Rente: Mietmaul Neue Presse Hannover

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Gestern haben sich die angeblichen Rentenexperten Raffelhüschen und Börsch-Supan zu Wort gemeldet und auf die beabsichtigte Rentengarantie der Bundesregierung mit Panikmache geantwortet. Die Neue Presse Hannover erweist sich ein weiteres Mal als Mietmaul dieser von der Versicherungswirtschaft und der Arbeitgeberlobby organisierten Kampagne. Raffelhüschen ist noch immer

Aufsichtsrat beim ERGO-Versicherungskonzern und Berater des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft. Sein Forschungzentrum Generationenverträge an der Universität Freiburg wird über einen Förderverein von der Versicherungswirtschaft und der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft finanziert.

Quelle: NachDenkSeiten

Börsch-Supan ist Ökonomieprofessor am Mannheim Research Institute for the Economics of Aging (Mannheimer Forschungsinstitut Ökonomie und demographischer Wandel), das vom Land Baden-Württemberg und der deutschen Versicherungswirtschaft finanziert wird. Dieses Institut fertigt Gutachten, unter anderem für Versicherungen und Banken an.

Eigentlich sollte es die Aufgabe von Journalisten sein, richtig zu recherchieren. Anja Schmiedeke von der Neuen Presse hat darauf mal wieder verzichtet, weil sie nur das nachplappert, was die Herren „Rentenexperten“ über den Ticker haben verbreiten lassen. Somit versagt Anja Schmiedeke erneut. Von der vierten Gewalt, die von sich noch immer behauptet, eine Kontrollfunktion zu übernehmen, existiert schon lange nichts mehr.

Im Gegenteil. Anja Schmiedeke springt auf den Panikzug auf, berichtet und kommentiert das angebliche „Versprechen auf Pump“. Dabei ist auch Frau Schmiedeke beim dumpfen abschreiben nicht aufgefallen, dass die Rechnung von Raffelhüschen einfach falsch ist. Dazu Martin Betzwieser von den NachDenkSeiten(s.o.):

„Eigentlich wäre es die Aufgabe der Journalisten, nachzurechnen, anstatt die Angaben der Arbeitgeber- und Versicherungslobby ungeprüft zu übernehmen. Also muss ich das machen. Nun verfüge ich nicht über die mathematischen Fähigkeiten eines Finanzwissenschaftlers sondern über die Grundrechenarten einschließlich Prozentrechnen und ein bisschen mehr:

Professor Raffelhüschen geht von einer Beitragserhöhung auf 20,2% für 2010 bzw. auf 21,1% aus. Bei einem Jahresgehalt von € 30.000,00 wäre das eine jährliche Mehrbelastung von € 90,00 (2010) bzw. 210,00 (2011). In einer Zusammenfassung der Studie werden diese Mehrbelastungen ausschließlich mit „aufgrund der höheren Beitragssätze“ begründet.

Quelle 4: Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft [PDF – 104 KB]

Die Beitragsdifferenz zum aktuellen Beitragssatz (19,9%) beträgt 0,3% (2010) bzw. 1,2% (2011). Der Rentenversicherungsbeitrag wird paritätisch bezahlt, also halbe-halbe für Arbeitnehmer/innen und Arbeitgeber, also 0,15% (2010) bzw. 0,6% (2011). Da komme ich ausgehend von € 30.000,00 auf eine Mehrbelastung von € 45,00 (2010) bzw. € 180,00 (2011).
Wie kann das sein?
Äußerst irritierend finde ich auch, dass weiter unten im INSM-Artikel ein Beitragssatz von 20,4% für 2011 prognostiziert wird.
Hauptzweck der Studie ist wohl, die Leser/innen mit steigenden Beitragssätzen zu schockieren und in die Versicherungsbüros zu treiben, damit sie eine Riester-Rente abschließen. Wenn Reporter/innen dann nicht nachrechnen, ist auch nichts mehr zu retten.
Der Mannheimer Versicherungsvertreter mit Professorentitel Axel Börsch-Supan geht sogar von einem Beitragssatz von 22,2% für 2010 aus.“

Wie gesagt, Frau Schmiedeke hat die falschen Zahlen einfach übernommen, ohne nachzurechnen und schreibt dann manipulierend in ihrem Kommentar:

„Ein ganz erstaunlicher Beschluss, nicht nur angesichts der Wirtschaftskrise. Die Politik knebelt damit künftige Generationen – seien sie nun Beitrags- oder Steuerzahler. Denn klar ist doch: Im Ernstfall kostet das Gesetz richtig viel Geld.“

Das ist also klar? Für so einen groben Schnitzer würde es in der Mathearbeit nicht mal ein Folgerichtig geben. Einfach erbärmlich die Leistung. Doch es sind noch weitere Aussagen schlicht falsch:

„Wenn es nicht genug Beitragseinnahmen gibt, um die Rentenzahlungen zu decken – und dass es so kommt, dafür spricht vieles – gibt es nur zwei Lösungen. Höhere Steuerzuschüsse oder höhere Beiträge. Vor allem letzteres wird bei Jüngeren irgendwann an Grenzen stoßen. Die heute Erwerbstätigen zahlen schon jetzt nicht nur höhere Beiträge als ihre Großeltern, sie können am Lebensende zudem selbst weniger Rente erwarten. Auch höhere Steuerzuschüsse werden vor allem die jüngeren Generationen zu schultern haben. Dass sich dieses Geld in einem überschuldeten Bundeshaushalt gut verstecken lässt, sollte aber niemanden trösten. Es bleibt bei einem Versprechen auf Pump. Sicher sind in dieser Rentenrechnung nur die Zinsen.“

Frau Schmiedeke hat noch immer nicht kapiert, wie unser Rentensystem läuft. Sie glaubt wahrscheinlich, dass die private Altersvorsorge gänzlich anders abläuft und keine künftigen Generationen belaste. Das ist schlicht falsch. Die Finanzierungsweise einer Sozialversicherung egal ob umlagefinanziert oder kapitalgedeckt ist vollkommen wurscht, da die Aufwendungen in beiden Fällen aus dem laufenden Bruttoszialprodukt erbracht werden müssen. Mit anderen Worten: Es kommt auf den Produktivitätszuwachs an. Und da ist es auch völlig wurscht, wenn der Beitragssatz zur viel günstiger arbeitenden Umlageversicherung steigt. Schauen sie sich dazu bitte die Folienpräsentation zum Mackenroth-Theorem von Kai Ruhsert an. Zeigen sie das auch ihrem übereifrigen Bankberater oder Versicherungsvertreter.

Es ist unglaublich wichtig, in real terms zu denken – also realen Wirtschaftsgrößen.

Rentner produzieren keine Güter oder Dienstleistungen mehr. Die Produktionsmenge kann aber nur einmal konsumiert werden. Wer durch frühere, monatliche Einzahlungen in ein Versicherungssystem Ansprüche erworben hat, bekommt dafür später etwas, was sonst an andere verteilt werden könnte. Das gilt gleichermaßen für die gesetzliche wie die private Rente.

Bei der privaten Rente, die einem individuellen Sparmodell folgt, wird schlicht auf Kaufkraft verzichtet. Dies wiederum hat zur Folge, dass weniger produziert werden muss, Investitionen bleiben somit aus, die Wirtschaftsleistung sinkt. Und mit sinkendem Wachstum und sinkendem Bedarf an Investitionskapital auch sinkende Gewinne aus Sparanlagen. Das kann man gerade jetzt eindrucksvoll beobachten!!!

Zudem kostet die private Altersvorsorge ein Schweinegeld. 10-20 Prozent ihres eingezalten Beitrags wandern als Kostenabschlag direkt an den Versicherer. Dessen Werbung muss ja bezahlt werden und Mietmäuler wie Raffelhüschen, Börsch-Supan und auch Frau Schmiedeke wollen für ihre Propaganda auch einen Anteil. Der Rest wird dann erst angelegt. Mal mit mehr Risiko, mal mit weniger. Eine Überschussbeteiligung ist zudem immer abhängig vom Daumen des Versicherungskonzerns.

