Griechenland: Thomas Fricke legt nach

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Thomas Fricke von der Financial Times Deutschland findet in seiner Kolumne klare Worte gegen den Unsinn, der hierzulande über Griechenland verbreitet wird. Bereits vor ein paar Tagen wartete er mit Fakten gegen den Meinungsmainstream auf (siehe hier im Blog).

Quelle: FTD

„Da wird der „Niedergang“ des Landes beschworen, der Grieche per se zum Schummler und die gesamte Wirtschafts- und Finanzpolitik für „schlecht“ erklärt. Meist von Sesselkommentatoren, die sich bis vor Kurzem bestenfalls mit Ouzo auskannten. Und der Chefökonom der Europäischen Zentralbank ( EZB ) empfiehlt gleich mal durchweg sinkende Löhne. Hau ruck. Mit Gewissenhaftigkeit hat das ähnlich viel zu tun wie das Tricksen der Zahlenmeister aus Athen. Dabei spricht viel dafür, dass die Krise allein durch griechische Mentalitätsmängel kaum erklärbar ist. Manch europäischer Moralapostel scheint da eher davon ablenken zu wollen, dass er zum Desaster beigetragen hat.“

Genau und wie Spiegel Online meldet, hatte zum Beispiel die „systemische“ Bank Goldman Sachs ihre Finger im Spiel, als es darum ging, die Haushaltszahlen zu beschönigen. Warum wirft man Griechenland versagen vor und droht unverhohlen mit Sanktionen, während die federführende Bank unbehelligt weiter Gewinne scheffeln darf, nachdem sie ihre Verluste in der Finanzkrise sozialisieren durfte? Eine spanndende Frage, sicherlich auch für Ouzo saufende Sesselkommentatoren. :D

Aber Fricke schreibt noch mehr. Zum Beispiel weist er zurecht darauf hin, dass die Entwicklung Griechenlands bis zum Ausbruch der Krise nahezu als musterhaft angesehen wurde. Die jetzigen Unterstellungen und klischeehaften Zuschreibungen würden jeder Grundlage entbehren.

„Klar pflegen griechische Lohnzuwächse höher auszufallen als die Vereinbarungen braver deutscher Metallgewerkschafter. Das hat auch den Verteilungsspielraum hin und wieder gesprengt. Nur stiegen die Lohnstückkosten in den drei Jahren bis 2007 auch nicht schneller als in den USA, wo das Plus historisch eher moderat blieb. Sonst wären Griechenlands Exporte seit 1993 sicher nicht um real 150 Prozent gestiegen. Und die Zahl der Jobs wäre von 1998 bis 2007 nicht jedes Jahr um 1,3 Prozent gestiegen – bei angeblich überteuerten Arbeitskräften. Die griechische Arbeitslosigkeit fiel zwischen 2000 und Mitte 2008 um 40 Prozent, die strukturell bedingte Quote laut OECD seit 2005 um immerhin einen halben Punkt – und damit etwa so stark wie im Land der gelobten Agenda 2010.“

Doch die eigentliche Pointe liefert Fricke mit seinem kritischen Blick auf Deutschland, das mit seiner falschen Wirtschaftspolitik dazu beigetragen habe, dass Griechenland im Verdrängungs-Wettbewerb abgehängt wurde.

„Zu einem negativen Saldo gehören auch immer zwei Seiten: zum Beispiel eine deutsche, deren Protagonisten jahrelang alles darangesetzt haben, die eigene Wirtschaft durch Reform und Verzicht wettbewerbsfähiger als andere zu machen – und die sich jetzt wundern, dass die anderen nicht mehr wettbewerbsfähig sind und dann in Krisen stürzen.“

Der Vorwurf ist klar, deutlich und vor allem auch systemkritisch. Denn Fricke sagt im Grunde nichts anderes, als dass die bisherige Wirtschaftspolitik einzelner im gemeinsamen Wirtschaftsraum zu katastrophalen Folgen führe. Da stimme etwas an der Grundkonzeption nicht, wenn es wirtschaftspolitisch immer nur darum ginge, andere Ökonomien niederzukonkurieren. An die Adresse der EU-Kommission heiß es dann auch folgerichtig:

„Dazu gehört mehr: eine EU-Kommission, die aufhört, einen angeblich tollen Steuersenkungswettlauf zu predigen, den am Ende keiner bezahlen kann; eine Notenbank, die ihren Job auch darin sieht, überteuerte Wechselkurse zu verhindern; oder eine Bundesregierung, die aufhört, Moralapostel zu spielen, und stattdessen das naive Modell aufgibt, Deutschland via sinkende eigene Ansprüche auf Kosten anderer sanieren zu wollen.“

Es ist eigentlich bescheuert, diesen wirtschaftlich gebildeten Irrlichtern in Politik, Wissenschaft und Medien immer wieder erklären zu müssen, dass die Summe aller Bilanzen am Ende eine Null ergeben muss. Wenn man aber nun wie bekloppt dem deutschen Vorbild des Gürtel enger Schnallens folgt, um auf Kosten der eigenen Binnenwirtschaft Wettbewerbsfähigkeit herzustellen, deren zweifelhafter Erfolg sich dann in Außenhandelsüberschüssen und Marktanteilen niederschlägt, fragt man sich doch zwangsläufig, wer am Ende die zunehmenden Schulden jener bezahlt, die über ihre Verhältnisse leben müssen, um die Überschüsse der Exportgiganten abzunehmen, während die Kaufkraft in den exportorientierten Ländern immer weiter zurückgedrängt wird.

