Die Woche: Im Zeichen der Krisen

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An Reaktor 3 sieht es so aus, als könnte da etwas mehr kaputt sein, heißt es heute in den Nachrichten, die uns aus Fukushima erreichen. Wenn es nicht so fürchterlich schlimm wäre, könnte man über eine derart naive Berichterstattung lachen. So aber bleibt es beim Kopfschütteln. Anzunehmen, dass nach Explosionen, Bränden und unkontrolliertem Bewerfen mit Meerwasser, keine Schäden entstanden seien, grenzt schon an große Dummheit. Jetzt wird aber mit Süßwasser gekühlt. Das beruhigt.

Die Woche stand erneut unter dem Eindruck der Atomkatastrophe in Japan. Nicht zuletzt die bevorstehenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg und mit Abstrichen Rheinland-Pfalz werden dadurch bestimmt. Am Sonntag wird im Ländle gewählt und man hat den Eindruck, als hätte sich alles dieser Regionalwahl unterzuordnen, sogar die deutsche Außenpolitik. Mit einem klaren sowohl als auch positionierte sich die Bundesregierung zu dem Angriff der westlichen Wertegemeinschaft auf Libyen.

„Ziel dieser Mission teilen wir uneingeschränkt. Unsere Enthaltung ist nicht mit Neutralität zu verwechseln.“

Quelle: Focus Online

Das ist wohl die sprichwörtliche deutsche Bündnistreue und politische Zuverlässigkeit, die international so geschätzt wird und derentwegen Deutschland in den UN-Sicherheitsrat gewählt wurde.

Gestern nun verabschiedete der Bundestag mit den Stimmen der Koalition und der SPD eine Ausweitung des Afghanistanmandats. Künftig darf die Bundeswehr noch mehr AWACS-Aufklärungsflüge übernehmen, damit die Amerikaner ihr Personal für den Libyen-Einsatz abziehen können. D.h. auch, dass nicht nur der zivile Luftverkehr überwacht, wie immer behauptet, sondern auch militärisch aufgeklärt werde, um die Kämpfe gegen Aufständische aktiv zu unterstützen. In der Aussprache begründete der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Gernot Erler die Haltung seiner Partei wie folgt:

Herr Außenminister Westerwelle, ich habe den Eindruck, dass Sie ein Problem nicht verstehen. Wir alle haben in der Vergangenheit versucht, miteinander eine auf möglichst breitem Konsens gestützte Afghanistan-Politik zu verabreden. Das ist für sich schon ein schwieriges Thema. Das, was wir Ihnen vorwerfen, ist, dass Sie uns im Grunde genommen dazu zwingen, jetzt bei einer so wichtigen Abstimmung wie dieser über den AWACS-Einsatz zu überlegen, ob unsere Zustimmung nicht auch als eine Zustimmung zu Ihrer völlig verfehlten Libyen-Politik missverstanden werden kann.

Quelle: Bundestag

Die SPD sorgt sich also um ihr Image. Es soll der Eindruck vermieden werden, die Sozialdemokraten seien nur ein Wurmfortsatz der schwarz-gelben Koalition. Dabei entspricht genau das der Wirklichkeit. Wenn morgen in Baden-Württemberg gewählt wird und das Ergebnis so ausfällt, wie derzeit prognostiziert, dann kann man doch nicht ernsthaft glauben, dass die SPD einen Grünen zum Ministerpräsidenten wählt. Sie wird als Juniorpartner in einer große Koalition eintreten und einen möglichen Verzicht von Mappus auf den Posten des Regierungschefs als Erfolg verkaufen. Wer eine andere Regierung will, muss auch anders wählen.

Ein weiterer Beleg für die Selbstliquidierung der SPD war der Auftritt von Peer Steinbrück bei der am Donnerstag stattgefundenen Aussprache um die Ausweitung des Euro-Rettungsmechanismus‘. Allein schon die Benennung Steinbrücks als Redner spricht Bände. Der Mann, der einer Fortsetzung der großen Koalition auch gegen die Beschlusslage seiner Partei immer das Wort geredet hatte und auf eine harmonische Zweisamkeit mit Angela Merkel zurückblicken kann, die bekanntlich immer nur an seinen Lippen gehangen haben soll, wird nun von der Opposition in Stellung gebracht, um der Kanzlerin Paroli zu bieten.

Und wieder steht dabei nur der Effekt im Vordergrund und nicht die Sache. Steinbrück ist ein glänzender Unterhalter mehr nicht. Seine ökonomischen Fähigkeiten sind kaum messbar. Als Brandstifter war er zusammen mit seinem immer noch in der Regierung sitzenden Mitarbeiter Jörg Asmussen (jetzt persönlicher Berater von Merkel) erfolgreich und als Feuerwehrmann ein großer Versager. In seiner Rede sagte er dann auch:

Das im Europäischen Rat jetzt anstehende Paket ist richtig.

Ihr Paket für Wettbewerbsfähigkeit, Frau Merkel, ist ebenfalls prinzipiell richtig,.

Quelle: Bundestag

Gregor Gysi verglich die Verschärfung der Sanktionen gegen Staaten mit Defiziten mit der Politik von Versailles. Wenn man nur die Absicht sieht, ist das sicherlich richtig, aber praktisch ist dieser Vergleich natürlich falsch, weil die europäische Union oder besser gesagt die Gläubigerbanken keine militärische Option verfolgen können. Der Ackermann wird eben nicht in Irland, Griechenland oder Portugal mit einem Heer einmarschieren, um sicherzustellen, dass die Zinsen auch bezahlt werden. Realistisch ist eben etwas anderes. Nämlich der sprichwörtliche Zerfall der Eurozone und der gesamten Union. Am Ende bleiben die Gläubiger auf ihren Forderungen sitzen und die Bundesregierung muss erklären, warum der jahrelange Verzicht deutscher Arbeitnehmer zu Gunsten der Exportstärke umsonst gewesen war.

Was soll auch passieren, wenn betroffene Staaten sagen, sie halten sich nicht an die vorgegebenen Maßnahmen zur Konsolidierung ihrer Haushalte? Strafe zahlen? Wovon? Die neue irische Regierung verhandelt bereits die Bedingungen neu, die Portugiesen haben im Parlament die Sparvorschläge einfach abgelehnt und die Griechen boykottieren im Alltag die steigenden Gebühren für Fahrkarten im öffentlichen Nahverkehr, die Verpflegung in Kindergärten und Horten sowie die Krankenhausgebühr.

Den Rücktritt des portugiesischen Premierministers Sócrates sowie die Ablehnung seines Sparpakets nannte Guido Westerwelle eine besorgniserregende Entwicklung. Für ihn sei klar, dass Solidarität keine Einbahnstraße sei und Portugal seine Hausaufgaben erledigen müsse, wahrscheinlich ungeachtet der demokratischen Mehrheitsmeinung. Es gilt der neue Slogan, Solidarität nur gegen Solidität, auch um den Preis der Demokratie. Schließlich gehe es ja um die Stabilität der Gemeinschaftswährung, beteuerte Westerwelle, aber nicht nur er. Immer wieder wird behauptet, die Maßnahmen dienten der Rettung des Euro, dabei geht es schlicht darum, die Forderungen der Gläubiger zu retten, die sonst Abschreibungen in größerem Umfang vornehmen müssten.

