Am 29. Januar 2010 schrieb ich anlässlich des Verkehrsgerichtstages in Goslar Folgendes hier im Blog:
In Goslar tagen mal wieder die Verkehrsexperten und beraten darüber, wie sie das Leben der Autofahrer mit neuen Regelungen bereichern könnten. Dabei wird auch über eine Reform des im Volksmund bekannten „Idiotentests“ gesprochen. Die Einzelheiten dazu erspare ich ihnen. Ich steige nur deshalb mit dieser Meldung ein, weil sie in den Nachrichten rauf und runter läuft, ohne dass einem mal klar gemacht werden würde, warum das Thema nun so wichtig sein soll. Bis dann natürlich der Groschen fällt. In Goslar redet man ja nicht nur über den Idiotentest, sondern auch über Dinge, die das Volk gar nicht so direkt mitbekommen soll. Zum Beispiel die Diskussion über die Pkw-Maut, die der Präsident des Verkehrsgerichtstages, Kay Nehm, für unumgänglich hält.
Mit anderen Worten, der Verkehrsgerichtstag soll schon einmal Vorarbeit leisten, wenn es nach der NRW-Wahl zur Klärung der Frage kommen wird, wie die Bundesregierung ihr Wachstumsbeschleunigungsgesetz gegenfinanzieren will. Schließlich wird man zu diesem Zeitpunkt völlig überraschend feststellen, dass die erhofften Steuermehreinnahmen noch ein bissel auf sich warten lassen und die Tiefe des Haushaltslochs aus unerfindlichen Gründen nicht mehr bestimmbar sei. Dann wird neben vielen anderen Fachministern auch Peter Ramsauer (Verkehrsminister) vor die Kameras treten und ein neues verkehrspolitisches Zukunftsprogramm verkünden, in dem die Pkw-Maut als Beitrag zur Wahrung der hiesigen Infrastruktur vorgestellt wird. Da möchte der Ramsauer dann bestimmt von den Ösis lernen, die beim Hypo Alpe Adria Deal ja gezeigt haben, wie gut sie (auf Kosten anderer) wirtschaften können.
Rund 10 Milliarden Euro wären da für den Fiskus drin. So ein verheißungsvolles Geschäft können sich unsere Wachstumsbeschleuniger natürlich nicht entgehen lassen. Schließlich soll das ganze Geld zweckgebunden in den Straßenbau fließen, um Vorwürfen gleich entgegen zu treten, die Bundesregierung würde die zusätzlichen Einnahmen in das tiefe Haushaltsloch verfüllen. Man fragt sich nur verdutzt, was eigentlich mit den über 50 Mrd. Euro geschieht, die bereits jetzt durch Kfz-Steuer, Mineralölsteuer und Lkw-Maut eingenommen werden. Aus diesen Mitteln fließen schließlich nur rund ein Drittel zurück in den Straßenbau. Natürlich ist es denkbar, dass die „zweckgebundenen“ Maut-Einnahmen in voller Höhe in den Straßenbau fließen. Dabei ist es aber sehr wahrscheinlich, dass Bund, Länder und Kommunen im Gegenzug die Mittel aus den anderen Steuereinnahmen zurückfahren werden.
Beim Verkehrsgerichtstag war die Geschichte mit der PKW-Maut noch nebensächlich. Kaum jemand berichtete darüber. Sind halt alles Idioten. ;) Gestern gab es nun endlich einen Bericht in der Sendung Kontraste zum Thema PKW-Maut. In der Anmoderation heißt es deutlich:
„Die Maut, die sich nicht traut. NOCH traut sie sich nicht aber: Sie können sich drauf einstellen: sie wird kommen, vermutlich schon sehr bald.“
Die Argumente für eine Maut sind natürlich verlogen. In meinem Januar-Text oben habe ich bereits geschrieben, dass der Straßenbau keine Mehreinnahmen braucht, da ihm aus den speziellen Steuerabgaben wie Kfz-Steuer, Mineralölsteuer und Lkw-Maut theoretisch genügend Steuergelder zufließen müssten. Warum geschieht das aber offenkundig nicht, müsste die Frage lauten? Es geht dabei immerhin um 50 Mrd. Euro jedes Jahr, von denen nur ein Drittel tatsächlich beim Straßenbau landet. Was würde denn mit den zusätzlichen Einnahmen in Höhe von 10 Mrd. Euro aus einer PKW-Maut haushaltspolitisch passieren? Fließt das Geld wirklich in den Straßenbau oder doch eher in jene Haushaltslöcher, die Bankenrettung und Hotelgeschenke im Rahmen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes hervorgerufen haben?
Wenn sie also demnächst 120 Euro im Jahr für eine Vignette zahlen müssen, um über kaputte und verstopfte Fernstraßen zu schleichen, dann sollten sie mindestens kostenlose Hotelübernachtungen beim Bundesfinanzminister einklagen und Herrn Westerwelle als Kronzeugen benennen. Ihr Kreuzverhör beginnen sie dann bitte mit den Worten, mehr Netto vom Brutto für den immer teurer werdenden Gebührenstaat. Doch nun zum Video.
Gestern las ich einen Bericht in der Financial Times Deutschland über Schäubles geheime Sparpläne. Ob geheim oder nicht, soll hier keine Rolle spielen, sondern nur die Aufzählung der üblichen Verdächtigen, was die Sparliste anbelangt. Darin findet sich einmal mehr eine grobe Missachtung journalistischer Sorgfaltsplichten.