Heiner Flassbeck schreibt dazu in seinem aktuellen Buch „Gescheitert – Warum die Politik vor der Wirtschaft kapituliert“ sehr anschaulich:

„Noch mehr solide Gläubiger also braucht die Welt und noch weniger schlechte Schuldner. Wer aber nimmt die Kredite, die die Gläubiger vergeben wollen, wenn am Ende alle von den Deutschen gelernt haben und solide Gläubiger sind? Der Mond? Der Mars? Oder doch wieder die Amerikaner?“

Flassbeck hat Recht, wenn er von einem neoliberalen Tsunami spricht, der in den letzten 20 Jahren über die globalisierte Wirtschaft hinwegrollte und nahezu jeden kritisch ökonomischen Verstand wegspülte. Was für ein Drama. :'(

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Heute schon vom ifo-Index manipulieren lassen?

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Die Medien offensichtlich schon. Der ifo-Geschäftsklimaindex soll eine positive Stimmung anzeigen, was allgemein hin als Zeichen gedeutet wird, dass sich die Wirtschaft erhole. Einige Nachrichtensprecher (DLF) konstruieren aus dieser Faktenlage sogar den unwahren Satz, dass sich die Erholung der Wirtschaft fortsetze. Das ist sachlich einfach falsch. Das statistische Bundesamt geht davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal 2009 stagnierte. Sie können das selbst an der Prognose des ifo-Instituts bzw. des Gemeinschaftsgutachtens vom 15.10.2009 nachvollziehen.

reales Bruttoinlandsprodukt
Quelle: ifo-Institut

So wird sich das auch in etwa darstellen, wenn das statistische Bundesamt seine Zahlen für das vierte Quartal 2009 bekannt geben wird. Was nach Erholung aussieht, muss aber nicht zwangsläufig auch etwas mit Erholung zu tun haben. Nach dem katastrophalen Einbruch im Winterhalbjahr 2008/2009 ist es nur allzu logisch, dass diesem Absturz ein Aufschwung folgt. Nach der Räumung der Lager folgt eben immer das erneute Bestücken derselben, was sich als statistischer Effekt wiederspiegelt. Doch was die ifo-Klimaforscher nun wieder als Zeichen für wirtschaftliche Erholung deuten, könnte in Wahrheit das Vorspiel zum zweiten Absturz sein. Volkswirte nennen das „Double Dip“. Die Tendenz des natürwüchsigen Up & Down Prinzips in der wirtschaftlichen Entwicklung wird nicht mehr positiv sondern nach unten gerichtet verlaufen. So was nennt man dann auch nicht mehr Rezession, sondern Depression. Und auch das gab es schon mal.

Lucas Zeise von der FTD schreibt in seiner Kolumne dazu:

„Es treten die Blut-Schweiß-und-Tränen-Redner und -Kommissare an. Sie werden zu erklären versuchen, warum das Volk nun die Rechnung bezahlen soll und gerade deshalb die nächsten Depressionsphasen erdulden muss. Und auch wenn das Volk nicht hören will, wird es dennoch zahlen müssen. In Griechenland ist es schon so weit. Dort beginnt der mit einem sozialdemokratisch-volksfreundlichen Programm erst kürzlich gewählte Ministerpräsident Giorgos Papandreou, die Ansprüche des Finanzmarkts und der großen EU-Staaten gegen seine Bevölkerung durchzusetzen. Das ist kein schöner Anblick.“

Quelle: FTD

In Deutschland aber, gehen allen Tatsachen zum Trotz positive Stimmungsmache und die Gürtel-enger-Schnallen-Rhetorik Hand in Hand.

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Zu Lafontaine

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Gestern hat Oskar Lafontaine siebeneinhalb Minuten gesprochen und Gregor Gysi stellvertretend für den Vorstand der Partei Die Linke knapp sieben Minuten. Ausdrücklich sagten beide, dass über die Nachfolge von Oskar Lafontaine keine Aussagen getroffen würde.

O-Ton Gysi: „Die einzige Frage, die sie sich jetzt schenken können, ist die nach irgendwelchen neuen Vorschlägen. Darüber werden wir in den Gremien beraten. Wir werden das auch zügig machen. Aber zumindest von uns beiden werden sie keinen einzigen Namen hören.“

Doch dieses nicht besprochene Thema ist und bleibt die Hauptnachricht einer paralysiert wirkenden Medienlandschaft. Nehmen sie zum Beispiel Springers Welt. Dort titelt man mit der Überschrift „Der Stellungskrieg ist eröffnet“ oder man schöpft plötzlich Hoffnung, wie bei der SPD z.B., die auf einmal wiederentdeckt, dass eine Zusammenarbeit mit der Linken immer von der Person Oskar Lafontaine abhängig gemacht wurde – was für ein schäbiger Seitenhieb. Dazu heißt es in der Zeit: „SPD-Linke: Wachsende Chancen für Rot-Rot im Bund“.

Worüber Lafontaine und Gysi in ihrer Pressekonferenz im Karl-Liebknecht-Haus geredet haben, erfahren sie wohl am Besten dadurch, indem sie es sich selbst anhören. Auf der Seite der Partei Die Linke finden sich gleich als erstes die Audiomitschnitte der Statements.

http://die-linke.de/

Direkt unter:


Natürlich geht es auch um den Verzicht Lafontaines auf Parteivorsitz und Bundestagsmandat, aber ich konnte jetzt nicht erkennen, dass sich Lafontaine aus der Bundespolitik zurückziehen werde. Im Gegenteil. Er bleibt als führende Figur mindestens bis zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen dabei. Überhaupt betonte Lafontaine die Bedeutung der NRW-Wahl für die weitere Entwicklung dieses Landes. Es müsse deutlich werden, welche politischen Kräfte wen zur Kasse bitten wollen, um das Finanz- und Wirtschaftskrisen-Desaster zu bewältigen.