Politiker wie Westerwelle und Merkel halten schlechtere Bankbilanzen für schlimmer als schlechtere Lebensbedingungen der EU-Bürger. Sie akzeptieren den unausweichlichen Ruin ganzer Volkswirtschaften, damit die systemrelevanten Ackermänner ihre Renditeversprechen auf Kosten der Allgemeinheit erfüllen können. Denn nicht sie, die ihren Reichtum trotz Krise immer weiter vergrößern konnten, leben über ihre Verhältnisse, sondern jene Völker, die den deutschen Exporterfolg auf Pump finanzieren durften, ohne das ein Ausgleich stattgefunden hätte. Denn während der Konsum der Südeuropäer den Absatz deutscher Waren und Dienstleistungen befeuerte, verordnete die deutsche Politik und Wirtschaft dem eigenen Volk Verzicht und Rücklagenbildung fürs Alter.

So entstanden entgegen der europäischen Stabil
itätsidee enorme Handelsungleichgewichte, die die Bundesregierung und die EU nun dadurch bekämpfen wollen, in dem es die Defizitländer dem deutschen Vorbild gleichtun. Das hieße im Klartext einen Wettbewerb um die Leidensfähigkeit der Völker in Gang zu setzen, um eine Antwort auf die Frage zu finden, wessen Gürtel sich am engsten schnallen lässt?

Aber das kann keine Lösung sein, wie es auch keine ist, die Rettung von Banken zur Daueraufgabe zu erklären. Gerade die Katastrophe von Japan führt vor Augen, um welches Ausmaß es eigentlich geht. Der durch Erdbeben und Tsunami angerichtete Schaden beläuft sich nach ersten Schätzungen auf 235 Mrd. Euro. Jeder hat die Bilder der Zerstörung gesehen. Wenn man nun die Gelder dagegenstellt, die allein für die Rettung von Banken in Europa und speziell Deutschland bereitgestellt werden, bekommt man eine Vorstellung über die Verhältnismäßigkeit. Allein die kleine Münchner Hypo Real Estate musste mit über 100 Mrd. Euro gerettet werden. Der deutsche Rettungsschirm beträgt 500 Mrd. Euro, der europäische nun schon fast eine Billion Euro (950 Mrd. Euro).

Insgesamt setzt sich der dauerhafte ESM also aus folgenden drei Bestandteilen zusammen:

  • 80 Milliarden Euro werden von den Mitgliedstaaten direkt einbezahlt (die Zahlungen fließen ab dem Jahr 2013 in fünf Raten zu jeweils 16 Milliarden Euro) und stehen dem ESM unmittelbar zur Verfügung.
  • 420 Milliarden Euro werden von den Mitgliedstaaten als Kreditgarantien für ESM-Anleihen bereitgehalten. Um für ESM-Anleihen insgesamt ein AAA-Rating zu erzielen, muss jeder Mitgliedstaat allerdings für mehr als nur seinen eigenen Anteil bürgen. Die Garantiesumme ist damit insgesamt höher, nämlich rund 620 Milliarden Euro.
  • 250 Milliarden Euro stellt gegebenenfalls weiterhin der IWF als Kredit zur Verfügung.

Quelle: Wikipedia

Hier werden Gelder für etwaige Schäden vorgehalten, die das Ausmaß von Naturkatastrophen bei weitem übersteigen, ohne dass auch nur eine Bank deswegen neuaufgebaut werden müsste. Hier wird weiter frech umverteilt und die Verursacher der Krise geschont. Diese unglaublich hohen Mittel müssen natürlich an anderer Stelle erspart werden. Was folgt, ist also eine Zerstörung von Wirtschaft, gesellschaftlichen Einrichtungen ganz ohne Erdbeben und Tsunamis. Man muss kein Prophet sein, um den nächsten Crash vorauszusehen. Nur dann müssen die Regierungen erklären, wieso es ihnen nicht gelungen ist, das Finanzkasino zu schließen, als die Gelegenheit dazu bestand, sondern sich damit begnügten, ein paar windelweiche Auflagen zu erteilen.

Die Finanztransaktionssteuer wurde von allen gefordert, auch von Merkel, Steinbrück und Schäuble. Betont haben sie aber immer, dass diese nur international durchgesetzt werden könne. Ein durchschaubares Manöver, welches nun wieder mit Blick auf die vorübergehende Aussetzung der Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken angewendet wird. Auch die Abschaltung von AKWs sowie der Übergang in das Zeitalter der erneuerbaren Energien könne nur gemeinschaftlich geschehen, nationale Alleingänge brächten hingegen nichts.

Nach Brüderles Fauxpas fühlt sich in Baden-Württemberg Stefan Mappus in der Atom-Frage sogar schon wieder so sicher, die Wiederinbetriebnahme derzeit abgeschalteter Meiler unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit zu diskutieren.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) gibt dem Atomreaktor Philippsburg 1 Chancen, nach der dreimonatigen Auszeit wieder ans Netz zu gehen. „Ich schätze Philippsburg 1 rentabler ein als Neckarwestheim 1“, sagte der Politiker der Financial Times Deutschland. Beurteilen müsse dies jedoch am Ende der Betreiber EnBW.

Quelle: FTD

Und Chef des Betreibers ist er neuerdings selber. Da hat dann wohl nicht der besorgte Ministerpräsident gesprochen, der sich um die Sicherheit der schwäbischen Hausfrau sorgt, sondern der Unternehmer, dessen Interesse der Rentabilität seines Investments gewidmet ist. Persönlichkeitsspaltungen in der Union. Spätestens seit zu Guttenberg ist das augenscheinlich in Mode gekommen.

Man kann nur hoffen, dass es bei soviel innerer Spaltung nicht zur plötzlichen und unkontrollierten Schnellabschaltung kommt, wie im Atomkraftwerk Isar 1.

Eon hatte Isar1 nach eigenen Angaben am Donnerstag gegen 16 Uhr vom Netz genommen. Fünf Stunden später sank der Kühlwasserstand im Reaktordruckbehälter so rapide ab, dass sich die automatische Schnellabschaltung auslöste. „Beim Herabfahren eines Reaktors kommt es immer zu Schwankungen des Kühlwasserstandes“, erklärte die Eon-Sprecherin zu dem Vorfall. „Aber das Sicherheitssystem hat wie erwartet reagiert.“ Anschließend sei das Kühlwasser wieder auf Normalmaß angehoben worden.

Quelle: Süddeutsche

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Der Tag

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Im Grunde genommen gab es heute drei Meldungen, die sich, über den Tag verteilt, an Intensität jeweils abwechselten. Zum einen die gestrige Landtagswahl in Sachsen-Anhalt, deren Ergebnis nicht wirklich überraschend war. Inzwischen ist klar, dass die SPD auf eine (Schein)Sondierung mit den Linken verzichtet und gleich mit der Union in Verhandlungen eintreten wird. Dazu sehr treffend der Kollege flatter auf Feynsinn:

„Nun, in einem Land, indem sie schon vor vielen Jahren mit der PDS koalierte, ist sie nunmehr zum Wackeldackel und Quick-nick der CDU geworden. Ihr Programm und ihre Versprechen vor der Wahl liegen recht nahe bei denen der Linken. Im SPD-Bundesprogramm ist vielfach die Rede von „demokratischem Sozialismus“. Dorthin mag sie aber nicht rucken. Auch dem Programm der Grünen sind sie sehr nah. Nur mit einer Partei im aktuellen Landtag hat sie programmatisch kaum Überschneidungen: Mit der CDU. Deshalb will sie nur unter denen regieren. Es sei denn, sie dürfte als drittstärkste Fraktion und Juniorpartner den Ministerpräsidenten stellen. Jeder fünfte aktive Wähler findet das gut. Das ist dann wohl die „Mitte“ – der geschlossenen Abteilung.“

Quelle: Feynsinn

Der Hinweis auf die geschlossene Abteilung führt uns dann auch zu den nächsten beiden Meldungen, die bei klarem Verstand nur schwer zu begreifen sind. Zunächst versucht eine Allianz der Willigen mit Unterstützung der nicht wirklich Unwilligen, in Libyen eine Flugverbotszone durchzusetzen. Und zwar nicht, in dem man den Luftraum überwacht, sondern beliebige am Boden befindliche Ziele unter Beschuss nimmt. Präzise versteht sich, mit Bomben und Marschflugkörpern. Man könnte das auch einen Angriffskrieg nennen, bei dem die Frage gestattet sei, ob nun die Leere des Luftraums überwacht oder doch die Beseitigung der libyschen Staatsführung vorangetrieben werden soll. Besonders lustig ist ja die deutsche Enthaltung in dieser Frage. Denn die für eine Überwachung des Luftraums sicherlich benötigten AWACS Flugzeuge – AWACS steht bekanntlich für Airborne Early Warning and Control System – wollen die Deutschen lieber in Afghanistan verstärkt einsetzen, um die Amerikaner bei der Überwachung der Flugverbotszone über Libyen zu entlasten.