Wichtig ist, dass sie sich nicht durch Kampagnen wie diese verwirren lassen. Gucken sie doch einfach mal, wie man als Arbeitnehmer seine Rente finanzieren soll. Frau Schmiedeke und die „Rentenexperten“ verbreiten Panik, weil der Beitragssatz steigen könnte. Das ist plumpe Irreführung, denn die Beiträge sind längst gestiegen. Durch die private Altersvorsorge. Vier Prozent ihres Einkommens sollen sie für die private Altersvorsorge abzweigen und anlegen. Deshalb werden ihnen auch die Renten später gekürzt. So und nun rechnen sie bitte. Die Bundesregierung hat den Beitrag zur gesetzlichen Rente auf maximal 22 Prozent begrenzt. Darüber darf er nicht ansteigen. Und jetzt rechnen sie bitte die vier Prozent dazu, die sie privat anlegen müssen, um ihr Rentenniveau zu halten. Das macht 26 Prozent. Das sind zwei Prozentpunkte mehr, als die Rentenversicherung im übrigen gebraucht hätte, um ein auskömmliches Rentenniveau von 64 Prozent zu erreichen, das in der Regel deutlich über dem Sozialhilfeniveau läge.

Worüber regt sich Frau Schmiedeke eigentlich auf? Sie sollte noch mal einen Mathematikkurs in der Volkshochschule belegen, dabei aber unbedingt aufpassen, dass sie nicht in einem von Münteferings Rentenkursen landet, die dieser hat einführen lassen, als er noch Arbeitsminister war und in denen die Vorzüge seiner „Rente mit 67“ den Menschen da unten erklärt werden sollen. Unter uns, diese Kurse taugen nix… ;)

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Schuldenbremse: Die Neue Presse jubelt

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Claus Lingenauber kommentiert in der Samstagsausgabe der Neuen Presse Hannover den Bundestagsentschluss zur Schuldenbremse. Und er freut sich.

„Sparsame Haushaltsführung sollte auch in der Politik eine Selbstverständlichkeit sein. Leider sieht die Realität oft anders aus. Wie an der Schuldenuhr des Steuerzahlerbundes abzulesen ist. Zurzeit hat Deutschland 1613 Milliarden Euro Schulden – Tendenz steigend.“

Und was heißt das, lieber Herr Lingenauber? 1,6 Billionen Euro Schulden hat der Staat. Das ist aber schlimm. Bei wem denn? Genau. Bei denen, sie sich ein Vermögen von rund vier Billionen Euro in Deutschland teilen – Tendenz noch viel mehr steigend. Nämlich jenes obere Zehntel, das über 60 Prozent des Gesamtvermögens von rund 6,6 Billionen Euro verfügt. Gegen die viel schneller laufende Vermögensuhr sieht die bekloppte Schuldenuhr des Steuerzahlerbundes wirklich armselig aus.

Es ist immer dieselbe Leier.

„Allgemein aber muss der Grundsatz „Auch in Zeiten guter Konjunktur und sprudelnder Steuereinnahmen sollte sparsam gewirtschaftet werden“ gelten. Damit während einer Rezession noch Geld übrig ist und der Staat nicht sofort wieder in der Schuldenfalle sitzt. Hier ist ein grundsätzliches Umdenken notwendig. Vielleicht hilft die geplante Grundgesetzänderung ja dabei. Schön wärs.“

Gegen sparsames Haushalten ist überhaupt nichts einzuwenden, nur bedeutet das Geschreibsel von Herrn Lingenauber in Wirklichkeit, dass der Staat mit Hilfe der Schuldenbremse gezwungen werden soll, sinnvolle Ausgaben zu streichen, notwendige Investitionen zu verschieben, große öffentliche Bedarfe wie zum Beispiel Investitionen in Bildung und soziale Dienstleistungen auszusparen. Im Kern heißt das eine Fortsetzung der Sozialstaatsdemontage.

Dabei hätte Lingenauber von seinem Nachrichtenlieferanten aus Berlin, Christoph Slangen (vom PR-Büro Slangen+Herholz), etwas wichtiges erfahren können. Slangen hat nämlich Peter Bofinger interviewt und ihn zur Schuldenbremse befragt. Und Bofinger antwortet auf die noch immer dusselige Frage, ob eine Schuldenbremse von der Idee her nicht gut sei, weil an künftige Generationen gedacht werde, die ja dann ohne die Belastung von Schulden aufwachsen könnten, wie gewohnt sachverständig und einleuchtend.

„Der Staat muss aber auch in Bildung, Infrastruktur, Umwelt investieren. Ich fürchte, dass diese aktive Vorsorge unter die Räder gerät. Das sieht man auch an den Befürwortern der Schuldenbremse: Sie wird am lautesten von denen gefordert, die auch Steuersenkungen propagieren. Um beides zu verwirklichen, müssten die Staatsausgaben massiv beschnitten werden. Und am einfachsten lassen sich Investitionen in die Zukunft einsparen, weil diese Einschnitte nicht direkt spürbar sind. Unsere Kinder werden jedoch darunter leiden, wenn der Staat zu wenig investiert. Sie werden fragen: Warum habt ihr nur an Geld gedacht, nicht an Bildung und Umwelt?“

Und Bofinger liefert noch ein weiteres Argument. Man kann nämlich ausrechnen, was eine Schuldenbremse gebracht hätte, wäre sie schon früher zum Einsatz gekommen. Die Staatsausgaben der Vergangenheit sind ja bekannt. Wäre die Schuldenbremse zu Zeiten des zarten Aufschwungs in den vergangenen Jahren bereits wirksam gewesen, hätte sie dafür gesorgt, dass die Ausgaben, die mittels neuer Schulden getätigt wurden, nicht gemacht worden wären. Dies hätte wiederum zur Folge gehabt, dass das kleine Konjunkturpflänzchen rigoros zertrampelt worden wäre und am Ende höhere Schulden gestanden hätten. Diesen Zusammenhang begreifen Leute wie Lingenauber einfach nicht.

Ich zitiere mal aus einer aktuellen IMK-Studie, die die Auswirkungen einer Schuldenbremse auf die Wirtschaftsentwicklung und die Staatsfinanzen untersucht hat.

In einem ähnlichen Experiment wurde daher die Entwicklung nachgezeichnet, die sich ergeben hätte wenn die Schuldenbremse für den Bund schon ab dem Jahren 2001 gegolten hätte. Die Berechnungen zeigen, dass bei einer restriktiven Fiskalpolitik, wie sie die Schuldenbremse in jenem Zeitraum impliziert hätte, das Wirtschaftswachstum massiv reduziert worden wäre (IMK-Report 29/2008). Das nominale BIP wäre um bis zu 50 Mrd. Euro bzw. um bis zu 2,4 Prozent niedriger ausgefallen als im Status quo, am Ende des betrachteten 8-Jahreszeitraums hätte das nominale BIP 1,5 Prozent unter dem Status quo gelegen. Damit ist der BIP-Verlust deutlich höher als die Reduzierung des Staatsverbrauchs, der (implizite) Multiplikator liegt bei 1,75. Auch das reale BIP wäre deutlich gedrückt worden, und das Beschäftigungsniveau hätte zeitweise um mehr als 500 000 Personen niedriger gelegen. Insgesamt hätte die Anwendung der Schuldenbremse zu Beginn dieses Jahrzehnts zu wachstumsbedingten Einnahmeverlusten des Staates geführt, die einen nennenswerten Teil der intendierten Reduzierung der Nettokreditaufnahme zunichte gemacht hätten.

Mit anderen Worten – alles für die Katz. Am Ende stehen höhere Schulden, weil wirtschaftliches Wachstum verhindert wird. Das ist auch gar nicht so schwer zu begreifen, wenn man sich die Sparversuche der Minister Waigel, Eichel und Steinbrück anguckt. Sie haben prozyklisches Sparen auf die Spitze getrieben und somit Konjunkturzyklen regelrecht abgewürgt. Schauen sie sich die Staatsquote an. Ein historischer Tiefstand nach dem anderen. Erst als Deutschland vom weltwirtschaftlichen Wachstum profitierte, verringerte sich auch die Verschuldung der öffentlichen Haushalte. Leider wird diese positive Wirkung immer den eigenen Reformen zugeschrieben. Dass das Blödsinn ist, kann man schon daran erkennen, dass in der Krise der Reformgrundsatz plötzlich nicht mehr gilt. Denn stagniert oder schrumpft die eigene wirtschaftliche Leistungskraft, ist natürlich die Weltwirtschaft Schuld, wächst hingegen die eigene Wirtschaftsleistung, so liegt das immer an den Reformen.

