Sterbezwang für Griechenland

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Heute früh twitterte ich nach Aufnahme der ersten Nachrichten des Tages:

Erpressung: Milliardenhilfen für Griechenland gibt’s nur dann, wenn das Land Selbstmord begeht. Seltsame Hilfe. Sterbehilfe?

Quelle: Twitter

Nun muss ich mich korrigieren. Es ist ja keine Sterbehilfe, sondern ein Sterbezwang, dem das griechische Parlament ab Mitternacht zustimmen wird, sofern es Ministerpräsident Papandreou das Vertrauen ausspricht.

Quelle: Klaus Stuttmann

Mich wundert nur, dass niemand offen von Erpressung spricht. Die EU-Finanzminister haben das neuerliche Rettungspaket explizit an den Erfolg der Vertrauensfrage geknüpft und klargestellt, dass die Überweisung der dringend benötigten Finanzhilfen vom Ausgang der Abstimmung über den Kurs Papandreous direkt abhinge. Die Abgeordneten haben jetzt also die Wahl zwischen einem schnellen Tod, der ihre Souveränität ein Stück weit rettet und einem langsamen Ableben durch die Auslieferung des Landes an jene Gestalten, vor allem in Deutschland, die sich dadurch mehr Zeit erhoffen, in der sie von ihrem Versagen ablenken können.

Im Prinzip könnten die deutschen Polithasardeure ihre Milliarden auch direkt an Ackermann und Co überweisen, anstatt sie als Rettungshilfen getarnt zunächst nach Griechenland zu transferieren, damit dort im korrekten Buchverfahren die Forderungen der deutschen Gläubiger bedient werden können. Man kann das auch politische Geldwäsche nennen.

Okay, inzwischen wissen wir, dass ein Großteil der privaten Gläubiger, dank EZB-Aufkauf, ihre Anleihen losgeworden sind. Doch am Ende macht es keinen Unterschied, ob der Steuerzahler für die Abschreibungen der Bank oder deren Bad Bank eintritt. Beide sind aus Regierungssicht systemrelevant und letztere sogar mit ihren ausgelagerten Giftpapieren defacto im Staatsbesitz, durch Steinbrücks letztes großes Krisengesetz als noch größerer Möchtegernkrisenmanager aller Zeiten.

Sein Nachfolger Schäuble setzt nun auf Freiwilligkeit privater Gläubiger. Als wäre dieser Vorstoß nicht schon albern genug und Ausdruck offensichtlicher Rat- und Planlosigkeit, fordern nun auch noch ebendiese privaten Gläubiger Staatsgarantien für das Risiko ihrer Freiwilligkeit. Kann diese Aufführung zur Verdummung der Massen eigentlich noch lächerlicher werden?

In dieser Welt scheinen nur wenige den Durchblick und einen kühlen Kopf zu bewahren. Heiner Flassbeck ist einer von ihnen.

“Ein Land kann durchaus 150 Prozent Staatsverschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt haben, das ja das laufende Einkommen ist. Aber die Griechen brauchen niedrige Zinsen, die unter der Wachstumsrate der nächsten Jahre liegen. Dafür brauchen sie aber Wachstum und keine Schrumpfung. Sie zum Senken der Löhne zu zwingen, führt in die Katastrophe, wirtschaftlich und politisch.”

Quelle: Salzburger Nachrichten

Statt die Anleihen privater Gläubiger einfach nur aufzukaufen und diese von ihrem Risiko zu befreien, hätte die EZB neue Anleihen der Griechen zu einem deutlich niedrigeren Zinssatz kaufen können (Eurobonds). Stattdessen lässt man den Gerüchten freien Lauf und akzeptiert völlig irrsinnige Preise für Zinsen auf neue Bonds, die kein Land je bezahlen könnte. Hauptsache das Dogma, der Markt hat recht, bleibt gewahrt. Ausgerechnet sein Vertrauen wollen die ansonsten so streng daherkommenden Haushälter zurückgewinnen und geben großzügig Milliarde um Milliarde, anstatt die Spekulationen auf den versagenden Finanzmärkten endlich aktiv zu unterbinden.

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Griechische“Hausaufgaben” mit der FDP

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Abgeordnete der FDP-Bundestagsfraktion fordern neuerdings einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone. Sie lehnen noch mehr Geld für die Helenen ab. Der liberale Haushaltsexperte Jürgen Koppelin meint, dass Griechenland seine Hausaufgaben noch nicht erledigt hätte.

Die Situation in Griechenland ist sehr, sehr ernst, und Sie haben es ja auch in Ihrem Beitrag eben gesagt. All das, was wir uns vorgenommen hatten – es gibt ja einen Plan und im nächsten Jahr sollte Griechenland quasi wieder auf eigenen Beinen stehen -, das funktioniert alles nicht, sie brauchen noch mehr Geld. Die Zahlen waren nicht in Ordnung und das Problem ist, Griechenland hat noch nicht seine Hausaufgaben gemacht.

Quelle: dradio

So einfach ist das in der Welt der unfehlbaren Turboleister. Es gab also einen Plan, den die erklärten Feinde jedweder Form von Planwirtschaft über die griechischen Köpfe hinweg beschlossen hatten und an dessen heilende Wirkung sie fest glaubten. Dieser Plan, so die völlig überraschende Erkenntnis, funktioniere nicht und zwar vollumfänglich nicht (Koppelin sagt “das funktioniert alles nicht”). Aber anstatt die Ursache für das Scheitern des Plans bei den Planern selbst zu suchen, denn da liegt der Hund keinesfalls begraben, sondern vor sich hin modernd für alle sichtbar an der Oberfläche, mosert Lehrer Koppelin lieber ziemlich billig über die griechischen Hausaufgaben, die er und seinesgleichen ihnen aufgegeben hatten.

Koppelin behauptet, die Griechen hätten nicht gespart, also keine Löhne und Renten gekürzt und auch kein Personal im öffentlichen Dienst abgebaut sowie drastische Ausgabenkürzungen vorgenommen. Und natürlich haben die Griechen auch nicht, wie verlangt, Steuern erhöht, wie zum Beispiel die Mehrwertsteuer von 19 auf 21 Prozent und demnächst auf 23 Prozent. Das Renteneintrittsalter wurde auch nicht erhöht. Alles in allem wurden die Staatsausgaben nicht um zehn Prozent oder etwa 11 Mrd. Euro gesenkt. Die Griechen leben noch immer in Saus und Braus und protestieren nur zum Spaß gegen die Sparmaßnahmen ihrer Regierung.