Das nennt man dann wahrscheinlich stabile Verhältnisse in der Kommandostruktur. Aber wer führt eigentlich den Einsatz? Die Amerikaner haben gleich gemeint, sie seien im Prinzip gar nicht beteiligt. Okay, ein paar Marschflugkörper zur Erhellung des Schlachtfelds, mehr nicht. Schließlich habe man mit dem amtierenden Präsidenten Barack Obama einen waschechten Friedensnobelpreisträger in den eigenen Reihen. Nein, nein, es gibt nur einen, der behauptet der Anführer zu sein, weil er wegen seiner geringen Körpergröße gern übersehen wird. Nicolas Sarkozy.

Mit stolz geschwellter Brust hatte Monsieur le Président am Samstag in Paris einen entschlossenen Angriff Frankreichs auf Stellungen der Ghadaffi-Truppen verkündet. Die Maschinen der Verbündeten waren noch am Boden, die Außenminister saßen noch im Elysee-Palast zusammen, da flogen die Franzosen bereits die ersten Angriffe. Es konnte Sarkozy nicht schnell genug gehen – als wenn es um die Punktewertung in einem Videospiel gehen würde.

Quelle: Tagesschau

Sarkozy will wohl unbedingt den Eindruck widerlegen, dass ihn noch etwas mit dem alten Kumpel Gaddafi verbinde. Doch inzwischen steht die Führungsfrage in Brüssel auch auf der Tagesordnung – nachdem jeder mal ein paar Bomben abwerfen durfte. Das Kommando solle an die NATO übertragen werden, hieß es. Wie man hört, haben die Norweger sogar ihre Kampfjets zurückgezogen, bis diesbezüglich eine Lösung gefunden sei.

Norwegen stoppte seinen geplanten Einsatz von sechs Kampfflugzeugen bis auf weiteres. Verteidigungsministerin Farema sagte am Abend, dies gelte so lange, bis die Kommandostruktur geklärt sei. Auch Italien verlangte, die Führungsrolle an die Nato zu übertragen. Ministerpräsident Berlusconi sagte in Turin, die Koordinierung müsse anders aussehen, als sie sich zur Stunde darstelle.

Quelle: dradio

Möglicherweise erhalten wir noch vor Beendigung der Kampfhandlungen einen verantwortlichen Oberbefehlshaber.

Ich weiß jetzt nicht, ob sie noch können, aber der Wahnsinn geht weiter. In Japan hat man nach dem Wochenende überraschend festgestellt, dass die angebliche Verbesserung im havarierten Atomkraftwerk Fukushima I nun doch nicht eingetreten ist. Zwar hätte man die kritischen Reaktoren weiter fleißig mit Meerwasser gekühlt und auch dafür gesorgt, dass die Reaktorgebäude wieder mit Strom versorgt werden können, offensichtlich war aber die Vermutung seitens des Betreibers Tepco zu optimistisch, dass die zum Teil völlig zerstörten Einrichtungen noch intakte Kühlsysteme enthalten würden. Dazu kam ebenfalls überraschend die Erkenntnis, dass das Meerwasser, welches man zum Kühlen verwendete und anschließend wieder zurück in den Ozean leitete möglicherweise auch radioaktiv belastet sein könnte und zwar genauso wie Milch, Gemüse und Leitungswasser, vor deren Verzehr und Aufnahme man schon einmal vorsorglich gewarnt hat. Hier gilt sicher der Satz, dass nichts mehr gut wird.

Das waren im Prinzip die drei verrückten Topmeldungen des Tages.

Relativ untergegangen ist hingegen das Treffen der Finanzminister der Eurozone heute in Brüssel. Die haben sich nämlich auf eine Erhöhung des Euro-Rettungsfonds verständigt. Schließlich muss ja einer die Rechnung bezahlen.

Demnach soll der Fonds ab 2013 mit Garantien in Höhe von 620 Milliarden Euro und mit 80 Milliarden Euro Barkapital ausgestattet werden. Nach Angaben von Finanzminister Schäuble trägt Deutschland 27,1 Prozent der Kosten und muss insgesamt 21,8 Milliarden Euro zahlen.

Quelle: dradio

Bisher war die Rechnung:

  • 250 Mrd. vom IWF, 60 Mrd. Barkapital und 440 Mrd. Garantien, machte zusammen stolze 750 Mrd. Euro.

Nun lautet die Rechnung:

  • 250 Mrd. vom IWF, 80 Mrd. Barkapital und 620 Mrd. Garantien, macht zusammen auch sehr stolze 950 Mrd. Euro.

Soviel zu dem Thema, dass seien alles bloß Garantien, die den deutschen Steuerzahler nix kosten, gell Herr Schäuble. Ich gehe mal fest davon aus, dass das nicht die letzte Erhöhung gewesen sein wird.

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Sparwütige und juristische Kleingeister

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Die bevorstehenden Landtagswahlen rufen erneut jene Kleingeister auf den Plan, für die es nur eine politische Aufgabe zu geben scheint. Sparen und Schulden bremsen. Die Verbindlichkeiten der öffentlichen Haushalte sind hoch und die Rezepte dagegen dünn. In Nordrhein-Westfalen hat gerade ein Verfassungsgericht den Nachtragshaushalt der rot-grünen Landesregierung mit dem schönen wie treffenden Titel, „Nachtragshaushalt für 2010 – Landesregierung zieht Schlussbilanz für Schwarz-Gelb“, auf Grundlage falscher Annahmen über die wirtschaftliche Entwicklung gekippt. Die Richter sahen die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts nicht ausreichend durch die Landesregierung begründet und unterstellten sogar eine verbesserte Wirtschaftslage.

Auf die im Jahr 2010 unerwartet deutlich verbesserte Wirtschaftslage habe die Landesregierung lediglich die Ergebnisse der November-Steuerschätzung umgesetzt und die deutlich positiver als erwartet verlaufende wirtschaftliche Entwicklung in der Begründung erwähnt, weitere Ausführungen zum Fortbestehen einer Störungslage jedoch unterlassen. Damit beruhe ihre Einschätzung der gesamtwirtschaftlichen Lage weiterhin auf Daten, die seit Monaten überholt seien, obwohl bei Vorlage der Ergänzung zum Gesetzentwurf aktuelle Daten bekannt gewesen seien.

Quelle: VGH NRW

Die Landesregierung habe es unterlassen, zum Fortbestehen einer Störungslage Stellung zu beziehen. Da reibt man sich verwundert die Augen und möchte wissen, ob die Richter ihre eigene Sehstörung übersehen und nicht erkannt haben, dass sie das Budgetrecht des Parlaments mit dererlei Rechtssprechung aushebeln. Denn ein einfacher Blick in die Finanzplanung hätte genügt, um zu begreifen, warum die Landesregierung gezwungen war, eine höhere Neuverschuldung in Kauf zu nehmen.