Kein Mangel an Ideen
Ausgaben: Knapp 320 Mrd. Euro will der Bund allein in diesem Jahr ausgeben. Damit ist der Etat 2010 der größte Bundeshaushalt in der Geschichte der Republik. Ein Großteil der Ausgaben ist aber durch Gesetze gebunden – und deshalb kaum zu reduzieren. Das gilt etwa für den Zuschuss zur Rentenversicherung, der fast 80 Mrd. Euro jährlich ausmacht ebenso wie für die Zuschüsse zur Kranken- und Arbeitslosenversicherung. Hinzu kommen die Zinsausgaben, die den Spielraum des Finanzministers weiter einschränken. Dennoch verbleiben – je nach Schätzung – zwischen 15 und 25 Prozent, bei denen man durchaus sparen könnte.
Subventionen: Insgesamt belaufen sich die Subventionen des Bundes auf 24,4 Mrd. Euro. Davon entfallen 6,8 Mrd. Euro auf Hilfen an Unternehmen und private Haushalte. Dahinter verstecken sich Zuschüsse für energetische Gebäudesanierung, Hilfen für die Autoindustrie zur Entwicklung von Elektromotoren oder staatliche Beteiligungen an Forschungsprojekten von Privatfirmen.
Steuervergünstigungen: Darüber hinaus spendiert der Bund steuerliche Vergünstigungen. Diese kosten 2010 rund 17,6 Mrd. Euro. Zu den Vergünstigungen zählen ermäßigte Mehrwertsteuersätze, etwa auf Lebensmittel und Zeitungen, aber auch auf Tierfutter und Schnittblumen. Auch die Pendlerpauschale oder die Steuerfreiheit von Wochenend- und Feiertagszuschlägen sind steuerliche Vergünstigungen.
Die Senkung der Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen zu Beginn des Jahres fällt anscheinend nicht unter Steuervergünstigungen. Das haben die Redakteure der FTD beim schnellen Abschreiben des obigen Standardtextes wohl übersehen. In diesem ist das großzügige „Mövenpick-Geschenk“ in Höhe von rund einer Mrd. Euro pro Jahr noch nicht eingepflegt. Wird wahrscheinlich auch nicht mehr passieren. Das Gedächtnis ist halt kurz und die Vorurteile starr und fest.
Zum Auftakt der neuen Regierungskommission, in der unter der Leitung von Minister Rösler eine neuerliche Reform des Gesundheitswesens besprochen werden soll, haben sie gestern in den Nachrichten bestimmt die Bilder einer Protestaktion gesehen. Das Aktionsnetzwerk Campact hat einmal mehr für öffentliches Aufsehen gesorgt. Sie können sich an diesem Protest gegen das Vorhaben, das Gesundheitssystem weiter zu entsolidarisieren, mit ihrer Unterschrift beteiligen. Der Text des Aufrufs lautet:
Aufruf für ein solidarisches Gesundheitssystem
Die Pläne der Bundesregierung zur Gesundheitsreform untergraben die Solidarität im Gesundheitswesen. Ihre Umsetzung wird auf dem Rücken von Patient/innen, Geringverdienenden und sozial Benachteiligten ausgetragen.
Mit der Kopfpauschale zahlen alle einen Einheitsbeitrag – egal, wie viel sie verdienen. Damit stemmen Menschen mit niedrigem Einkommen die Entlastung der Besserverdienenden. Den angekündigten Steuerausgleich müssten Millionen in Anspruch nehmen, was angesichts geplanter Steuersenkungen und leerer Kassen nicht finanzierbar sein wird.
Mit eingefrorenem Arbeitgeberanteil werden Kostensteigerungen in der Gesundheitsversorgung allein den Arbeitnehmer/innen aufgebürdet. Das hat eine kontinuierliche Kürzung des Nettolohns zur Folge, denn die Beitragssteigerungen werden sich nicht immer durch höhere Lohnabschlüsse ausgleichen lassen.
Zusatzversicherungen sollen ausgebaut und der Wechsel zu privaten Kassen erleichtert werden. Damit verstärkt sich der Wettbewerb um Gesunde und Gutverdienende, der das öffentliche Gesundheitswesen ruiniert. Medizinische Versorgung wird in einem bisher nicht gekannten Ausmaß vom Geldbeutel abhängen.
Deshalb fordern wir:
Die gesetzliche Krankenversicherung muss solidarisch finanziert und unter Einbeziehung aller Einkommen weiterentwickelt werden. Sie soll dauerhaft allen Menschen eine gesicherte medizinische Versorgung hoher Qualität garantieren – unabhängig von Einkommen und Alter.
Zur Aktion und dem Online-Appell geht es hier…
http://www.campact.de/gesund/sn1/signer
Ich hatte ja gehofft, in Neues aus der Anstalt etwas zum Thema Griechenland hören zu dürfen, doch die Schwerpunkte lagen eher woanders. Deshalb muss ich in der politischen Anstalt nach Antworten suchen. Es ist ja Haushaltswoche. Und da wird traditionell ausgeteilt bzw. schöngeredet. Bundesfinanzminister Schäuble hat ja bereits gestern wahrheitswidrig verkündet, dass es zum Thema nichts Neues zu sagen gäbe. Nach wie vor werde es keine finanzielle Hilfe für Griechenland geben und es sei auch nichts in dieser Richtung in Brüssel entschieden worden.
