpolitische Umgehen mit ihr sprechen klar für ein Versagen Webers. Axel Weber saß immer mit am Tisch im Kanzleramt oder bei den Krisensitzungen zusammen mit Vertretern von den Privatbanken.

Deren Anteil an den Kosten der Krise fiel dementsprechend gering aus, wohingegen der Staat die Hauptlast der Verluste in den Instituten, entweder über direkte Hilfen, Garantien oder der Einrichtung von Bad Banks, übernehmen musste. Dafür hat nicht nur Ackermann gesorgt, sondern Axel Weber auch nicht widersprochen. Wenn er also zur Deutschen Bank wechseln und die Nachfolge von Ackermann antreten sollte, der schon wieder Rekordgewinne und traumhafte Renditeaussichten jüngst vermeldet hat – also als Profiteur der Finanzkrise in Erscheinung tritt – dann wäre das wieder einmal ein Beispiel für nachgelagerte Korruption.

Umgekehrt funktioniert die Kungelei natürlich auch. Wenn sie danach fragen, wer auf dem Stuhl vom scheidenden Bundesbankpräsidenten Platz nehmen soll, hören sie schon wieder den Namen eines ehemaligen Studenten von Weber – Jens Weidmann. Der wiederum ist bereits wirtschafts- und finanzpolitischer Berater der Kanzlerin und würde die Geschichte mit der Drehtür und den Seilschaften auch in diese Richtung weiter fortschreiben. Besonders beruhigend ist diese Aussicht aber nicht.

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Maschmeyer fühlt sich schon seit Monaten verfolgt

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Das hat er zumindest in der Süddeutschen und wahrscheinlich auf Anraten seines neuen PR-Beraters Klaus-Peter Schmidt-Deguelle planmäßig aufgesagt.

„Meiner Familie, meinen Freunden und mir wurde monatelang aufgelauert und nachgestellt.“

Ach so? Dumm nur, dass er der Bild-Zeitung kürzlich noch sagte, dass er von den angeblichen Vorwürfen, die in der ARD-Doku über den Drückerkönig Carsten Maschmeyer zum Ausdruck kamen, erst aus der Programmzeitschrift erfahren habe.

er BILD-Zeitung vom 13. Januar 2011 stellt Carsten Maschmeyer die Recherche von Panorama in Frage. Er behauptet, er habe „von den angeblichen Vorwürfen erst aus der Programmzeitschrift erfahren“.

Quelle: ARD-Panorama

Ja wie denn jetzt, Herr Maschmeyer? Können sie sich mal entscheiden? Wenn der vermeintliche Stalker Lütgert vom NDR ihnen und ihrer Familie ständig aufgelauert hat, wie können sie dann von den Vorwürfen gegen sie erst aus der Programmzeitschrift erfahren haben? Ich denke, sie sind einfach schlecht beraten.

Interessant ist natürlich auch die Begründung Maschmeyers, mit der er die Werbekampagne für Gerhard Schröder erklärt.

„Diese Aktion ist spontan entstanden. Ich wollte nicht, dass Oskar Lafontaine Kanzler wird. Also musste Schröder die Landtagswahl gewinnen.“

Bleibt die Frage, warum Herr Maschmeyer denn einen Kanzler Lafontaine unbedingt verhindern wollte. Vielleicht weil die Geschäfte dann nicht so gut gelaufen wären. Immerhin wollte Lafontaine nicht etwa ein bedeutungsloses Segelschulschiff mit Namen Gorch Fock, sondern ganz konkret den Finanzmarkt an die Kette legen, weshalb man ihn auch als gefährlichsten Mann Europas diffamierte. Heute und hunderte Millarden Rettungsgelder vom Steuerzahler an die gecrashten Banken und wankenden Staaten später, wäre man ihm vielleicht dankbar gewesen, wenn Lafontaine die von Schröder durchgeboxte Deregulierung der Finanzmärkte verhindert hätte.

Herr Maschmeyer kann es drehen, wenden und verschleiern wie er will, er ist und bleibt ein Profiteur dieser Deregulierung und der kriminellen Energie, die nötig war, um ein gigantisches Spekulationsgeschäft eine Zeit lang am Laufen zu halten. Damit konnte Maschmeyer werben und Anleger in die Falle locken.

Nun will er eine Stiftung gründen und zum Samarither werden. Ich kann gar nicht beschreiben, wie übel mir wird, wenn ich so einen Schwachsinn lese.