Allein 1,3 Mrd. Euro muss die Landesregierung zusätzlich bereithalten, um eine Zweckgesellschaft der krisengeschüttelten WestLB abzusichern, für deren Schrottpapiere die Vorgängerregierung unter Rüttgers eine Bürgschaft ausgestellt hatte.

Für die dort gelagerten Risikopapiere mit einem Einkaufswert von 23 Milliarden muss das Land als Mehrheitseigentümer der Landesbank mit bis zu 5 Milliarden bürgen. Auch diese Vorsorge ist eine Altlast der Vorgängerregierung und resultiert aus den Fehlern des früheren Ministerpräsidenten Rüttgers.

Quelle: NachDenkSeiten

Nun kann man, wirtschaftliche Lage hin oder her, nicht an der Tatsache vorbei, dass die Folgekosten der Finanzkrise als Sondervermögen getarnt in erheblichen Maße die Ausgabenseite der öffentlichen Haushalte belasten. Laut Meldung des statistischen Bundesamts vom 21. Februar 2011 hat sich der Schuldenstand aller Etats im abgelaufenen Jahr um 18 Prozent auf fast 2 Billionen Euro erhöht. Davon entfallen allein 232,2 Milliarden Euro, also über 76 Prozent der Neuverschuldung, auf die Rettung von Banken. Wortwörtlich ist zu lesen:

Wesentlich zum Anstieg beigetragen haben die im Jahr 2010 neu gegründeten (beziehungsweise in Geschäftsbetrieb gegangenen) „Bad Banks“. Die Übertragung von Risikopapieren der Hypo Real Estate in die FMS Wertmanagement sowie die Stützungsmaßnahmen der Ersten Abwicklungsanstalt für die WestLB erhöhten den Schuldenstand zum Jahresende um 232,2 Milliarden Euro.

Die Stützung der WestLB wird also explizit genannt und herangezogen, um eine Schieflage der öffentlichen Finanzen zu beschreiben. Wie kommen also die Richter in Münster dazu, die Störung eines gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts anzuzweifeln? Mehr Störung geht ja schon fast nicht.

Schlimm genug, dass für die Verluste der Banken der Steuerzahler aufkommen muss, nun wird aber auch noch so getan, als könne man die entstandenen Defizite durch verstärkte Sparanstrengungen an anderer Stelle kompensieren. Wir haben ja Aufschwung. Prost. Ein übles Spiel. Die brutalen Haushaltssanierer stehen schon bereit und wettern gegen eine angebliche Politik des Schuldenmachens und schimpfen über unsolide Finanzpolitik. Dabei waren gerade sie es, die mit ihren Bankenrettungsschirmen dafür gesorgt haben, dass die Verschuldung deutlich zulegte.

Aber das ist natürlich kein Problem. Schließlich gehören von der Pleite bedrohte Finanzinstitute wie Naturkatastrophen zu jenen schlimmen Ereignissen, die laut grundgesetzlich verankerter Schuldenbremse eine Erhöhung der Staatsschulden über das vorgeschriebene Maß hinaus erlauben.

Im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, können diese Kreditobergrenzen auf Grund eines Beschlusses der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages überschritten werden.

Quelle: Art. 115 Grundgesetz

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An einem Wendepunkt

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Wenn man die Welt im Jahr 2011 beschreiben müsste, käme man wohl zu dem Ergebnis, sie als etwas zu bezeichnen, das unkontrollierbar geworden ist. Möglicherweise zeigt gerade die atomare Katastrophe in Japan, die alle Menschen live mitverfolgen können, wie absurd das Gerede über eine Zurückeroberung von Kontrolle ist, die für das Selbstverständnis der Gesellschaften westlicher Prägung bisher grundlegend war. Seit Tagen hört man, dass sich die Lage in Fukushima verschlimmere oder weiter zuspitze. Am irritierendsten ist die Aussage, dass etwas noch mehr außer Kontrolle geraten könne als bislang schon geschehen. Dabei verbirgt sich in dieser Form der sprachlichen Vermittlung immer noch die Hoffnung oder sollte man sagen, der Glaube an die Beherrschung von Prozessen, die sich praktisch nicht mehr aufhalten lassen.

Es gibt keinen Knopf, den man drücken, oder eine vom Verstand geleitete Gruppe von Menschen, die dafür sorgen könnte, einen im Gang befindlichen nuklearen Zerfallsprozess aufzuhalten. Bisher wurde das auch nur indirekt getan, in dem man die Unterbrechung der Kettenreaktion durch automatische Abschaltung der Reaktoren im Zuge des Erdbebens durch Kühlung der Brennstäbe erreichte. Diese Kühlsysteme sind nun ausgefallen und die durch den Zerfallsprozess entstehende Wärme wird nicht mehr sicher aus den Druckbehältern abgeführt. In diesen wird es somit immer heißer. Eine Kernschmelze, Feuer oder Explosionen sind die Folge.

Nun kann man da aber nicht einfach hingehen, die Tür des Behälters aufmachen oder, falls durch eine der oben genannten Szenarien bereits geöffnet, drüber fliegen, um von außen mit Wasser den Reaktorinhalt zu kühlen. Die radioaktive Strahlung macht solchen Verzweiflungsaktionen einen Strich durch die Rechnung. In Wahrheit ist man dazu verdammt, bei der Zerstörung der Anlage und der Verseuchung der Umgebung tatenlos zuzusehen. Alternativlos sozusagen. Doch gerade in dieser ausweglosen Situation tut man so, als könne man noch etwas retten oder gar die Kontrolle zurückgewinnen. Das ist eine Selbsttäuschung, die aber notwendig ist, weil das bisherige System der rücksichtslosen Verwertung menschlicher Abeitskraft und aller Lebensbereiche nichts mehr verachtet als die Tatenlosigkeit und das Versagen vor Ort.

Da regt sich zum Beispiel ein ARD-Reporter im noch sicheren Tokio darüber auf, dass den Kraftwerksarbeitern entgangen war, dass die Reaktorkerne buchstäblich austrockneten, weil die Pumpen nicht funktionierten oder dass es zu einem Brand im Lagerbereich für alte Brennstäbe kam. Gern beschreibt man das dann als Zeichen für Inkompetenz oder chaotische Zustände, die dem Ordnungsdenken zutiefst widersprechen.

Den Untergang hat man geordnet und pflichtbewusst zu gestalten. Da kennt sich der Deutsche besonders gut aus. Bei uns hätte es das wohl nicht gegeben?

Sehr richtig. Bei uns werden Vorfälle in den sichersten Atomkraftwerken der Welt lieber vertuscht. Die oberste Atomaufseherin des Landes Baden-Württemberg, Umwelt- und Bahnhoftieferlegungsministerin Tanja Gönner ist diesbezüglich in arge Erklärungsnot geraten. Aber das ist nur ein weiteres Symptom für den Zerfall einer demokratischen Fassade, deren Einbruch spätestens mit dem Finanzmarktdesaster deutlich sichtbar geworden ist.

Die Finanzkrise ist ebenfalls außer Kontrolle, weil den gewählten Volksvertretern die Vertretung mächtiger Partikularinteressen näher liegt, als die Interessen der Mehrheit der Gesellschaft, die weder Anteile einer Bank, ein Hotel noch ein Atomkraftwerk besitzen.

