Totalausfall

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Mit Blick auf den Ausgang der ersten Wahlrunde in Frankreich haben sich viele Kollegen in den Medien festgelegt. Es mangelt an aufrechten Demokraten, die sich nun geschlossen gegen den Rechtsextremismus wenden und ihren Wählern empfehlen, in der Stichwahl am 7. Mai für Emmanuel Macron zu stimmen. Gemeint ist Jean-Luc Mélenchon, der bislang eine Wahlempfehlung schuldig blieb und deshalb keinen Anstand besitze, wie heute im Leitartikel der HAZ von Andreas Niesmann zu lesen ist. Er spricht vom Totalausfall der Linken, legt aber als Autor selbst einen hin.

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Meister der Verdrängung

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Wenn an der Börse die Sektkorken knallen, muss die Fortsetzung der bisherigen Politik gesichert sein. Das ist eigentlich ganz einfach zu verstehen. Dennoch glauben viele, mit Emmanuel Macron beginne nun so etwas wie eine andere, mutmaßlich sozialere Politik. Vor allem die deutschen Sozialdemokraten blamieren sich mit ihrer Lobhudelei auf einen Kandidaten, der im Grunde für einen strammen Neoliberalismus und damit für die Fortsetzung der bisherigen Politik steht.

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Der Jubel ist unangebracht

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Nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahl in Frankreich haben sich hierzulande viele führende Politiker erleichtert gezeigt (siehe unten). Mit Emmanuel Macron (23,8 Prozent) hat sich zunächst der Kandidat durchgesetzt, den man vorher als kompatibel zur marktkonformen Demokratie identifizierte. Ihn unterstützte vor allem die Bundesregierung tatkräftig, nachdem der eigentliche Wunschkandidat Fillon über zahlreiche Affären im Wahlkampf stolperte. Der Jubel ist aber unangebracht, denn Marine Le Pen fuhr mit 21,4 Prozent das beste Ergebnis für den Front National aller Zeiten ein.

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Kurz notiert: Sicherheitsbehörden leider verhindert

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Nach den Anschlägen von Paris muss man sich ja fragen, wozu eine Vorratsdatenspeicherung eigentlich nützlich ist, wenn sie so schreckliche Amokläufe wie den in Frankreich zum wiederholten Male nicht verhindern kann. Ums Verhindern geht es ja auch gar nicht, sondern um die Aufklärung hinterher.

Schauen Sie: Wenn so ein Selbstmordattentäter in die Luft fliegt, bleibt in der Regel nur ein unversehrter Personalausweis übrig. Der kann einen ersten Hinweis auf die Identität des Täters geben, aber ist das auch sicher? Mit Vorratsdatenspeicherung weiß man es dank Google Standortdaten dann wirklich ganz genau.

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Unsere Art zu übersehen

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Nichts ist klar, aber die Reflexe funktionieren bis hin zur gedanklichen Mobilmachung. Der französische Präsident spricht von Krieg, der Bundespräsident von einer neuen Art des Krieges und Springer-Chef Döpfner wünscht sich eine Radikalisierung der gesellschaftlichen Mitte. Schwups ist auch eine Diskussion um den NATO-Bündnisfall oder einen Dritten Weltkrieg (Papst) entbrannt. Besonders klug ist das nicht.

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Der Ausnahmezustand soll verlängert werden

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Wie Le Figaro berichtet, plant Frankreichs Präsident Hollande, die Nationalversammlung am Mittwoch um eine Verlängerung des Ausnahmezustandes zu bitten. Dauer dann nicht 12 Tage, sondern drei Monate. Noch einmal: Der Ausnahmezustand ist das Gegenteil des freien Lebens oder jener Lebensweise, die sich der Westen durch Terroristen nicht nehmen lassen will.

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Ziemlich dick aufgetragen

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Die Morde von Paris seien ein Angriff auf die ganze freie Welt, heißt es. Doch so frei, wie die freie Welt tut, ist sie schon lange nicht mehr.

Die Reaktionen auf den Anschlag in Paris sind aus meiner Sicht übertrieben. In der FAZ spricht Berthold Kohler zum Beispiel von einer Kriegserklärung an die ganze freie Welt und Klaus-Dieter Frankenberger meint beipflichtend, der Mord an Journalisten der Zeitschrift „Charlie Hebdo“ ziele auf das Herz der Demokratie – die freie Presse. Das ist ziemlich dick aufgetragen.

Pressefreiheit steht schon längst unter Terrorverdacht

Das Herz der Demokratie, schlägt es denn überhaupt noch? In Sachen Pressefreiheit rangiert Frankreich in der Rangliste von Reporter ohne Grenzen auf Platz 39 und Deutschland auf Platz 14. Diese Ergebnisse zeigen, so Reporter ohne Grenzen, „wie stark die Dominanz der Sicherheitsbehörden die Arbeit von Journalisten in vielen Ländern erschwert. Besonders besorgniserregend ist, dass diese Entwicklung sogar traditionelle Demokratien erfasst hat.“

Whistleblower wie Edward Snowden stammen aus diesen Demokratien. Deren politische Führer halten ihn aber für einen Verräter, dem im Namen des Volkes der Prozess gemacht und die Freiheit genommen werden müsse. Der Journalist Glenn Greenwald, dem Snowden sein brisantes Material anvertraute, sah sich ebenfalls Repressionen ausgesetzt. Sein Lebenspartner wurde zudem am Londoner Flughafen Heathrow stundenlang festgehalten und verhört.