Der Koppelin ist ein richtiger Scherzkeks. Apropos Hausaufgaben. Der Koppelin und seine FDP, die in Umfragen weit hinter den Sonstigen liegt und gelegentlich auf Augenhöhe mit  der NPD, hatten sich selbst auch einmal Hausaufgaben aufgegeben, für den Fall, dass sie einmal in der Regierung sitzen würden. Diese Hausaufgaben, vom Koppelin selbst inbrünstig wieder und wieder vorgetragen, handelten von einem 400 Seiten dicken Sparbuch, das man leicht umsetzen könne, um den deutschen Steuerzahler zu entlasten:

Ich zitiere zunächst mal aus einer Haushaltsrede von Jürgen Koppelin (FDP) vor dem Deutschen Bundestag aus dem Jahr 2008. Quelle: Seite von Jürgen Koppelin

„Wie wollen Sie eigentlich dem deutschen Steuerzahler erklären, dass der neue Vizekanzler Steinmeier nun plötzlich einen zusätzlichen Staatssekretär bekommt? Der neue Staatssekretär, so heißt es, soll den Bundesaußenminister innenpolitisch beraten. Es ist schon sehr merkwürdig, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass ein deutscher Außenminister durch einen zusätzlichen Staatssekretär innenpolitisch beraten werden muss. Weder Hans-Dietrich Genscher noch Klaus Kinkel, auch nicht Joseph Fischer, brauchten einen solchen Staatssekretär.“

Bis zur Regierungsübernahme haben die Liberalen seit 1995 jedes Jahr ein 400 Seiten dickes Sparbuch der Regierung zu den Haushaltsberatungen vorgelegt, in dem man nachlesen könne, wie leicht sich im Bundesetat 10 Mrd. Euro einsparen ließen. Der Haushalt des Auswärtigen Amtes umfasst ein Volumen von 2,8 Milliarden Euro. Die FDP forderte stets, dort Einsparungen in Höhe von rund 24 Millionen Euro vorzunehmen. Eben unter anderem einen Staatssekretär, wie Herr Koppelin oben ja deutlich ausführt.

Quelle: Ich (tautenhahn.blog)

Wie wir alle wissen, haben die Liberalen ihr Sparbuch nicht abgearbeitet, sondern noch ein paar überflüssige Kostenposten dazu gepackt. Zusätzliche Staatssekretäre für den ehemaligen Vizekanz-Nicht Westerwelle. Dem Entwicklungsminister Niebel, der sein Ressort vor der schwarz-gelben Regierungsübernahme noch abschaffen wollte, gestattete man die völlige Neubesetzung von Ministeriumsstellen mit seinen eng vertrauten Spießgesellen. Soviel zum Thema Vetternwirtschaft und Korruption außerhalb Griechenlands.

Nicht Griechenland sollte aus der Eurozone austreten, sondern Deutschland. Dann könnte Resteuropa mit dem Euro endlich abwerten und so für eine dringende Anpassung in der Handelsbilanz mit Deutschland sorgen, das partout nicht einsehen will, dass es von seiner Wettbewerbsposition etwas abgeben muss, wenn die Schwachländer selbige verbessern sollen. Geschieht dieser Ausgleich nicht, wird Deutschland zum dauerhaften Transferzahler und die Griechen zu deren Empfänger.

Das Mindeste aber ist, dass die FDP wegen Untauglichkeit geschlossen aus dem Bundestag austritt. Die leben schon viel zu lange durch den Steuerzahler üppig alimentiert über ihre geistigen Verhältnisse.

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Die verkorkste Rettung Griechenlands

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Eröffnen möchte ich diesen Beitrag mit einem Statement des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble.

„Auch die privaten Gläubiger werden einen freiwilligen Beitrag leisten müssen.“

Quelle: FTD

Schäuble hätte noch hinzufügen können, dass es neben freiwilligen Beiträgen, natürlich auch unfreiwillige geben muss, um nicht zu sagen, erzwungene Beiträge zur Abwendung der Finanzkrise in Griechenland. Diese zu erbringen, so hätte er fortfahren können, obliegt selbstverständlich dem griechischen Volk, das weitere Sparanstrengungen erdulden muss, damit der Schuldendienst des griechischen Staates am Laufen gehalten werden kann. Die pünktlichen Zinszahlungen sind die einzigen Haushaltsausgaben, die, egal wie hoch, erbracht werden müssen. Alle anderen Posten sind verhandelbar.

Schäubles Aussage erinnert zudem an seinen Kotau vor Josef Ackermann:

Unzweifelhaft besteht nun das Bedürfnis, ich zähle mich dazu, Schäuble dafür zu kritisieren, dass er die private Gläubigerhaftung als freiwillige Geste einfordert, während er auf der anderen Seite dem griechischen Staat strikte Austeritätsbedingungen diktiert. Die einen lädt er freundlich ein, die anderen, die die Mehrheit stellen und die für die Finanzkrise gar nichts können, werden erpresst. Die einen können zahlen, die anderen müssen zahlen.

Das kann man verurteilen, bedarf aber der Differenzierung. Zunächst einmal ist es richtig, dass Gläubiger darauf vertrauen können müssen, dass ihre Kredite durch den Schuldner bedient und zurückgezahlt werden. Haben sie das Vertrauen nicht, werden sie kein Geld verleihen oder aber nur gegen einen hohen Zins, um das ebenfalls höhere Ausfallrisiko zu kompensieren. Das dürfte jedem einleuchten. Wenn nun aber Herr Schäuble in seiner Eigenschaft als Finanzminister darauf drängt, dass private Gläubiger von Staatsanleihen künftig in Haftung genommen werden sollen, ob freiwillig oder nicht, spielt dabei keine Rolle, läuft das doch ziemlich eindeutig dem Ziel, nämlich eine Stabilisierung der Schuldnerposition zu erreichen, zuwider.

Denn wenn private Gläubiger weiterhin damit rechnen müssen, dass ihre Investments an Wert verlieren, weil Maßnahmen wie ein Schuldenschnitt, die  Streckung der Laufzeiten und Forderungsverzichte diskutiert werden, wird der Preis für Anleihen des betreffenden Staates weiter steigen oder auf hohem Niveau verharren. Er wird keinesfalls sinken. Die angestrebte Rückkehr des Krisenstaates an die Finanzmärkte, damit dieser sich wieder selbst mit Liquidität versorgen kann, ist zum Scheitern verurteilt.

So schmerzlich das klingt, aber die private Gläubigerhaftung ist ökonomisch betrachtet subotimal und verschärft neben dem Abwürgen der Wirtschaft durch strikte Sparpolitik die Krise.

Besser wäre es hingegen, wenn der Staat durch konsequente Besteuerung dafür sorgen würde, dass die Spekulation mit Staatsanleihen und Kreditausfallversicherungen (CDS) unattraktiv würde. Die schon wieder beerdigte Finanztransaktionssteuer böte sich gerade zu an, um die Spekulanten aus dem Anleihemarkt zu vertreiben. Das Problem sind ja nicht die Gläubiger, sondern die Tatsache, dass auf Staatspleiten gewinnbringend gewettet werden darf. Das Kasino muss geschlossen werden, nicht der Kreditmarkt.

Mit seiner Haltung trägt Schäuble im Prinzip dazu bei, dass der an sich seriöse Handel mit Staatspapieren ein Spekulationsobjekt bleibt und damit zu einer riskanten Anlage wird. Das bringt dann wiederum jene in Bedrängnis, die in solche Papiere bewusst investiert haben, um sichere Rücklagen zu bilden (Versicherungen, Sparguthaben, Altersvorsorge). Die große Masse wird die Verluste verkraften müssen, wenn die Spekulanten mit ihren eigestrichenen Gewinnen längst ausgestiegen sind und sich die Forderungen aller anderen Anleger in Luft aufgelöst haben, weil die Banken noch immer zu wenig Eigenkapital vorhalten, um die zu erwartenden Abschreibungen ausgleichen zu können.