Die teure Rettung von Banken und ganzen Staaten sowie die gleichzeitige Beschenkung einer wohlhabenden Klientel geraten auch außer Kontrolle, weil es nichts mehr gibt, das man von den ärmeren, den Verlieren und der gleichfalls zerfallenden Mittelschicht holen kann, um es nach oben umzuverteilen. Die Frage ist halt, ob die Spaltung der Gesellschaft in viel arm und weniger reich auch zu einer Überhitzung und zu einem vermehrten Druckaufbau führen wird, an dessen Ende zwangsläufig die Explosion steht.

Umstürze und Veränderungen sind nicht neu, sie hat es immer und überall auf der Welt gegeben. Gerade konnte man das und man kann es noch immer im arabischen Raum beobachten. Neu aber ist die Gleichzeitigkeit, mit der Veränderungen auf der ganzen Welt wahrgenommen werden. Als die Titanic im Jahr 1912 unterging, war das ein Schock für die bürgerliche Gesellschaft, nicht aber für die Chinesen, Afrikaner oder Araber. Die bekamen davon nämlich gar nix mit.

Als die Titanic sank, endete das long century, das lange 19. Jahrhundert, das bürgerliche Jahrhundert, in dem für den Menschen in Europa und Amerika alles möglich, machbar und vor allem beherrschbar war. Der Untergang der Titanic war eine Zäsur, die das bürgerliche Selbstverständnis der technischen Überlegenheit tief erschütterte. Später in den Schützengräben des ersten Weltkrieges wurden die Reste dann über alle gesellschaftlichen Gruppen und Nationalitäten hinweg regelrecht niedergemäht.

Der technische Fortschritt wie das Bestreben nach Perfektion sind als Fragmente der bürgerlichen Gesellschaft erhalten geblieben und zum Exportschlager geworden. Ohne technische Entwicklungen und Fortschritt kein wirtschaftliches Wachstum. Der zum Teil unerschütterliche Glaube an die Technik ist immer wieder spürbar und das Entsetzen über deren Versagen groß. Wenn nun in dem Hochtechnologieland Japan die angeblich so saubere Kerntechnologie versagt, so ist jetzt die gesamte Welt Zeuge und gleichermaßen betroffen wie auch geschockt.

Georg Schramm trat am Montag in Stuttgart bei den Gegnern des Bahnhofprojektes Stuttgart 21 auf und erinnerte mit Blick auf den 11. März 2011, dem Tag des Erdbebens in Japan, an den Historiker Eric Hobsbawm und dessen Einteilung der Epochen in long (19. Jahrhundert) und short century (20. Jahrhundert).

Es gibt einen berühmten englischen Historiker, Eric Hobsbawm, der sagt, Jahrhunderte beginnen nicht mit dem ersten Januar auf dem Kalender, sondern mit einem Ereignis, in dem das ganze Jahrhundert bereits thematisiert ist. (…) Der Beginn des 20. Jahrhunderta war für Eric Hobsbawm der Untergang der Titanic. Der Untergang der Titanic ist dem selbem Grundmuster gefolgt wie die Katastrophe in Japan – menschliche technische Hybris, die nicht im Dienst der Menschheit stand! – Georg Schramm

Quelle: le bohémien

Die menschliche technische Hybris, die nicht im Dienst der Menscheit stand.

Einen Satz, den man sich merken sollte. Schramm spricht von einem Wendepunkt, einer Wegmarke, die stellvertretend für das 21. Jahrhundert stehen könnte. Er spricht auch über den Protest und Stéphane Hessel, jenem französisch-deutschen Schriftsteller und Mitbegründer der Menschenrechtscharta, der vor kurzem mit seinem Manifest „Empört Euch! (Indignez-vous !)“ die Menschen dazu aufrief, Widerstand zu leisten.

„Neues schaffen, heißt Widerstand leisten und Widerstand leisten, heißt Neues schaffen!“

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DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben zum Bahnstreik

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Wenn die Lokführer streiken, hat das große Auswirkungen. Für die Menschen, die auf die Bahn als öffentliches Verkehrsmittel angewiesen sind, aber natürlich auch für die Wirtschaft, deren Güter zu einem großen Teil auf der Schiene transportiert werden. Deshalb liegt es nahe, sich darüber zu beschweren, dass mit den Lokführern eine relativ kleine Gruppe von Arbeitnehmern es in der Hand hat, ein ganzes Land lahmzulegen. Das ruft dann fast automatisch die Interessenvertreter der Wirtschaft auf den Plan, deren Meinungen zwar immer wieder erfragt werden, aber aus meiner bescheidenen Sicht keineswegs erwünscht sind, vor allem dann nicht, wenn sie von solchen Gestalten wie dem Arbeitgeberpräsidenten Hundt oder aber vom Hauptgeschäftsführer des DIHK Martin Wansleben geäußert werden.

Letzterer gab dem Deutschlandradio ein Interview zum Bahn-Streik. Der käme natürlich zur Unzeit.

„Ich glaube, wir müssen zwei Dinge auseinanderhalten. Konjunkturell bricht nicht gleich der Himmel ein, wenn jetzt mal ein Streik stattfindet. Ich meine, das ist die Welt gewohnt, das gibt es immer mal wieder. Ich glaube, das ist auch am Ende keine Rufschädigung Deutschlands, dass so was ist, und die Freiheit dazu ist ja auch ein Teil unseres demokratischen Gemeinwesens. Auf der anderen Seite ist es so, dass wir schon mit unserem Wohlstand davon abhängig sind, hoch produktiv und vernetzt zu agieren in Deutschland, europaweit und weltweit. Insofern gehört die Verkehrsinfrastruktur schon zu einem ganz sensiblen Teil unseres Nervensystems, wenn Sie so wollen, unserer Volkswirtschaft, und wenn dann eine relativ kleine Gruppe, also in diesem Falle ja „nur“ die Lokführer, einen solchen Nerv lahmlegen können, ist das immer wieder die Erinnerung daran, dass wir ganz schöne Abhängigkeiten haben, und insofern ist das Thema nicht zu unterschätzen.“

Also ich kenne noch eine relativ kleine Gruppe, die man nicht unterschätzen sollte. Und zwar jene selbsternannte Expertenriege, die gerade wegen ihres angeblichen Sachverstandes in Ausfsichts- und Beratungsgremien berufen wird. So auch Martin Wansleben, der als Mitglied des Beraterkreises der IKB seine unglaublich weitsichtigen Fähigkeiten auch bei der ehemaligen Mittelstandsbank eingebringen durfte und immer noch darf.

Nur zur Erinnerung diese Bank hat den Steuerzahler rund 10 Mrd. Euro echtes Geld gekostet, also keine Garantien oder Bürgschaften. Die IKB war 2007 die erste Bank, die faktisch pleite war, weil sie sich im Finanzkasino verzockte. Damals wurde schon die Frage aufgeworfen, warum eine Bank, die für die Kreditversorgung des deutschen Mittelstands zuständig war, mit US-Hypothekenpapieren spekulieren musste. Diese Frage könnte der Berater Wansleben endlich mal beantworten, bevor er Tipps für den Tarifstreit zwischen Bahn und GDL verteilt und darüber jammert, dass die deutsche Wirtschaft so abhängig von der Verkehrsinfrastruktur sei und eine kleine Gruppe von „nur“ Lokführern einen beträchtlichen volkswirtschaftlichen Schaden anrichten könne.

Wie viel eigentlich? Von Millionen ist da die Rede. Das ist immer noch weniger, als die verpulverten 10 Mrd. Euro für eine Minibank, bei der ein Herr Wansleben beratend tätig war und ist. Für mich ist Martin Wansleben ebenfalls Teil einer kleinen Gruppe, die durch ihr Verhalten einen bedeutend größeren volkswirtschaftlichen Schaden angerichtet hat und immer noch anrichtet.