Vor der Bundestagswahl habe sich die schwarz-gelbe-rot-grüne Einheitssoße um die Beantwortung der Frage noch mit der Floskel des Abwartens herumgedrückt, mittlerweile liegen die Kürzungsvorschläge auf dem Tisch. Nur reinen Wein wolle man den Wählerinnen und Wählern erst nach er NRW-Wahl einschenken. Das sei ein angekündigter Wahlbetrug. Lafontaine wiederholte einmal mehr seine zentralen Aussagen, die er auch schon bei seinem ersten Auftritt dieses Jahr am 19. Januar im Saarland (ich berichtete hier im Blog darüber) ausführlich vorgetragen hat.

Gregor Gysi zog Bilanz und würdigte das Wirken Oskar Lafontaines für die Entstehung der Partei Die Linke, die es so wahrscheinlich nicht gegeben hätte. Er sprach über das Prinzip der Vereinigung, die sich von dem eines bloßen Beitritts deutlich unterscheide. Daraus las ich persönlich jetzt auch einen versteckten Seitenhieb auf die Abwicklung der DDR durch die alte Bundesrepublik, die ja auch nach den Maßstäben des Grundgesetzes (siehe bspw. Eigentumsfrage) höchst bedenklich war. Hören sie sich die Statements an. Oskar Lafontaine wird von der Bildfläche nicht verschwinden, aber auch nur sooft auftauchen, wie es der Gesundheitszustand nun einmal zulässt. Schließlich hat er ja kein gebrochenes Bein, Husten oder Schnupfen, sondern Krebs. Eine Krankheit, die man also nicht so einfach wegstecken kann. Auch das brachte Lafontaine deutlich zum Ausdruck.

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Lafontaines Rede beim Neujahrsempfang der Linken in Saarbrücken-Burbach vom 19.01.2009

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Die gestrige Rede Oskar Lafontaines zum Neujahrsempfang der Linken in Saarbrücken-Burbach können sie in einer Zusammenfassung auf der Seite der Linken abrufen: http://www.linksfraktion.de/rede.php?artikel=130528580

Ich empfehle ihnen aber, sich die kompletten 60 Minuten anzuschauen (siehe unten). In der Medienwelt steht der erste Auftritt Lafontaines nach seiner Krebsoperation unter dem Motto, Lafontaine lässt politische Zukunft weiter offen, wie hier bei Welt-Online z.B. Den Artikel von Sebastian Raabe habe ich auch dort als erster gleich kommentiert.

In seiner Rede sprach Lafontaine den Kampagnenjournalismus offen an, er kritisierte die Medien scharf, und er warnte gleichzeitig seine eigene Partei davor, auf das Spiel der Medien hereinzufallen. (Ich hatte über dieses Spiel im Rahmen meines Beitrags zur Bartsch-Geschichte am Samstag hier im Blog berichtet):

Weil DIE LINKE eine Eigentumsordnung befürwortet, die das Eigentum denen zuspricht, die es geschaffen haben, wird sie von den Nutznießern der jetzigen Eigentumsverteilung, die auf der Enteignung der Belegschaften beruht, bekämpft. Das gilt auch für die privatwirtschaftlichen Medien, in denen, so der Gründungsherausgeber der FAZ Paul Sethe, 200 reiche Leute ihre Meinung verbreiten. Dabei gehen die Medien bei linken Parteien immer nach dem gleichen Muster vor. Sie unterscheiden zwischen angeblichen Realpolitikern und Pragmatikern auf der einen Seite und sogenannten Chaoten, Populisten und Spinnern auf der anderen Seite. Auf diese Weise nehmen sie Einfluss auf die politische Willensbildung und die Personalentscheidungen der linken Parteien. Bei der SPD hat sich so über viele Jahre der sogenannte Reformerflügel durchgesetzt mit dem Ergebnis, dass sich Wählerschaft und Mitgliedschaft halbierten. Agenda 2010 und Kriegsbefürwortung zerstörten den Markenkern der SPD: Das Eintreten für soziale Gerechtigkeit und Frieden.

Die Grünen, die gerade 30 Jahre alt geworden sind, wurden nach demselben Muster beeinflusst und so zur staatstragenden Partei. Der „Realoflügel“ wurde gehätschelt, und die „Chaoten“ und „Spinner“ wurden immer wieder herunter geschrieben. Wie bei der SPD setzte sich der „Realoflügel“ durch. Aus einer Partei, die bei ihrer Gründung soziale Gerechtigkeit, Gewaltfreiheit, Basisdemokratie und Umweltschutz auf ihre Fahne geschrieben hatte, wurde eine Partei, die die Agenda 2010 und Kriege befürwortet. Warum ereilte die Grünen nicht dasselbe Schicksal wie die SPD? Die Antwort ist einfach. Die Grünen sind zur Partei der Besserverdienenden geworden. Ihre Wählerinnen und Wähler wollen alle mehr Umweltschutz. Sie unterstützen aber mehrheitlich Kriege, die verharmlosend humanitäre Interventionen genannt werden. Der Markenkern der Grünen ist das Eintreten für den Umweltschutz. Soziale Gerechtigkeit, Gewaltfreiheit und Basisdemokratie gehören aus Sicht vieler ihrer Anhänger nicht unbedingt dazu. Deshalb blieb den Grünen das Schicksal der SPD erspart.

Bei der neuen, erst zweieinhalb Jahre alten Partei DIE LINKE versuchen die Medien dasselbe Spiel. Sie preisen unermüdlich die sogenannten Reformer und Pragmatiker und polemisieren ständig gegen angebliche Populisten, Fundamentalisten, Chaoten und Spinner. Unterstützt werden sie dabei selbstverständlich von den “Reformern“ und „Pragmatikern“ der anderen Parteien, die immer wieder die Litanei von der Regierungsuntauglichkeit der Partei DIE LINKE herunterbeten. Würden wir auf diese Propaganda, auf diesen Kampagnenjournalismus hereinfallen, dann erginge es uns wie der SPD. Da wir noch weniger „etabliert“ sind, würden sich Wählerschaft und Mitglieder noch schneller halbieren.