Der Steuerzahler müsste einspringen. Unfreiwillig und gezwungenermaßen, versteht sich.

Ein Staat kann nicht pleitegehen. Er kann nur dann pleitegehen, wenn alle Welt daran glaubt. Das Problem bei der Rettung Griechenlands ist (und im folgenden auch Portugal Spanien usw.), dass die Eurozone nicht als Union gleichberechtigter Staaten eines Wirtschaftsraums auftritt, sondern als Haufen konkurrierender Volkswirtschaften, die unter dem Dach einer gemeinsamen Währung freien Austausch von Waren, Dienstleistungen und Kapital betreiben und gleichzeitig dem Glauben anhängen, dafür keinerlei Regeln zu benötigen, weil der Markt alles von sich aus erledige.

Schließlich sei die freie Entfaltung des Handels der Kern einer Markwirtschaft. Der Staat störe dabei nur und trage mit seinen Eingriffen dazu bei, das System in Richtung Planwirtschaft zu verschieben. Dabei kann ein internationales Handelssystem nur dann störungsfrei funktionieren, wenn es Regeln gibt. Es würde ja auch keiner behaupten, dass ein Fußballspiel ansehnlicher wäre, wenn jede Mannschaft die Größe der Tore und die Anzahl der Spieler selbst bestimmen könnte. Jede Form des Wettbewerbs braucht Regeln, um sich in der Kernkompetenz messen zu können (siehe Heiner Flassbeck, Die Marktwirtschaft des 21. Jahrhunderts). In der Volkswirtschaft ist es eben kein “Wettbewerb der Nationen”, wie das immer wieder betont wird und schlussendlich nur zu einem Verdrängungswettkampf führt, wie wir ihn derzeit erleben, sondern ein Wettbewerb um innovative Ideen, die die gesamte Volkswirtschaft sowie die Gesellschaft nach vorn entwickeln.

Dieser Wettbewerb findet aber gar nicht mehr oder nur noch selten statt, weil es im gemeinsamen Euro-Haus so viel einfacher geworden ist, sich mittels Senkung der Kosten, vor allem bei Löhnen und Personal, ungerechtfertigt Wettbewerbsvorteile (Deutschland) gegenüber anderen (Griechenland, PIIGS) zu verschaffen, die zwar die gleiche Währung (Ball) nutzen, aber nicht mithalten können, weil der Gegner (Deutschland) gar kein Tor mehr aufstellt, auf das man schießen könnte (Handelsungleichgewichte). Das Spiel (Handel) ist einseitig, unfair und zum Scheitern verurteilt, weil die Anordnung ausgegeben wurde, die unterlegene Mannschaft solle verpflichtet werden, in Zukunft auch kein Tor mehr aufstellen zu dürfen. Dadurch soll angeblich der Rückstand wieder aufgeholt werden können, wobei die führende Mannschaft keinesfalls Willens ist, ihren Vorsprung abzugeben.

Das kann nicht gutgehen. Der Markt hat versagt, doch die vielen Schiedsrichter (Regierungschefs) lassen einfach weiterlaufen, anstatt das Spiel abzubrechen und die Regelkommission einzuberufen.

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Weisheiten aus Nürnberg

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Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, hat eine Abschaffung des verlängerten Arbeitslosengeldes für ältere Erwerbslose gefordert.

Weise bezog sich dabei auch auf den drohenden Fachkräftemangel. «Eine längere Lebensarbeitszeit bedingt, dass es keine Anreize geben darf, früher aus dem Erwerbsleben auszusteigen», sagte Weise der «Saarbrücker Zeitung» (Mittwoch). Die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes für ältere Arbeitslose sei vor vier Jahren auf bis zu 24 Monate erhöht worden. Dies wieder zurückzunehmen, «kann eine Überlegung der Politik sein, wenn die Beschäftigungschancen Älterer steigen», sagte Weise.

Quelle FTD

Wenn es einen Fachkräftebedarf gibt und die Aussicht besteht, dass ältere Arbeitslose einen neuen Job finden, wieso sollte man dann die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes reduzieren? Was hat das eine denn mit dem anderen zu tun? Wenn Erwerbslose in Arbeit kommen, beziehen sie doch keine Lohersatzleistungen mehr. Von daher ist es völlig unerheblich, wie lang das Arbeitslosengeld theoretisch gewährt würde. 

Wenn Weise nun aber davon ausgeht, dass das längere Arbeitslosengeld wie in der Vergangenheit missbraucht wird, um früher aus dem Erwerbsleben auszuscheiden und einen gewissen Zeitraum bis zur Rente zu überbrücken, dann kann es auch keinen Mangel an Fachkräften geben, wie er behauptet. Arbeitgeber würden nämlich aufgrund des Mangelzustands alles unternehmen, um die Beschäftigten zu halten.

Zudem gilt die 24-Monatsregelung bereits für Erwerbslose die älter als 50 sind und nicht nur für jene, die kurz vor der Regelaltersgrenze stehen. Die Argumentationsweise vom Agentur-Weisen ergibt also keinen Sinn. Es sei denn, er unterstellt den Erwerbslosen pauschal, lieber eine Lohnersatzleistung beziehen zu wollen, deren Höhe in der Regel 60 Prozent des Nettoentgelts der letzten 12 Monate vor der Arbeitslosigkeit entspricht, als eine Stelle anzunehmen, bei der sie ein volles Gehalt verdienen könnten.

Das ergäbe selbst aus neoliberaler Nutzenmaximierungssicht keinen Sinn. Es sei denn, Weise weiß, dass die nach Fachkräften suchenden Unternehmen zuvorderst die Kosten im Blick haben und Stellen anbieten werden, die erstens schlechter bezahlt und zweitens auf Grundlage befristeter Arbeitsverhältnisse geschlossen werden sollen.

Nur unter dieser Voraussetzung hat es einen Sinn, den Druck auf Erwerbslose wieder zu erhöhen und das eigene Mantra vom Arbeitsmarkt, der angeblich genau wie herkömmliche Gütermärkte durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird, ad absurdum zu führen. Denn würde Herr Weise und alle anderen Arbeitsmarktfetischisten ihr neoliberales Dogma ernst nehmen, müsste gerade die Knappheit an Fachkräften dazu führen, dass die Preise für die Ware Arbeit steigen.

Das ist aber nicht der Fall. Die Preise sinken immer weiter. Den Arbeitsmarkt gibt es also nicht und wenn es ihn gäbe, versagt er jämmerlich. Eins ist jedenfalls gewiss, die sich gegenüberstehenden Parteien, Arbeitgeber und Arbeitnehmer begegnen sich nicht gleichberechtigt. Nicht nur, dass der Arbeitnehmer mit dem Nachteil zu kämpfen hat, als einzige Ware, die er besitzt, seine menschliche Arbeitskraft anbieten zu müssen, er wird nun auch per Gesetz gezwungen, diese zu jedem Preis und jeder Bedingung zu veräußern.