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Politischer Aschermittwoch mit der CSU

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Es ist jedes Jahr dasselbe. Im Bierzelt zu Passau wird gesoffen und gejohlt. Dann betritt ein Parteichef die Bühne und poltert los. Es gibt immer nur das eine Thema. Und zwar die Leitkultur. Wie gut, dass zu Guttenberg rechtzeitig das Weite suchte und mit einem gewissen Herrn Friedrich ein Neuer aus den Reihen der CSU nicht Verteidigungs-, sondern Innenminister werden durfte. Damit war der Wechsel von Defensive zur Offensive geschafft. Statt über Plagiate, Kunduz-Affäre oder eine hahnebüchene Bundeswehrreform der Lichtgestalt reden und diese womöglich verteidigen zu müssen, sorgte der bewusste Angriff Friedrichs auf den Islam dafür, dass man selbst die Marschroute wieder vorgeben kann.

Und wie immer heißt es, dass sich der per se verdächtige Muslim anzupassen habe, wenn nötig per Gesetz, und zwar an eine christlich-jüdische Wertegemeinschaft. Der Islam gehöre nicht zu Deutschland, hieß es erneut. Die deutsche Leitkultur lasse sich Horst Seehofer von niemandem ausreden, schrie er in die Halle. Die Menge tobte.

Und ich dachte so bei mir, der Mann hat Recht. Zumindest was die CSU angeht, gehört der Islam auch ganz praktisch nicht zu Deutschland oder vielmehr zu Bayern. In München rechnet man schließlich auch ganz anders. Jedenfalls nicht mit dem arabischen Zahlensystem, welches wir einer wissenschaftlichen Blütezeit in der muslimischen Welt zu verdanken haben, während das christliche Abendland mit dem Zerfall des römischen Reiches um Jahrhunderte zurückgeworfen wurde.

Die ehemaligen von der CSU in die BayernLB entsandten Aufsichtsräte Huber, Beckstein, Faltlhauser und Schmid haben doch gezeigt, dass richtiges Rechnen nicht zu den Tugenden einer deutschen Leitkultur gehört.

Durch den dubiosen Erwerb der Hypo Group Alpe Adria (1,6 Mrd. Euro) musste die BayernLB mit dem Eintreten der Finanzkrise als Mehrheitsaktionär auch die Verluste dieser vergleichsweise kleinen österreichischen Bank in Höhe von 4 Mrd. Euro übernehmen. Die BayernLB geriet daraufhin in große Schwierigkeiten. In diesem Zusammenhang erinnere ich noch einmal an die Einschätzung des obersten bayerischen Rechnungshofes zur Finanzsituation des Freistaats.

Sie sehen Bayerns bislang solide Staatsfinanzen wegen Landesbank und Finanzkrise in großer Gefahr. Denn die obersten Rechnungsprüfer des Freistaats vermissen vor allem eines: angemessene Vorsorge. Für die milliardenschweren Steuerausfälle des nächsten Jahres hat die Staatsregierung nach Einschätzung des ORH keinerlei Vorbereitungen getroffen.

Wegen der Landesbank-Krise hat sich der Schuldenstand Bayerns innerhalb eines Jahres um fast 50 Prozent auf 34 Milliarden Euro erhöht. Hinzu kommen Bürgschaften und Haftungsverpflichtungen in Höhe von 11,5 Milliarden Euro, die die Staatsregierung bei der BayernLB sowie anderen Banken und Firmen übernommen hat. Diese Bürgschaften sind nur zum Teil im Haushalt verbucht – soll heißen: Falls Bürgschaften in größerer Höhe fällig werden, ist dafür im Staatshaushalt derzeit weder Geld vorhanden noch eingeplant.

Für die erwarteten Steuerausfälle von 1,6 Milliarden Euro im nächsten Jahr hat die Staatsregierung laut ORH-Bericht “keine Vorsorge“ getroffen.

Jetzt bleibt natürlich die spannende Frage, ob es einen Zusammenhang zwischen den klugen Leitkultur-Köpfen in der bayerischen Landesregierung und dem persisch-türkischen Universalgelehrten al-Chwarizmi gibt, der im Jahr 825 die Ziffer „Null“ in das moderne Zahlensystem einführte.

Apropos „Null“. Den größten Applaus erhielt Seehofer, als er für die Rückkehr Karl-Theodor zu Guttenbergs warb.

CSU-Chef Horst Seehofer hat eindringlich für ein Comeback seines Parteifreundes Karl-Theodor zu Guttenberg in die Politik geworben. Er werde alles dafür tun, dass Guttenberg „wieder in die bayerische und deutsche Politik zurückkehrt“, sagte Seehofer in Passau. Guttenberg habe die Stärke gehabt, zu seinen Fehlern zu stehen. „In einer Demokratie hat eine solche Haltung Respekt verdient.“ An die Adresse Guttenbergs sagte Seehofer, dieser sitze sicher vor dem Fernsehschirm und deshalb rufe er ihm zu: „Du bist einer von uns, bleibst einer von uns, und wir wollen, dass du wieder zurückkehrst in die deutsche Politik.“ Die Parteianhänger reagierten mit lang anhaltendem Applaus.

Quelle: Stern Liveticker

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Euro-Krise: Griechische Kreditwürdigkeit erneut herabgestuft

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Die Ratingagentur Moody’s stuft griechische Staatsanleihen weiter herab. Was kommt eigentlich noch hinter dem Ramschstatus?

Was sind griechische Anleihen noch wert? Geht es nach der Ratingagentur Moody’s, dann sollten Anleger zumindest extreme Vorsicht walten lassen. Das Unternehmen hat die Kreditwürdigkeit des hochverschuldeten Eurostaats Griechenland jedenfalls kräftig um gleich drei Noten herabgestuft – von „Ba1“ auf „B1“. Und: Moody’s setzte den Ausblick für das Rating auf „negativ“, was auf weitere Herabstufungen hindeutet.

Quelle: Süddeutsche

Wenn es nicht so traurig wäre und um unser aller Steuergelder ginge, könnte man sich darüber kaputtlachen. Josef Ackermann höchst persönlich hatte damals angekündigt, dass die Griechen ihre Schulden nicht werden zurückzahlen können. Das war kurz nachdem der ganze Rettungsmechanismus in Gang gesetzt wurde. Erst nach langem Zaudern, das die Finanzbranche als Aufforderung verstand, weiter gegen Griechenland zu spekulieren, hatte sich die Kanzlerin für eine Intervention entschieden. Die Hilfen für Griechenland wurden aber an Bedingungen geknüpft. Es sollte und es wurde massiv gespart, vor allem bei Gehältern, Renten und Sozialleistungen. Das führte unweigerlich zum Einbruch der griechischen Wirtschaft, deren Performance nun wiederum Kriterium der Ratingagenturen ist, auf die die gesamte Finanzwelt hört.

Big Money hat einen erneuten Angriff auf den Euro und seine Zone gestartet, würde Georg Schramm jetzt sagen. Und es ist auch so, dass mit der Herabstufung der griechischen Kreditwürdigkeit auch der gesamte vor allem von Deutschland getragene dauerhafte Krisenrettungsmechanismus ins Wanken gerät, samt der so genannten Garantien, die den deutschen Steuerzahler angeblich nix kosten. Dieses Schicksal der Schicksalsgemeinschaft war abzusehen, aber durch das vorsätzliche Dummstellen der Kanzlerin nicht weiter beachtet worden.