Für mich zentral neben der Medienkritik, die ein bissel nach Albrecht Müller und „Meinungsmache“ klang, war die Erklärung, wie die parlamentarische Demokratie in unserem Land eigentlich funktioniert. Das war mal wieder eine gelungene Lektion in Sachen Staatsbürgerkunde. So gehe es eben nicht um Regierungsbeteiligung um jeden Preis, sondern darum, dass linke Politik sich durchsetze. Es sei demnach schon ein Erfolg, dass durch die Existenz der Linken und die wachsende Zustimmung zu deren Programm ein Prozess in Gang gekommen sei, der andere Parteien dazu zwinge, sich zu ändern und zentrale Forderungen der Linken, die zuvor als weltfremd und verrückt verteufelt wurden, nunmehr selbst in ihre Programme zu schreiben und in praktische Politik umzusetzen, auch wenn diese Parteien in rechte Regierungen eintreten. Natürlich wusste Lafontaine auch, dass das kein Selbstläufer ist, sondern der ständigen Präsenz der Linken bedarf, die den Finger in die offenen Wunden legt.

Kritisch muss man auch anmerken, dass unter diesen Bedingungen der Anteil des „Weiter so“ natürlich immer höher ist, als der Anteil linker Forderungen, die scheinbar in die Dogmatik der Konsenssoßen-Parteien einfließt. Dessen ist sich Lafontaine durchaus bewusst. Schwarz-Gelb-Grün-Rot rutscht ja nicht wirklich nach links, nur weil es die Linke gibt. Im Gegenteil, die anderen Parteien machen sich nur selbst lächerlich und schaden dennoch dem Land. Lafontaine karrikiert die Rückzugsgefechte, wie er es nennt, am Beispiel Afghanistan sehr schön, aber auch an anderen Themen. Für ihn gilt nach wie vor die wichtige Formel, dass ein Funktionieren der Demokratie nur dann gewährleistet sei, wenn nicht die Kapitalinteressen über politische Entscheidungen bestimmen, sondern die Politik diese mächtigen Interessen in ihre Schranken verweist und endlich Regeln aufstellt und z.B. für eine gerechte Vermögensverteilung sorgt, damit sich solche Krisen wie die Gegenwärtige nicht wiederholen.

In diesem Zusammenhang fand ich auch Lafontaines Anmerkungen zu Parteispenden aus der Gruppe der Wohlhabenden in diesem Land ganz wichtig, die sich seiner Meinung nach eine genehme Politik einfach erkaufen könnten. Lafontaine erinnerte dabei an die Wahlen im Saarland. Auch dort habe der vermögende Unternehmer und FDP-Politiker Hartmut Ostermann schon im Vorfeld der Landtagswahl auf die Grünen Einfluss genommen, um eine ihm genehme Koalition nach der Wahl zu erzielen. Die ganze Angelegenheit gewinnt aber auch noch dadurch an Brisanz, weil bekannt wurde, dass während der Koalitionsverhandlungen für die neue Landesregierung insgesamt fünf Steuer-Verfahren gegen Ostermann eingestellt worden sein sollen. Die Linke im Saarland fordert dazu einen Untersuchungsausschuss. Mir war diese Geschichte so noch nicht bekannt. Wie auch? Es wird ja kaum darüber berichtet.

Doch nun zu der Rede. Viel Spaß. ;)









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Merkel zum Thema Finanzmarkt-Regulierung

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Nachdem US-Präsident Barack Obama bei sich zu Hause auf den Tisch gehauen hat und medienwirksam die entschlossen klingende Aufforderung an die Banken verbreiten ließ,

„We want our money back!“

sind auch ein paar Journalisten in unserem Land auf die Idee gekommen, die abgetauchte Kanzlerin einmal zu ihren Plänen bezüglich des Umgangs mit den hiesigen Banken zu befragen. Immerhin hat die deutsche Regierung durch ihr, per Ermächtigungsgesetz geschaffenes, Exekutivorgan SoFFin im letzten Jahr nicht weniger als 160 Mrd. Euro an Garantien und Kapitalspritzen den Banken zur Verfügung gestellt. Allein der Finanzmarktstabilisierungsfonds SoFFin gab 26,6 Mrd. Euro als Eigenkapitalhilfen direkt an die Banken HRE, Commerzbank und WestLB. Dafür mussten natürlich in selber Höhe Schulden aufgenommen werden. Insgesamt sind ja etwa 480 Mrd. Euro im streng geheimen Verteilungstopf. Stellen sie sich vor, theoretisch können die auch abgerufen werden. Die HRE bekommt demnächst wieder 4 Mrd. Euro Cash, nix Garantie.

Nur zum Vergleich. In den letzten Wochen wurde um eine absurde Steuerreform im Umfange von 24 Mrd. Euro gestritten und kreuz und quer durch die Republik schwadroniert. Bei den mal eben abgenickten Bankenmilliarden, herrschte bisher großes Schweigen im Walde. Doch nun will Obama das Geld seiner Landsleute von mehr oder weniger auch seinen Banken zurück. Donnerwetter. Hätte es denn auch anders kommen können? Diese Frage müsste man sich nämlich stellen, wenn man auf Deutschland und eine Regierungschefin blickt, die mit Bankern auf Staatskosten Geburtstag feiert und sich von Bankern beraten und vorschreiben lässt, wie sie die von denselben Bankern verursachte Krise zu meistern hat. Da war dann logischerweise nicht viel zu sehen von Krisenintervention, wenn doch gleichwohl vom grandiosen Krisenmanagement die Rede war.