Das unterscheidet unsere Zeit noch vom 19 Jahrhundert, in der bekanntlich die Freiheit herrschte, die sich so manch ein Vorwärtsdenker heute zurückwünscht. Die Vertragsfreiheit. Im 19. Jh. gab es keinen Staat, der den Arbeitnehmer zwang, seine Arbeitskraft zu jedem Preis zu veräußern. Damals hatte er als Proletarier die Freiheit, die Bedingungen, “die ihm die Bourgeoisie stellt, zu unterschreiben oder – zu verhungern, zu erfrieren, sich nackt bei den Tieren des Waldes zu betten!” (Friedrich Engels, Lage der arbeitenden Klasse in England)

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Brennelementesteuer vor dem Aus

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Als vor gut einem Jahr Merkel und Schäuble ihr Jahrhundertsparpaket mit einem Umfang von 80 Mrd. Euro bis 2014 vorstellten, versuchten sie ihrem reinen Sozialstaatskürzungsprogramm eine gewisse Ausgewogenheit dadurch zu verleihen, indem sie behaupteten, auch die Wirtschaft zur Finanzierung der Krisenkosten heranzuziehen.

Wie sie sicherlich noch wissen, bildete die Brennelementesteuer den Kern dieses Vorhabens. Sie sollte dem Bundesfinanzminister jährlich 2,3 Mrd. Euro einbringen. Im Gegenzug durften die Energiebosse über die Laufzeit ihrer Atommeiler selbst bestimmen. Morgens gegen halb sechs erlaubte man dann der Regierung, den Atomkompromiss(t) im heißen Herbst der Entscheidungen zu unterzeichnen. RWE-Vorstand Rolf Martin Schmitz plauderte damals ohne scheu aus, wie es zum Geheimvertrag mit der Regierung kam.

Quelle: FTD 

Tobias Münchmeyer von Greenpeace will wissen, wer denn garantiert, dass die Konzerne wirklich ihre Zusatzgewinne aus längeren Atomlaufzeiten abgeben. Die Konzerne hätten schließlich schon einmal einen Vertrag gebrochen, den Atomkonsens mit Rot-Grün nämlich. Es ist die Art von Frage, die Schmitz gar nicht leiden kann. Das sei eine Unterstellung, schimpft er. Und im Übrigen hätten die Konzerne die Vereinbarung mit der Bundesregierung noch in der Nacht paraphiert. „Um 5.23 Uhr morgens.“ Schmitz zeigt auf Umweltstaatssekretär Jürgen Becker, der in der ersten Reihe sitzt. „Auch Sie, Herr Staatssekretär, haben wir dafür noch mal aus dem Bett geholt.“

Jetzt ist die Nachricht in der Welt. Und sie wirft viele Fragen auf. Was steht in diesem Geheimvertrag? Hatte die Regierung nicht immer versprochen, keinen Deal mit den Konzernen zu schließen? Und warum haben die Kanzlerin und ihre Minister in all den Pressekonferenzen seit Montagmorgen nichts verraten?

Nun soll die Brennelementesteuer, die nicht nur als Beitrag zur Sanierung des Haushalts erhoben werden sollte, sondern auch zur Sanierung des maroden Atommüllendlagers Asse, wieder verschwinden und im Gegenzug die Laufzeitverlängerung zurückgenommen werden. Das sieht nach dem berühmten Tisch aus, über den sich die Regierungshampelmänner und Frauen gerne ziehen lassen.

RWE-Chef Jürgen Großmann poltert schon mal drauf los und meint, dass die Bundesregierung keine fixen Termine für eine Zukunft nennen solle, „in der keiner der heutigen Entscheider noch regieren wird“ (Quelle: SpOn). Ein Brüller. Denn genau dasselbe hat schon Rot-Grün gemacht, mit dem Ergebnis, dass der Beschluss kurzerhand durch eine andere Regierung rückgängig gemacht wurde. Großmann sorgt sich also ums Image. Er will vermeiden, dass der Gesetzgeber im Nachhinein wieder begründen muss, wann Entscheidungen, die er einmal auf demokratischen Wege herbeigeführt hat, rückabgewickelt werden können. Da hat es ja peinliche Situationen mit dem Projekt Stuttgart 21 gegeben. Ein Bahnhof ist schließlich kein AKW.

Quelle: Klaus Stuttmann

Großmann plädiert dafür, die Projekte der Energiewende alle drei Jahre zu überprüfen. So könne bei Bedarf Tempo gemacht oder gebremst werden, zitiert Spiegel Online weiter. D.h., dass die Kernkraftwerksbetreiber auch in Zukunft den Abschalttermin, wenn überhaupt, festlegen wollen.

Grundsätzlich sei eine Energiewende zwar zu schaffen – aber nur gemeinsam in Europa, nicht mit einem deutschen Alleingang. Er warnte vor einer „Ökodiktatur“.

Das wird die Kanzlerin am Ende wahrscheinlich auch so sagen. Denn wie bei der Finanztransaktionssteuer gilt das Prinzip, dass nur eine gemeinsame europäische Lösung, die es aller Erfahrung nach kaum geben wird, die vernünftigste aller alternativlosen Alternativen sein kann.

Wirtschaftlicher Erfolg, Stabilität und nicht zuletzt die Demokratie hingen von längeren Laufzeiten ab, so Großmann weiter. Sie wissen schon, weil sonst die Lichter schneller ausgehen, als sie gucken können. Derzeit laufen aus diversen Gründen nur noch vier Atomkraftwerke in diesem Land und Großmann hat recht. Damit ich diese Zeilen schreiben kann, muss mein Hamster Überstunden schieben.

Deshalb vertraue ich auch auf die Weisheit und den Weitblick der Vorstände aus den vier großen Energiekonzernen, die sich im, wie heißt das nochmal, ach ja, Wettbewerb befinden. Die werden schon wissen, was in die neue Vereinbarung mit der Regierung hineingehört. Wie hat es Johannes Teyssen, Chef von Eon, im Anschluss an die Bekanntgabe des Moratoriums so schön formuliert. Nach drei Monaten begänne das Spiel mit der Bundesregierung und um die Atomkraftwerke neu. Und wer den wandelnden Protokollfehler Brüderle beim Wort nimmt, weiß genau, dass das ganze irrationale Theater ohnehin nur wegen der Wahlen stattgefunden hat. So what?

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Die Fortsetzung der Aufschwungspropaganda

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Der neue Wirtschaftsminister Philipp Rösler ist gestern an seinen neuen Arbeitsplatz gezogen und heute darf er schon freudig verkünden, dass sich der Aufschwung der deutschen Wirtschaft kraftvoll fortsetze:

„Der Einstieg ins Jahr 2011 ist hervorragend gelungen. Der Aufschwung setzte sich im ersten Vierteljahr ausgesprochen kraftvoll fort. Die Zahlen belegen, dass die deutsche Wirtschaft weiter an Fahrt gewinnt. Deutschland ist der Wachstumsmotor unter den Industrieländern – und das nicht nur in Europa.“

Quelle: BMWi

Dabei hatte ich gedacht, Röslers erste Amtshandlung würde darin bestehen, Kisten mit leeren Weinflaschen zum Altglascontainer zu bringen. Offenbar ist das nicht der Fall. Rösler Dr. Philipp Rösler setzt auf Recycling. Er präsentiert uns nicht etwa alten Wein in neuen Schläuchen, sondern in den alten Flaschen seines Vorgängers. „Fürchtet euch nicht“, hatte dieser auf dem zur Stunde stattfindenden Parteitag der FDP den jungen Liberalen zugerufen. Man müsse zu den „Brot-und-Butter-Themen“ zurückfinden, so Brüderle. 