Heute nun die Kanzlerin mit ihrem großen Auftritt. Na ja, vor allem wieder große Sprechblasen, die schon so nach abgestandener Luft stinken, dass einem wirklich schlecht werden konnte. Zum Beispiel verharrt die Regierungschefin in ihrem alten Muster des gemeinsamen Lösungsfindens. Ich kann diese Scheiße einfach nicht mehr hören. Zu Griechenland hieß es dann wieder:
„Wir haben gesehen, dass wir in dieser Krise nicht nur Banken retten müssen, sondern dass jetzt auch im Euroraum eine schwierige Situation eingetreten ist, was Griechenland anbelangt. Es war richtig, dass sowohl Nicolas Sarkozy als auch der Ministerpräsident Papandreou, Jean-Claude Juncker und ich die Kommission aufgefordert haben – das geht nur europaweit -, die Finanzrichtlinie so zu ändern, dass die sogenannten nackten Credit Default Swaps, bei denen man Wetten auf etwas abschließen kann, das man nicht besitzt, verboten werden. Wolfgang Schäuble hat gestern zu den Leerverkäufen gesprochen. Das können wir aber nicht alleine machen. Wir sind in der Europäischen Union, und das fällt in deren Kompetenz. Ich denke, die Signale aus der Kommission, dass dort etwas gemacht wird, sind richtig.“
Wieso können wir eigentlich nichts alleine machen? Wir haben Griechenland doch auch ganz alleine mit unserer einseitigen Wirtschaftspolitik an die Wand gefahren. Doch das will die Kanzlerin noch immer nicht wahrhaben und sagt:
„Das darf uns aber nicht vergessen lassen, dass die griechische Lage nicht durch die Spekulanten hervorgerufen wurde – sie wird durch die Spekulanten verstärkt -, sondern dass sie durch die langjährige Verletzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts hervorgerufen wurde.“
Diese Ursachenforschung läuft ins Leere, weil Griechenland auch gezwungen war, gegen die Maastricht-Kriterien zu verstoßen, um Deutschland seine Exportweltmeisterschaften zu finanzieren. Was könnte der Pudding im Hosenanzug denn dagegen haben. Oder warum sagt sie an der Stelle nicht einfach, keine weiteren deutschen Waffen nach Griechenland? Denn offensichtlich sind die ein richtiger Exportschlager. Inzwischen ist Deutschland auf Platz 3 hinter den USA und Russland in der Rangliste derer angekommen, die die meisten Waffen in der Welt verkaufen. Und Griechenland war ein Großkunde und hat deutsche Waffen erworben, obwohl es sich diese eigentlich nach Merkel gar nicht leisten durfte – wegen der Stabilitätskriterien. Aber bei militärischem Gerät hört die Vernunft eben auf.
Zu Beginn ihres Griechenland-Exkurses sagte die Kanzlerin ja:
„Wir haben gesehen, dass wir in dieser Krise nicht nur Banken retten müssen, sondern dass jetzt auch im Euroraum eine schwierige Situation eingetreten ist, was Griechenland anbelangt.“
Da habe ich schon gedacht, sie vollendet den zweiten Satzteil mit den Worten, …sondern dass wir jetzt auch Staaten wie Griechenland retten müssen. Eigentlich sagt sie das auch, nur schiebt sie den schwarzen Peter wie immer einfach weiter und verweist darauf, dass die EU zuständig ist.
Und dann folgen wieder Sätze wie…
„Alles, was überhaupt gedacht wird, muss darauf ausgerichtet sein, dass wir nicht vorschnelle Hilfen leisten, sondern dass wir dafür Sorge tragen, dass das Ganze wieder in Ordnung kommt. Alles andere wäre fatal.“
Übersetzung: Wir müssen eine gemeinsame Lösung finden.
Auch nicht schlecht ist diese Passage hier…
„Wir denken auch für die Zukunft; denn Europa ist unsere eigene Zukunft. Deshalb hat Wolfgang Schäuble nicht für Griechenland Vorschläge gemacht, aber Wolfgang Schäuble hat Vorschläge gemacht, damit man eventuell den IWF nicht in allen Situationen rufen muss – was jetzt vielleicht der Ausweg sein müsste, wenn man etwas täte. Aber ich sage hier nichts darüber hinaus.“
Anstelle einer Übersetzung eine Verständnisfrage: Hinaus über was? Was hat die Kanzlerin hier eigentlich konkret ausgesagt, das den Zusatz erlauben würde, eine tiefergehende Analyse auszusparen?
Oder wollte sie nur verständlich machen, was sie weiter oben bereits zu dem Hartz-IV-Urteil des Bundesverfassungsgerichts klarstellte:
„Wir werden natürlich auch das Bundesverfassungsgerichtsurteil zu den Hartz-IV-Sätzen umsetzen. Darüber möchte ich heute aber nicht weiter sprechen.„
Was für eine anmaßende Arroganz. Eine Regierungschefin, die sich im Prinzip weigert, Erklärungen abzugeben und stattdessen lieber auf heiße, pardon abgestandene, Luft setzt. Frischer Wind täte da gut. Und wieder einmal lag es an Gregor Gysi für eben diesen zu sorgen. Von seiner, wie ich finde, wirklich wichtigen Rede, ist in den Meldungen, die ich so gehört habe nur ein Satz überliefert. Der erste. Die Regierung befände sich in einem erbärmlichen Zustand. Das wars. Dabei hat er vielmehr gesagt und vor allem beim Thema Griechenland genau erklärt, wo das Problem liegt.
