Gesundheitspolitik II: Die FDP ist noch dämlicher

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Eigentlich wollte der Herr Rösler ja seinen Hut nehmen, falls es nicht zu seiner Schwachsinnsreform mit der Knallkopfpauschale reichen sollte. Soweit wird es nicht kommen. Aber mal abgesehen von dem personellen Befindlichkeiten der Dauerdurchstarter, schauen sie sich doch bitte an, was da gefordert und wie begründet wird. Da steckt nicht nur viel dummes Zeug drin, eine simple Logik ist in dem Gesagten auch nicht zu finden.

Wenn das General-Bambi der FDP Christian Lindner sagt, dass es das Ziel seiner Partei sei, Geringverdiener mit einer Kopfpauschale nicht zu überfordern und deshalb einen Steuerausgleich einführen zu wollen, fragt man sich, wo da nun die Reform sein soll. Bisher zahlt jeder entsprechend seinem Einkommen einen Prozentbetrag an die gesetzliche Krankenversicherung. D.h., dass die Höhe des Einkommens darüber entscheidet, wie hoch der Beitrag ist. Es findet also ein Sozialausgleich bereits dadurch statt, dass Einkommensstärkere höhere Beiträge zahlen als Einkommensschwächere. Aber das ist der modernen FDP zu doof, altbacken und rückständig. Die Liberalen wollen lieber ein neues System, in dem ein Träger die gleichhohen Beiträge einsammelt und eine andere Behörde für den Sozialausgleich aus Steuermitteln sorgt. Das klingt natürlich sehr fortschrittlich, ist aber strunzdumm und vor allem teuer.

Zunächst einmal müssen die Beiträge für die Krankenversicherung immer noch aus den Einkommen der Arbeitnehmer finanziert werden, egal in welcher Form sie nun erhoben werden. Der Faktor Arbeit wird auch nicht dadurch entlastet, dass die fälligen Beiträge komplett der Arbeitnehmerseite auferlegt werden. Denn wenn die persönlichen Ausgaben für Gesundheit steigen, sinken automatisch die Einnahmen der Unternehmen, die nicht gerade für die Gesundheitsbranche produzieren. Der verdiente Euro kann immer nur einmal ausgegeben werden. Muss der Arbeitnehmer zwangsweise seine Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen erhöhen, weil er nicht krank sein will, muss er ebenfalls zwangsläufig seine Nachfrage nach anderen Gütern und Dienstleistungen zurückfahren. Das schadet der gesamten Volkswirtschaft und führt damit unmittelbar zu mehr Arbeitslosigkeit.

Bei steigenden Gesundheitsausgaben einerseits und ständig sinkenden Löhnen andererseits kann eine Deckung des Finanzbedarfs also nur über eine Erhöhung der Beiträge sichergestellt werden. Insofern muss die Regierung ständig die Beiträge erhöhen. Eine andere Möglichkeit bleibt ihr nicht, sofern sie auch weiterhin an den Dogmen festhält, keinen Mindestlohn einzuführen sowie sich einer aktiven Konjunktur- und Lohnpolitik zu verweigern, während sie den Lobbyorganisationen der Gesundheitsbranche weiterhin jeden Wunsch erfüllt und damit selbst Schuld daran trägt, dass die Ausgaben, vor allem bei den Arzneimitteln weiterhin in die Höhe schnellen oder hoch bleiben.

Das Sozialausgleichsgeschwafel der FDP dient nur einem Zweck. Der Verschleierung. Die Knallkopfpauschale funktioniert ja nur, wenn die Leistungen der Kassen radikal eingeschränkt werden. Bei den Liberalen heißt das marktfreundlich und hinterlistig, dass der Versicherte in Zukunft selbst wählen darf, welche Leistungen er haben möchte. Die Freiheit des Einzelnen wird dabei sehr betont. Nur nützt die Freiheit dem Einzelnen überhaupt nichts. Es sei denn, er verfügt über ein sehr hohes Einkommen oder Vermögen, um sich die zahlreichen Zusatzleistungen kaufen zu können. Das haben die Bürger aber längst geschnallt, weshalb die FDP alles daran setzt, sich ein sozialeres Image zu verpassen. Beim Sozialausgleich der Knallkopfpauschale wird das auf besonders absurde Weise deutlich.

Wahrscheinlich müsste die Hälfte aller Deutschen beim Finanzamt einen Antrag einreichen, um über den liberalen Sozialausgleich Geld wiederzubekommen, dass sie im bisherigen System ohnehin nie gezahlt hätten, weil ihr Krankenversicherungsbeitrag nach dem Einkommen bemessen wird. Die Vollidioten der FDP sollten endlich einmal begreifen, dass Bismarck viel schlauer war, als die liberalen Vertreterschnösel von heute. Bismarck hatte die umlagefinanzierte Sozialversicherung ja nur deshalb eingeführt, um die soziale Bewegung des Landes, die sich am Erstarken der SPD zeigte, abzuwürgen und seine konservativ reaktionäre Macht nachhaltig zu sichern. Wären die schwarz-gelben heute schlau, würden sie die Forderungen der Linken erfüllen, um ihre Haut langfristig zu retten.

Offensichtlich ist aber die Spaltung der Gesellschaft noch nicht fortgeschritten genug und die heutige SPD ist als konservativer Abklatsch von schwarz-gelb nocht nicht in allen Köpfen angekommen.

Ohne eine Erhöhung der Grundlohnsumme, d.h. ohne einen funktionierenden Arbeitsmarkt mit einer deutlichen Erhöhung der Vollzeitbeschäftigung und einer an der Produktivitätssteigerung ausgerichteten Lohnentwicklung wird das Finanzierungsproblem in der gesetzlichen Sozialversicherung nicht behoben werden können. Die Ausgabenseite ist nicht unser Problem, obwohl Pharmabranche und Ärzte immer mehr Geld bekommen und man in diesen Bereichen durchaus handeln sollte. Aber gemessen am BIP gibt Deutschland nicht mehr Geld für Gesundheit aus, als vergleichbare andere Nationen, deren Gesundheitssystem auch öffentlich finanziert wird.