Wer also der Schuldenbremse einen Verfassungsrang zugesteht, will in Wirklichkeit keine Schulden verhindern, denn er weiß es ja besser, sondern seinem Dogma von der Zurückdrängung des Staates Geltung verschaffen, um so den Sozialstaat vollständig zugrunde richten zu können. Der öffentliche Sektor soll auf ein Minimalmaß zurückgestutzt werden. Es soll nur noch einen Nachtwächterstaat geben. Sämtliche Aufgaben sollen in privater Hand liegen und den Bedingungen des freien Marktes unterworfen sein. An diesem Vorgang kann man viel verdienen, wie die Privatisierung der Rente bereits heute zeigt. Eine Schuldenbremse in Verbindung mit Steuersenkungen bedeutet also nur eins:

Sozialstaatsdemontage!

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Deutlicher Personalabbau gefordert

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Gestern gab es in der Neuen Presse Hannover einen Bericht über die Forderungen des Landesrechnungshofes Niedersachsen. Die Formel lautet natürlich: Personalabbau! Achten sie dabei mal auf die Begründung der Prüfer:

Das Ziel der Landesregierung, die Personalkosten dauerhaft zu senken, „ist gescheitert“, sagte Rechnungshof-Präsident Richard Höptner gestern. Der 2003 mit der Abschaffung der Bezirksregierungen beschlossene Abbau von 6743 Stellen sei durch 6747 Neueinstellungen für Schulen, Polizei und Justiz aufgezehrt worden. Der Rechnungshof fordert einen erneuten Personalabbau.

Wahrscheinlich beruhigt man die Prüfer damit, dass man die Stellen, die sicherlich total unnütz in den Bereichen Bildung, Polizei und Justiz geschaffen wurden, gleich wieder streicht. Wer braucht schon Beschäftigte im öffentlichen Dienst, wenn die Steuern wegbrechen? Was wir benötigen, ist ein strikter Sparkurs, so die Prüfer. Dass Frau Heister-Neumann alle mathematischen Tricks aufwenden muss, um aus Teilzeitstunden Vollzeitstellen zu rechnen, die sie in ihre Bilanz schreiben kann, um der Öffentlichkeit eine Sicherung der Unterrichtsversorgung vorzugaukeln, spielt bei den Kostendenkern keine Rolle.

Und was war gestern im Hannover-Rathaus los. Zoff. 3500 Mitarbeiter haben Angst um ihren Job. Oberbürgermeister Stephan Weil wurde ausgepfiffen, weil die Stadtverwaltung zwei geheime Ordner mit Sparvorschlägen zusammengetragen hat, bei denen es um Einsparungen in Höhe von 40 bis 50 Millionen Euro gehen soll. Nur gut, dass die Region nach jahrelangem Streit endlich das Sozialticket beschlossen hat. Das werden demnächst einige mehr brauchen…

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Neue Presse bemerkt die Rekordverschuldung

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Etwas verspätet, aber immerhin. Heute erscheinen endlich Berichte über die Rekordneuverschuldung. Wahrscheinlich hat das Berliner PR-Büro Slangen+Herholz, das für die NP vorgefertigte Texte liefert etwas länger gebraucht, um einen zur Zeit viel beschäftigten „Experten“ zu interviewen. Wolfgang Wiegard. Diese schräge Type geistert nicht nur durch die Gazetten, sondern auch durchs Radio. Okay, Wiegard ist Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, aber das war Bert Rürup auch, der nunmehr für die Drückerkolonne des AWD tätig ist.

Christoph Slangen hält ihn einfach für einen Experten, ohne näher zu erläutern, welcher verbohrt ideologischen Denkrichtung er angehört. Wiegard bezeichnet sich ja selbst als einen neoklassischen Sozialdemokraten. Er ist erklärtermaßen für den Niedriglohnsektor, moderate Lohnentwicklungen und einen gelockerten Kündigungsschutz. Er vertritt die Auffassung, dass die Reallohnsteigerungen hinter den Produktivitätsfortschritten zurückbleiben müssten, damit mehr Beschäftigung entsteht. Gerade jetzt sehen wir ja, wie Recht er damit hatte. Statt mehr Beschäftigung gab es durch diese obskure Umverteilungsphilosophie vor allem viel zu viel Geld auf den Konten der Kapitalbesitzer, mit dem man halt zocken ging, anstatt zu investieren.

Doch was sagt der „Experte“ zur Rekordneuverschuldung im Interview? Sie sei alternativlos. Der freie Fall der Wirtschaft scheint beendet, orakelt Wiegard auf die Slangen-Standard-Frage nach einem dritten Konjunkturpaket. Die Auftragseingänge würden sich auf niedrigem Niveau stabilisieren und der ifo-Geschäftsklimaindex entwickle sich seit Monaten positiv. Also Abwarten, lautet die Devise. Natürlich spendet der „Experte“ aber brav Beifall für die eiligen Steuersenkungspläne der Bundesregierung für Unternehmen. Diesen Steuersenkungswahn kritisiert er mit keiner Silbe. Dabei müsste gerade er wissen, welche fatalen volkswirtschaftlichen Wirkungen die zahlreichen Steuersenkungen für Unternehmen in der Vergangenheit hatten.

In dem Zeitraum zwischen 2001 und 2008 gingen vor allem wegen der Senkung der Unternehmenssteuern die Einnahmen des Fiskus um insgesamt 240 Mrd. Euro zurück. Und aktuell will die Bundesregierung die Unternehmen ganz rasch um weitere drei Mrd. Euro entlasten. Über welchen Schuldenberg wundern wir uns eigentlich, wenn der Staat freiwillig und so großzügig auf Einnahmen verzichtet. Auf der anderen Seite haben diese massiven Senkungen zu keinem Zeitpunkt dazu beigetragen, dass sozialversicherungspflichtige Beschäftigung entstehen konnte. Erst die gute weltwirtschaftliche Entwicklung bescherte zuletzt eine zarte Konjunkturphase, von der die Beschäftigten in Deutschland aber nix hatten.

Denn schon in der Phase des Aufschwungs galt das heilige Dogma vom Sparen und Konsolidieren. Auch heute noch bringt der „Experte“ diese Denke unter. Er spricht von einer Tendenz zur Ausweitung von Ausgaben und kritisiert das, obwohl er zwei Fragen vorher die beschlossenen Konjunkturprogramme für richtig hält und antizyklisches Handeln in der Krise begrüßt. Entweder hat der Mann ein wirres Wesen oder er hat schlicht keinen blassen Schimmer, was Konjunkturprogramme sind und was sie bewirken oder er wird dafür bezahlt, dummes Zeug zu erzählen. Da reiht er sich nahtlos in die Reihe seines Gegenübers Christoph Slangen und des Obergurus im Bundes-HRE-Ministerium Peer Steinbrück ein. Die reden auch nur Müll.

Wiegard sagt:

„Staatsverschuldung ist ein Mittel, um die Gegenwart von Belastungen frei zu halten. In der Zukunft kommen diese Belastungen jedoch als Erhöhung von Steuern oder Rückführung staatlicher Ausgaben auf die Bürger zu.“

So ein quatsch. Wenn man eine höhere Staatsverschuldung in Kauf nimmt, um damit ein Konjunkturprogramm zu finanzieren, dann tritt genau der umgekehrte Fall ein. Die Konjunktur springt an, die Beschäftigungsquote steigt, die Nachfrage steigt, die Löhne wie auch die Gewinne steigen, die Steuereinnahmen steigen, Verschuldung wird abgebaut. Deshalb heißt es ja „antizyklisch“. Wiegard bedient sich also, weil es gerade Mode ist, bei den Begriffen von Keynes und behauptet dann aber stur, dass die daraus folgende Wirkung gar nicht eintritt. Und die Vollidioten in den Redaktionen kommentieren diesen Quark auch noch entsprechend. Auf Seite 1 blamiert sich heute Inken Hägermann. Sie nimmt einfach das tolle von Slangen gelieferte Wort „antizyklisch“, um einfach nachzuplappern…

„Es ist gut und richtig, dass der Staat jetzt „antizyklisch“ reagiert und versucht, die Folgen der Finanzkrise für Bürger und Unternehmen abzumildern.“

Weiter oben aber schreibt sie das, was alle schreiben…

„Gute Vorsätze hin, Kostendisziplin her, nun steht auch Peer Steinbrück als astreiner Schuldenmacher da:“

Noch mal die Grafik, die belegt, dass der Schuldenstand abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung ist. Nur eine gute Konjunktur vermag es, Verschuldung abzubauen. Sparen allein bringt nichts. Das zeigen vor allem die Jahre, in denen sich Hans Eichel versuchen durfte. Trotz rigoroser Sparerei stieg die Gesamtverschuldung massiv an.