Die britische Regierung rechtfertigte das Vorgehen auf der Grundlage von Anti-Terror-Gesetzen und die Richter in einem späteren Verfahren folgten dieser Einschätzung. Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung sowie die Pressefreiheit wogen in diesem Fall nicht so schwer, wie der Terrorism Act der Regierung. Wer sich also auf Pressefreiheit beruft und seine Quellen schützt, ist im Zweifel auch des Terrors verdächtig, so die Botschaft oder sollte man Drohung sagen.

So frei, wie die freie Welt tut, ist sie also nicht. Das kommt schon allein dadurch zum Ausdruck, dass permanent von Werten, statt von Rechten gesprochen wird. Menschen zu erschießen, verstößt aber nicht gegen irgendwelche Werte, die mit allerhand Ideologie bloß aufgeblasen werden, sondern gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Bei uns steht das im Artikel 2 des Grundgesetzes.

Mit Gewalt muss gerechnet werden

Verstöße dagegen werden in einem Rechtsstaat verfolgt und mit Strafen belegt. Dabei ist es egal, an welche Religionen Mörder und Extremisten glauben. Vor dem Gesetz sind sie alle gleich oder sollten es sein. Doch tun wir gerade so, als hätten die Morde von Paris nun eine besondere Qualität. Dabei ist die Gewalt eine Größe, mit der man rechnen muss. Dass es Vororte von Paris gibt, in denen Menschen zum Teil schwer bewaffnet sind, ist schließlich keine Neuigkeit.

Was läuft da schief, wäre eine Frage, die es zu stellen gilt. Sind tatsächlich der Glaube und verletzte religiöse Gefühle die Auslöser für Gewalt? Was ist mit der Perspektivlosigkeit, die eine Demokratie produziert, die offenbar nur noch marktkonform zu sein hat? Was werden wohl die vielen jungen Menschen tun, die in Südeuropa dank Spardiktat keine Chance mehr sehen, jemals wieder Arbeit zu finden? Werden sie ihr Schicksal einfach nur ertragen oder rekrutiert?

Wem folgen die Pegida-Anhänger hierzulande und wohin? Diese Bewegung dürfte nach den Morden von Paris weiteren Zulauf erhalten. Die ersten Wirrköpfe beginnen die Ereignisse bereits, für ihre Zwecke zu missbrauchen. Und Kohler von der FAZ bläst ins selbe Horn wenn er schreibt, dass sich niemand mehr über die Furcht vor dem Islam zu wundern bräuchte, weil in dessen Namen Angst und Schrecken verbreitet würde.

Besonnenheit sieht anders aus. Nach den Anschlägen in Norwegen 2011 sagte der damalige Ministerpräsident Jens Stoltenberg: „Unsere Antwort lautet: mehr Demokratie, mehr Offenheit, mehr Menschlichkeit.“ Die Antwort nach Paris lautet offenbar: Wiederaufnahme des Kampfes gegen den Terror und Erneuerung politisch versagender Bündnisse, denen oft auch nicht mehr einfällt, als zur Waffe zu greifen.


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Streit hinter den Kulissen

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Während die Mainstream-Medien heute morgen noch darüber sinnieren, wie viele Farben inzwischen zu grün passen, scheint es in Brüssel am Wochenende zu einem handfesten Krach gekommen zu sein. Heiner Flassbeck und das Handelsblatt berichten darüber.

Demnach ist das für den 1. Dezember geplante Treffen der Eurogruppe abgesagt worden. Kern des Streits ist der französische Staatshaushalt, den die Bundesregierung gern ablehnen möchte. Also nicht sie offiziell, sondern der EU-Währungskommissar soll das tun.

Bislang darf die Kommission die Etat-Pläne der Euroländer bewerten und eine Einschätzung abgeben. Bindend sind diese Empfehlungen oder Forderungen, die nur den Zweck der öffentlichen Brandmarkung erfüllen, aber nicht.

Frankreich hat angekündigt, die Defizitgrenze auch im kommenden Jahr nicht einhalten zu können und hat damit den Zorn der schwarzen Nullen aus Deutschland auf sich gezogen. Die wettern nun hinter den Kulissen und fordern neue Machtbefugnisse, um in das Budgetrecht von Staaten eingreifen zu können.

Schäuble will Macht

Das klingt nicht sonderlich demokratisch, weshalb die Mainstream-Medien das Thema noch ignorieren oder nur als Meldung am Rande berücksichtigen. Doch wenn Schäuble fordert: “Der Währungskommissar soll ein Vetorecht gegen Haushalte bekommen, die gegen die Stabilitätskriterien verstoßen”, ist das skandalös.

Im Übrigen müsste nach dieser Formulierung auch Schäuble bangen. Denn seine Haushaltspolitik verstößt ebenfalls glasklar gegen die Stabilitätskriterien, weil er es weiterhin zulässt, dass Deutschland unzulässige Überschüsse in der Leistungsbilanz anhäuft.

Doch Deutschland ist gegen Kritik aus Brüssel immun. Denn sollte es ein europäischer Kommissar wagen, Bedenken an der deutschen Haushaltspolitik zu äußern, ein Shitstorm in den deutschen Medien wäre ihm gewiss. Der Mainstream würde dann nicht so schlafen, wie er es an diesem Wochenende offensichtlich getan hat, sondern aller Voraussicht nach vor Wut grün anlaufen.

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