Die höchsten Gesundheitsausgaben verzeichnen übrigens die USA mit rund 15 Prozent vom BIP (Deutschland gibt rund 10 Prozent des BIP für Gesundheit aus). Bis zum Obama-Gesetz über die Einführung einer gesetzlichen Krankenversicherung hatten die USA nur ein reines privatwirtschaftlich organisiertes auf liberaler Freiheit basierendes Gesundheitssystem entwickelt. Auch vor diesem Hintergrund sollte man die FDP-Vorschläge einordnen und die Frage stellen, wer hier eigentlich rückwärtsgewandt im Gesundheitssystem etwas auf biegen und brechen reformieren will.

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Und nun zu Brüderle!

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Heute war der große Tag von Rainer Brüderle. Der Bundeswirtschaftsminister schnappte sich die Zahlen der Forschungsinstitute zur wirtschaftlichen Entwicklung und die jüngsten Arbeitslosenzahlen, um eine Regierungserklärung zum Thema Aufschwung abzugeben. Am Ende könnte man es auf die Botschaft reduzieren, dass angesichts einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung, die natürlich den regierenden Parteien zu verdanken sei, es nun an der Zeit sei, Konjunkturprogramme einzustellen und vor allem auch Lohnzurückhaltung zu üben, um einer „schleichenden Griechenlandisierung“ zu entgehen. Deutschland sei wieder da, so Brüderle.

Mal ehrlich, etwas anderes durften wir doch nicht erwarten. Brüderle ignorierte natürlich, dass die kleine konjunkturelle Erholung von etwas über einem Prozent nur ins Verhältnis gesetzt zum letztjährigen Absturz auch wirklich einen Sinn ergäbe. Dies vewrmied der Minister, weil er dann hätte zugeben müssen, dass die leichte Erholung das dicke Minus von über fünf Prozent aus dem Vorjahresquartal noch lange nicht wettgemacht hat. Aber das Brüderle ließ sich auch nicht von anderen aktuellen Daten beeindrucken. Zum Beispiel von den Einzelhandelsumsätzen, die heute durch das statistische Bundesamt für den Monat Mai bekannt gegeben wurden. Ohne Beschönigung heißt es diesmal:

Einzelhandelsumsatz im Mai 2010 real um 2,4% gesunken

Und im Text dann die entscheidende Passage:

Von Januar bis Mai 2010 setzte der deutsche Einzelhandel nominal 0,4% und real 1,3% weniger um als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum.

Es wird also noch weniger umgesetzt bzw. gekauft als zu Beginn des Krisenjahres 2009. Das spricht natürlich total für die Aufschwungsphantasien unseres WeinWirtschaftsministers. Wir leben ja schließlich nicht von unseren Einkommen, sondern vom Export. Und der brummt schon wieder, meint Brüderle. So sieht übrigens die Erfolgskurve des deutschen Exports in Wirklichkeit aus.

Quelle: Joachim Jahnke
Quelle: Infoportal von Joachim Jahnke

Na ja, im Trend geht es aufwärts und nur das zählt für Brüderle. Kleinere Rückschläge auf niedrigem Niveau interessieren ihn nicht, genauso wenig wie die Tatsache, dass ohne den Außenhandelsbeitrag die deutsche Wirtschaftsleistung geschrumpft wäre. Solange sich also andere Länder weiter verschulden und unsere unschlagbar günstigen Produkte kaufen, ist für Brüderle alles im Lot. Wir schimpfen dann halt wieder über die Griechenlandisierung unserer Warenabnehmer, während wir davon profitieren, dass andere sich bei uns verschulden.

Nur kaufen können wir uns dafür nix. Und das soll laut Brüderle auch so bleiben. Keine höheren Löhne und Einkommen fordert der Minister. Wir könnten ja anfangen, die Schuldscheine oder Devisen zu essen, die wir als Gläubiger von unseren Handelspartnern erhalten. Die Umsätze im Lebensmittelhandel gingen deshalb auch folgerichtig um minus 5,3 Prozent im Vergleich zum Mai 2009 zurück. Und wer bereits am Essen spart, wird jetzt sicherlich auch bei anderen Konsumgütern richtig zulangen und sich vielleicht einen HD-Fernseher aufs trockene Brot von vorgestern schmieren.

Aber wir haben ja ein Jobwunder, meint Brüderle. Ein kleines zwar, aber es sei sichtbar. Okay, was unsichtbar ist, ist die Realität der wachsenden Unterbeschäftigung zum Beispiel. Sie legte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 7,2 Prozent zu. Das ist kein Wunder, sondern logisch bei Gesetzen, die es zulassen, das Menschen aus regulären Vollzeitstellen hinausgedrängt werden können, um sie dann gegen mehrere Minijobber oder Leiharbeiter zu ersetzen. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen hat auch wieder zugenommen, um fast 3 Prozent auf rund eine Million. Aber egal. Das will doch keiner hören. Wir haben schließlich Aufschwung. Sie müssen das nur aus der Perspektive eines Kopfstandes betrachten…

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Bundestag: Brüderle will etwas zum Aufschwung sagen

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Nicht die Bundesversammlung morgen ist wichtig, sondern der Tag danach. Denn am Donnerstag, dem 1. Juli, will Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle von der aktuellen vier-Prozent Partei FDP vor das Parlament treten und eine Regierungserklärung abgeben.

Thema:

Aufschwung für Deutschland

Quelle: Deutscher Bundestag

Das kann man doch nicht mehr ernst nehmen… :roll:

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Kurz zu G-20 in Toronto

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Über 700 Millionen Euro hat der G-20-Gipfel in Toronto mit dem netten Fußballnachvormittag von Frau Merkel und Herrn Cameron gekostet. Beschlossen wurde aber wieder nichts. Bereits zum vierten Mal nach Washington 2008 sowie London und Pittsburgh 2009 verschoben die Regierungen der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer eine dringend nötige Regulierung der durchgeknallten Finanzmärkte. Das ist ein Skandal und lässt die Frage offen, ob diese Regierungen überhaupt noch fähig sind, politische Entscheidungen zum Wohle ihrer Völker zu treffen. Hat das Gesellschaftssystem eigentlich noch Bestand, wenn man ohnmächtig mit ansehen muss, wie „Big Money“, darunter u.a. Banken und BP, wirtschaftliche und ökologische Desaster anrichten können, ohne dass sich daraus für die Verursacher irgendwelche nennenswerten Konsequenzen ergeben würden?