Verschuldung
Quelle: NachDenkSeiten

Wenn man schon die kläglich gescheiterten Finanzminister Waigel und Eichel vor Augen hat und sie in eine Reihe mit Steinbrück stellt, dann begreife ich einfach nicht, warum man in den Redaktionen nicht auf den Trichter kommt, dass vielleicht an dem Dogma, um jeden Preis ausgeglichene Haushalte vorlegen zu müssen, etwas faul sein könnte. Frau Hägermann geht heute sogar so weit und spricht Steinbrück von Schuld frei.

„Die größte Wirtschaftskrise seit 80 Jahren hat Steinbrück dieses Desaster beschert. Deshalb hat der Finanzminister auch nicht wirklich eine Wahl: Für sinkende Steuereinnahmen und steigende Ausgaben in die Sozialsysteme kann er nichts.“

Die Krise ist vom Himmel gefallen. Leute ihr habt halt Pech gehabt. Jetzt hört ihr seit fast zwanzig Jahren diesen Scheiß vom Sparen, und ihr nehmt es hin, dass man euch alles kürzt, damit irgendein Finanzäffchen im verantwortlichen Ministerium euch vielleicht mal mit einem ausgeglichenen Haushalt beglücken kann, von dem ihr dann was noch mal habt? Ach nix, davon sollen ja unsere Kinder und Kindeskinder was haben – angeblich. Doch nun kommt diese dumme Krise, von der niemand was ahnen konnte. Da müsst ihr dann einfach mal durch und eure Kinder und Kindeskinder auch. Shit happens.

Leute, bitte Aufwachen! Vor allem die Bundesregierungen samt ihrer jämmerlichen Finanzminister haben dafür gesorgt, dass Deutschland am stärksten von der Krise betroffen ist, weil sie alles unter das Diktat des Wettbewerbs gestellt haben, um andere Nationen niederzukonkurrieren, auch um den Preis eigener Konjunktur. Die zahlreichen Exportweltmeisterschaften zeigen nun ihre hässliche Kehrseite. Die Vernachlässigung des Binnenmarktes rächt sich. Und Frau Merkel will weiter daran festhalten. Denn eine schnelle Umstellung der Wirtschaft von Export auf Binnenmarkt sei nicht möglich. Allein diese Aussage zeugt von so großer Dummheit und Ahnungslosigkeit, das man sich ernsthaft mit dem Artikel 20, Abs. 4 Grundgesetz auseinandersetzten sollte.

Am Ende trifft es nämlich zu, dass der Schuldenstand weiter ansteigen wird, weil man auf Maßnahmen zur Belebung der Konjunktur mit Verweis auf die hohen Schulden pfeift. Der Zusammenhang zwischen Konjunktur und Schuldenstand wird weiter missachtet, genau wie der Zusammenhang zwischen Vermögen und Schulden. Es ist schlicht eine Irreführung, zu behaupten, dass Schulden vor allem ein Problem zwischen den Generationen sind. Hohe Schulden sind vor allem ein Beleg für hohe Vermögen. Und damit handelt es sich um ein reines Verteilungsproblem in unserer Generation. Warum leiht sich der Staat das Geld gegen Zinsen bei den Vermögenden? Er könnte es sich genauso gut über höhere Steuern auf Vermögen besorgen. Doch diese Gedanken stoßen auf erbitternden Widerstand bei denen, die glauben, Vermögensbesitz hätte vorrangig etwas mit Leistung zu tun.

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Die nächsten Sparorgien sind bereits geplant

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Angesichts der riesigen Steuerausfälle liegen die Nerven blank. An dem Dogma, Ausfällen nur mit Einsparungen begegnen zu können, hat sich nichts geändert. Mittlerweile ist diese schizophrene Auffassung an Absurdität kaum noch zu überbieten. In Hannover rechnet man im Rathaus mit Einnahmeausfällen von bis zu 750 Millionen Euro bis zum Jahr 2012. Natürlich ist man sich darüber im Klaren, dass sich so eine gewaltige Summe überhaupt nicht durch Einsparungen ausgleichen lässt. Das ändert aber nichts an der Überzeugung aller Beteiligten, es dennoch mit allen Mitteln zu versuchen. Und zwar radikal.

Nach Angaben der Neuen Presse Hannover gibt es zwei dicke Ordner mit Vorschlägen für Etatkürzungen. Darunter Beihilfekürzungen für Vereine und Verbände, Einsparungen bei Personalkosten und auch Privatisierungen von Kindertagesstätten und Heimen. Bisher habe man ein Einspraungsziel von jährlich 40 Millionen Euro angepeilt. Nun denkt man über mehr nach. Da fragt man sich, wohin die Reise nun gehen soll. Augenblicklich haben wir es nämlich in Sachen Haushaltspolitik mit einem handfesten Paradoxon zu tun.

Einerseits will man auf Grundlage der Zuweisung von finanziellen Mitteln des Bundes im Rahmen eines Konjunkturprogramms Investitionen tätigen, weil das Setzen von staatlichen Impulsen die Krise bekämpfen helfen soll und andererseits trägt man bereits einen Berg von Vorschlägen mit sich herum, die sich mit der Konsolidierung der Haushalte gerade in der Rezession beschäftigen. Das ist widersinnig, konterkarrierend und daher offensichtlich das Ergebnis einer nach wie vor krankhaften Wahrnehmungsstörung.

Dass es anders geht, zeigen aktuell französische Kommunen, die ihre Ausgaben noch einmal massiv erhöhen wollen, um so einen deutlicheren Impuls gegen die Wirtschaftskrise setzen zu können. So haben 18 785 Städte, Gemeinden und Landkreise eine entsprechende Konvention mit der Regierung unterzeichnet.

Demnach wollen die Gebietskörperschaften ihre Investitionen in diesem Jahr auf 53,5 Mrd. Euro ausbauen. Das entspricht einem Zuwachs um 54 Prozent gegenüber den durchschnittlichen Ausgaben in den Jahren 2004 bis 2007, teilte Patrick Devedjian, Sonderminister für das Konjunkturpaket, mit.

Quelle: Handelsblatt

Vor allem die regionale Wirtschaft soll dadurch profitieren und das ist auch legitim, so zu denken. Denn nur eine Steigerung der Nachfrage schafft Jobs, sichert Jobs, Bildung, Ausbildung – also Qualifikation und somit Wachstum und Steuereinnahmen. Nur die deutschen Schäfchen, die noch immer brav dem Glauben an eine gescheiterte Wirtschaftspolitik anhängen wie der moralisierende Christ dem durch die Gesellschaft längst getöteten Gott. Sie glauben nur an die Erlösung durch das Sparen in der Bilanz, die den Blick auf den engen Horizont eines Betriebswirtschaftlers reduziert.

Denn wie soll durch Einsparungen wie sie augenscheinlich geplant sind wieder Wachstum entstehen? Wie soll durch das Streichen von Personal oder das Kürzen von Löhnen im öffentlichen Dienst wieder mehr Steuereinnahmen generiert werden? Wie soll die Privatisierung von öffentlichen Aufgaben, wie das Betreiben von Kindertagesstätten zu einer Sicherung von Betreuung beitragen, die notwendig ist, damit Eltern vor Ort einer Beschäftigung nachgehen können, aus der wiederum Steuereinnahmen fließen?