Immer wieder hieß es aus dem Kanzleramt, dass nationale Alleingänge nicht die richtige Antwort seien, obwohl Frau Merkel einzelne Maßnahmen befreundeter Staaten wie Großbritannien als „charmant“ bezeichnete. So beließ sie es immer bei dem Verweis zum nächsten G-irgendwas Gipfel, bei dem dann ein internationaler Konsens gefunden werden sollte, mit dem auch Frau Kanzlerin leben könne. Doch bisher zeichneten sich diese Gipfel immer dadurch aus, dass neben viel heißer Luft, vor allem die Vertröstung bis zum nächsten Gipfeltermin als Ergebnis schließlich kenntlich aber selten auch wahrgenommen wurde. Doch nun auf Obama angesprochen, verwies sie, oh wunder, auf das nächste Treffen der G-20-Staaten im Juni: „Wir erwarten Vorschläge des Internationalen Währungsfonds.“

Die Frage, dass man vielleicht auch was von der tatenlosen Kanzlerin erwarten könnte, bleibt indes mal wieder unbehandelt. Dafür kann sich die Frau Merkel dann aber eine internationale Finanzmarkttransaktionssteuer durchaus vorstellen. Als Zeichen entschiedenen Handelns taugt das aber nicht. Wie formulierte sie es doch in ihrer Neujahrsansprache, deren Text man kaum noch wiederfindet.

„Dazu müssen und werden wir weiter entschieden daran arbeiten, neue Regeln auf den Finanzmärkten einzuführen, die das Zusammenballen von Maßlosigkeit und Verantwortungslosigkeit in Zukunft rechtzeitig verhindern.“

Na denn, bis Juni wird’s erst einmal wieder dauern. Bis dahin wünscht ihnen ihre Kanzlerin einen schönen Winter und einen schönen Frühling. Im Sommer ist dann ja eh Fußball-WM, da braucht man auch nicht sonderlich im Rampenlicht zu stehen.

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Einige Grafiken zur Verdeutlichung der Wirtschaftslage

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Auf der Seite des Statistischen Bundesamtes findet man einige Grafiken, die etwas deutlicher die tatsächliche wirtschaftliche Lage vor Augen führen. Vor allem der durch die Finanzkrise ausgelöste tiefe Entwicklungseinbruch zeigt, dass die zuletzt gefeierten positiven Zahlen aus der Wirtschaft in einem anderen Licht erscheinen. Vor diesem Hintergrund verbietet es sich eigentlich wie Bundeswirtschaftsminister Brüderle davon zu sprechen, dass sich die deutsche Wirtschaft deutlich erhole. Das tut sie nicht.

Anhand der beiden folgenden Grafiken können sie nachvollziehen, wie sich die Auftragseingänge im verarbeitenden Gewerbe und der Produktionsindex bis einschließlich November 2009 entwickelt haben. Die jeweiligen Werte für das Jahr 2005 gelten dabei als 100 Prozent. Seit dem dramtischen Einbruch zur Jahreswende 2008/2009 kann man durchaus eine leichte Wachstumstendenz erkennen. Die ist aber aufgrund der Absturztiefe und den ergriffenen konjunkturellen Maßnahmen weltweit nur logisch. Deutschland profitiert von Konjunkturprogrammen. Das ist unbestritten. Deutschland selbst, tut aber viel zu wenig, um erstens aus dem eigenen Tal herauszukommen und zweitens der Welt zu helfen, damit auch andere Volkswirtschaften die Wirtschaftskrise schneller überwinden können.

Wenn sie mal frei von statistischer Genauigkeit die Tendenz der beiden Grafiken nur in Gedanken verlängern, werden sie feststellen, dass es doch mindestens bis 2015 dauert, bis wir wieder das Spitzenniveau aus den Jahren 2007/2008 erreicht haben. Vorausgesetzt das Tempo der wirtschaftlichen Entwicklung bleibt auf dem Brüderleschen „Erholungsniveau“. Wollen wir etwa so lange Kurzarbeitergeld zahlen, für die Beschäftigten, die angesichts der Entwicklung noch immer betriebswirtschaftlich überflüssig sind? Ohne weitere massive Konjunkturmaßnahmen, die die Bundesregierung ja ablehnt und stattdessen bereits eine Ausstiegsstrategie verfolgt, bleiben sie auch überflüssig. So sieht die bittere Realität aus.

Auftragseingang_destatis November 2009

Produktionsindex für das Produzierende Gewerbe (November 2009)

Sehr interessant ist auch der Preismonitor des Statistischen Bundesamtes, aus dem sie die Preisentwicklung für häufig gekaufte Produkte ablesen können. Besonders auffallend sind die Energiepreise. Trotz Krise steigt zum Beispiel der Preis für leichtes Heizöl im Jahr 2009 wieder an.

Preisabstand in Prozent gegenüber dem Jahr 2005

Extra leichtes Heizöl
Preisentwicklung bei leichtem Heizöl

Nahezu unbeeindruckt von Krise und der Preisentwicklung an der Strombörse steigt der Preis für Strom kontinuierlich an. Das ist auch total verrückt. Zu Weihnachten gab es in Deutschland zuviel Strom, weil viel Wind und unflexible Großkraftwerke für ein Überangebot sorgten (siehe taz).

Nie zuvor in Deutschland war Strom im Großhandel so billig wie am zweiten Weihnachtstag: Wer sich für diesen Tag über die Leipziger Strombörse EEX Energie beschaffte, bekam sogar noch Geld oben drauf. Denn im Tagesmittel lag der Preis am Spotmarkt bei minus 3,6 Cent je Kilowattstunde.

Geben die Versorger ihnen Geld zurück oder senken die Preise, wie es nach der Privatisierung dieses Wirtschaftsbereichs immer wieder versprochen wurde?

Strom
Preisentwicklung bei Strom

Und ganz frech die Teuerung bei den Tageszeitungen. Die müssten eigentlich angesichts der schwindenden Qualität in den Blättern billiger werden. Ich wäre aber dringend dafür, dass die Qualität verbessert wird, indem wieder mehr Mitarbeiter beschäftigt und Unabhängigkeit gefördert wird. Dann ist auch der Preis gerechtfertigt.