Angesichts dieser berechtigten wie existenziellen Systemfrage wirkt der absurde Streit zwischen Merkel und Obama über den richtigen Weg zum Wachstum wie eine Randnotiz. Immerhin wurde die Kanzlerin von den hiesigen Medien dafür gefeiert, dass sie sich angeblich mit ihrer Sparposition durchgesetzt habe. Das ist schon bemerkenswert. Zum einen, weil die dumme Medienmeute ein Tor bejubelt, das gar nicht gefallen ist und zum anderen, weil sie glaubt, das Deutschland in die richtige Richtung spielt. In Wirklichkeit aber, schießt die Regierung Merkel nur auf ein Tor, nämlich das eigene.

Wer Bock hat, kann die durch und durch belanglose Abschlusserklärung des teuren Gipfel-Treffens hier nachlesen.

The G-20 Toronto Summit Declaration

Jedenfalls findet sich darin nicht nur eine wage Absichtserklärung, die Haushaltsdefizite bis zum Jahr 2013 zu halbieren, sondern auch eine Stelle, die der deutschen Öffentlichkeit mal wieder vorenthalten wurde. Unter Punkt 12 steht:

12. Surplus economies will undertake reforms to reduce their reliance on external demand and focus more on domestic sources of growth.

Mit anderen Worten. Überschussländer sollten/werden ihre Außenhandelsüberschüsse dadurch zurückführen, indem sie sich mehr der Stärkung der eigenen Binnennachfrage widmen. Haben sie dazu in den Medien irgendetwas gelesen? Es ist wie immer. Für jede Position wurde in dem an sich unverbindlichen Papier ein eigener Punkt geschrieben, den man dann zu Hause als persönlichen Erfolg verkaufen kann. Der Rest wird einfach verschwiegen. Es würde ja auch kein normaler Mensch auf die Idee kommen 27 Seiten Nichts durchzulesen. Bevor man Punkt 12 erreicht hätte, wäre man wohl längst gelangweilt eingeschlafen.

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Nachtrag zu Merkels Finanzpolitik

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Zunächst noch einmal zur FDP. Auch der Karikaturist Klaus Stuttmann hat sich mit dem Wahnsinnsvorschlag der FDP beschäftigt, die Steuern zu Gunsten der eigenen Klientel nun doch wieder senken zu wollen, weil es nach dem Rückgang des Defizits von -80 auf -60 Mrd. Euro angeblich neue Spielräume gäbe. :crazy:

Karikatur von Klaus Stuttmann
Quelle: Klaus Stuttmann

Derweil bleibt Bundeskanzlerin Merkel auf Zerstörungskurs. Die Begründungen, warum man das Sparpaket unbedingt durchziehen müsse, werden dabei immer abenteuerlicher und unverschämter.

Man dürfe nicht vergessen, dass Deutschland in diesem Jahr eine Rekordverschuldung auf sich genommen habe, um die Weltkonjunktur und zu Hause den Konsum zu stimulieren.

Quelle: Spiegel Online

Eine infame Lüge, die mit Gefängnis nicht unter 10 Jahren bestraft werden sollte. Hat die Kanzlerin nicht einen Eid geschworen? Hier begeht sie einen Meineid. Mit Gefängsnis wäre sie noch gut bedient, denn im Mittelalter wurde den Meineid Schwörenden „als Spiegelstrafe die Zunge herausgeschnitten oder die zum Schwören erhobene Hand abgeschlagen.“ (Quelle: wikipedia)

Die deutsche Staatsverschuldung ist mit über 70 Prozent vom BIP zunächst einmal vergleichsweise moderat, wenn man sich anschaut, was in anderen Staaten los ist. Zum Beispiel in Japan mit über 200 Prozent oder in den USA mit über 90 Prozent des BIP. Diese Länder sind auch nicht pleite und haben nach wie vor Zugang zu ausreichend Liquidität. Richtig ist, dass sämtliche Volkswirtschaften in Folge der Finanzkrise ihre Staatsausgaben erhöht und die öffentliche Verschuldung ausgebaut haben. Mit Blick auf Deutschland hat der Anstieg der Verschuldung aber nun rein gar nichts mit einer Stimulierung des Konsums zu tun, sondern in erster Linie mit den Rettungsschirmen für marode Banken und den „systemischen“ Finanzsektor. Der private Konsum hatte auch überhaupt nichts von der großzügigen Senkung der Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen zu Beginn diesen Jahres.

Ich habe ja den Eindruck, als ob Frau Merkel in ihrer argumentativen Not den Spieß einfach umdrehen wolle. Sie weiß genau, dass sie mit ihrer Politik total daneben liegt und behauptet nun einfach, dass die immer stärker werdenden Vorwürfe gegen Deutschland gar nicht stimmen können, weil die Politik der Bundesregierung doch genau zu dem Wachstum führen würde, das sich alle wünschen.

Interessant dabei ist, dass das Verhältnis zu den Amerikanern unter Merkels Basta-Politik zusehends Schaden nimmt. Unter Merkel! Erinnern sie sich noch an die Oppositionsführerin Merkel im Jahr 2003? In der Irak-Frage kroch sie doch damals dem US-Präsidenten Bush tief in den Arsch, um der Öffentlichkeit zu zeigen, dass das freundschaftliche Verhältnis zu den USA durch nichts, selbst nicht durch die Frage ob Krieg oder nicht, in Misskredit gebracht werden dürfe. Und auch die FDP tönte damals, dass das rot-grüne Nein zum Irakkrieg ein außenpolitischer Affront gegenüber den USA sei. Wolfgang Schäuble ließ sich sogar zu der Bemerkung hinreißen, dass der Irakkrieg zwar eine schlechte Lösung sei, eine gedemütigte Weltmacht USA aber die noch schlechtere Lösung wäre.