Die Angst vor Schulden ist zu vergleichen mit der Angst des Gläubigen vor dem Teufel. Das Böse bedarf dann auch keiner näheren Erklärung mehr. Seine bloße Existenz reicht aus, um den Verstand zu betäuben, damit man im Sinne der Lehre handelt. Vielleicht ist die Kiste Bier zum Vatertag und das mehr oder weniger kollektive Besäufnis eine möglicherweise unbewusste Handlung, um den Glauben an die Rückkehr Christi auf Erden mal kurz zu verdrängen. Denn wie heißt es drohend im christlichen Credo:

Er sitzt zur Rechten des Vaters
und wird wiederkommen in Herrlichkeit
zu Richten die Lebenden und die Toten;
seiner Herrschaft wird kein Ende sein.

Da kann man es schon mit der Angst zu tun bekommen und sich glücklich schätzen, an den Hochfesten mal etwas über die Stränge schlagen zu dürfen. Nur ändert das nichts an der weltlichen Wirklichkeit. Die Franzosen haben das lange vor uns begriffen. Sie haben Gott und den Glauben dejure abgeschafft und ihn der Privatsphäre überlassen. Wo er auch hingehört. In der politischen Wirklichkeit hingegen zählt die Vernunft – das kommt übrigens von den großen deutschen Denkern. Und nach dieser ist es eben vernünftig, in einer solchen Wirtschaftskrise nicht mit Sparorgien zu antworten, um den Glauben zu erneuern, sondern aktiv etwas gegen die Verschärfung der Rezession zu tun, um die Wirklichkeit zu retten.

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Nachtrag zur Steuerschätzung

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Das Interview mit Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank in der heutigen Ausgabe der Neuen Presse Hannover spricht Bände. Offenbar ist der Redaktion sehr daran gelegen, das Bild zu transportieren, dass der Staat wieder sparen müsse. Das Agentur-Bild vom „Deutschen Michel“, der einen Schuldensack trägt, findet sich nicht nur in der NP, sondern mal wieder deutschlandweit. Albrecht Müller berichtet auf den NachDenkSeiten von seiner Tageszeitung Rheinpfalz, in der dieselbe Aktion mit entsprechendem Begleittext zu sehen ist.

In der Neuen Presse findet sich unter der Überschrift „Krisenmonopoly: „Zurück auf Los““ noch ein weiterer Bericht über die konkreten Auswirkungen auf Niedersachsen. Ministerpräsident Wulff will zwar in der Krise nicht sparen, aber das Projekt beitragsfreie Kita wird es wohl nicht geben. Okay, wieder Abstriche bei der Bildung, in die man in Sonntagsreden doch immer so unglaublich viel investieren will, weil davon doch unsere Zukunft abhinge. Aber die Krise und die nun geschätzten Steuerausfälle haben halt alle total überrascht. Damit konnte ja nun keiner rechnen. Alles aus heiterem Himmel. Und die vielen Schulden, die nun auf uns zukommen. Schrecklich. Sparvorschläge müssen her.

Und die Neue Presse liefert natürlich welche. Wen fragt man da immer. Natürlich den Bernhard Zentgraf vom Steuerzahlerbund Niedersachsen. Der schnackt immer ganz ordentlich. Mit dem durfte ich auch schon quatschen. Die Regierung müsse die Zügel wieder stärker anziehen, sagt er und zwar bei den Personalkosten – wo auch sonst. Die Wiederbesetzungssperre im öffentlichen Dienst soll noch schärfer ausfallen. Da fragt man sich verdutzt, was an einer nicht wieder besetzten Stelle noch schärfer geregelt werden kann, aber Herr Zentgraf ist natürlich ein Fuchs und schiebt gleich hinterher, dass auch die Arbeitszeiten der Verbliebenen und noch nicht im Dienst Verblichenen weiter verlängert werden müssen. Alles klar. Ausquetschen bis nix mehr geht, lautet das Motto.

Aus der heutigen Zeitungslektüre wird ganz deutlich, bei wem in Zukunft gespart werden muss. Herr Walter von der Deutschen Bank hat es ja gesagt. Transferleistungen einstampfen und Ausgaben runterfahren. Wer regt sich eigentlich angesichts dieser hinterhältigen NP-Kampagne, die nur darauf abzielt, mal wieder das Lied von den Ausgabenkürzungen zu trällern, darüber auf, dass Thilo Sarrazin (SPD) als frisch gebackener Bundesbankvorstand gegen Hartz IV Empfänger hetzt und medienwirksam z.B. fordert, die gesetzliche Rente auf ein Grundniveau abzusenken. Eigentlich müsste die Redaktion der Neuen Presse Hannover diesem Vogel eine Altar-Seite einrichten.

Dann wäre zum Abschluss noch ein Wort an den neuen Bürgerkönig zu verlieren, der heute in Hannover mit sozialistischem Wahlergebnis und ohne Gegenkandidaten gewählt worden ist. Dieses aristokratische Gehabe scheint mir auch eine Mediennummer zu sein (Die Zeit schreibt von der „Krönungsmesse„). Die Neue Presse musste heute unbedingt melden, dass Guido Westerwelle im Maritim die Präsidentensuite bezog, während die Altvorderen Graf Lambsdorff und Genscher sich mit Seniorsuiten begnügen mussten.

Neben der Neuen Presse Hannover und anderer Medien haben sich in Hannover so viele Wirtschaftsvertreter und Lobbyisten wie noch nie versammelt, um der FDP und ihrem König den Hof zu machen. Denn Westerwelle verspricht als einziger Steuersenkungen und reklamiert für seine Partei das „Copyright“ auf die Zuschreibung „Steuersenkungspartei“. Ist es da ein Wunder, dass dieser blaugelbe Kasperverein in den Umfragen ganz oben steht? Oder wie Wolfgang Lieb es treffend schreibt…

„…könnte es nicht einfach so sein, dass die oberen 10 Prozent und dazu noch die Yuppies, die meinen, dass sie auch dazu gehören, sich in der Krise deswegen besonders hartnäckig an die FDP klammern, weil diese Partei als Mitglied einer Regierungskoalition ein Garant für ihre Pfründe ist?“

Und was haben die oberen 10 Prozent im Überfluss?

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Zur Steuerschätzung

Geschrieben von:

Thorsten Hild bringt es in Wirtschaft und Gesellschaft auf den Punkt:

Die Steuereinnahmen stehen und fallen gerade in der Wirtschaftskrise mit dem Volumen öffentlicher Ausgaben. Umso stärker der wirtschaftliche Impuls durch höhere staatliche Ausgaben ausfällt, umso schneller und stärker sprudeln auch wieder die Steuerquellen. Gleichzeitig gilt: Umso stärker der wirtschaftliche Impuls durch höhere staatliche Ausgaben ausfällt, umso geringer die staatlichen Ausgaben, die für die sozialen Sicherungssysteme sonst wegen steigender Arbeitslosigkeit aufgewendet werden müssen.
Wer diese zwei zentralen Zusammenhänge bei der Bewertung der Steuerschätzung nicht berücksichtigt, kann auch nicht die richtigen Schlussfolgerungen aus ihr ziehen, sondern steht wie der Ochs vor dem Berg, in diesem Fall vor dem Schuldenberg. Denn auch die Staatsschulden, die ja gerade in Deutschland als ständige Bedrohung an die Wand gemalt werden, sind ja nur das Ergebnis der Steuerung von Staatseinnahmen- und ausgaben.

Und vor diesem Berg steht mal wieder die Neue Presse Hannover. Der Ochs heißt diesmal Udo Harms, und er schreibt folgende Sätze in seinem Leitkommentar auf Seite 1:

„Die Wirtschaftskrise lässt alle Träume von ausgeglichenen Haushalten platzen, die Frage ist jetzt eigentlich nur: Ausgaben brutal kürzen oder immer mehr neue Schulden machen.“

Falsch, die Frage ist, welcher Sinn in den Träumereien von ausgeglichenen Haushalten zu finden ist. Gestern hat Steinbrück bei der PR-Agentur Slangen+Herholz ein Interview gegeben. Darin sagte er, dass er ja einen ausgeglichenen Haushalt geschafft hätte, leider sei ihm die weltweite Krise dazwischen gekommen. So ein Pech aber auch. Das passiert ja ganz selten, dass die weltwirtschaftliche Entwicklung auf den Haushalt des amtierenden Exportweltmeisters Auswirkungen hat. Die Ganze Sparerei umsonst. Was hat’s gebracht, sollte Harms mal fragen. Einen Einbruch von sechs Prozent erwartet die Bundesregierung. Aber Deutschland war ja bis weit nach die Weihnachts- und Neujahrsansprachen hinaus robust aufgestellt.