„Frau Bundeskanzlerin, Sie haben zu Griechenland gesprochen. Da wundert mich eines: Wir verlangen von Griechenland einen knallharten Sparkurs, den wir für Deutschland ablehnen. Denn das ist Brüningsche Politik, und Sie wissen, dass Reichskanzler Brüning Deutschland in die größte Katastrophe geführt hat. Warum verlangen wir eine solche Politik von Griechenland?“
Aber nicht nur dieser offensichtliche Widerspruch treibt den Politiker der Linken um, er zeigt auch ökonomischen Sachverstand mit der Feststellung:
„Deutschland ist inzwischen der größte Niedrig- und Dumpinglohnsektor aller Industriestaaten. Ein Viertel der Beschäftigten, sagt das Statistische Bundesamt, arbeitet in Deutschland zu Niedriglohn. Damit hängt zusammen, dass unsere Exporte billiger sind und die griechischen teurer. Jetzt gibt es zwei Wege: Der eine Weg ist, dass die Griechen ihre Löhne noch weiter senken, und der andere Weg ist, dass wir unsere Löhne erhöhen. Genau dagegen wehren Sie sich. Sie tun ja so, als ob die Gesellschaft unterginge, wenn wir das machten, was schon 20 Mitgliedsländer der Europäischen Union getan haben, nämlich einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn einzuführen. Genau den brauchen wir aber.
Davon hätten nicht nur die Griechinnen und Griechen, sondern auch unsere Beschäftigten etwas. Davon hätten auch – deshalb verstehe ich die FDP nicht – das Handwerk und die kleinen und mittleren Unternehmen etwas, die von der Binnenwirtschaft leben. Sie brauchen eine erhöhte Kaufkraft. Aber Sie verhindern dies. Eigentlich sind wir die Partei der kleinen und mittleren Unternehmen und nicht Sie. Sie tun bloß so als ob.“
Ganz deutlich wurde Gysi auch beim Thema Umverteilung. Nicht nur, dass er dem Rösler seine kleine Kopfpauschale vorrechnete, die bei geringen Einkommen zu einer weiteren Be- und bei höheren Einkommen zu einer erneuten Entlastung führe, Gysi erklärte auch, wie das plötzliche Spitzengehalt von Josef Ackermann möglich wurde.
„Ackermann bekommt jetzt wieder ein Gehalt von 10 Millionen Euro ausgezahlt. Ich gönne ihm das ja; aber wissen Sie, was das Problem daran ist? Das haben die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gezahlt. Wissen Sie auch, warum? Die Deutsche Bank hatte eine Milliardenforderung gegenüber HRE. Wäre HRE in die Insolvenz gegangen, hätte die Deutsche Bank keinen Gewinn gemacht; ganz im Gegenteil, sie hätte schwere Verluste zu verzeichnen. Jetzt ist HRE verstaatlicht worden; das heißt, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben die Forderung übernommen und an die Deutsche Bank gezahlt. Davon bekommt Ackermann jetzt 10 Millionen Euro, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler aber nichts. Das ist die Ungerechtigkeit, die wir kritisieren und gegen die Sie nichts machen.“
So etwas finden sie in keiner Meldung. Sie werden auch nicht Gysis berechtigte und begründete Forderung finden, wonach nicht die Linke, sondern CDU/CSU und SPD vom Verfassungsschutz beobachtet werden sollten.
„Ich komme jetzt zu einem anderen Thema. Ob nun SPD oder die Union regiert, es ist immer dasselbe: Meine Partei wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet. Ich kann Ihnen sagen, woran das liegt. Das liegt daran, dass die Mitarbeiter dieses Amtes vom Grundgesetz keine Ahnung haben. Aber wenn Sie das wollen, Herr Kauder, dann versuche ich, denen das Grundgesetz beizubringen. Wenn diese das Grundgesetz endlich verstehen würden, dann müssten sie sich eher um Sie und auch um die SPD kümmern. Denn eines muss ich Ihnen sagen: Während der Großen Koalition sind so viele verfassungswidrige Gesetze verabschiedet worden wie noch nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Dazu haben Sie einen Hang.“
Auch das hat wieder gesessen. Und die scheinbar in neue soziale Gewänder gekleidete SPD riss Gysi mit einer tief treffenden Bemerkung die aufgesetzte Scheinheiligkeit aus dem Gesicht:
„Herr Steinmeier, ich habe Ihrer Rede ja sehr genau zugehört. Ich muss zugeben, das hat mir auch Spaß gemacht, auch aufgrund Ihrer Rhetorik. Nur eines muss ich Ihnen auch sagen: Ich hätte eine solche Rede so gerne einmal von Ihnen als Kanzleramtschef unter Kanzler Schröder hier im Bundestag gehört, nicht erst heute. Das hätte die Regierungspolitik sicherlich wesentlich verändert.“
Das war großes Kino. Am besten selber angucken:
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Die entnommenen Zitate finden sie wie immer in dem vorläufigen Protokoll der Sitzung auf der Seite des Bundestags.
http://www.bundestag.de/dokumente/protokolle/vorlaeufig/17030.html
Ich habe vorhin nur einen Redeschnipsel von Norbert Barthle (CDU/CSU) im Radio mitbekommen. Das hat mir eigentlich schon gereicht. Er sagte:
„In den Haushaltsberatungen ist es uns gelungen, dafür zu sorgen, dass wir heute ein Gesamtkunstwerk vorlegen,…“
Der zweite Teil des Satzes ging im Gelächter der Opposition fast unter…
„…das zwei sich teilweise widersprechenden Zielsetzungen gerecht werden soll und auch gerecht wird.“
Man kann ja über das angebliche „Kunstwerk“ spotten und sich lustig machen, aber aus meiner Sicht ist es dann doch interessanter, zu hören, welche sich widersprechende Zielsetzungen Herr Barthle eigentlich meinte.