Ausgangspunkt der Euphorie ist die Meldung des statistischen Bundesamts, wonach die deutsche Wirtschaft schwungvoll in das Jahr 2011 gestartet sein soll. Dabei kann von einem Schwung wohl kaum die Rede sein, wenn man zur Kenntnis nimmt, dass die letzten beiden Quartale davor mit 0,8 und 0,4 Prozent Wachstum in der Tendenz deutlich nach unten zeigten.

Die Statistiker führen einen schlechten Zaubertrick vor. Sie nehmen sich das schwächste der vier Quartale des XXL-Aufschwungjahres 2010 mit einem Wachstum von 0,4 Prozent und vergleichen es mit dem abgelaufenen Quartal 01/2011. Und schon ist wie durch Magie oder blumiges Zureden von Brüderle und nunmehr Rösler der (Auf)Schwung wieder da.

Er war ja auch nie weg. Der Aufschwung war nicht weg, als die Kommunen ein Rekorddefizit von 10 Mrd. Euro für das Jahr 2010 meldeten und der Staat eine Neuverschuldung von über 300 Mrd. Euro, weil er Geld für die Bankenrettung ausgeben musste. Der Aufschwung war auch nicht weg, als die erste Krankenkasse in der Geschichte Deutschlands Konkurs anmeldete, die zweite bereitet ihre Insolvenz gerade vor. Und der Aufschwung war auch nicht weg, als die Statistiker erneut einen Einbruch der Einzelhandelsumsätze vermelden mussten. Das ist gerade mal zwei Wochen her.

Trotzdem wird weiter behauptet, der Aufschwung stünde vor allem auf dem Bein des privaten Konsums. Alle Fakten sprechen dagegen. Selbst die Statistiker schreiben richtig.

Im vierten Quartal 2010 hatte es nur ein moderates Wirtschaftswachstum gegeben (+ 0,4% gegenüber dem dritten Quartal 2010), was allerdings zum Teil witterungsbedingt war und folglich auch den Anstieg im ersten Quartal 2011 positiv beeinflusst hat.     

Quelle: destatis

Mit anderen Worten, hier wird nicht mehr als ein Nachholeffekt beschrieben. Das Wetter wird besser, die Bautätigkeit nimmt wieder zu. Und das soll jetzt ein Aufschwung sein?

Die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft vom Außenhandel ist ja nicht über Nacht verschwunden. Sobald die Nachfrage unserer wichtigen europäischen Handelspartner aufgrund der Austeritätsverpflichtung im Zuge der Euro-Krise wegbricht, stürzt auch die angebliche Lokomotive der Europäischen Union wieder in jene tiefe Schlucht, in die sie schon einmal im Jahr 2009 fiel.

Maßnahmen zur Verhinderung dieser erneut absehbaren Katastrophe wurden nicht getroffen. Es gibt weder einen Mindestlohn, noch adäquate Erhöhungen der Einkommen sowie Sozialleistungen, die den Verlust der Massenkaufkraft über weit mehr als zehn Jahre auch nur ansatzweise ausgleichen könnten. Stattdessen erhöhen sich die Preise, obwohl die reale Nachfrage fehlt und die EZB steht Gewehr bei Fuss, die Konjunktur mit unnötigen Zinsschritten zusätzlich abzuwürgen. Bisher lebt das Binnenwachstum nur von Investitionen in Ausrüstungen und in Bauten, wie das statistische Bundesamt schreibt. Die privaten Konsumausgaben hätten darüber hinaus zum Teil deutlich zugelegt.

Wahrscheinlich haben sie deutlich zugelegt, weil durch die Beendigung der Kurzarbeit, die Beschäftigten wieder ihren normalen Lohn erhalten. Diesen Trick hatte schon Rainer Brüderle immer wieder angewandt, um eine Zunahme des privaten Konsums zu suggerieren.

In Wahrheit sollen die Tariflöhne laut Vorausschätzung der besten Ökonomen dieses Landes in diesem Jahr um gerade mal zwei Prozent steigen. Die Preise sollen sich nach Auffassung derselben Spitzendenker um 2,4 Prozent nach oben verändern. Das hieße aber, dass die Beschäftigten mit Tarifbindung, was in diesem Land auf nur noch 53 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse überhaupt zutrifft, erneut einen Reallohnverlust in Kauf nehmen müssten (siehe Michael Schlecht, MdB). Bisher hat es eine Erhöhung der Tariflöhne um 0,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gegeben. Die Teuerung lag zuletzt bei 2,4 Prozent.

Der Witz ist aber nun, dass dieselben Ökonomen der Auffassung sind, der Aufschwung würde plötzlich durch eine Ausweitung des privaten Konsums getragen. Wie soll das aber gehen, wenn erstens die Kaufkraft weiter sinkt und zweitens die Exporte beständig über die Importe dominieren?

Die Expansion von Exporten und Importen setzte sich ebenfalls fort

Deutschlands Wirtschaft setzt weiterhin auf die bestehenden Ungleichgewichte innerhalb der EU und profitiert davon auf Kosten der anderen. Damit ist eine der Hauptursachen der fortwährenden Krise nicht beseitigt. Für die stetige Verbesserung der Wettbewerbsposition können sich die deutschen Arbeitnehmer, Sozialleistungsempfänger, Rentner, Kinder usw. immer noch nichts kaufen, weil sie mit dem Engerschnallen ihrer Gürtel vollends beschäftigt sind. Schuldverschreibungen der Defizitländer kann man einfach nicht essen. Man muss sie am Ende sogar selber bezahlen, wenn die Handelsungleichgewichte fortbestehen und der Exportfetischismus unter dem Decknamen “Qualität, Made in Germany” zum ideologischen Dogma erklärt wird.

“Was ist ein Aufschwung wert, wenn der Einzelhandelsumsatz im März um real 3,5 Prozent sinkt? Dieser Wirtschaftsaufschwung bestraft diejenigen, die durch ihre Arbeitsleistung die zusätzlichen Waren und Dienstleistungen hergestellt haben. Die ungleiche Verteilung bei Einkommen und Vermögen nimmt dadurch weiter zu. Ein solches Wachstum vergrößert die Außenhandelsungleichgewichte und verschärft so die Eurokrise weiter. Es ist ein Skandal, dass gerade sich durch die unsolidarische Politik der Bundesregierung der Außenhandelsüberschuss im März ausgerechnet gegenüber den EU-Partnern überproportional vergrößern konnte.”

Quelle: Sahra Wagenknecht (DIE LINKE)

Fürchtet euch nicht? Brüderle hat Recht, vor dem schwarz-gelben Ende brauchen wir uns nicht zu fürchten. Unsere Hoffnungen ruhen darauf.