„So gehen die Experten recht optimistisch davon aus, dass es schon nächstes Jahr wieder ein Wachstum von 1,2 Prozent gibt – das darf man hoffen, wissen kann es niemand.“

Ja, wer ständig nur vor sich hin träumt, der hat natürlich den Bezug zur Realität verloren und weiß mit makroökonomischer Steuerung auch nix anzufangen. Ist halt alles Zufall, was passiert. Dass das Wirtschaftswachstum entscheidend davon abhängt, was die Politik in Berlin in der Krise zu tun gedenkt, kommt dem Herrn Harms nicht in den Sinn. Thorsten Hild oben schon.

„Es gibt keinen Grund zur Panik: Der Einbruch ist zwar dramatisch, doch der Staat kann sich in diesem Jahr trotzdem voraussichtlich über die dritthöchsten Einnahmen der vergangenen 60 Jahre freuen.“

Na super. Und die Leute die ihren Job verlieren, bleiben seelenruhig und sollen sich nicht so anstellen. Schließlich kann es nach Harms ja zufällig passieren, dass das Wirtschaftswachstum im nächsten Jahr wieder wächst. Das heißt dann zwar noch lange nicht, dass auch wieder Jobs entstehen. Aber egal.

„Und nicht vergessen darf man, dass es die Konjunkturprogramme und längst beschlossene Steuererleichterungen sind, die die Staatskasse massiv belasten – eine gute Nachricht, die bei vielen Bürgern gar nicht angekommen ist und deshalb auch kaum wirkt.

Und das ist der Oberhammer. Ganz klar. Die Konjunkturprogramme verursachen den hohen Steuerausfall von geschätzten 320 Mrd. Euro bis 2013. Was hat dieser Vollidiot eigentlich geraucht? Was ist mit den Milliardengeschenken an die Banken? Wer bezahlt das? Der Goldesel in Steinbrücks Büro? Es ist zum Kotzen, so einen Rotz lesen zu müssen. Ein Skandal ist das.

Gestern habe ich über die Commerzbank geschrieben, die beabsichtigt, auf die stille 18,2 Mrd. Euro Einlage des Bundes, keine Zinsen zahlen zu wollen. Wer zahlt denn diesen Ausfall? Oder andersherum gefragt. Wie wirken sich die 18,2 Mrd. für die Commerzbank, die über 100 Mrd. für die HRE und die vielen anderen Mrd. für die Banken auf die Konjunktur aus? Warum setzt Herr Oettinger in Baden Württemberg mal eben die vom Landtag beschlossene Deckelung von Gehältern für Spitzenmanager (500.000 Euro) außer Kraft? Drunter macht’s angeblich keiner bei der vom Staat gestützten Landesbank Baden-Württemberg.

Und was ist eigentlich mit den 250 Mrd. für das nationale steinbrücksche Bad Bank Projekt? Das trifft den Steuerzahler wohl auch nicht? Oh man. Diese Presse ist wirklich das Allerletzte. Wie zu Erwarten liefert die PR-Agentur Slangen+Herholz heute auch noch ein Interview mit Norbert Walter (Chefvolkswirt der Deutschen Bank), direkt neben einem Agenturfoto, auf dem ein protestierender Aktivist der „Intitiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ abgebildet ist, der als Michel verkleidet, einen schweren Sack mit der Aufschrift Pro-Kopf-Verschuldung trägt. Norbert Walter darf dann auch folgendes sagen, übrigens passend zum Start des FDP-Parteitages in Hannover – da schließt sich dann der Kreis:

„Der Staat muss Steuersenkungen durch Beschränkung bei den Ausgaben gegenfinanzieren“ (sprich: „Subventionen und Transferleistungen reduzieren.“).

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Zur Steuer- und Abgabenbelastung

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Seit gestern schwirrt eine OECD-Studie durch die Medien, wonach in Deutschland vor allem Geringverdiener und mittlere Einkommen eine starke Abgabenlast zu tragen hätten. Die NachDenkSeiten weisen heute darauf hin, dass in der Berechnung nicht differenziert wird. Die OECD bezieht die gesamten Abgaben auf den Bruttolohn – also auch den Arbeitgeberanteil an der Sozialversicherung – in ihre Betrachtung mit ein. Deshalb würde eine Belastung der Arbeitnehmer von zum Teil über 50 Prozent zu Stande kommen.

Dieses Ergebnis soll nach Auffassung der NachDenkSeiten einer neuerlichen Kampagne zur Senkung der „Lohnnebenkosten“ Vorschub leisten. Dem möchte ich mich anschließen und hinzufügen, dass damit auch den Steuersenkungsprogrammen der FDP und dem kürzlich geäußerten Konzept der Kanzlerin in die Karten gespielt würde. Um diesem manipulativen Versuch, die Menschen für ein gefährliches Abgabensenkungsabenteuer zu gewinnen, etwas entgegenzuhalten, hier ein paar differenziertere Daten zur Entwicklung von Einkommen und Steuern. Im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses zur Unternehmenssteuerreform 2008 haben die Professoren Dr. Lorenz Jarass (Standford University) und Dr. Gustav M. Obermair (Universität Regensburg) seinerzeit Daten für die Jahre 2001-2005 zusammengestellt, die viel aufschlussreicher und aktueller den je sind.

  • Demnach stieg das Volkseinkommen in dem Zeitraum um +81 Mrd. Euro. Die darauf bezahlten Steuern und Sozialabgaben sanken aber um -46 Mrd. Euro.
  • Die Bruttolohnsumme fiel im gleichen Zeitraum um -25 Mrd. Euro und die darauf bezahlten Steuern und Sozialabgaben sanken um -30 Mrd. Euro.
  • Die Unternehmens- und Vermögenseinkünfte stiegen allein in den Jahren 2001-2005 um +106 Mrd. Euro. Die darauf bezahlten Steuern und Sozialabgaben sanken jedoch um -16 Mrd. Euro.

Allein aus diesen Zahlen lässt sich bereits erkennen, dass unser Problem nicht eine zu hohe Belastung durch Steuern und Abgaben ist. Im Gegenteil. Nicht die deutsche Bevölkerung verarmt wegen hoher Steuern und Abgaben, wie man angesichts der OECD-Daten vermuten könnte, sondern der Staat, weil er eine Abgabensenkungsorgie nach der anderen fährt.

Zum Beispiel die Senkung des Spitzensteuersatzes von 53 Prozent (bis 1999) auf 42 Prozent (seit 2005) kostete den Staat 2,3 Mrd Euro im Jahr. Die Steuerbefreiung der Gewinne aus Unternehmensverkäufen ab 01.01.2002 lässt sich noch gar nicht beziffern. Die Absenkung der Körperschaftssteuer auf 25 Prozent (Unternehmenssteuerreform 2001) sowie die Einführung des Halbeinkünfteverfahrens führten zum Zusammenbruch der Körperschaftssteuer.

Einnahmen aus der Körperschaftssteuer (in Mrd. Euro):

  • 2000: 23,6
  • 2001: -0,4
  • 2002: 2,9
  • 2003: 8,3

Quelle: Bundesfinanzministerium (BMF)

Die aktuelle Unternehmenssteuerreform 2008 beinhaltet eine weitere Absenkung des Körperschaftssteuersatz von 25 auf 15 Prozent, einen Sondersteuersatz von 28,25 Prozent für einbehaltene Gewinne bei Personenunternehmen bzw. die Abgeltungssteuer von 25 Prozent auf private Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne ab 2009. Das Bundesfinanzministerium beziffert die Steuerausfälle schöngerechnet aber immerhin wie folgt (in Mrd. Euro):

  • 2008: 6,47
  • 2009: 6,72
  • 2010: 6,80
  • 2011: 5,27

Die Prognose bedeutet also langfristig einen Ausfall von 5 Mrd. Euro.