Tageszeitungen
Preisentwicklung bei Tageszeitungen

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Spekulation mit Rohstoffen ist Gift für die Konjunktur

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Sie haben es vielleicht schon gemerkt. An den Tankstellen steigen die Preise wieder, obwohl die Ferien mittlerweile vorbei sind. Einen nachvollziehbaren Grund gibt es dafür nicht. Dennoch werden Konzerne sicherlich einen Sack Reis irgendwo auf der Welt finden, den sie umstoßen können, um zu behaupten, dass dadurch die Preise naturgemäß steigen müssten. Das ist alles quatsch. Noch immer haben wir Krise. Also einen Zustand, in dem deutlich weniger Nachfrage an Waren besteht. Die aktuellen volkswirtschaftlichen Daten haben das noch einmal deutlich gezeigt. Demzufolge besteht auch weniger reale Nachfrage nach realen Rohstoffen, aus denen man Waren produzieren könnte. Und dennoch ziehen die Preise für Rohstoffe an.

Öl kostet inzwischen mehr als 80 US-Dollar je Barrel (159 Liter), nachdem es sich in Folge der Weltwirtschaftskrise Anfang 2009 innerhalb weniger Monate von fast 150 auf gut 30 Dollar verbilligt hatte. Einer Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge legten zwischen Februar und November 2009 die Preise für Rohstoffe um 40 Prozent zu. Der IWF spricht im Zusammenhang mit diesem Index von einem sehr ungewöhnlichen Anstieg, da in vergleichbaren Phasen früherer Krisen die Preiserholung im Schnitt nur bei fünf Prozent lag.. In zahlreichen Indizes und bei einzelnen Rohstoffen wurden in den zurückliegenden Monaten sogar historisch einmalige Preisexplosionen festgestellt. Der bekannte Standard-&-Poors-GSCI-Rohstoffindex, der 20 sehr verschiedene Güter wie Getreide, Gold, Öl oder Kakao und Aluminium bewertet, legte 2009 beispielsweise um mehr als 50 Prozent zu – der stärkste Kursanstieg seit dessen Einführung 1970. Rekorde können inzwischen auch die Notierungen für Zucker und Kakao verbuchen, die sich auf dem höchsten Niveau seit gut drei Jahrzehnten bewegen.

Quelle: junge Welt

Dass die Preise für Rohstoffe rasant ansteigen, liegt also nicht an einer stärker werdenden realwirtschaftlichen Warennachfrage, sondern daran, dass auf den Finanzmärkten munter weitergezockt werden darf. Mit der Erfahrung, dass ein Crash und die damit verbundenen hohen Verluste durch Staaten und deren Steuerzahler aufgefangen und beglichen werden, ohne dass die Branche Konsequenzen zu fürchten bräuchte, steigt auch das Risikoverhalten auf dem Börsenparkett.

Doch wenn die Preise für Rohstoffe steigen, werden auch Waren zwangsläufig teurer. In einer noch nicht überstandenen Wirtschaftskrise wird somit eine konjunkturelle Erholung bereits von vornherein verhindert, da die ohnehin schwache Kaufkraft für Güter des Grundbedarfs vollständig eingesetzt werden muss. Wo sollen also zusätzliche Mittel für eine konjunkturbeflügelnde Nachfrage herkommen? Aus Steuersenkungen wie die FDP meint? Aus Steuersenkungen, die die kritische Finanzlage von Bund und vor allem Kommunen noch weiter verschärfen würde und die zwangsläufig zu geringeren öffentlichen Leistungen, höheren Gebühren und damit zu einer höheren Belastung vor allem jener führt, die ihr gesamtes Einkommen verbrauchen müssen, um zu leben?

Bundeswirtschaftsminister Brüderle schaute ja gestern wieder besonders tief ins Glas und sagte, dass die Bürger mehr Geld in der Tasche bräuchten, um die Konjunktur durch mehr Konsum anzukurbeln. Mehr Geld heißt natürlich übersetzt mehr Netto vom Brutto durch Verzicht auf das „Geschenk der Bürger an den Staat“ mit Namen Steuerabgaben, um mal bei der Worthampelei des durchgeknallten Parteichefs Westerwelle zu bleiben. Mehr Geld durch höhere Bruttolöhne und vor allem Mindestlöhne, die erstens eine relative Einkommenssicherheit bedeuten und zweitens eine breite Verbesserung der Kaufkraft, die dann auch in mehr Konsum umgesetzt werden könnte, schließen der Fachidiot Brüderle wie auch sein weggetretener Parteichef kategorisch aus. Und Schlecker spendet wahrscheinlich noch Beifall, während die Bundesregierung untersuchen will, ob ein Gesetz, das zum Missbrauch bei der Zeitarbeit einlädt, weil es die Politik genau so wollte, missbräuchlich ausgenutzt werde. Das ist doch verrückt.

Übrigens meint der Brüderle angesichts der heute veröffentlichten Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt 2009 (ich habe darüber in meinem letzten Beitrag berichtet) doch tatsächlich, dass sich die deutsche Wirtschaft deutlich erholt habe. Quelle: Blöd-Zeitung

Na wenn das so ist, sollte ich vielleicht auch mal zum Glas greifen und einen Artikel übers Schönsaufen verfassen. :roll:

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Der Preis für die übertriebene Exportorientierung

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Seit geraumer Zeit verfällt der Dollarkurs und keinen hat es je interssiert. Deutschland konnte trotz des schwachen Dollars in den vergangenen Jahren vor der Krise seine Exporte steigern, weil es unter seinen Verhältnissen lebte. Jahrelanger Lohnverzicht sicherte der deutschen Exportindustrie Marktanteile, die sich schlussendlich im Titel des Exportweltmeisters wiederspiegelten. Immer wurde und wird uns erzählt, dass die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit an oberster Stelle stünde und die Entwicklung der Löhne sich dem unterzuordnen habe. Mittlerweile ist China neuer Exportweltmeister und deutsche Export-Unternehmen überlegen gegenwärtig, aus Kostengründen ihre Produktion weiter in den Dollarraum zu verlagern (siehe z.b. hier im Stern). Mit Verlaub, aber diese Entwicklung war abzusehen.