„Dieser Haushalt ist der Bekämpfung der Wirtschafts- und Finanzkrise gewidmet.“
Dann folgt ein kurzes bla, bla über Wachstumsbeschleunigungsgesetz, Wachstumsimpulse, Stabilisierung des Arbeitsmarktes usw. Und dann die zweite Zielsetzung.
„Die zweite Zielsetzung, der wir gerecht werden, ist der Kurswechsel hin zur Konsolidierung des Haushalts.“
Dieser zweiten Zielsetzung schließt sich eine lange Rechtfertigungsliste an, wo und was man alles einspart. Man rühmt sich der Stelleneisparungen im öffentlichen Dienst und Barthle rechnet triumphierend vor:
„Darüber hinaus haben wir für das Haushaltsjahr 2010 wieder eine pauschale Stelleneinsparung in Höhe von 1 Prozent in den Haushaltsentwurf aufgenommen. Wir gewährleisten eine Gleichbehandlung aller Bereiche, indem wir die 0,4-prozentige Stelleneinsparung, die im Entwurf schon vorgesehen war, ebenfalls fortschreiben. Damit, meine Damen und Herren, werden brutto insgesamt 2 600 Stellen eingespart. Das ist eine beachtliche Größenordnung.“
Ja sehr beachtlich, vor allem weil diese Einsparungen auf der anderen Seite wohl kaum für Wachstum sorgen werden. Allein in dieser Passage können sie erkennen, wie dumm und hohl ein Schwadronieren über doppelte Zielsetzungen ist. Wer die Wirtschafts- und Finanzkrise mit Wachstum bekämpfen will, darf nicht den öffentlichen Sektor einsparen, aus dem heraus in Krisenzeiten in der Regel die meiste Nachfrage entwickelt wird. Es sei denn, man will es gar nicht so weit kommen lassen und die Nachfrage buchstäblich abwürgen. Dann bleiben Straßen eben kaputt, Schulen unrenoviert, Lehrerstellen unbesetzt usw. usf.
Dieser Haushalt beinhaltet keine doppelte Zielsetzung, sondern ist einmal mehr dem alleinigen Konsolidierungsdogma untergeordnet mit einigen Geschenken für die gehobene Klientel. Oder wie es Gesine Lötzsch von den Linken in ihrem ersten Satz als Antwort auf Barthle sagte:
„Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In einem Satz kann man den Bundeshaushalt so zusammenfassen: Er ist gut für Spekulanten und schlecht für Arbeitslose.“
Sie können sich die Rede von Lötzsch auch anschauen, in der sie einmal mehr aufzählt, was alles in Bezug auf die Finanzkrise nicht passiert sei, obwohl es die Regierung versprochen oder zumindest den Eindruck vermittelt hatte, etwas dagegen zu tun. Sie geht auch darauf ein, dass die Regierung ihr Kürzungsprogramm bei der Agentur für Arbeit in Höhe von drei Mrd Euro feiert.
„CDU/CSU und FDP feiern als größten Erfolg der Haushaltsberatungen Kürzungen von 3 Milliarden Euro bei der Bundesanstalt für Arbeit. Um es ganz deutlich zu sagen: Damit werden Westerwelles Pöbeleien gegen Arbeitslose in diesem Haushalt schon in Zahlen gegossen.“
Lötzsch hat natürlich auch nur den Westerwelle im Kopf und weniger ein Programm, mit dem man der Finanz- und Wirtschaftskrise begegnen könne. Ein Mindestlohn bzw. höhere Sozialleistungen sind richtig, aber wo bleibt die Forderung nach einem echten Konjunkturprogramm? Es scheint fast so, als stünde auch die Linke unter dem Mainstream-Eindruck, dass man nun unbedingt sparen müsse. Ein kritischer Hinweis auf die total absurde Schuldenbremse fehlte leider auch. Aber die Bemerkung zu Westerwelle ist natürlich richtig und wichtig:
„Der entscheidende Grund, Kollege Westerwelle, warum Sie die Debatte über die Hartz-IV-Empfänger angezettelt haben, ist doch nicht, dass Sie sich Sorgen um die alleinerziehende Kellnerin machen, die Sie immer als Beispiel genannt haben, sondern dass Ihre Freunde Ihnen gesagt haben: Sorg mal dafür, dass nicht mehr über die Verursacher der Bankenkrise geredet wird. -Dieses Manöver haben wir durchschaut. Wir finden: Die Verursacher der Bankenkrise müssen zur Kasse gebeten werden, und Pöbeleien gegen Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger müssen vom gesamten Deutschen Bundestag deutlich und entschieden zurückgewiesen werden.“
Hier ist das Video.
