Vor einiger Zeit bezeichnete Oberstleutnant Sanftleben (Georg Schramm) die sich fortsetzende Finanzkrise als ersten Weltkrieg, der mit virtuellen Massenvernichtungswaffen ausgetragen werde. Und in der Tat mobilisieren die, dem großen Angreifer „Big Money“, hoffnungslos unterlegenen Staaten ihre letzten Reserven, um nicht unterzugehen, ohne die letzen Reserven auch verschossen zu haben. Zu gewinnen gibt’s jedenfalls nichts mehr.
Während man in Stuttgart auf den Spruch von Schlichter Heiner Geißler wartet und tatsächlich glaubt, da würde sich ein großer Wurf ankündigen, fliegen zwischen den Finanzverwaltern der EU bereits die Fetzen. Europa ist sich mal wieder einig in seiner Uneinigkeit. Da hieß es doch zunächst auf Betreiben Deutschlands hin, man wolle private Gläubiger an künftigen Rettungsmaßnahmen beteiligen. Da man das aber erst ab dem Jahr 2013 anstrebt, sorgte die Ankündigung für eine weitere Verschärfung der Finanzen in den PIIGS-Staaten. Deshalb debattiert man nun über eine nicht unerhebliche Aufstockung des Rettungsschirms auf über eine Billion Euro, unter den dann auch die Staaten Spanien und Portugal schlüpfen könnten.
Zum Glück kostet uns das ja alles nichts, wie der Chef des Rettungsfonds Klaus Regling der Bild-Zeitung mitteilte. Damit liegt Regling ganz auf Linie von Schäuble und den Franzosen, die entgegen der Absprache zwischen Merkel und Sarkoszy in Deauville eine Beteiligung privater Gläubiger nun wieder ablehnen.
Andere, wie der Chef der CSU im Europaparlament Markus Ferber halten das für falsch und holen zum verbalen Gegenschlag aus.
„Die Freundschaft Deutschlands zu Frankreich in allen Ehren, die Zusammenarbeit mit Paris kann nicht so laufen, dass die Franzosen ihre Vorhaben durchsetzen und die Deutschen dazu nur nicken.“
Quelle: Handelsblatt
Interessant, denn bisher geben ja die Deutschen alles vor und die anderen nicken einfach ab. Offenbar soll das auch in Zukunft so bleiben. Aber was passiert eigentlich wirklich?
Gerade hat der Bundeswirtschaftsminister das „Fest der Freude am Arbeitsmarkt“ ausgerufen. Deutschland sei auch weiterhin im Aufschwung, alles andere ist egal. So zum Beispiel auch die Eurokrise, die gerade erst wieder durch Frau Bundeskanzlerin angefacht wurde, als die ihren Willen zu einem dauerhaften Krisenmechanismus mit Selbstbeteiligung formuliert hatte. Das ist schon merkwürdig. Denn im Zuge dieser neuerlichen Debatte um die Stabilität des Euro geht nicht nur Irland plötzlich unter, sondern auch der Wechselkurs zum Dollar auf Talfahrt.
Für die deutsche Exportindustrie ist das gut. War Merkels Euro-Manöver also ein gezielter Schlag gegen die Amerikaner, die ihrerseits die Produktion der eigenen Geldpressen kürzlich erhöhten und die Geldpolitik zum Missfallen der Deutschen abermals lockerten? Auf dem G20-Gipfel in Südkorea kam es diesbezüglich bereits zu deutlichen Spannungen. Der Euro stieg in der Zwischenzeit auf über 1,40 US-Dollar, was der deutschen Exportindustrie natürlich nicht gefallen haben dürfte.
Hat Merkel also gar nicht vor, das Vertrauen in die Stabilität des Euro wiederherzustellen? Verfolgt sie eher die Strategie, Ängste zu schüren, damit der Wechselkurs zum Dollar möglichst niedrig bleibt und die deutsche Exportindustrie auch dann noch Vorteile hat, wenn ringsherum ganze Volkswirtschaften zusammenbrechen? Könnte es so simpel und einfältig sein?
Sicher ist jedenfalls, dass der Bundesbankpräsident Axel Weber gern Chef der EZB werden möchte. Und das gelingt ihm nur mit Zustimmung der Franzosen. Deshalb meint auch Weber, dass eine Aufstockung des Rettungsfonds problemlos möglich sei. Wenn ganze Staaten im Krieg auf den Finanzmärkten verlieren, so gibt es doch immer noch einzelne Gewinner, die keinen Staat mehr brauchen, um aus der prekären Situation persönlich Kapital zu schlagen.
NOV