Diese ganzen Ausfälle müssen aber bezahlt bzw. gegenfinanziert werden. Die Politik ist augenscheinlich noch immer der Auffassung, dass Abgabensenkungen zu höheren Investitionen führen und damit Arbeitsplätze aufgebaut und gesichert würden. Der fundamentale Glaube an die organisierende Kraft und die Effizienz der Marktwirtschaft ist also nach wie vor ungebrochen. Wie wir aber aus der Struktur der aktuellen Krise wissen, von der die OECD-Studie meiner Meinung nach auch abzulenken versucht, sind die Mrd. Geschenke an die Kapitalseite eben nicht in Form von Investitionen in die Wirtschaft zurück geflossen, sondern schlicht und einfach im Kasino gelandet. Dennoch weigern sich die herrschenden Kreise, das systemische Elend angemessen zu würdigen. Man muss halt noch stärker beten und an den Erfolg des Systems glauben, so das Rezept der Fundamentalisten, ganz nach dem Motto Encore un effort

Wo das hingeführt hat, kann man an der Gegenüberstellung von Staatsschulden und Vermögenszuwachs deutlich machen. In den Jahren 1998 bis 2005 stieg die Staatsverschuldung um 355,89 Mrd Euro, der Zuwachs der Ersparnisse privater Haushalte wuchs hingegen um 817,85 Mrd Euro. Allein aus dieser Perspektive wird ersichtlich, dass eine Dramatisierung nicht unbedingt der Seite der wachsenden Staatsschulden gebühren sollte, wie es beispielsweise der Bund der Steuerzahler andauernd tut, sondern vielmehr der unverschämten Zunahme von Vermögen in den Händen weniger. Denn die oberen 10 Prozent der Haushalte verfügen über mehr als 50 Prozent des Geldvermögens.

Wenn die OECD-Studie auf etwas richtig hinweist, dann darauf, dass Besserverdienende und große Vermögensbesitzer zunehmend entlastet wurden. Die Einnahmesituation des Staates sowie der sozialen Sicherungssysteme könnte demnach verbessert werden, wenn man in der Steuer- und Abgabenpolitik einen anderen Weg einschlüge und in der Wirtschaftskrise verstätkt Vermögen und höhere Einkommen zur Finanzierung wichtiger staatlicher Aufgaben heranzöge, von denen vor allem Einkommensschwache profitieren würden. Damit wäre auch die Gefahr gebannt, dass enorme Geldvermögen in die globalen Finanzkasinos abflössen und beim riskanten und unproduktiven Milliardenspiel einfach in persönliche Verluste und Schulden umgewandelt werden, die dann wiederum von der Gemeinschaft aller Steuerzahler beglichen werden sollen.

Dafür nimmt der Staat wiederum neue Schulden bei jenen Vermögenden auf, deren Verluste gerade bezahlt werden sollen. Der Staat senkt also einerseits die Abgaben auf Vermögen und zahlt dann auch noch Zinsen für geliehenes Geld, mit dem die persönlichen Verluste aus den Geschäften, die nur durch „Überakkumulation“ dank Steuersenkungen möglich wurden. Das ist in der Tat systemisch. Systemischer Wahnsinn. Oder wie Theodor W. Adorno schrieb:

„Die bürgerliche Gestalt von Rationalität bedarf von je irrationaler Zusätze, um sich als das zu erhalten, was sie ist, fortwährende Ungerechtigkeit durchs Recht.“

Quelle: Theodor W. Adorno, Jargon der Eigentlichkeit. Zur deutschen Ideologie.

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Nichts gelernt, das Ziel bleibt "Minimalstaat"

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Das können sie sehr schön aus zwei Meldungen dieser Tage herleiten. Zum einen möchte Merkel in der Tradition der Chicago Boys, auch in der Krise die Steuern weiter senken und auf weitere staatliche Impulse zur Unterstützung der Konjunktur verzichten. Zum anderen möchte Innenminister Schäuble mit Billigung Merkels eine Grundgesetzänderung herbeiführen, die es künftig zulässt, dass die Bundeswehr auch polizeiliche Aufgaben übernehmen kann. Das Ganze läuft etwas verschleiert unter dem Schlagwort „Priatenabwehr“.

Aus diesen beiden Meldungen kann man nun die Grundkonzeption der Union beschreiben. Nach wie vor geht es hier um eine ganz bestimmte Vorstellung vom Staat. Es geht um den „Nachtwächterstaat“, dessen Kennzeichen idealerweise darin besteht, auf polizeiliche Aufgaben reduziert zu sein, zum Schutz von Personen und deren Eigentum. Die Schieflage bei der Verteilung von Eigentum und Vermögen interessiert dabei nicht, da die Verteilung per Definition ein Ergebnis von Selbstregulierung ist. So kann es auch nicht verwundern, dass Hilfsprogramme für die Verlierer der gesellschaftlichen Umverteilung im Ergebnis kritisch betrachtet werden. Folgt man zum Beispiel Albert O. Hirschman so bedeuten soziale Hilfsprogramme, dass sie die Armut verschlimmern, statt sie zu verringern (siehe Hirschman, The Rhetoric of Reaction, dt: Denken gegen die Zukunft)

Für die Chicago Boys um Milton Friedman ist der Kapitalismus stabil. Gerade das Eingreifen des Staates hat nach Auffassung dieser Denkschule die Destabilisierung verursacht. Sie finden diesen Ansatz in der Union, vor allem aber bei der FDP und auch in der SPD. Die Zurückhaltung Konjunkturprogrammen gegenüber fußt also auf dem theoretischen Verbot, massive staatliche Interventionen zur Überwindung von wirtschaftlichen Krisen zuzulassen. Denn wenn die staatliche Intervention notwendig ist, bedeutet das in der Konsequenz, dass der Kapitalismus instabil ist. Und das wäre für unsere marktgläubigen Anhänger die Desavouierung ihres Leitbildes. Das ist der Kern der Auseinandersetzung. Es geht also weniger um Staatsschulden und das Gerede vom Leben über Verhältnisse, als vielmehr um die Wahrung von Weltanschauungen, die durch ein Systemversagen, wie wir es gerade erleben, fundamental bedroht werden.

Die Geldpolitik ist der einzige Bereich, bei dem die Dogmatiker dem Staat Handlungsspielraum zugestehen. Die Aufgabe über die Geldmenge zu wachen, finden sie aktuell wieder bei unserem Starökonomen im Bundes-HRE-Ministerium. Peer Steinbrück lässt keine Gelegenheit aus, vor der Gefahr einer Inflation zu warnen, obwohl die Deflation so sichtbar vor der Türe steht. Die Geldmenge muss stabil bleiben, lautet die Botschaft. Und die EZB folgt dieser Parole schon seit Jahren nur allzu gern. Der „Minimalstaat“ ist nach wie vor das Ziel herrschender Politik. In dieser Konzeption ist es unausweichlich, dass der öffentliche Sektor noch grundsätzlicher zur Disposition gestellt werden wird, als es ohnehin schon der Fall war. Im Augenblick erleben wir in Deutschland den Versuch, die Erschütterung der dogmatischen Weltanschauung mittels einer konservativen Reaktion zu begegnen, die im Gewandt einer Täuschung daherkommt und die Chiffre „Neue Soziale Marktwirtschaft“ oder plump „Mitte“ trägt.

Die von schwarz-gelb favorisierte Steuer- und Sicherheitspolitik, die von der der Großen Koalition favorisierte Schuldenbegrenzungspolitik sind Merkmale dieser folgenschweren Reaktion und ein Alarmzeichen für die Beständigkeit der Begriffe öffentlich, Sozialstaat und Daseinsvorsorge. Die Bedeutung des „Privaten“ wird ganz im Sinne der Chicago Boys in erheblichem Umfange zunehmen. Das können sie aktuell an einem Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD unter dem Titel „Faire Wettbewerbsbedingungen für Öffentlich Private Partnerschaften schaffen“ erkennen. Die Förderung von PPP ist auch in der Krise noch immer eine zentrale Aufgabe dieser Regierung. Und das, obwohl die Rechnungshöfe bereits angemahnt haben, dass öffentlich private Partnerschaften vor allem den öffentlichen Partner viel kosten.