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Quelle zu den Redebeiträgen, siehe vorläufiges Plenarprotokoll des deutschen Bundestags:
http://www.bundestag.de/dokumente/protokolle/vorlaeufig/17029.html
Die gestrigen Meldungen aus Brüssel waren vor allem mit Formulierungen gekennzeichnet, die beruhigend wirken sollten. Im Kern hat man aber gesagt, dass alle EU-Partner, Griechenland im Notfall finanziell unterstützen werden. So will das Mister Schäuble aber hierzulande nicht verstanden wissen und glaubt immer noch, die deutsche Öffentlichkeit für dumm verkaufen zu können. Im Bundestag sprach er heute von teils fälschlichen und verfälschenden Nachrichten aus Brüssel.
Quelle: Focus
Er beharrt auf der manipulierenden Feststellung, dass gestern nur über sog. technische Voraussetzungen gesprochen wurde, wie, im Falle eines Hilfegesuchs aus Griechenland, die Eurogruppe reagieren könne. Natürlich sei dieses Szenario rein hypothetisch und keinesfalls wahrscheinlich. Hinter ihm stand auch Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter (CDU), der sagte:
„Ich glaube, es ist ein Missverständnis, wenn man sagt, gestern Abend ist eine Hilfszusage für Griechenland beschlossen worden.“ Es sei lediglich eine technische Abwicklung vorbereitet worden für einen Fall, den keiner will. „Griechenland hat keine Unterstützung erbeten. Aber es wäre unsinnig gewesen, wenn man diesen Fall technisch ausgeschlossen hätte“, sagte Kampeter dem Nachrichtensender N24.
Die sprichwörtliche Verarschung der Öffentlichkeit geht also weiter. Jean-Claude Juncker sagte ja noch etwas klarer:
„The member states of the euro area will take co-ordinated action, if such action turns out to be necessary … We still think it wont be necessary.“
Mit anderen Worten, da gibt es einen Plan, der die Billigung aller Teilnehmer fand, der bei Bedarf dann auch umgesetzt würde. Da kann man meiner Meinung nach nichts missverstehen. Weiter hieß es:
Mr Juncker, who chairs the eurogroup, said the plan could involve bilateral loans to Greece from other eurozone governments, led by Germany and France.
Mit anderen Worten, die beiden Hauptgläubiger Deutschland und Frankreich „könnten“ oder sind vielmehr in der Pflicht, ihren Beitrag zu leisten und Griechenland finanziell unter die Arme zu greifen. Und der eurogroup-chairman muss es ja schließlich wissen. Aber, auf die öffentliche Meinung in good old Germany muss man Rücksicht nehmen, denn…
In addition, public opinion in Germany, the eurozones largest economy, is hostile to the idea of using taxpayers money to assist in a bail-out.
Deshalb muss der Dr. Opfer-Schäuble den Deutschen auch etwas vormachen, damit die ja nicht merken, was da eigentlich in Wirklichkeit abgeht. Im Grunde hängt die Inanspruchnahme der bereits „technisch vorbereiteten“ finanziellen Hilfe davon ab, ob Griechenland seinen Zahlungsverpflichtungen im April und Mai nachkommen können wird. Zumindest sagt das der Chefvolkswirt von Goldman Sachs in Europa, Erik Nielsen. Und der muss es ja schließlich am besten wissen.
„Our long-held view that Greece will receive bilateral help from the other eurozone governments, if the Greeks cannot finance themselves through the April-May payment humps, seems practically confirmed.“
Seit Wochen hört man aus Berlin, dass Deutschland keinen Cent an Griechenland überweisen wird, weil das Sparprogramm der Griechen wie von Geisterhand Wirkung entfalten werde. Wen kümmern schon die Massenproteste in Hellas oder die Tatsache, dass es einfach totaler Quatsch ist, was uns Merkel, Schäuble und Co erzählen. Stichwort EWF z.B. Deutschland wird zahlen und zwar, weil es gar nicht anders geht und hierzulande keine Sau deswegen auf die Straßen gehen wird. Weil wir einfach so abgestumpft und unbürgerlich sind, dass wir jeden Dreck mit uns machen lassen.
Mehrere europäische Zeitungen, also keine Deutschen, berichten bereits über einen Notfallplan der EU. Demnach sollen die Mitgliedstsstaaten 25 Mrd. Euro bereitstellen, um Griechenland zu retten. Am Montag treffen sich die Finanzminister von 16 EU-Staaten in Brüssel, um das Rettungspaket zu beschließen. Das deutsche Bundesfinanzministerium stellt sich indes dumm und behauptet noch immer, dass es keine finanzielle Hilfe für Griechenland geben werde, obwohl der britische Guardian das Gegenteil schreibt und sich dabei auf hochrangige Quellen in Brüssel beruft.
The eurozone has agreed a multibillion-euro bailout for Greece as part of a package to shore up the single currency after weeks of crisis, the Guardian has learnt.
Senior sources in Brussels said that Berlin had bowed to the bailout agreement despite huge resistance in Germany and that the finance ministers of the „eurozone“ the 16 member states including Greece who use the euro are to finalise the rescue package on Monday. The single currency’s rulebook will also be rewritten to enforce greater fiscal discipline among members.