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Und was sagte Guido Westerwelle im Februar 2003 zum Verhalten der damaligen Bundesregierung?

„Diese Bundesregierung hat das Land wirtschaftlich ruiniert, und jetzt ist sie dabei, Deutschland zu isolieren. Das beste für das Land wären zügige Neuwahlen.“

Quelle: FAZ

Genau das müsste er heute auch sagen… :DD

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Finanzpolitik: Es geht doch noch blöder

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Man hätte ja eigentlich darauf wetten können, dass die FDP just nach der Bekanntgabe des zu erwartenden geringeren Defizits im Bundeshaushalt sofort ihren Steuersenkungsschwachsinn wieder hervorkramt. Die liberale Forderung, Steuern in einer Größenordnug von 14 Mrd. Euro zu senken, sei nun wieder möglich, heißt es aus der gelben Ecke. Das muss man sich mal vorstellen. Statt über 80 Mrd. muss der Finanzminister jetzt über 60 Mrd. Euro neue Schulden machen. Was hat sich denn aber im Hinblick auf Steuersenkungen jetzt geändert? Was bei 80 Mrd. offensichtlich falsch war, soll jetzt mit 60 Mrd. Miesen richtig sein? Schließlich gibt es noch immer keine Vorschläge zur Gegenfinanzierung. Es gilt nach wie vor der vorgetragene Aberglaube vom selbsttragenden Aufschwung.

Aber es wird noch besser. Die FDP will nicht nur wieder Steuern senken, sondern gleichzeitig das beschlossene Sparprogramm umsetzen. Ganz nach dem Motto: Wenn schon das Land ruiniert werden soll, dann aber richtig. Doppelt hält schließlich besser. An den letzten Zuckungen der bereits toten FDP sollte man sich nicht abarbeiten. Im Gegenteil, man sollte sie nur machen lassen und das Ziel dauerhaft unter fünf Prozent wird immer realistischer.

Wirklich ärgerlich ist aber das Verhalten der Medien, die den Blödsinn der FDP mit eigenem Blödsinn und Unvermögen kommentieren. Vorhin im Radio wurde der FDP-Vorschlag von einem Redakteur aus der Wirtschaftsredaktion(!) kommentiert. Der meinte, dass das geringere Defizit im Bundeshaushalt zwar positiv sei und Steuersenkungen theoretisch vorstellbar wären, weil wir einen Aufschwung hätten, jedoch könne man nicht wissen, wie lange dieser anhielte. Die gute Konjunkur könne urplötzlich wieder vorbei sein und dann beschlossene Steuersenkungen weitere noch größere Löcher in die öffentlichen Haushalte reißen.

Was soll das für eine Erklärung sein? Mit Ökonomie und okonomischen Sachverstand hat das jedenfalls nichts zu tun. Der Redakteur sollte sich vielleicht zum Hollywood-Reporter oder Kartenleger bei Astro-TV umschulen lassen. Was sind denn die Botschaften? Erstens: Die FDP meint es doch nur gut. Zweitens: Wir haben Aufschwung, alles doch nicht so schlimm. Und Drittens: Die Konjunktur wird von unsichtbaren Kräften beeinflusst, aber auf keinen Fall von aktiver Konjunkturpolitik.

Das ist plumpe Meinungsmache. Eine Strategie! Seit Ausbruch der Krise hören wir, dass die Auswirkungen in Deutschland vergleichsweise glimpflich seien, obwohl alle ökonomischen Kennzahlen das Gegenteil belegen. Der Arbeitsmarkt sei robust, die Kauflaune moderat, die Erwartungen der Unternehmen zuversichtlich. Und nun machen wir auch nur noch 60 Mrd. Euro neue Schulden statt 80 Mrd. Was für ein Erfolg, wird den Leuten suggeriert. Das ist unerträglich. Da stößt sogar Alkohol an die Grenzen seiner Möglichkeiten, würde Pispers sagen.

Zum Glück hatte gestern Paul Krugman mit seinem Interview im Handelsblatt (siehe hier im Blog) die Blutgrätsche ausgepackt und die Aufmerksamkeit des fröhlich dahin spielenden Deutschlands auf sich gelenkt. In den Medien wird Krugman zitiert, aber nicht einfach so. Nein. Plötzlich haben die Journalisten ihre Lust an der Recherche wiederentdeckt und betonen lautstark, dass Krugman ein Berater des amerikanischen Präsidenten sei. Offensichtlich will man damit zum Ausdruck bringen, dass Krugman gar nicht so unabhängig ist und nur die Interessen seiner Regierung vertritt. Dass es gerade andersherum sein könnte, weil Berater ja eigentlich beraten, kommt im Denken unserer Journalisten natürlich nicht vor. Wieso auch, in Deutschland ist das Beratertum ja im höchsten Maße interessengeleitet. Wie gern hätte ich da in der Vergangenheit gehört, dass der allseits als unabhängiger Experte zitierte Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft auch Kurator der Inititiative Neue Soziale Marktwirtschaft ist, er also die Interessen einer einflussreichen Lobbyorganistation der Arbeitgeber nach außen vertritt. Nein, sein Auftreten und seine Aussagen zur Wirtschaft gelten als integer.

Es fragt auch keiner nach den Beratern der Kanzlerin. Otmar Issing darf munter das gescheiterte neoliberale Dogma als Propaganda zur Krisenbewältigung verbreiten. Als Träger des International Price der Friedrich Hayek Stiftung, als Mitglied des Aufsichtsgremiums der deutschen Friedrich August von Hayek Stiftung, als Präsident des „Center for Financial Studies“ an der Universität Frankfurt, „das von der Gesellschaft für Kapitalmarktforschung getragen wird, die aus über 80 Banken, Versicherungen, Beraterfirmen und Wirtschaftsverbänden besteht“ (siehe NachDenkSeiten) und als Berater der Investmentbank Goldman Sachs spielen andere Denkansätze überhaupt keine Rolle. Da frage ich mich, wer hier welche Interessen vertritt. Die Medien schweigen dazu.