Deutschland wird mit voller Wucht getroffen und spürt nun die Folgen der jahrelang aufgebauten Handelsungleichgewichte. Der Dollar verliert zunehmend an Wert und deutsche Waren werden im Dollarraum teurer, aber nicht nur die. Der gesamte Euroraum ist betroffen, da die Einheitswährung sämtliche Ökonmien zu Knechten der deutschen Lokomotive macht. In der Eurozone können im Wettbewerb unterlegene Volkswirtschaften währungspolitisch nicht mehr reagieren. So wuchsen Staatsverschuldung und die Gefahr von Staatspleiten wie man am Beispiel Griechenland sehen kann.

Der Stern überschreibt seinen Artikel mit dem Titel, „Wenn der Export nicht mehr lohnt“. Das könnte zu einem sehr zynischen Spruch der Zeit werden, denn er bedeutet vor allem auch, dass der jahrelange Verzicht auf Lohnerhöhungen, die Hinnahme von massiven Steuersenkungen für Unternehmen bei gleichzeitiger Erhöhung der Mehrwertsteuer und die Reduzierung der Staatsquote auf ein historisches Tief zu Gunsten des Außenhandels umsonst gewesen sind. Der jahrelange Verzicht der Arbeitnehmer zu Gunsten ihrer jammernden Manager wird nun von der betriebswirtschaftlichen Logik dieser Herren einkalt und bitter bestraft. Das ist auch das Ergebnis der Bundesregierungen unter Rot-Grün-Schwarz-Gelb.

Doch lernt man daraus? Nein. Der Exportfetischismus geht weiter, gestützt durch den Rat sog. Wirtschaftsexperten, die weiterhin das Dogma der Wettbewerbsfähigkeit predigen. Von einer „Lohnpause“ spricht zum Beispiel Klaus Zimmermann, Präsident des DIW. Egal welche wirtschaftliche Situation diese Experten auch vorfinden, sie kennen nur das eine Rezept. Lohnzurückhaltung. Klaus Zimmermann ist übrigens der Experte der unlängst zur Bewältigung der Krise vorgeschlagen hat, die Mehrwertsteuer auf 25 Prozent anzuheben. Das sollen die Menschen dann wohl von ihrer Lohnpause bezahlen, habe ich mich gefragt auf der Suche nach einem Funken Logik in den Aussagen des durch die Steuerzahler hoch bezahlten Experten.

Zu dieser Expertenrunde können sie auch DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben zählen, der behauptet, dass das Potenzial für Lohnsteigerungen nahezu aufgefressen sei und die Löhne in vielen Branchen eigentlich deutlich hätten sinken müssen. Nur zur Erinnerung, Herr Wansleben gehört zum Beraterkreis der IKB, also jener Bank, die als erste Milliarden Euro Steuergelder erhielt, weil sie sich im Finanzkasino verzockte oder als willige Bad Bank der Deutschen Bank fungierte, indem sie deren Ramschpapiere übernahm. Dass solche Leute noch immer als Ratgeber und Experten in den Medien auftreten dürfen, ist eine Beleidigung der Menschen in diesem Land, die nicht nur die Kasino-Rechnung begleichen müssen, die Leute wie der Wansleben mit zu verantworten haben, sondern nun auch noch weiter auf ihren erarbeiteten Lohn verzichten sollen, weil derselbe Experte es verlangt. Das ist doch nicht hinnehmbar?

Zudem ist der Vorschlag der lila Pause Fraktion volkswirtschaftlich absurd und gemessen an den ökonomischen Daten total unsinnig. Der private Konsum und damit die Binnennachfrage geht weiter dramtisch zurück wie wir seit heute wissen und die Auftragseingänge in der gewerblichen Wirtschaft stagnieren auf einem katastrophal niedrigen Niveau (siehe Jahnkes Infoportal). Wenn die weltweiten wie nationalen Konjunkturmaßnahmen auslaufen, riskiert Deutschland ein Abrutschen in eine lange Stagnationsphase. Daher brauche Deutschland weitere konjunkturelle Stützungsmaßnahmen, gerade weil die wirtschaftliche Entwicklung labil und schwach zugleich ist. Der langjährige Stau bei den öffentlichen Investitionen müsse aufgelöst und sowohl in Infrastruktur als auch in Bildung investiert werden, sagt IMK-Direktor Gustav Horn (siehe u.a Handelsblatt). Gleichzeitig könne die Lohndumpingmaschine endlich abgeschaltet werden und durch die Stärkung der Binnennachfrage auch unseren EU-Partnern, die vom Staatsbankrott bedroht sind, durch eine Erhöhung der Importe geholfen werden.

Das müsste doch eigentlich auch im Interesse der ehemaligen EU-Retterin Angela Merkel sein, die kürzlich herablassend anmahnte, dass Griechenland seine Staatsfinanzen gefälligst in Ordnung bringen müsse. Das geht aber nur, wenn der Verursacher der griechischen Finanzprobleme, nämlich Deutschland, endlich anfangen würde, nicht nur von ausländischen Konjunkturmaßnahmen lax zu profitieren, sondern auch selbst einen Beitrag zu leisten, dass die weltweiten Ungleichgewichte ausgeglichen werden. Statt der FDP und stumpfsinniger Steuersenkungspolitik von gestern bedarf es eines weiteren Konjunkturpaketes, dass auch den Namen verdient. Und Lohnpausen sollten nur für Wirtschaftsexperten gelten, die am laufenden Band unsinnige Aussagen treffen.