Lügen haben derzeit ja ganz große Konjunktur. Es regt sich hier auch keiner mehr auf. Man nimmt es einfach hin. Dabei ist vollkommen klar, dass Berlin den Widerstand in der griechischen Bevölkerung gegen die Sparmaßnahmen nicht einfach ignorieren kann. In Portugal regt sich auch bereits der Protest gegen die dort eilig beschlossenen Kürzungspläne. Diese Finanzkrise, die im wesentlichen durch Deutschland mitverursacht ist, lässt sich nicht einfach so auf dem Rücken der Menschen wegsparen. Da sich aber die deutsche Bundesregierung, die bloß eine Regierung von Bankers-Gnaden ist, nie und nimmer dazu entschließen wird, die Ungleichgewichte innerhalb der EU abzubauen, in dem sie vom Export-Dogma abrückt, werden die deutschen Steuerzahler nicht nur für die Armut im eigenen Land bluten müssen, sondern auch für die Defizite in den Ländern aufzukommen haben, die man erstens niederkonkurriert hat und nun zweitens für unsere Banken dringend retten muss, damit deren umfängliche Spekulations-Geschäfte nicht weiter in Gefahr geraten.
Allein die Tatsache, dass ein Josef Ackermann fast schon staatstragend nach Athen reisen durfte, um im Namen der Bundesregierung mit dem griechischen Minsterpräsidenten zu sprechen, ist ein Skandal und beschreibt nur zu gut den grotesken Zustand, in dem sich die Welt, Europa und Deutschland befinden. Eigentlich müsste man dazu aufrufen unsere Regierung mit Gewalt aus dem Amt zu jagen, weil sie in einer inzwischen unerträglich arroganten Weise den Souverän zum Narren hält. Zumindest ein Generalstreik müsste doch nach Art. 20 GG Abs. 4 möglich sein. Warum tut sich nichts?
Vorweg: Ich habe die Sendung nicht gesehen, sondern nur den Trailer. Das hat mir gereicht.
Jung, arm, chancenlos – Wie aus Kindern Hartzer werden!
Hartz-IV-Empfänger als Berufswunsch – bitterer kann ein Kind seine Zukunftsperspektive nicht sehen. Tatsache ist: Viel zu oft bleiben arme Kinder auch als Erwachsene arm – an Bildung und Chancen. Was hilft: Mehr Geld für die Eltern oder mehr staatlicher Einfluss auf die Erziehung?
Als ich den Trailer im Fernsehen sah, stellten sich mir sofort zwei Fragen.
Erstens: Wie hat es die Redaktion von „hart aber fair“ geschafft, endlich mal eine richtige Zustandsbeschreibung hinzukriegen?
Viel zu oft bleiben arme Kinder auch als Erwachsene arm – an Bildung und Chancen.
Und zweitens: Wieso stellt dieselbe Redaktion einmal mehr die völlig falschen Fragen?
Was hilft: Mehr Geld für die Eltern oder mehr staatlicher Einfluss auf die Erziehung?
Aha, mehr Geld für Eltern vs. Erziehungszwang. Da freut sich der Stammtisch. Warum die Kinder nicht gleich zur Zwangsadoption freigeben? Ein toller Themeneinstieg, lenkt er doch auch von der wichtigen Frage ab, was an einem System nicht stimmen könnte, das nicht nur Armut produziert und Bildungspolitik vernachlässigt, sondern auch eine Reservearmee von Arbeitslosen den herrschenden Interessen vorhält, die diese unbedingt brauchen, um ihre idiotische Wirtschaftspolitik fortzuführen, die seit Jahren auf radikaler Umverteilung von unten nach oben beruht.
Was der Titel der Sendung eigentlich noch mit der Sendung zu tun hat, bleibt auch in dieser Woche wieder ein Rätsel.
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Glauben sie das jetzt nicht? Ist aber so. Lesen sie mal die Schlagzeile.
FDP-Vize Pinkwart fordert, Hartz-IV-Beziehern schneller die Stütze zu kürzen, wenn sie angebotene Jobs verweigern.
Nordrhein-Westfalens FDP-Landeschef Andreas Pinkwart heizt die Debatte um Hartz IV an und fordert ein härteres Vorgehen gegen „Leistungsverweigerer“: Wenn die Betreuung in den Jobcentern weiter verbessert werde, „müssen die Bezüge arbeitsfähiger Hartz-IV-Empfänger, die zumutbare Arbeit verweigern, auch konsequenter gekürzt werden“, sagte Pinkwart, der auch Vizechef der Partei ist. Wer arbeitsfähig sei, „sollte auf staatliche Hilfe grundsätzlich nur Anspruch haben, wenn er auch zur Gegenleistung bereit ist“, zitierte ihn die „Rheinische Post“.
Langsam glaube ich, die FDP-Idioten wurden nicht nur zu heiß gebadet, denen hat man auch gehörig ins Gehirn geschissen. Tschuldigung für den Ausdruck. Aber so dämlich und plump kann man doch nicht mehr sein. Gerade hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zu den Hartz-IV-Regelsätzen doch ganz klar festgestellt, dass staatliche Hilfe keine Leistung sein darf, an die der Gesetzgeber einfach so Bedingungen knüpfen kann. Der Bedürftige hat einen unmittelbaren verfassungsrechtlichen Leistungsanspruch, „da das Grundrecht die Würde jedes individuellen Menschen schützt“ (siehe Rdnr. 134 im Urteil)
Die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums muss durch einen gesetzlichen Anspruch gesichert sein. Dies verlangt bereits unmittelbar der Schutzgehalt des Art. 1 Abs. 1 GG. Ein Hilfebedürftiger darf nicht auf freiwillige Leistungen des Staates oder Dritter verwiesen werden, deren Erbringung nicht durch ein subjektives Recht des Hilfebedürftigen gewährleistet ist.
