Kurz vor dem Stichtag am 1. August soll es nun plötzlich 20.000 Kita-Plätze mehr für unter Dreijährige geben, als benötigt werden. Laut Informationen von NDR-Info hätten die Bundesländer 800.000 Plätze an das Bundesfamilienministerium gemeldet. Von einem bemerkenswerten Endspurt ist nun die Rede und die Bundesregierung kann vor der Wahl mit einer weiteren vermeintlichen Jubelmeldung auftrumpfen. Deutscher Städtetag und Deutscher Städte- und Gemeindebund hatten gestern noch mit einem Defizit von 100.000 Plätzen gerechnet. Ein Widerspruch? Nein, bloß ein Rechentrick.
Um zu verstehen, wie es zu einem solchen Aufholprozess, der jetzt alle Beteiligten gut dastehen lässt, kommen konnte, muss man wissen, was Betreuungsplätze sind. Damit sind keineswegs nur Plätze in Kindertageseinrichtungen gemeint, sondern vor allem auch Plätze bei Tagesmüttern. Der Rechtsanspruch gilt als erfüllt, wenn ein Kind entweder in einer Einrichtung oder bei einer Tagesmutter untergebracht werden kann. Man sollte also davon ausgehen, dass die Kommunen, um den Rechtsanspruch zu erfüllen, das Angebot in der Tagespflege massiv ausgeweitet haben und das Erreichen der erforderlichen Quote also nicht unbedingt etwas mit einem Endspurt beim Ausbau von Krippenplätzen in Einrichtungen zu tun hat.
Viele Gemeinden werden auch pragmatische Lösungen anbieten und vorhandene Plätze aufteilen. Denn im Gesetz steht nicht, wie lange die Betreuung gewährleistet sein muss. Die Kommunen müssen sich da auf eigene Regelungen verständigen. So kann es durchaus sein, dass sich zwei Kinder einen Platz in der Tagespflege teilen, wenn die Betreuung nur für wenige Stunden und Tage durch die Eltern gewünscht wird. In beiden Fällen wäre der Rechtsanspruch erfüllt.
Beim Krippenausbau hörte man zuletzt immer dieselben Nachrichten. Kommunen, Land und Bund finanzieren den Ausbau zu je einem Drittel. Vor allem zwischen den beiden ersteren kam und kommt es immer wieder zu Reibereien über die Verteilung und den Einsatz der Mittel. Hinzu kommt, dass es aufgrund der grottenschlechten Bezahlung an qualifiziertem Personal fehlt, was die Einrichtung neuer Gruppen in bereits bestehenden Kitas oftmals verhindert.
Eine weitere Frage wirft die Jubelmeldung allerdings auch auf. Was wird mit dem unsinnigen Betreuungsgeld, über dessen Finanzierung die Bundesregierung einen Mantel des Schweigens gelegt hat. Eine Milliarde Euro will der Bund für das Wahlkampfgeschenk der CSU im kommenden Jahr bereitstellen, die durch Einsparungen im Haushalt wo bleibt unklar – aufgebracht werden sollen.
11
JUL