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Die erste Woche der statistischen Wahrheiten hat begonnen

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Und gleich zu Beginn ein Paukenschlag aus Wiesbaden. Für Leser dieses Blogs sicher keine Überraschung. Die deutschen Ausfuhren (kurz: Export) haben auch im dritten Quartal 2009 um rund ein Fünftel abgenommen.

Quelle: destatis
Exportbilanz

In ehemals wichtige Abnehmerstaaten wie die USA haben die deutschen Ausfuhren im Zeitraum vom Januar bis September sogar um 28 Prozent abgenommen, bei Großbritannien sind es 21,5 Prozent und nach Spanien wurde knapp 33 Prozent weniger exportiert. Wer angesichts dieser niederschmetternden amtlichen Daten noch immer davon ausgeht, dass eine Stabilisierung der wirtschaftlichen Leistung durch den Export absehbar sei, hat nach wie vor nicht alle Tassen im Schrank und nicht begriffen, was die Finanzkrise eigentlich realwirtschaftlich bedeutet. Dazu Joachim Jahnke aktuell:

Gerade in den besonders gebeutelten Exportindustrien sollte klar sein, daß der Exportboom der Jahre unmittelbar vor der Krise zum großen Teil der zunehmenden Verschuldung wichtiger Abnehmerländer, wie USA, Großbritannien, Spanien und viele mehr, verdankt war. Diese Verschuldung ist auf den Prellbock der Kreditkrise aufgefahren und läßt sich auf das fühere Niveau nicht mehr zurückbringen und dann den deutschen Export fördernd auch noch weiter steigern, weil jede neue Blase sofort wieder platzen würde und vor allem die Menschen in diesen Ländern begriffen haben, daß sie den Riemen enger schnallen müssen, auch wenn „Made in Germany“ noch so sehr glänzt.

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Attac-Aktion "Stoppt die Krisenköche! Vermögen umverteilen!"

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Attac-Deutschland wird in diesem Jahr zehn Jahre alt. Aber anstatt zu feiern, plant das Netzwerk neue Protestaktionen, die ich sehr unterstützenswert finde.

Quelle: Attac-Deutschland

„Wir werden 2010 erleben, wie die Umverteilung zu Lasten der Ärmsten voranschreitet. Politik und Wirtschaft werden von ‚Sachzwängen der Krise‘ sprechen, um von der Begünstigung ihrer Klientel abzulenken“, sagte Alexis Passadakis vom bundesweiten Attac -Koordinierungskreis. Zu erwarten seien eine steigende Arbeitslosigkeit und ein weiterer massiver Abbau der sozialen Sicherungssysteme. „Die Löcher, die die Koalition mit Steuergeschenken für Wohlhabende in die öffentlichen Haushalte reißt, will die FDP nun von Arbeitslosen und weniger wohlhabenden Familien stopfen lassen. International treibt die Bundesregierung eine Handelspolitik voran, die Hunger und Arbeitslosigkeit exportiert. Ohne Druck von unten werden sich diese Krisenköche nicht stoppen lassen.“

So soll es vom 9. bis zum 11. April in in der Berliner Volksbühne ein Bankentribunal geben, dass zum ersten Mal die Verantwortlichen wenigstens symbolisch einmal anklagt.

Ziel des Verfahrens ist es, die Finanzkrise und Bankenrettung kritisch zu durchleuchten und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. „Dieser Prozess ist überfällig. Weil Politik und Justiz ihn nicht anstrengen wollen oder können, nehmen wir das in die Hand“, sagte Jutta Sundermann vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis.

Ferner sind begleitende Protestaktionen zum Thema Kinderarmut mit Hinblick auf das in diesem Monat zu erwartende Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Höhe der Hartz-IV-Leistungen für Kinder geplant und das Thema Public Private Partnerships (PPP) steht ganz oben auf der Agenda.

„Mit aggressivem Lobbying umwerben Investoren und Berater vor allem Kommunalpolitiker und überreden sie, noch mehr Tafelsilber zu verscherbeln – mit verheerenden Folgen für viele Gemeinden, die so in die Schuldenfalle getrieben werden“, sagte Jutta Sundermann. Unterstützt werden die Privatisierer von der Bundesregierung. So hat die vom Finanzministerium 2008 gegründete „Partnerschaften Deutschland Gesellschaft“ (PDG) den Auftrag, den PPP-Anteil an den Investitionen der öffentlichen Hand bundesweit um 15 Prozent steigern.

Man muss sich das mal vorstellen. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat heute eindringlich davor gewarnt, die Steuersenkungspläne der schwarz-gelben Chaostruppe umzusetzen. Verbandspräsident Christian Schramm sagte, dass sich für das Jahr 2010 ein Defizit zwölf Milliarden Euro auftun werde:

„Die Städte und Gemeinden werden gezwungen, die Leistungen für die Bürger weiter einzuschränken, die Investitionen zurückzufahren und die Verschuldung zu erhöhen“

Quelle: N24

Mit anderen Worten, die Gebühren werden mit Sicherheit steigen und Leistungen weiter sinken, weil die Gemeinden Pleite sind. Und dennoch soll nach dem Willen unserer korrupten Politiker die Privatisierungsorgien fortgteführt werden, obwohl die Erfahrung aus der Finanzkrise eindeutig gezeigt hat, dass solche Projekte vor allem die öffentliche Hand ärmer machen. Gerade die Kommunen haben das im vergangenen Jahr schmerzlich erfahren müssen. Insofern ist es dringend geboten, das Thema Öffentlich Private Partnerschaften wieder in den Fokus einer kritischen Diskussion über den Zustand dieses Land zu ziehen.

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