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Ein absurder Zinsschritt

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Die europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins für die Eurozone auf 1,25 Prozent angehoben. Begründung: Inflationsgefahr.

Das ist natürlich armselig und falsch zugleich, weil die EZB einmal mehr die streng monetäre einer real wirtschaftlichen Betrachtung vorzieht. Wegen einer gemessenen Inflationsrate von 2,6 Prozent innerhalb der Eurozone wird einfach darauf geschlossen, dass es eine konjunkturelle Überhitzung geben müsse, die zu einer sog. Lohn-Preis-Spirale führe, der man mit restriktiver Finanzpolitik entgegentreten müsse. Denn Ziel der Zentralbank ist nach wie vor die Preisstabilität.

Zahlreiche Analysten und Experten hätten diesen Zinsschritt, den man inzwischen schon als „Wende“ bezeichnet, vorausgesehen und erwartet. Die Inflation sei schuld. Doch was ist in der realen Wirtschaft eigentlich los? In Deutschland herrscht Aufschwung. Wer’s glaubt. Die steigenden Preise hierzulande sind aber keinesfalls nachfrageinduziert. Die Einzelhandelsumsätze stagnieren bereits wieder, nachdem sie sich im letzten Jahr aus dem Krisenkeller etwas nach oben entwickelt hatten.

Im Rest der Eurozone herrscht Krisenstimmung. Griechenland, Irland und seit gestern auch Portugal hängen am Topf des europäischen Rettungsfonds. In den Volkswirtschaften bricht sich die Rezession abermals bahn. Dort wird man sich bei der EZB bedanken, weil Kredite für Investitionen, die dringend gebraucht werden wieder teurer und damit unattraktiv werden. Dazu kommen die harten Sparbedingungen des Rettungsfonds. Die Wirtschaft hat also keine Chance, sich zu erholen.

Mit dem Zinsschritt schadet die EZB der realen Wirtschaft zusätzlich. Zwar gibt die Zentralbank vor, besonders Spekulanten im Blick zu haben, die bisher mit billigem Geld weiter zocken gehen, doch die schreckt man doch nicht mit geringfügig höheren Zinsen ab, wenn sie ihr Geld für deutlich mehr Rendite weiterreichen und dabei immer noch einen guten Schnitt machen können. Fragen sie die Deutsche Bank, eine der schlimmsten Zockerbuden weit und breit.

Wer der Spekulation und der Zockerei Einhalt gebieten will, muss dafür sorgen, dass das Kasino geschlossen wird! 

Die steigenden Preise sind aber nicht nur eine Folge der Spekulation, sondern vielmehr Ausdruck eines Herdentriebs an den Finanzmärkten, der sich eben nicht nach wirtschaftlichen Indikatoren ausrichtet und auch nichts mit Angebot und Nachfrage zu tun hat, sondern damit, ob alle ins Risiko gehen oder nicht. Seit März 2009 gehen alle wieder rein. Die Kurse stiegen und das mitten im Abschwung. Es gab und gibt also keine Verbindung zur realen wirtschaftlichen Entwicklung. Dafür herrscht aber erneut der Glaube vor, dass eine Blase schon nicht platzen wird, obwohl die recht junge Erfahrung etwas anderes lehrt.

Es liegt eben an der Politik, dem unverantwortlichen Treiben an den Börsen und in den Banken ein Ende zu setzen. Doch die bleibt tatenlos.

Früher galten für Analysten und Volkswirte die Zahlen der Bundesbank zur Geldmenge als verlässliches Zeichen, ob eine Inflation bevorstehe oder nicht. Die Anhänger der Geldmengenlehre (Monetarismus), zu denen auch die EZB-Banker gehören, haben von ihrem geistigen Übervater und Chicago Boy Milton Friedman gelernt, dass Inflationsgefahr bestehe, wenn die für die Wirtschaft relevante Geldmenge M3 zunimmt. Doch heute schaut keiner mehr auf diesen Chart der Bundesbank, der ziemlich eindeutig in die andere Richtung weist.     

 

Quelle: Bundesbank

Im Prinzip müssten die Chicago Boys und Girls Deflationsalarm geben, wenn sie denn ihrer Dogmenlehre streng folgen. Es ist halt schwer zu glauben, dass bei Ausweitung von Staatsdefiziten und Rettungsgeldern in Milliardenhöhe, also einer vordergründigen Geldschwemme, keine Inflation entsteht.

Das Problem ist eben, dass das viele Geld niemals im wirtschaftlichen Kreislauf angekommen ist, sondern innerhalb der Banken- und Finanzwelt zirkuliert, quasi die Blase immer weiter aufbläht.

Wir retten eben keine Staaten und Volkswirtschaften, sondern immer noch Banken! 

Die Verluste der Banken muss aber nach wie vor die Volkswirtschaft begleichen. Deshalb sollen alle sparen und ihr Tafelsilber verkaufen. Nicht damit sie ihre Haushalte konsolidieren, sondern damit sie die Zinsen zahlen.

Der einzige Wirtschaftsweise mit Hirn, Peter Bofinger, fordert daher zurecht eine Art Marshall-Plan für europäische Krisenländer. Die Finanzgenies der europäischen Union, gemeint ist natürlich die deutsche Bundesregierung, scheinen nach Auffassung Bofingers eben nicht zu begreifen, dass man mit rigorosen Sparprogrammen nichts konsolidiert, sondern die Konjunktur abwürgt und das Problem der Haushaltdefizite nur verschärft.

Die EZB tut ihr übriges hinzu. Höhere Zinsen sind gegenwärtig Gift für die Konjunktur. Nicht die Gefahr einer Inflation, sondern die einer monetär nicht zu beherrschenden Deflation verschärft sich weiter. Denn offenbar gibt es weder Nachfrage nach Investitionskrediten noch die Bereitschaft der Banken, solche an private Investoren zu vergeben, damit diese wiederum in die Realwirtschaft investieren oder reale Waren und Dienstleistungen konsumieren.

Die Krise kommt nicht zurück, sie ist immer noch da. 

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Nachtrag zum Verhandlungsführer und Steuerflüchtling Möllring

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Gestern habe ich über den Verhandlungsführer der Arbeitgeber im öffentlichen Dienst der Länder, Finanzminister Harmut Möllring (Niedersachsen), geschrieben und über seine Reaktion auf die Lohnforderungen der Arbeitnehmer, die bereits mit Warnstreiks für entsprechenden Nachdruck gesorgt hatten.

Wie all die Jahre zuvor sendet Möllring eine klare Botschaft an die Gewerkschaft ver.di und die Beschäftigten im öffentlichen Dienst.

Die Gewerkschaft Verdi müsse «einsehen, dass sowohl drei Prozent als auch 50 Euro mehr pro Monat nicht gehen», sagte er der «Stuttgarter Zeitung» (Samstag) mit Blick auf die leeren Kassen der Länder. «Und wenn schon jede Einzelforderung für sich nicht geht, ist offenkundig, dass beides zusammen gar nicht geht. Diese Einsicht muss bei der Gewerkschaft noch greifen, dann werden wir ein Ergebnis bekommen.»