In der NDR Kabarett-Sendung Intensiv-Station hat HG. Butzko dafür ein perfektes Anagramm für den Begriff „Bundeskanzlerin“ gefunden. „Bankenzinsluder“. Merkel sei als kopfnickender Wackeldackel für die Hutablage von Josef Ackermann den Finanzkasinos stets entgegen gekommen. Zuerst habe sie als Bundeskanzlerin die Banken gerettet und als die gerettet waren, mussten sie erneut gerettet werden. Da aber Frau Merkel nicht schon wieder als Bankenretterin dastehen wollte, nannte sie das kurzerhand Griechenland. Später kam dann noch Irland hinzu usw. usf. Auf diese Weise, so Butzko, habe die Frau Bundeskanzlerin halb Europa erobert. Aber eben nicht mit Soldaten, wie der Führer einst, sondern mit Soll-Daten.

Und da wir alle retten und immer noch am Retten sind, nennt man das zurecht eine Rezession, so Butzko. Bei der seien wir Deutschen halt die Deppen. Deshalb folge auf die Rezession meistens auch die Depression. Also in der Depression dürften vor allem die vielen zu Guttenberg-Anhänger bereits angekommen sein. Mal gucken, ob diejenigen, die den Verlust des Anstands beklagten und die angebliche Hetzjagd auf zu Guttenberg scharf verurteilten, jetzt ihren Anstand wieder verlieren und zur Hetzjagd auf die angeblich so faulen Griechen blasen. Wir dürfen gespannt sein…

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HG. Butzko in der NDR Intensiv-Station

Geschrieben von:

In der NDR Kabarett-Sendung Intensiv-Station hat HG. Butzko ein perfektes Anagramm für den Begriff „Bundeskanzlerin“ gefunden. „Bankenzinsluder“. Das wusste ich auch noch nicht, ergebe aber Sinn, weil Merkel, so Butzko, als kopfnickender Wackeldackel für die Hutablage von Josef Ackermann den Finanzkasinos stets entgegen komme. Zuerst habe sie als Bundeskanzlerin die Banken gerettet und als die gerettet waren, mussten sie erneut gerettet werden. Da aber Frau Merkel nicht schon wieder als Bankenretterin dastehen wollte, nannte sie das kurzerhand Griechenland. Später kam dann noch Irland hinzu usw. usf. Auf diese Weise, so Butzko, habe die Frau Bundeskanzlerin halb Europa erobert. Aber eben nicht mit Soldaten, wie der Führer einst, sondern mit Soll-Daten. Klasse.

Und da wir alle retten und immer noch am Retten sind, nennt man das zurecht eine Rezession, so Butzko. Bei der seien wir Deutschen halt die Deppen. Das sei aber ebenfalls logisch, schließlich folge auf eine Rezession auch die Depression.

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Die ganze Sendung gibt’s übrigens heute Abend um 23:40 Uhr im NDR-Fernsehen zu sehen.

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Schuldenrekord trotz Schuldenbremse

Geschrieben von:

Gestern hatte ich über die Meldung des statistischen Bundesamts berichtet, wonach die öffentliche Verschuldung im letzten Jahr um 18 Prozent auf rund 2 Billionen Euro zugenommen habe. Dabei schlage vor allem die Bankenrettung zu buche. Von den 304,4 Mrd. Euro entfallen allein 232,2 Milliarden Euro, also über 76 Prozent der Neuverschuldung, auf Maßnahmen zur Stabilisierung maroder Finanzinstitute.

Das ist natürlich ein Pfund, weil über diese unglaublichen Summen, die die Staatsverschuldung nach oben getrieben haben, bei weitem nicht so lange gestritten und verhandelt wurde, wie über die läppische Hartz-IV-Erhöhung im Umfang von ein paar Hundert Millionen Euro pro Jahr.

Aber das ist jetzt gar nicht so interessant, vielmehr stellt sich doch die Frage, wie die Rekordneuverschuldung mit dem Anpreisen der deutschen Schuldenbremse in Europa in Einklang zu bringen ist. Die soll doch nach dem Willen Merkels und des abgebrochenen Franzosen-Duce Sarkozy überall in der EU per Zwang eingeführt werden, nach dem Motto, am deutschen Wesen sollen auch die anderen genesen. Oder untergehen, denn wie will Frau Bundeskanzlerin die Schuldenbremse den europäischen Partnern schmackhaft machen? Was kann sie denn anbieten, auf was verweisen?

Okay die Schuldenbremse greift ja erst in diesem Jahr, dennoch ist überhaupt nicht klar, wie das funktionieren soll. Ein Abbau der Neuverschuldung ist nicht in Sicht, weil keiner genau sagen kann, wie viel Geld noch bereit gestellt werden muss, um Banken und inzwischen ja auch ganze Staaten vor dem Untergang zu retten. Kürzlich ist bekannt geworden, dass die Bundesbank klammheimlich Milliardenhilfen an Mitglieder der Eurozone gewährt hat. Sollten diese Forderungen aber nicht mehr bedient werden können, hafte natürlich der deutsche Steuerzahler.

Allein die Forderungen an nationale Notenbanken in Euro-Ländern belaufen sich auf 326 Milliarden Euro. 2006, also vor Ausbruch der Finanz- und folgender Euro-Schuldenkrise, lagen die Forderungen insgesamt bei nur 18 Milliarden Euro.

Dieser ungebremste Anstieg der Schulden des Euro-Raums gegenüber der Bundesbank „macht Fachleute fassungslos“, sagt ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. „Wenn Länder, deren Banken die Kredite gegeben wurden, zahlungsunfähig werden, haftet Deutschland.“ Diese Haftung wurde aber weder demokratisch legitimiert – etwa durch den Bundestag – noch von der Bundesregierung beschlossen.

Quelle: Wirtschaftswoche

Da hat der Professor (Un)Sinn einmal recht. Für die unterstellte Funktion der Schuldenbremse bedeutet das aber ein ziemlich hohes Ausfallrisiko. Denn in Artikel 115 GG, in dem die Schuldenbremse festgeschrieben wurde, fällt die Rettung von Banken und Staaten unter den Passus „außergewöhnliche Notsituationen“, „die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen“.

D.h., sollte die Bundesbank auf den dreistelligen Mrd. Forderungen sitzen bleiben, weil zum Beispiel die Schuldnerstaaten nach deutschem Vorbild sparen müssen, dann fällt dieses finanzielle Desaster in die gleiche Kategorie wie eine Naturkatastrophe und die Schuldenbremse somit spiegelbildlich ins Wasser.

Bleiben also nur die regulären Ausgaben im Staatshaushalt und da betrifft es vornehmlich jene Posten, die im Sozial-, Bildungs- oder Kulturetat angesiedelt sind. Eine sparsame Haushaltsführung definiert sich also immer über die Kürzungsbereitschaft in Bereichen, von denen Millionen Staatsbürger unmittelbar betroffen sind, sofern diese keine Großaktionäre oder Großgläubiger von Banken, AKW oder Hotelbesitzer sind, die auf der anderen Seite auch weiterhin großzügig beschenkt werden.

Unterm Strich soll von dieser Form der Schuldenbremse und einer Reihe weiterer Maßnahmen, wie die Erhöhung des Renteneintrittalters auf einheitlich 67 Jahre oder dem Kürzen von Löhnen ein Wachstumsschub ausgehen, von dem dann alle innerhalb der EU profitieren. Deutschland macht es gegenwärtig schließlich vor, so Merkel verheißungsvoll. Aber genau in der Frage, woher das Wachstum eigentlich kommen soll wenn alle gleichermaßen sparen und nur die Bedienung von Schulden erlaubt und erwartet wird, stellen sich Merkel und Sarkozy, also die neue Wirtschaftsregierung, einfach dumm.