Aber bei Krugman, dem böse dazwischengrätschenden Ami ist man plötzlich voll da und kritisiert unisono, auch der Radio-Wirtschaftsredakteur im übrigen, das noch mehr Schuldenmacherei nicht gut sein könne. Sparen sei jetzt der einzig richtige Weg. Alternativlos sozusagen. Hacken zusammenschlagen, äh Augen zu und durch, lautet die Devise. Doch keiner hat den Krugman gelesen, geschweige denn verstanden bzw. den Unterschied zwischen unproduktiven FDP-Steuersenkungsschulden und schuldenfinanzierten Konjunkturmaßnahmen erklärt. Wäre das anders, hätte nämlich auch der Radio-Wirtschaftsredakteur schnell begriffen, dass der Schiedsrichter das von Deutschland unfair gestaltete Spiel längst vorzeitig abgebrochen hatte und Krugmans Grätsche lediglich der verzweifelte Versuch war, einen blinden, tauben und amoklaufenden Spieler zu stoppen, der mit seiner fortwährenden Spielweise das Publikum dazu nötigt, das Stadion auseinanderzunehmen.

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Paul Krugman im Handelsblatt-Interview (LESEN!!!)

Geschrieben von:

Paul Krugman zur Abwechslung mal auf deutsch. Das aktuelle Interview mit dem Wirtschaftsnobelpreisträger im Handelsblatt sollten sie unbedingt lesen. Ich zitiere mal einen Satz, der sehr schön beschreibt, was Krugman von den europäischen Finanzexperten und insbesondere den Deutschen hält, an deren Lippen vor allem die Kanzlerin hängt.

„Ohne integrierte Arbeitsmärkte und ohne eine gemeinsame Fiskalpolitik sollte das Inflationsziel etwas höher angesetzt werden. Die Euro-Zone braucht vermutlich drei oder vier Prozent Inflation, um zu funktionieren. Wenn man allerdings jemanden sucht, der auf eine Inflation von null Prozent zielt, während die Arbeitslosigkeit auf 13 Prozent steigt, dann ist Weber sicher der richtige Mann.

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Das hat gesessen. Krugman erledigt den Spiritus Rector der Bundesregierung mit einem Satz. Man muss sich das mal vorstellen. Der Bundesbankpräsident und Kandidat für die Trichet-Nachfolge bei der EZB Axel Weber hat seine Leute an den Schaltstellen der Macht platziert. Sogar der Regierungswechsel im letzten Jahr hat daran nichts geändert. Nehmen sie nur Jörg Asmussen (SPD), Staatssekretär im Bundesfinanzministerium. Dieser, bereits unter Eichel und Steinbrück enttarnte Agent der Finanzindustrie wurde von Merkel und Schäuble einfach übernommen. Asmussen war Student unter Axel Weber, genauso wie der Wirtschaftsberater im Kanzleramt, Jens Weidmann.

Würde Krugman über die Seilschaften innerhalb der deutschen Politik genauer Bescheid wissen, wäre ihm sicher klar, dass nicht Dummheit, sondern mafiöse Strukturen, Korruption und Vetternwirtschaft das Handeln der Marionetten Schäuble und Merkel bestimmen. Dennoch sollte jeder Deutsche gelesen haben, was Krugman über die gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge sagt und zu den Folgen des absurden Sparprogramms der Bundesregierung.

„Wir müssen die Konjunktur weiter ankurbeln. Außerdem haben die Sparprogramme in Europa negative Auswirkungen auf den Rest der Welt. Auch darüber muss man reden. Aber es gibt eben große Unterschiede in der Wahrnehmung und der Ideologie.

Wenn die Deutschen 80 Milliarden Euro weniger ausgeben, spürt man das auch in den Nachbarländern. Der Konsolidierungskurs Deutschlands drückt nicht nur im eigenen Land auf die Konjunktur, er bremst auch in anderen Ländern das Wachstum. Deshalb müssen insbesondere die Europäer ihre Wirtschaftspolitik untereinander abstimmen. Außerdem schwächt die Sparpolitik den Euro, was wiederum anderen Exportnationen inklusive uns Amerikanern das Leben schwermacht.“

Und genau darauf kommt es am Ende an. Die Amerikaner haben längst gemerkt, dass Deutschland die US-Wirtschaft bedroht, die mit massiven Konjunkturprogrammen gestützt wird. Die leichte Erholung der deutschen Exporte ist maßgeblich von diesen Konjunkturprogrammen bestimmt. Die Amerikaner werden es daher nicht zulassen, dass die deutsche Wirtschaft sich ein weiteres Mal auf Kosten der Amerikaner saniert. Die USA wollen ihr Handelsbilanzdefizit abbauen. Dafür müssen sie exportieren. Ein schwacher Euro sowie eine schwache chinesische Währung konterkarieren dieses Vorhaben. Nachdem man nun die Chinesen dazu gebracht hat, den Yuan aufzuwerten, um US-Exporte nach China zu verbilligen, ist nun Deutschland dran.

Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit wird durch einen sinkenden Euro weiter gestärkt. Die Amerikaner werden das nicht hinnehmen und darauf bestehen, die Handelsungleichgewichte abzubauen. Besonders witzig dabei ist ja, dass die Aufwertung des Yuan die deutsche Exportwirtschaft aufatmen ließ. Den Chinesen wirft man nämlich von deutscher Seite genau das vor, was man für sich selbst nicht gelten lassen will.

„Aber wenn der Euro auf eine Parität zum Dollar fällt, werden sich die Europäer noch wundern, welche Forderungen aus dem US-Kongress kommen. Und ich würde das unterstützen.