Quelle: Süddeutsche

Mir ist an dem Möllringschen Blick auf leere Kassen der Länder noch etwas eingefallen. Hartmut Möllring ist nämlich der Finanzminister, der die landeseigene Beteiligungsgesellschaft von Hannover ins Emsland verlegen ließ, um Steuern zu sparen. Damit gehört es offensichtlich zur Politik des Vorsitzenden der Tarifgemeinschaft der Länder, auf gerade jene Einnahmen zu verzichten, die gebraucht werden, um die Mitarbeiter besser bezahlen zu können.

Der ein oder andere mag jetzt pingelig anmerken, dass die entgangene Gewerbesteuereinnahme ja nicht dem Finanzminister, sondern dem Kämmerer der Stadt Hannover fehlt, aber genau das ist ja das Problem bei der Steuerflucht. Am Ende wird der Fehlbetrag immer in der Kasse der öffentlichen Hand verbucht werden müssen. Dazu kommt natürlich die Tatsache, dass die Kommunen verpflichtet sind, einen Anteil der Gewerbesteuereinnahmen an Bund und Länder abzuführen. Herr Möllring oder einer seiner Nachfolger wird diesen fiskalpolitischen Unsinn früher oder später zu spüren bekommen.

Der Vorgang zeigt im Prinzip nur eins. Die Kassen der öffentlichen Hand sind nie leer genug, um noch viel mehr öffentliche Mittel und Ressourcen sinnlos zu verschwenden. Sei es für Steuergeschenke oder für sparwütige Finanzminister wie Möllring, die, offenbar mit einem Zauberdiplom im Rechnen ausgestattet, ihren Haushalt kurzfristig und auf Kosten der Amtskollegen in den Kommunen aufzuhübschen beabsichtigen.

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Hartz IV: Merkel greift ein

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Nun hat sich auch die Kanzlerin in den Streit um Hartz-IV eingeschaltet und angekündigt, sich dem gemeinschaftlichen Kacken hinter verschlossen Türen des Vermittlungsausschusses anzuschließen. Auf dieser Unisex-Toilette der selbsternannten Zukunfts-Gestalter hocken Politik-Gestalten beider Geschlechter und der fünf Yes-we-Hartz!-Parteien schon seit der Weihnachtszeit, um darüber zu beraten, wie übelriechend der Furz von Frau von der Leyen, genannt Hartz-IV-Reform, denn nun werden soll. Das Problem an Fürzen ist aber, dass sie so schwer zu greifen sind. Vielleicht will deshalb die Kanzlerin dazustoßen, weil sie als gelernte Naturwissenschaftlerin genau weiß, wie man stinkende Gase in eine gemeinsame Lösung verwandelt.

Das hat den Vorteil, dass sie das Endergebnis als Betroffener Sozialleistungsempfänger zwar nicht mehr riechen müssen, aber dennoch saufen sollen, sofern sie an einem Überleben interessiert sind. Ich darf noch einmal an den wahrscheinlich schon vergessenen Referentenentwurf aus dem Sozialministerium erinnern und die darin aufgestellte völlig bizarre „Alkohol raus und Wasser rein“-Berechnung von scheinbar völlig verblödeten Mathematikern, die man früher auf den Schulhof für so einen Streberschwachsinn wahrscheinlich ordentlich verprügelt hätte.

“Ausgaben für Nahrung und alkoholfreie Getränke gehören zum unverzichtbaren Grundbedarf und damit zum physischen Existenzminimum. Deshalb werden die von den Referenzhaushalten hierfür durchschnittlich getätigten monatlichen Verbrauchsausgaben – wie bereits in der entsprechenden Sonderauswertung 2003 – in voller Höhe (100,0%) als regelbedarfsrelevant berücksichtigt. Insgesamt ergeben sich für das Jahr 2008 in Abteilung 01 regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgaben in Höhe von 128,46 Euro, einschließlich des eingerechneten Betrags für die Substitution der durch den Konsum von alkoholischen Getränken konsumierten Flüssigkeitsmenge durch alkoholfreie Getränke. In der Sonderauswertung EVS 2003 waren in Abteilung 02 alkoholische Getränke zu 100 % regelsatzrelevant. Alkohol stellt allerdings ein gesundheitsgefährdendes Genussgift dar und gehört als legale Droge nicht zu dem das Existenzminimum abdeckenden Grundbedarf. Daher wird Alkoholkonsum nicht mehr als regelbedarfsrelevant berücksichtigt. Wird auf Alkohol verzichtet, muss die damit verbundene Flüssigkeitsmenge allerdings zumindest zum Teil durch alkoholfreie Getränke ersetzt werden. Daher wird statt der Ausgaben für Alkohol in Abteilung 01 ein zusätzlicher Betrag für alkoholfreie Getränke anerkannt.

Dieser Betrag berechnet sich folgendermaßen:

Nach der Sonderauswertung wurden für Einpersonenhaushalte der Referenzgruppe im Jahr 2008 durchschnittliche Verbrauchsausgaben von 8,11 € für alkoholische Getränke ermittelt. Davon entfielen – nach dem Wägungsschema des allgemeinen Preisindex – rechnerisch 11,35 % für Spirituosen, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht dem Zweck der Flüssigkeitsaufnahme dienen. Es verbleiben dann von den 8,11 € noch 7,19 € für alkoholische Getränke, die durch alkoholfreie Getränke zu substituieren sind.

Es gibt für die Umrechnungen des Preises alkoholischer in alkoholfreie Flüssigkeitsmengen keine Vorgaben, so dass hier eine Plausibilitätsrechnung erforderlich ist. Für 7,19 € lassen sich etwa 12 Liter preiswertes Bier kaufen. Im Durchschnitt sind Bier oder gar Wein deutlich teurer, so dass sich ein deutlich niedrigeres Volumen an zu substituierender Flüssigkeit ergeben würde. Ausgehend von 12 Litern Flüssigkeitsbedarf ergibt sich das maximal durch alkoholfreie Getränke zu substituierende Flüssigkeitsvolumen. Da die Flüssigkeitsmenge mit einem preisgünstigen Getränk berechnet wurde, ist es angemessen, auch die alkoholfreien Getränke mit dem niedrigpreisigem Mineralwasser anzusetzen. Für die anzusetzenden 12 Liter Mineralwasser wurde ein Betrag von 2,99 € eingesetzt, für den Supermärkte flächendeckend eine entsprechende Menge Mineralwasser anbieten. Legt man die Preise der preisgünstigen Discounter für 1,5 Liter Mineralwasserflaschen zugrunde, ergibt sich für 12 Liter Mineralwasser sogar nur ein Preis von 1,52 €. Bei den als regelbedarfsrelevant berücksichtigten 2,99 € ist also bei preisbewusstem Einkauf durchaus Spielraum für Saft oder andere alkoholfreie Getränke. Diese 2,99 Euro werden bei Abteilung 01 zusätzlich berücksichtigt.”

Quelle: BMAS oder hier im Blog

Sie müssen sich jetzt einmal vorstellen, wie lange schon über eine Erhöhung der Regelsätze gestritten wird. Also das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wurde vor ziemlich genau einem Jahr gefällt. Immerhin seit dem Spätherbst wissen wir schon, was bei der Neuberechnung herausgekommen ist und seit Weihnachten ist der Gesetzgebungsprozess vorerst gestoppt, weil die Opposition ein wenig Demokratie spielen will.