Und dann gibt es noch folgenden Absatz im Urteil der Karslruher Richter (Rdnr. 137):
Der gesetzliche Leistungsanspruch muss so ausgestaltet sein, dass er stets den gesamten existenznotwendigen Bedarf jedes individuellen Grundrechtsträgers deckt. Wenn der Gesetzgeber seiner verfassungsmäßigen Pflicht zur Bestimmung des Existenzminimums nicht hinreichend nachkommt, ist das einfache Recht im Umfang seiner defizitären Gestaltung verfassungswidrig.
Leistung nur gegen Gegenleistung wie Pinkwart es wohl gerne hätte, deckt sich nicht mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, wonach dem Bedürftigen ein absoluter und unverfügbarer Anspruch auf verfassungsrechtlich konform ermittelte staatliche Hilfen zusteht. Dazu noch einmal der Wortlaut aus dem Urteil (Rdnr. 133):
Dieses Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG hat als Gewährleistungsrecht in seiner Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG neben dem absolut wirkenden Anspruch aus Art. 1 Abs. 1 GG auf Achtung der Würde jedes Einzelnen eigenständige Bedeutung. Es ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen auszurichten hat.
Möglicherweise hätte eine deutliche Stellungnahme des Gerichts zum Sanktionsparagraphen § 31 SGB II mehr Klarheit in dieser Frage schaffen können. Aus dem Urteil des Verfassungsgerichts lässt sich aber meiner Meinung nach indirekt schließen, dass diese Sanktionsregelungen ebenfalls verfassungswidrig sein müssen, da sie gegen den vom Gericht aufgestellten „absolut wirkenden Anspruch“, der unverfügbar eingelöst werden müsse, streiten. Zumindestens dürfte die Forderung nach einer Verschärfung der Sanktionsregeln mit dem Urteil klar ausgeschlossen sein.
Den Hetzern aus der FDP scheint das aber völlig egal zu sein. Diese beklagen sich über eine angeblich sozialistische Gefahr und brechen gleichwohl als feine Demokraten verkleidet die eigene Verfassung, wo es nur geht. Da möchte man wirklich zum Dreschflegel greifen und dieser selbsternannten Elite die Arroganz aus dem Leistungsschädel prügeln. Nicht mal richtig lesen können diese Kasperköpfe.
In einigen Kommentaren zum Thema Griechenland und Goldman Sachs konnte man bereits wieder hören, dass der Staat Griechenland Schuld daran sei, dass die Bank mit Swap-Geschäften die Haushaltsbilanzen zu frisieren half. Schließlich seien Swap-Geschäfte legal und die Tatsache, dass Banken Geld damit verdienen wollen grundsätzlich nicht zu beanstanden. Da staunte ich nicht schlecht, da doch allein schon der Vorgang an sich skandalös ist. Kann mir mal jemand erklären, welchen Vorteil es haben soll, Schulden auf dem Papier solange in andere Währungen hin und her zu tauschen, bis ein für den Schuldner günstigeres Zinsniveau erreicht wird? Das ist doch verrückt.
Aber noch besser ist, dass die sich gerade gegenüber Griechenland so aufplusternde Europäische Union so tut, als wären ihr diese Praktiken nicht bekannt gewesen. Brüssel wusste wohl davon oder konnte davon wissen. Die EU nahm es wahrscheinlich sogar hin, dass auch andere Staaten diese Swap-Geschäfte tätigten, um ihre Bilanzen EU-hübsch hinzubekommen. Solange der Finanzmarkt lief, konnte man auch, die so manipulierten Bilanzen ungeprüft passieren lassen. Merken sie da was? Ich persönlich kann nicht an Verschleierung glauben, sondern finde eher, dass Politik und Finanzindustrie auch auf europäischer Ebene eng miteinander verflochten sind. Dass dabei die Finanzaufsicht versagen muss, ist doch nur logisch.
Den Kommentatoren in diesem Land ist das natürlich mal wieder schnuppe. Für die ist entscheidend, ob man Griechenland helfen müsse oder nicht, ob der EU-Vertrag und die darin verankerten Stabilitätskriterien noch tragfähig sind oder nicht. Die Verknüpfung mit der Aufforderung, dass Griechenland angeblich „unausweichlicher Sparmaßnahmen“ nicht mit bockiger und selbstbetrügerischer Verweigerung begegnen sollte, rundet das Bild dann ab. Aufklärung und Selbstkritik bzw. eine Anklageschrift an die Adresse der Finanzindustrie Fehlanzeige.
Dabei wäre es doch sehr interessant, die US-Großbank Goldman Sachs genauer zu betrachten. Im Jahr 2009 machte das Institut einen Gewinn von 12,2 Milliarden Dollar (rund 9 Milliarden Euro), sechsmal so viel wie 2008. Die Mitarbeiter werden im Jahr 2010 rund 16,2 Mrd. Dollar (rund 12 Mrd. Euro) Gehälter und Boni einstreichen, das sind 5,3 Mrd. Dollar mehr als im Vorjahr. Wieso muss diese Bank eigentlich keine Strafe zahlen. Schließlich haben unter anderem deren Geschäfte dazu geführt, den Euroraum zu destabilisieren. Stattdessen sind deren Ratgeber in Politik und Wirtschaft weiterhin gefragt. Na ja, das Geschäft an sich war ja legal, wie oben beschrieben. Schon klar. Und wenn auf Griechenlands Straßen wieder die Fetzen fliegen, weil die Menschen ihr Land und ihr Leben zurück haben wollen, wird scharf geschossen oder nicht? Auch das ist ja mittlerweile in der EU legal.