In Zukunft wird der Gesetzgeber die Frage beantworten müssen, wie die immensen Kosten der Krise finanziert werden sollen. Die Antwort wird zu Lasten der sozialen Sicherungssysteme ausfallen. Einmal mehr wird die Vorstellung bemüht, der Sozialstaat sei schädlich. Den Schwachen dürfe keine Hilfe zu Teil werden, da sie sonst zur Gewohnheit würde. So einfach wird die Begründung ausfallen, wenn die Dogmatiker des Monetarismus sich neu formieren, um dem Freihandelsextremismus, der Deregulierung und dem Wettbewerbsdenken abermals oder verschlüsselt das Wort zu reden.

Daneben wird bürgerliches oder zivilgesellschaftliches Engagement an die Stelle staalicher Verantwortlichkeit treten. Die Woche des Ehrenamts können sie gerade in der ARD bestaunen. Nicht, das daran etwas auszusetzen wäre. Nur liegt hier der Verdacht nahe, dass mit Hilfe der Diskussion um das bürgerliche Engagement, das künftige Zurückweichen des Staates vorbereitet werden soll. Gestern zum Beispiel bei Anne Will. Dort war Ursula von der Leyen wieder in der Sendung zu Gast. Laut Focus hält sich die Ministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend seit 2005 am Häufigsten von allen Politikern in solchen Talkrunden auf. Da kann man sich jetzt seinen Teil zu denken.

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Mal kurz zur neuerlichen Rentenverdummung

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Seit ca. einer Woche läuft wieder eine Kampagne gegen die gesetzliche Rente. Ich muss jetzt sicherlich nicht erklären, worum es geht. Sie werden tagtäglich damit bombardiert. Nur soviel, man wünscht sich ein Auflammen des nutzlosen Ablenkungs-Konflikts JUNG GEGEN ALT. Gerade jetzt wo das Versagen der Bundesregierung in Sachen Krisenbekämpfung immer deutlicher wird. Und da man vermeiden will, dass es vielleicht doch noch zu sozialen Unruhen kommt, greift man zur bewährten Strategie. Das Volk soll sich selbst bekämpfen, heißt die Devise. Dazu kommen die Dreckskerle der Versicherungswirtschaft wie Professor Börsch-Supan oder Bernd Raffelhüschen aus ihren Löchern gekrochen und beschwören die schreiende Ungerechtigkeit zwischen Leistungsempfängern einerseits und Beitragszahlern andererseits.

In der Neuen Presse Hannover meldet sich wie immer an forderster Front, Christoph Slangen zu Wort und verkündet seine eingekaufte Meinung. Die Garantie für die Rentner muss finanzierbar sein, prangt heute mahnend über seinem Text. Und dann kommt wieder einer dieser unscheinbaren Sätze, die so glaubwürdig klingen und den Leser auf Linie halten sollen…

„Die Rentenformel, an der ständig herumgedoktert wird, sollte die demografischen Lasten zwischen Rentnern und Beschäftigten möglichst gerecht aufteilen.“

Welche demografischen Lasten? Das Schreckgespenst der Demografie. Ein unkaputtbares Dogma geistert als Hirngespinst durch die PR-vernebelte Journalistenwelt. Ein Armutszeugnis ist das. Dabei genügt doch ein Blick auf die Seite der Deutschen Rentenversicherung, um diesen Quatsch zu entzaubern. Immerhin bringt es die aufgescheuchte Medienmeute zu Stande und spricht in Wahlkampfzeiten von 20 Millionen Rentnern, die gleichwohl 20 Millionen Wähler seien. Wovon die Schreiberlinge aber nicht sprechen, sind die rund 52 Millionen Rentenversicherten – ohne Rentenbezug.

Wo bitteschön ist das demografische Problem? 52 Millionen Erwerbsfähige stehen 20 Millionen Rentnern gegenüber. Von den 52 Millionen Erwerbsfähigen sind aber nur rund 28 Millionen auch tatsächlich sozialversicherungspflichtig beschäftigt, zahlen also auch Beiträge an die Rentenkasse. Oder genauer: Nach den Arbeitsmarktdaten der Agentur für Arbeit gibt es rund 40 Millionen Erwerbstätige, aber eben nur jene rund 28 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Fällt da keinem etwas auf?

Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und Arbeitslose
Quelle: destatis

Nun stellt sich doch nicht die Frage, von gerechter Lastenverteilung zwischen Rentnern und Beitragszahlern, sondern wie man es schafft, die Beschäftigungssituation so zu verbessern, dass genügend Beiträge eingenommen werden können. An dieser Stelle sehen sie, wie dumm diese Debatte geführt wird. Anstatt etwas gegen den zu erwartenden Fall der Lohnsumme zu tun, indem man beschäftigungspolitisch endlich aktiv wird und mit einem Konjunkturprogramm der Wirtschaftskrise entgegenwirkt, empört man sich in einer dämlichen Weise darüber, dass Rentner den Arbeitenden angeblich besser gestellt würden. Nur weil man ihnen nicht die Bezüge kürzt.

Dabei ist das Kürzen von Renten sowie das Kürzen von Löhnen im großen Stil der eigentliche gesellschaftspolitische Skandal. Wie kann man auf diesen absehbaren Verfall der deutschen Wirtschaftsleistung nur mit plumper Gleichmacherei antworten? Warum nimmt man nicht die düstere Aussicht am Arbeitsmarkt und ihre zerstörerische Wirkung auf die sozialen Sicherungssysteme zum Anlass, um von der Regierung ein entschiedeneres Gegensteuern zu verlangen? Man begreift es einfach nicht.

Warum packt man sich nicht endlich die Milliardäre, die auf ihrem noch immer wachsenden Vermögen hocken und fordert von denen einen „fairen“ Beitrag? Die 300 reichsten Deutschen verfügen laut Manager Magazin über ein geschätztes Vermögen von 470 Milliarden Euro. Wieso packt man diese Leute nicht an ihrem patriotischen Kragen? Nur zur Klarstellung. Hier spricht nicht der Neid, sondern die Wut über die Tatsache, dass der Staat diese kleine Bevölkerungsgruppe auch in der Krise, die sie selbst als Shareholder und Anleger herbeigeführt haben, begünstigt, während man gelassen dabei zusieht, wie unten aufeinander geschossen wird.

Hier mal einige Namen von Leuten, die gern etwas abgeben dürfen, zusammengestellt von Egon W. Kreutzer

Vorneweg rangieren in Deutschland die Albrecht Brüder Karl und Theodor. Die Herren von Aldi Süd und Aldi Nord, kommen gemeinsam auf ein Vermögen von annähernd 35 Milliarden Euro.

Weitere deutsche Milliardäre heißen Porsche, Schwarz, Otto, Reimann, Klatten, Würth, Oetker, Hopp, Plattner, Herz, Wobben, Tschira, Schaeffler, Braun, Knauf, Beisheim, Liebherr, Quandt, Finck, Flick, Herz, Haub, Jacobs, Wacker, Oppenheim, Ullmann, Mohn, Kühne, Rethmann, Voith, Bosch, Schmidt-Ruthenbeck, Springer, Kipp, Baus, Schleicher, Broermann, Weisser, Jahr, Bauer, Strüngmann, Engelhorn, Burda, Wirtz, Riegel, Thiele, Happel, Diehl, Benteler, Schörghuber, Pohl, Claas, Leibinger, Stihl, Schwarz-Schütte, Viessmann, Haindl, Holtzbrinck, Bechtolsheim, Bruch, Mann, Engelhorn, Finck jr., Hector, Kärcher, Deichmann, Schlecker, Blickle, Fielmann, Helmig, Loh, Dachser, Wild, Oberwelland, Dohle, Ströher, Großmann, Schickedanz, Weiss, Schaub, Müller, Simon, Schnabel, Unger, Scheid, Scheufele, Hagenmeyer, Wagner, Fuchs, Pohl , Hellmann, Gauselmann, Behr, Roßmann, Holy, Müller, Boquoi, Kohm, Claussen, Roth, Buchmann, Dräxlmaier, Möhrle

und denen folgen dann noch rund 200 Namen mit Vermögen von 350 bis 950 Millionen Euro.

Lesen sie in Kreutzers aktuellem Paukenschlag, welche Vergünstigungen dieser kleinen Gruppe noch immer zu Teil werden. Die bei ihnen vielleicht entstandene Wut auf Rentner wird sich schnell legen. Glauben sie mir.

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