Diesen Unsinn müssen sie eben glauben. Damit es für sie einfacher wird, darf beispielsweise der oben zitierte Professor Unsinn seinen ifo-Geschäftsklimaindex weiter präsentieren und der Öffentlichkeit irgend welche bedeutungslosen Rekorde vermelden sowie die Gesellschaft für Konsumforschung im Auftrag der Bundesregierung, die nun wirklich schon abgehangene und bereits übel stinkende Botschaft verbreiten, die Deutschen befänden sich in irgend einer Art von Kauflaune.

Sogar den Anhängern des Ölprinzen zu Guttenberg müsste auffallen, dass hier etwas nicht stimmt. Nur von denen zieht keiner mehr die Notbremse.

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Commerzbank: Kein Geld für Zinsen auf die Einlagen der Steuerzahler, aber für Boni

Geschrieben von:

Via NachDenkSeiten erfahre ich, dass die vom deutschen Steuerzahler gleich sechsmal gekaufte Commerzbank wieder Boni zahlen will, obwohl sie ihrer Verpflichtung, Zinsen auf die Einlagen der Steuerzahler zu zahlen, nicht nachkommen kann.

Die vom Bund gestützte Commerzbank will Mitarbeitern Boni für das Geschäftsjahr 2010 zahlen. Mit Blick auf «außergewöhnliche Leistungen» sei das Institut als Arbeitgeber verpflichtet, Mitarbeiter «leistungsbezogen und fair zu vergüten». […] Der Gesamtwert der Boni liege im unteren dreistelligen Millionenbereich, berichtet das Blatt unter Berufung auf Insider, die Summe sei nach Angaben aus Regierungskreisen mit der Bundesregierung abgesprochen. Ein Sprecher der Commerzbank sagte der dpa am Samstag: «Das neue Vergütungsmodell, das seit Anfang 2010 gilt, ist mit dem Soffin abgestimmt.» Der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin) in Frankfurt organisiert die staatliche Bankenhilfe.

Quelle: FR

Und es wundert mich wieder nicht. Ich zitiere erneut einen meiner zahlreichen Beiträge zu diesem Thema.

Bereits im letzten Jahr (2009, Anm. at) zahlte die Commerzbank, die über eine stille Einlage des Steuerzahlers in Höhe von 18,2 Milliarden Euro verfügen darf, keine Zinsen an den Staat zurück. Wen wundert das? Es müsste z.B. die Finanz- und Wirtschaftsredaktuerin der Neuen Presse Hannover, Claudia Brebach, wundern. Schrieb sie doch am 10.11.2008, also zu dem Zeitpunkt, als der Deal mit der Commerzbank über die Bühne ging:

„Der Fall Commerzbank hat Bankern aber wohl auch klar gemacht, dass es kaum weh tut, zum Staat zu gehen. Die Konditionen des Bundes bei der Not-Kreditvergabe sind moderat, er mischt sich nicht einmal ins Kerngeschäft ein, sondern begnügt sich mit einem guten, von den Banken bezahlbaren Zinsertrag. Eigentlich müsste es geradezu einen Run auf Staatskredite geben.“

In der Auseinandersetzung mit der Neuen Presse Hannover hatte ich besonders diese Stelle immer wieder hier im Blog erwähnt (siehe hier, hier und hier) und darauf hingewiesen, dass Frau Brebach auch auf direkte Nachfragen von mir per Mail keine Einsicht zeigte und den Standpunkt vertrat, dass nichts darauf hindeuten würde, dass der Steuerzahler bei diesem Geschäft etwas finanzieren würde und nichts mehr zurückbekäme. Die ganze Sache würde in etwa so laufen, wie bei der Bankenkrise in Schweden in den 90er Jahren, bei der dem Staat durch Tilgungen und Zinsrückläufe „erhebliche“ Einnahmen zugeflossen waren.

Nun stelle ich ein weiteres Mal fest, dass diese Ansichten von Frau Brebach in Bezug auf die Commerzbank-Rettung reichlich naiv und kurzsichtig waren. Nach gegenwärtigem Stand fließt nichts zurück und der Staat als defacto Eigentümer der Bank – er hat sie ja immerhin gleich sechsmal gekauft – hält sich weiter aus der Geschäftspolitik heraus. Das müssen sie sich mal vorstellen. In der schwarz-gelben Chaos-Regierung empören sich die Wirtschaftsexperten der Fraktionen kabarettreif, weil die Commerzbank nichts zahlen will. Dabei müssten sie nur von ihrem Recht Gebrauch machen und in die Geschäftspolitik der Bank eingreifen.

Jedenfalls nehme ich für mich in Anspruch, einen besseren Job erledigt zu haben als Frau Brebach, die als ausgewiesene Expertin einer regionalen Zeitung ihre Leser mangelhaft informiert und bei der Formulierung ihrer persönlichen Meinung falsche Schlussfolgerungen gezogen hat.

Und ich stelle weiterhin fest, dass der Steuerzahler, der die stille Einlage von über 18 Mrd. geleistet hat, keinen Anspruch auf Zinsen oder Rückzahlung besitzt, den er irgendwie geltend machen könnte. Die von journalistischen Experten vorausgesagten erheblichen Einnahmen, die durch Tilgungen und Zinsrückläufe hätten entstehen sollen, existieren bis heute nicht, wohl aber ein auf Steuergeld abgesichertes neues Boni-Programm, weil sich Leistung schließlich lohnen müsse.

Ich kann nur hoffen, dass sich Frau Brebach als Wirtschaftsfachfrau der Neuen Presse Hannover vielleicht ein wenig für ihre Berichterstattung der Vergangenheit schämt, zumal sie es damals einfach auch besser hätte wissen können, wenn sie die Abläufe um die Mrd.-Rettung der IKB in ihre Überlegungen miteinbezogen hätte.

Bezeichnend für dieses ganze Desaster ist auch die aktuelle Meldung des statistischen Bundesamts zur Höhe der öffentlichen Verschuldung:

Öffentliche Schulden 2010 um 18% auf fast 2 Billionen Euro gestiegen

Die öffentlichen Haushalte waren nach ersten vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) am 31. Dezember 2010 mit insgesamt 1 998,8 Milliarden Euro verschuldet.

Gegenüber dem 31. Dezember 2009 hat sich der Schuldenstand um 18,0% beziehungsweise 304,4 Milliarden Euro erhöht. Dies war der höchste absolute Zuwachs des Schuldenstandes in einem Jahr seit Bestehen der Statistik.

Wesentlich zum Anstieg beigetragen haben die im Jahr 2010 neu gegründeten (beziehungsweise in Geschäftsbetrieb gegangenen) „Bad Banks“. Die Übertragung von Risikopapieren der Hypo Real Estate in die FMS Wertmanagement sowie die Stützungsmaßnahmen der Ersten Abwicklungsanstalt für die WestLB erhöhten den Schuldenstand zum Jahresende um 232,2 Milliarden Euro.

Beim Bund erhöhten sich die Schulden am 31. Dezember 2010 gegenüber dem 31. Dezember 2009 um 21,9% (+ 230,3 Milliarden Euro) auf rund 1 284,1 Milliarden Euro. Hierin sind unter anderem die Schulden der FMS Wertmanagement (189,6 Milliarden Euro), des Sondervermögens Finanzmarktstabilisierungsfonds (28,6 Milliarden Euro) sowie des Investitions- und Tilgungsfonds (14,0 Milliarden Euro) enthalten, die zur Bewältigung der Finanzmarktkrise gegründet wurden.

Ein wirklich bombenmäßiges Geschäft für den Steuerzahler. Da versteht man auch, warum Frau Merkel den Steuerzahler, mit einer in ihren Augen unnötigen Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes über die bereits beschlossenen Fünf Euro hinaus, nicht weiter belasten will.

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