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TV-Tipp: Carsten Maschmeyer: Die Unschuld vom Maschsee

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Das Erste zeigt heute Abend um 21:45 Uhr im Rahmen der Sendung Panorama einen weiteren Beitrag über Maschmeyer, der sich letzte Woche via Bild-Interview gegen die vom NDR vorgebrachten Vorwürfe gewehrt hatte und inzwischen die Ausstrahlung einer Szene aus der ARD-Dokumentation “Der Drückerkönig und die Politik” juristisch untersagen ließ.

Der NDR-Reporter Christoph Lüttgert wird wohl in der Sendung die Behauptung Maschmeyers in der Bild-Zeitung widerlegen wollen, der NDR hätte nie wie verabredet konkrete Fragen übermittelt und damit ein Zustandekommen eines Interviews selbst verhindert. Lüttgert hat diesbezüglich die gesamte Korrespondenz sowie die Bemühungen um ein Interview mit Maschmeyer als chronologischen Ablauf bereits ins Netz gestellt.

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Kurzer Nachschlag zu ARD-exclusiv über Carsten Maschmeyer, "Der Drückerkönig und die Politik“

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Am vergangenen Mittwoch lief in der ARD die Doku vom Panorama Reporter Lütgert über Carsten Maschmeyer. Darin gab es auch einen Komplex über Walter Riester, der als politisches Bindeglied mit seinen Rentengesetzen das Geschäftsfeld für Maschmeyers AWD und andere Finanzdienstleister erst eröffnete und bereitwillig sein Gesicht für die Vermarktung neuer Vorsorgeprodukte zur Verfügung stellte. Persönlich darauf angesprochen, leugnete der ehemalige Arbeitsminister vehement als Werbemaskottchen der Versicherungsbranche aufgetreten zu sein.

In dem neuen Buch von Pascal Beucker und Anja Krüger, Die verlogene Politik – Macht um jeden Preis, gibt es einen schönen Abschnitt mit dem Titel, Die Riester-Renten-Lüge. Die beiden Journalisten haben vor allem auch Zitate gesammelt und natürlich auch von Walter Riester.

Der Sozialdemokrat ist zum Werbeträger für die nach ihm benannte Rente geworden und lässt sich das gut bezahlen. Als die Bundestagsabgeordneten 2007 erstmals ihre Nebeneinkünfte offenlegen mussten, staunte die Öffentlichkeit, wie viel Geld der Ex-Minister mit Dienstleistungen für Versicherer, Banken oder Vertriebsorganisationen wie AWD verdiente. Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung wollte er die Summe von 200 000 Euro im Jahr nicht dementieren. „Wenn man mir 7000 Euro anbietet, sage ich nicht, dass ich nur 4000 Euro oder gar nichts wert bin“, sagte er. „Mein Name ist halt positiver Werbeträger.“ Eine Sparkasse verpflichtete ihn unter dem Motto „Riester erklärt Riester“. Eine Bank produzierte ein Plakat mit seinem Bild und dem Spruch „Walter fürs Alter“. Bei einer Tagung des Ostdeutschen Sparkassenverbands, zu der er eingeladen war, lag auf jedem Platz ein T-Shirt mit der Aufschrift „Ich bin Riester“. Er tue sich leicht mit der Marke „Riester-Rente“, sagte Riester der Märkischen Allgemeine: „Stellen Sie sich einmal vor, ich würde Hartz heißen. Das wäre schwieriger.“

Das nur als Ergänzung zum Film. Das Buch von Beucker und Krüger sollte jeder gelesen haben.

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Pascal Beucker / Anja Krüger: Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis, Knaur-Verlag, München, ISBN: 978-3-426-78345-0, 302 Seiten, 8,99 Euro.

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Ergänzung zu ARD-Doku über die Maschmeyer-Connection

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Unter anderem in der Wirtschaftswoche lese ich einen Bericht zur morgigen Sendung. Darin heißt es:

Trotz Intervention des Medienanwalts Matthias Prinz will die ARD eine Dokumentation über den Finanzunternehmer Carsten Maschmeyer senden.

Der bekannte Hamburger Medienanwalt Prinz hatte für seinen Mandanten Maschmeyer nach eigenen Angaben ein 80-seitiges Schreiben an alle ARD-Intendanten geschickt. Darin werden die Intendanten aufgefordert zu prüfen, ob der Film die journalistische Sorgfaltspflicht erfülle. Es gebe hieran Zweifel, da Maschmeyer nicht Gelegenheit erhalten habe, angemessen zu Wort zu kommen. Es habe zwar immer wieder Interviewanfragen, aber keine konkreten Fragen gegeben, die sein Mandant gerne beantwortet hätte, sagte Prinz.