Wir brauchen im Moment nicht weniger, sondern mehr schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme. Aber wenn nur ein Land wie die USA die Konjunktur ankurbelt, profitieren zwar alle davon, aber nur wir tragen die Schulden. Wenn also Länder anfangen, ihre Sparpolitik zu exportieren und damit bei uns die Arbeitslosigkeit erhöhen, muss man etwas dagegen tun.

Man darf gespannt sein. Die USA belassen es selten bei Drohungen.

Aktuell freuen sich deutsche Medien ja darüber, dass das Haushaltsdefizit nun doch nicht so hoch ausfalle wie befürchtet. Allen ernstes sieht man in der Tatsache 60 statt 80 Mrd. Euro neue Schulden eine positive Nachricht. So bekloppt wie Spiegel-Online zum Beispiel kann man doch gar nicht sein?

Gute Nachricht für den Finanzminister: Die Regierung muss Berichten zufolge deutlich weniger neue Kredite aufnehmen als bisher befürchtet.

Übrigens sind diese Zahlen nicht neu, Schäuble hat die schon im Bundestag genannt. Es gibt also keinen Grund in Aufschwungseuphorie zu verfallen. Die beabsichtigte Sparpolitik wird das Defizit weiter erhöhen. Deshalb denkt die Bundeskanzlerin nun doch noch über eine Änderung bei der Mehrwertsteuer nach. Dabei vermeidet die Lügenkanzlerin das Wort Steuererhöhung. Auf Merkelsch heißt das im Augenblick „Ordnung reinkriegen“ (siehe RP-Online). :crazy:

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Merkels dummes Geschwätz vor G20

Geschrieben von:

In Erwiderung auf den Vorwurf des amerikanischen Präsidenten Barack Obama, die Deutschen würden einen übertriebenen Sparkurs fahren und mit der beabsichtigten Kürzung öffentlicher Ausgaben die Erholung der Weltwirtschaft gefährden, meinte Merkel doch allen Ernstes das hier:

„Es geht nicht um ein radikales Sparprogramm, sondern es geht darum, dass man bei anhaltendem wirtschaftlichen Aufschwung nicht die gleichen Konjunkturprogramme immer weiter fahren muss“, sagte Merkel am Montag in Berlin.

Quelle: Focus Online

Welchen anhaltenden wirtschaftlichen Aufschwung meint denn die Kanzlerin da? Laut letztem Bericht des statistischen Bundesamts ist die deutsche Wirtschaft kaum gewachsen, obwohl es im Jahr 2009 in der Endabrechnung um -5 Prozent nach unten ging.

Bruttoinlandsprodukt
Quelle: destatis

Gegenüber den Vorquartalen stagniert das Wachstum sogar auf niedrigem Niveau. Vergleicht man gerechterweise mit den Vorkrisenzeiträumen, hängt die deutsche Wirtschaft noch immer tief im Keller. Die Einzelhandelsumsätze gehen nach wie vor zurück und damit der private Konsum. Sogar die sich leicht erholende deutsche Exportwirtschaft erlitt erneut einen herben Rückschlag im April diesen Jahres. Im unseriösen Vergleich mit den schlimmsten Krisenquartalen in 2009 mag die gegenwärtige Entwicklung positiv aussehen. Aber zu behaupten, man befände sich in einem anhaltenden Aufschwung spottet jeder Beschreibung und zeugt von großer Dämlichkeit.

Aber es geht noch weiter mit dem dummen Geschwätz der baldigen Ex-Kanzlerin:

Merkel warnte: „Wenn wir nicht zu einem nachhaltigen Wachstumspfad kommen, sondern wieder aufgeblähtes Wachstum generieren, werden wir durch eine nächste Krise bezahlen.“

Bei dieser Betrachtung stellt sich allerdings die Frage, wer denn das Wachstum finanzieren soll, wenn die deutsche Empfehlung, nein das deutsche Diktat, lautet, Ausgaben rigoros zu kürzen und flächendeckende Schuldenbremsen einzuführen?

Aber es ist noch nicht Schluss. Die machtgeile Zonenwachtel fährt ihre letzte Begründung auf, die wir schon zur Genüge kennen. Der Sachzwang. Irgendwann ist irgendwo, etwas völlig Bescheuertes beschlossen worden und daran hält sich die Merkel, bis zum letzten Atemzug und schickt als zweite Meinung den Schäuble vor.

Schäuble sagte mit Blick auf den Ausstieg aus den teuren Anti- Krisenprogrammen: „Wir setzen genau das um, was international seit Monaten als „Exit-Strategie“ besprochen worden ist.“ Und das bedeute auch, im Jahr 2011 mit einer maßvoll dosierten Rückführung der zu hohen öffentlichen Defizite zu beginnen.

Teure Anti-Krisenprogramme für die es eine Exit-Strategie gäbe. Das beschreibt das Weltbild dieser furchtbaren Gestalten sehr deutlich. Denn in deren Köpfen spielt es weder eine Rolle, durch welche Programme bzw. Rettungsschirme die öffentliche Verschuldung aufgebaut wurde, noch die tatsächliche wirtschaftliche Lage, von der eine Exit-Strategie doch nur abhängig gemacht werden kann. Es gibt halt einen Zeitrahmen und der werde eingehalten. Da ist doch das Wirtschaftswachstum selber schuld, wenn es sich nicht daran hält. So könnte man den Schmarrn von Schäuble und Merkel übersetzen, die sich weiterhin immun zeigen gegen jede Vernunft, jede Realität und jeden wirtschaftspolitischen Sachverstand.

Wahrscheinlich hat das mit der Impfung gegen die Schweinegrippe zu tun. Die sollte ja damals den hochrangigen Politikern ohne Wirkverstärker verabreicht werden. Offensichtlich hat es da arge Komplikationen gegeben.