Sie können mich ja für verrückt halten, aber im Prinzip hätte sich doch keiner darüber beschweren dürfen, wenn man die Regierung wegen Verschleppung eines verfassungswidrigen Zustands aus dem Amt gejagt hätte. Das ist natürlich nicht passiert, weil der Verfassungsschutz mit der Beobachtung der Linkspartei bereits ausgelastet ist.

Eine Entscheidung über das Existenzminimum ist politisch verdammt schwer. Das müssen sie einfach verstehen. Bei etwa 6,5 Millionen Beziehern von Hartz IV oder Sozialgeld muss genau gerechnet werden. Wenn alle gleichermaßen in den Genuß einer Erhöhung von fünf Euro kämen, würde dass den Steuerzahler fast 400 Mio. Euro kosten. Und wenn sich die SPD mit ihren elf Euro durchsetzen könnte, würde das die Staatskasse im schlimmsten Fall um die 860 Mio. Euro kosten. Das sind natürlich Größenordnungen, bei denen die Parlamentarier ganz genau hinschauen und prüfen wollen.

Schließlich ist „Hartz-IV“ keine bad bank, wie die HRE, der man relativ rasch mit hohen Milliardenbeträgen aushilft, sobald ein verstörter Bankenchef aus München öffentlich darüber klagt, dass sein Goldesel unter der Last des vielschichtigen Toilettenpapiers mit einstigem Toprating zusammengebrochen ist. Da wird nicht groß beraten oder getagt, sondern einfach demokratisch und überparteilich abgenickt.

Karikatur: Klaus Stuttmann
Quelle: Klaus Stuttmann

Mein Tipp: Das Thema Hartz-IV taugt bestimmt noch für den Wahlkampf. Ich könnte mir vorstellen, dass alle beteiligten Hartz-Parteien ein Interesse daran haben, das Thema so lange wie möglich für ihre Zwecke ausschlachten zu können.

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Nicht zu fassen! Die GfK darf schon wieder positive Konsumstimmung verbreiten

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Es ist noch keine Woche vergangen, als durch das statistische Bundesamt bekannt wurde, dass das Weihnachtsgeschäft und das gesamte letzte Jahr im Einzelhandel eine einzige Katastrophe war – keinen hat es interessiert – und heute darf die Gesellschaft für Konsumforschung schon wieder positive Konsumstimmung verbreiten. Deutschland sei im Höhenflug steht in der Überschrift zum Ausblick der GfK für das Jahr 2011 und die Medien berichten schon wieder unkritisch über die Konsumlüge, die sie als solche natürlich nicht erkennen wollen.

Die Deutschen finden immer mehr Gefallen am Geldausgeben.

Quelle: Reuters

Worauf begründet sich diese Aussage? Natürlich auf den absolut zuverlässigen Prognosen der GfK, die stets weit von dem entfernt sind, was tatsächlich durch reale Umsätze gemessen wird. Die Anschaffungsneigung befinde sich erneut auf Rekordniveau, heißt es. Doch was bedeutet das? Rein gar nichts. Angesichts der Tatsache, dass die Kauflaune ungebrochen hoch sei, die Umsätze im Einzelhandel aber stetig zurückgehen, müsste sich die GfK und vor allem die Medien doch einmal fragen, ob die Methode noch angebracht und das Ergebnis überhaupt aussagefähig ist. Besonders seltsam finde ich diesen Absatz in der Pressemitteilung der GfK:

Vom „Konsum-Muffel“ zum „Konsum-Optimisten“

Der europäische Vergleich zeigt deutlich, dass Deutschland derzeit eine Sonderstellung einnimmt. Der Aufschwung beflügelt nicht nur die Unternehmen, auch die Stimmung der Verbraucher hat sich nachhaltig gebessert. Galten die Deutschen früher als Angstsparer und äußerst preissensible Konsumenten, so achten sie heute immer stärker auf Qualität und geben ihr Geld gerne aus.

Im europäischen Vergleich zeigt sich vor allem, dass sich ganz Europa in einem Abwärtsstrudel befindet. Deutschland nimmt keine Sonderstellung ein, allenfalls bei der offiziellen Leugnung einer sehr deutlichen Kaufzurückhaltung. Im aktuellen Eurostat-Bericht findet sich demnach auch kein Vermerk über eine deutsche Sonderrolle. Dafür einmal mehr eine ziemlich eindeutige Tabelle:

Einzelhandel_2010

Wie sie dort sehen können, steht bei Deutschland über das gesamte Jahr 2010 ein Wert unter 100 Prozent. Als Basis fungieren die Umsätze aus dem Jahr 2005! D.h, dass der deutsche Einzelhandel zu keinem Zeitpunkt eine Konsumparty erlebt haben kann. Im Gegenteil, wir liegen noch weit unter dem Niveau von 2005. Wenn es also eine deutsche Sonderrolle gäbe, wie es die GfK behauptet, dann besteht die zweifelsohne aus einer nach wie vor schwachen Binnennachfrage.

Es ist auch überhaupt nicht nachvollziehbar, woher die GfK und die berichtenden Medien die Gewissheit nehmen, dass im Jahr 2011 der private Konsum gerade in Deutschland an Fahrt gewinnen soll. Interessant ist dabei die Begründung, warum man das in anderen Ländern gerade nicht erwartet. Im Reuters-Bericht heißt es zusammenfassend:

Innerhalb Europas geht es den Deutschen der GfK zufolge derzeit sehr gut. Die Franzosen befürchteten, dass ihr Lebensstandard abnehmen werde. Auch die Italiener schränkten ihren Konsum ein. In Großbritannien bremse das scharfe Sparpaket der Regierung die Konsumausgaben, in Spanien die Immobilienkrise und die hohe Arbeitslosigkeit. Am stärksten seien aber die Griechen und Rumänen von der Krise getroffen worden. Ihnen stünden nun höhere Steuern und ein schwächerer Sozialstaat ins Haus.

So als ob es das 80 Mrd. Sparpaket der deutschen Bundesregierung nicht geben würde. Unsere Regierung streicht genau wie alle anderen vor allem im öffentlichen und sozialen Bereich. Bei allen anderen führt das, wie oben zu lesen ist, zu einem Konsumverzicht, nur bei uns Deutschen nicht. Sehr seltsam. Wahrscheinlich werden die Deutschen den Kosum jetzt richtig anfeuern, nachdem sich das schwarz-gelbe Pannenkabinett auf eine Erhöhung der Werbungskostenpauschale rückwirkend zum 1. Januar geeinigt hat. Bei einigen Steuerzahlern soll sich diese schwere politische Totgeburt mit zwei bis drei Euro bemerkbar machen. Wie gut, dass der Beitrag zur Krankenversicherung nur um 0,6 Prozentpunkte (etwa 10-20 Euro pro Monat mehr) gestiegen ist, da wirkt die Ersparnis aus der großen Steuervereinfachung, auf der sich vor allem die FDP besonders viel einbildet, etwas dämpfend auf den Netto-Verlust.

Es ist einfach nicht zu fassen!

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