Das ist natürlich eine schwache Begründung vom Medienanwalt. Was versteht die Finanz- und Politikelite eigentlich unter konkreten Fragen? Vielleicht möchten die Herren Maschmeyer, Wulff und Ex-Kanzler Schröder selber welche stellen und darauf antworten. Jedenfalls ist klar, dass der Reporter Lütgert schon für seinen letzten Bericht über Maschmeyer im September 2010 Interviewanfragen gestellt und jedesmal eine Absage erhalten hat. An ihm oder dem NDR hat es mit Sicherheit nicht gelegen…

Sowohl Carsten Maschmeyer, als auch Ex-Kanzler Gerhard Schröder und Bundespräsident Wulff lehnten wiederholt Interview-Wünsche von NDR-Reporter Lütgert ab.

Quelle: Panorama

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ARD-exclusiv: „Der Drückerkönig und die Politik“, Mittwoch, 12.01.2011, 21:45 – 22:15 Uhr.

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Drehtür Bundestag

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Es kommt immer häufiger vor, dass Politker aus den vorderen Reihen der Parlamente in die Wirtschaft wechseln. Nun hat sich der finanzpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Leo Dautzenberg, dazu entschlossen, die Seiten zu wechseln. Eben noch als Wortführer der Bürger für Steuersenkungen geworben und morgen schon als politischer Kontaktmann für ein Großunternehmen mit Milliardenumsatz auf der anderen Seite im Bundestag unterwegs.

„Nun werde ich eine neue Aufgabe als Leiter der Konzern-Abteilung Public Affairs und Bevollmächtigter des Vorstands eines in meinem Heimatbundesland ansässigen Unternehmens übernehmen.“

Quelle: RP Online

Das klingt ja fast so, als übernehme er einen relativ unbedeutenden Posten in der Dorfbrauerei seines Heimatstädtchens. Dabei handelt es sich bei Evonik um eine ziemlich große Nummer in der Industrie. Man muss so etwas nicht mehr kommentieren. Ja, man könnte sogar drüber lachen, wenn man sich anschaut, wer als Nachrücker für Dautzenberg in den Bundestag enzieht. Ein Herr mit Namen Cajus Julius Caesar. Nein, kein inkarnierter Feldherr, sondern ein gelernter Förster aus Westfalen. Deutschland ist echt zu beneiden. Erst zu Guttenberg und nun auch noch Caesar. Für Bild wer das und nicht der Wechsel des Dautzenberg in die Wirtschaft sicherlich eine Schlagzeile wert.

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Mappus der Ökonom

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Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus stellt einmal mehr seinen ökonomischen Sachverstand unter Beweis. Im Interview mit dem Deutschlandfunk schrie er in den Telefonhörer.

„Und was Herr Sarkozy und was Angela Merkel machen ist, einfach darauf hinzuweisen, dass es nicht sein kann, dass Frankreich und Deutschland über einheitliche Euro-Bonds praktisch den Rest von Europa dauersubventionieren. Das wäre eine Art neuer Länderfinanzausgleich innerhalb Europas, und das kann nicht wahr sein. So wie bei dem Thema, das ich vorher gesagt habe, in Baden-Württemberg, muss doch auch hier der ökonomische Sachverstand im Vordergrund stehen. „

Und was hat der Sachverständige in Bezug auf Baden-Württemberg vorher gesagt?

„Ich bin der Überzeugung, dass das mit EnBW für Baden-Württemberg absolut richtig war, mache auch die Erfahrung, dass es im Land hervorragend ankommt, und ich sage Ihnen ganz offen, ich lasse mir das auf gut Schwäbisch gesagt nicht versauen, dadurch, dass jetzt die Grünen und die SPD ein Vehikel suchen, wie sie ein für Baden-Württemberg gutes Geschäft kaputt machen können, indem sie vermeintliche Freundschaften praktisch überqualifizieren und abwerten. Das mache ich nicht mit! Ich will für Baden-Württemberg etwas erreichen und ich mache diese Fundamentalopposition, die man hier betreibt, einfach nicht mit.“

Aha, selten so ein ökonomisch schlagendes Argument gehört. Die anderen wollen einem nur die Tour versauen und deshalb muss man dagegenhalten.