Wer noch immer an das Geschwätz von Merkel, Schäuble und sog. Finanzexperten wie Otmar Issing, Axel Weber oder Professor (Un)Sinn glaubt, die ihren Irrsinn ganz offen mit dem Ziel rechtfertigen, das Vertrauen der Finanzmärkte zurückgewinnen zu wollen, sollte sich mit Theologie beschäftigen oder in eine Sekte eintreten, siehe Albrecht Müller, in: NachDenkSeiten. Wer will denn das Vertrauen der Finanzmärkte wiederherstellen? Sind die bescheuert? Barack Obama hat es vor einige Zeit sehr viel treffender formuliert.

WE WANT OUR MONEY BACK !!!

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Der zynische Krieg auf den Finanzmärkten

Geschrieben von:

Die Rating Agentur Moody’s hat griechische Staatsanleihen von A3 auf Ba1 herabgestuft. Mit anderen Worten von investmentwürdig unter der Bedingung, die wirtschaftliche Gesamtlage zu beachten, zu nicht als Investment geeignet, weil die wirtschaftliche Gesamtlage bedenklich ist. Damit stuft die Rating Agentur Moody’s griechische Anleihen auf Ramschniveau ein oder wie der Fachmann sagt, junk!.

Die Begründung für diesen Schritt ist natürlich bemerkenswert:

Moody’s begründet die Herabstufung vor allem mit Risiken des drastischen Spar- und Restrukturierungsprogramms der griechischen Regierung. Zwar habe der gigantische Rettungsschirm von Europäischer Union (EU) und Internationalem Währungsfonds (IWF) jegliche Risiken in der kurzen Frist beseitigt. Allerdings seien die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen des Programms substantiell und nur mit einer geringeren Bonitätsnote zu vereinbaren. Risiken sieht die Agentur vor allem beim Wirtschaftswachstum.

Quelle: Spiegel Online

D.h., den Analysten ist vollkommen klar, dass ein Sparprogramm, das einseitig auf die Reduzierung von Schulden ausgelegt ist, nie und nimmer zu einer Gesundung der wirtschaftlichen Gesamtlage beitragen kann. So ein Sparprogramm sei substantiell, greife also die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit an und damit mindern sich auch die Aussichten auf wirtschaftliches Wachstum. Und ohne Wachstum gibt es keinen Schuldenabbau. Das hätte man bei den Spiegel Leuten noch dazu sagen müssen, sonst kapieren die das nämlich nicht.

Im Grunde zeigt sich an der Begründung dieser Rating Agentur die gesamte Dummheit der Berliner Regierung und der in Teilen gleichgeschalteten Öffentlichkeit. Man spannt einen gigantischen Rettungsschirm auf, um die heimischen Gläubiger zu schützen und gleichzeitig merken diese Deppen nicht, dass die von Amerika dominierten Rating Agenturen darüber bestimmen, wer ein verlässlicher Schuldner ist und wer nicht.

Kann es vielleicht sein, dass die jüngste Herabstufung griechischer Staatsanleihen eine Retourkutsche der Amerikaner darstellt, die von Europa und insbes. Deutschland mehr Konsum fordern, damit die gigantischen Konjunkturprogramme nicht einfach so verpuffen? Welchen Sinn hätte denn der Verweis auf die wirtschaftliche Gesamtlage sonst? Aus kurzfristiger Analystendenke ist das doch grotesk. Es scheint also, dass ein weiteres Kapitel im virtuellen Wirtschaftskrieg aufgeschlagen wurde, genau so, wie es Oberstleutnant Sanftleben prognostiziert hat.

Vor ein paar Wochen war der amerikanische Finanzminister Tim Geithner in Berlin und verlangte von Schäuble, die deutsche Konjunktur nicht kaputt zu sparen, sondern mehr Geld auszugeben, um das zarte Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Gleichzeitig kritisierten die Amerikaner Deutschland für dessen Alleingang bei der Finanzmarktregulierung und speziell bei dem Verbot ungedeckter Leerverkäufe. Die Deutschen zeigten sich aber uneinsichtig und beschlossen letzte Woche eines der größten Sparprogramme in ihrer Geschichte. Nun reagieren die Amerikaner. Sie torpedieren das europäische Rettungspaket. Und Merkels zweite Regierung bekommt wieder eine teure Quittung präsentiert.

Erinnern sie sich noch an den Spaßvogel Steinbrück, dem man auch jeden Satz aufschreiben musste, wie der ehem. Wirtschaftsminister Michel Glos nach seinem Rücktritt jammernd zu Protokoll gab? Steinbrück stellte sich im September 2008 hin und wetterte gegen die Amerikaner im deutschen Bundestag. Er sagte, dass die Finanzkrise ein rein amerikanisches Problem sei und Deutschland nicht beträfe. Eine Woche später ließen die Amerikaner dann mit Lehman Brothers genau jene Wall-Street-Großbank pleite gehen, bei der vor allem deutsche Kunden angeblich sichere Einlagen hatten.

Die anhaltende deutsche Beschränktheit in wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen führt letztlich dazu, dass auf den Finanzmärkten die ganz großen virtuellen Massenvernichtungswaffen aufgefahren werden, die am Ende nicht nur virtuellen Schaden anrichten, sondern ganz konkret ganze Volkswirtschaften zerstören. Die USA werden es nämlich nicht hinnehmen, dass der Euroraum und besonders Deutschland ihre Wirtschaft in den Abgrund zieht. Das Spiel ist mies von allen Seiten. Nur wenn ich mir die deutsche Borniertheit anschaue, die vom amerikanischen Nobelpreisträger Paul Krugman nur mit den Worten „Verrückte an der Macht“, siehe Telepolis (Madmen in Authority, NY-Times Blog) kommentiert wird, dann wird auch klar, dass die Kanzlerin darum bettelt, vom Sockel geschossen zu werden.

Wie sie sich dann aber immer noch hinstellen kann und der deutschen Öffentlichkeit erklären möchte, sie wolle doch nur das Vertrauen der Finanzmärkte zurückgewinnen, kann mit rationalen Gründen nicht mehr erfasst werden.

PS: Vielleicht kann man es doch erklären. Mit neuer deutscher Großmannsucht? Dabei wird nur die Schlagkraft des taumelnden Riesen Amerika permanent unterschätzt.

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Auf- und Abschwünge

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Neue Zahlen aus Nürnberg. Der Arbeitslosenzahlen gehen zurück. Demnach waren im Mai gezählte 3,242 Millionen ohne Job. Das sind 165.000 weniger als im April und 217.000 weniger als im Mai 2009. Die offizielle Arbeitslosenquote sank um 0,4 % auf 7,7 Prozent. Das sind doch tolle Nachrichten, freuen sich Frau von der Leyen und Herr Brüderle. In der Pressenmitteilung der BA heißt es dann aber:

Insgesamt sind die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf den Arbeitsmarkt weiterhin moderat. Vor allem Kurzarbeit, andere betriebliche Vereinbarungen sowie ein rückläufiges Arbeitskräfteangebot haben den Arbeitsmarkt beträchtlich entlastet.

Quelle: BA

Wenn die Bundesregierung das Instrument der Kurzarbeit anwendet, die für Unternehmen gerade wieder verlängert wurde und andere betriebliche Vereinbarungen getroffen wurden, die den Arbeitsmarkt beträchtlich entlastet hätten, dann hat das doch einen Grund? Die Wirtschaftskrise! Wie kann man also behaupten, dass die Auswirkungen der Wirtschaftskrise moderat auf den Arbeitsmarkt wirken würden? Wer sich die Leistungen anschaut, die seit Beginn der Krise für die sinnlose Kurzarbeitergeldregelung verballert wurden, wird einmal mehr sehr deutlich wie hart die Wirtschaftskrise den hiesigen Arbeitsmarkt trifft.

Allein im Jahr 2009 wies die Bundesagentur für Arbeit ein Defizit von rund 14 Milliarden Euro auf und damit etwa 13 Mrd. Euro mehr als im Jahr 2008. Kurzarbeit kostet richtig Geld. Vor allem wenn die Regierung diese Regelung immer weiter verlängert und ansonsten nix weiter unternimmt, um die Konjunktur zu stützen. Das hat nun mit moderaten Wirkungen oder freudigen Aufschwungsfantasien der Damen und Herren Minister recht wenig zu tun. Bundeskassenwart Schäuble hat auch bereits angekündigt, die Leistungen für die Agentur für Arbeit und insbesondere das Kurzarbeitergeld im Rahmen seiner Sparmaßnahmen zurückfahren zu wollen.

Angesichts dieser Tatsachen muss man eigentlich alarmiert sein, anstatt fröhliche Botschaften zu verkünden wie Rainer Brüderle zum Beispiel:

„Die konjunkturelle Erholung hat erfreulicherweise zusätzliche Impulse aus der ungewöhnlich kräftigen Frühjahrsbelebung erhalten; sie setzt sich zunehmend auch am Arbeitsmarkt durch.

Die Frühjahresbelebung und der positive Schubeffekt der Entlastungsmaßnahmen, die die Bundesregierung zur Stärkung des Wachstums bereits umgesetzt hat, wirken jetzt zusammen und verstärken sich. In dieser Situation kommt es darauf an, dass die Politik das Vertrauen in die stärker werdenden Wachstumskräfte weiter stärkt und Raum für wirtschaftliche Eigendynamik schafft. Nur so lässt sich die erfreuliche Belebung in einen nachhaltigen Aufschwung bei Wachstum und Beschäftigung ummünzen.“

Quelle: pressrelations

Was für eine gequirlte Scheiße. „Stärker werdende Wachstumskräfte weiter stärken“ :roll: Gehen dem Minister da etwa die beschönigenden Worte aus? Das Wachstum im ersten Quartal 2010 war unter aller Sau. Ein Plus von 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorquartal und 1,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreskrisenquartal. Mit anderen Worten heißt das, dass die deutsche Wirtschaftsleistung noch immer um 5,3 Prozent niedriger liegt als vor der Krise im ersten Quartal 2008. Das sind eben keine guten Nachrichten in schlechten Zeiten, wie sich Ursula von der Leyen heute zusammenfatasierte, sondern nach wie vor beängstigende Zustände.

Die geringe Wachstumsrate zeigt vor allem eines. Die noch immer anhaltende falsche Exportorientierung. Denn der größte Beitrag zum Wachstum steuert die Exportwirtschaft bei. Auf der anderen Seite gehen Bruttoanlageninvestitionen, die Arbeitsproduktivität und der private Konsum weiter zurück. Auf dem Binnenmarkt herrscht weiterhin Flaute. Die Einzelhandelsumsätze gehen auch im April, wie zu erwarten war, zurück. Das statistische Bundesamt meldete heute:

Einzelhandelsumsatz im April 2010 real um 3,1% gesunken

Nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) lag der Umsatz im Einzelhandel in Deutschland im April 2010 nominal 1,8% und real 3,1% niedriger als im April 2009.

In den ersten vier Monaten des Jahres 2010 setzte der deutsche Einzelhandel nominal 0,2% und real 1,1% weniger um als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum.

Es gibt also überhaupt keinen Grund für Euphorie. Selbst wenn die Arbeitslosigkeit zurückgeht, bei der ein Teil auf die Einrichtung neuer Teilzeitbeschäftigung zurückzuführen ist, heißt das eben noch lange nicht, dass es auch aufwärts geht. Unter Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Daten wird klar, dass der leichte Aufschwung erstens viel zu mickrig ausfällt und zweitens überhaupt nicht nachhaltig sein kann, wenn man sich vor Augen führt, dass überall Sparprogramme umgesetzt werden sollen. Wer kauft denn dann noch deutsche Exportgüter?

Gäbe es das Kurzarbeitergeld und damit eine Erhöhung der Staatsausgaben nicht, die deutsche Wirtschaft würde schrumpfen. Es bleibt also ein Rätsel der Bundesregierung, wie daraus nun ein sich selbst tragender Aufschwung werden soll, in dessen Zuge man die Staatsausgaben wieder einsparen könne. Sie sehen schon. Das wird nicht funktionieren. Die beabsichtigte Sparpolitik wird das Defizit in den öffentlichen Haushalten weiter erhöhen!

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