Zur Aufklärung: Das Land Baden-Württemberg kauft den Energieversorger EnBW zurück. Das sollte nach Chefökonom Mappus rund fünf Milliarden Euro kosten. Nun werden es auf wundersame Weise sechs Milliarden. Bei so einer Größenordnung holt sich der Starökonom natürlich beratende Hilfe an seine Seite. Nein nicht den Schlichter Geißler, sondern den Kumpel Dirk Notheis, der für das Bankhaus Morgan Stanley arbeitet. Aber wie der Ministerpräsident schon so treffend sagte, handelt es sich nicht um eine Kumpanei, sondern um eine veritable Geschäftsbeziehung.

Der Kumpel, pardon, Geschäftsmann Notheis berät schließlich nicht umsonst, sondern erhält eine Provision für den Abschluss der Gesamttransaktion. Kolportiert wird eine zweistellige Millionensumme. Fragen sie lieber nicht, was an einer Beratertätigkeit so teuer sein könnte, wenn am Ende statt eines niedrigeren ein höherer Kaufpreis steht. Vielleicht duftet das Papier, auf dem der Deal festgeschrieben wird.

Jedenfalls will sich der Mappus die Tour nicht versauen lassen. Wenn Banken erst bei der Privatisierung und später bei der Wiederverstaatlichung abkassieren, hat das eben nichts mit Geschmäckle oder Vetternwirtschaft zu tun und auch nichts damit, dass hier Steuergelder transferiert werden. So ein Geschäft lebt eben vom ökonomischen Sachverstand.

Nun hat der Koalitionspartner von Mappus, die FDP, schon angekündigt, die verstaatlichten Anteile nach der Wahl sofort wieder verkaufen zu wollen. Wer wird denn dann eigentlich beratend tätig. Ein Kumpel vom FDP-Fraktionsvorsitzenden Hans-Ulrich Rülke?

Dirk Notheis war Wahlkampfhelfer von Angela Merkel im Jahr 2005 und Vorsitzender der Jungen Union von Baden-Württemberg. Zudem hat er für den damaligen Generalsekretär der CDU Volker Kauder gearbeitet und vor allem den angepeilten Börsengang der Deutschen Bahn AG vorangetrieben, bei dem sein Hauptarbeitgeber Morgan Stanley durch Beraterverträge profitiert.

Im Fall EnBW scheint Notheis nun besonders dicht an der Politik gewesen zu sein. Beim bisherigen Teilhaber EDF soll man Notheis im Zuge der Verhandlungen irgendwann nur noch den „Zwilling“ genannt haben – weil er offenbar Mappus in Auftreten und Sprache so ähnlich war.

Quelle: Spiegel Online

Erschwerend hinzu kommt die Tatsache, dass die von Mappus behauptete Transparenz mal wieder nicht stimmt. Über das Zustandekommen der Verträge sei Stillschweigen vereinbart worden und der Landtag durfte heute nur im Nachhinein abstimmen. Eine Ablehnung hätte aber laut Vertrag keine Auswirkungen auf das Geschäft gehabt. Das ist schon sehr seltsam, wenn man bedenkt, dass die baden-württembergische Landesregierung bei Stuttgart 21 sehr viel Wert auf die Feststellung legte, dass das Projekt durch demokratische Entscheidungen in den Parlamenten legitimiert worden sei.

Um noch einmal auf das heutige Interview im Deutschlandfunk zurückzukommen:

„Und was Herr Sarkozy und was Angela Merkel machen ist, einfach darauf hinzuweisen, dass es nicht sein kann, dass Frankreich und Deutschland über einheitliche Euro-Bonds praktisch den Rest von Europa dauersubventionieren. Das wäre eine Art neuer Länderfinanzausgleich innerhalb Europas, und das kann nicht wahr sein.“

Wahr ist aber auch, dass Mappus keinerlei Scheu davor hat, Bankhäuser, ob nun mit Kumpel oder nicht an der Spitze, für zweifelhafte Beratungen zu subventionieren und dafür nicht einmal die Zustimmung des Parlaments zu benötigen. Es könnte natürlich auch sein, dass Mappus einen Karrieresprung in die Finanzwirtschaft plant, falls es zur Wiederwahl im nächsten Jahr nicht reichen sollte. In diesem Fall könnte der Deal Bestandteil der Bewerbung sein. Dann wäre es aber nicht für Baden-Württemberg ein gutes Geschäft, sondern allein für Herrn Mappus. Aber vielleicht denkt der Sonnenkönig vom Neckar mit dem Gesicht eines Schlägers ja auch einfach „L’État c’est moi!“.

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